Rezension [T-Rezi] Rippers

Caninus

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Rippers


Savage Worlds Settingbuch [T-Rezi]


Nach einer langen Zeit des Wartens, gibt es endlich das Rippers-Setting in deutscher Übersetzung. Seit erscheinen des Kampagnenhintergrunds in den USA, hat das Savage-Worlds-Regelsystem bereits mehrere Veränderungen und Neuauflagen erfahren. Das gilt auch für die deutsche Ausgabe des Regelwerks, die aktuell mit der "Savage Worlds: Gentlemen's Edition Revised" vorliegt.

Nach Settings wie "Necropolis 2350", "Sundered Skies" und "Hellfrost" (bisher nur das Spielerhandbuch), wendet sich der Verlag dem viktorianischen Rollenspiel zu. Der Schwerpunkt liegt hier allerdings auf der aktionsgeladenen Variante des Hintergrunds. Also Rollenspiel im Stil von Blockbustern wie "Van Helsing" oder "Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen". Diese Einflüsse finden sich übrigens auch alle in "Rippers" wieder und Spielgruppen dürfen sich auf eine Begegnung mit den schauerlichsten Gestalten aus Kino und Roman freuen.

"Rippers" ist ein düsteres Setting. Die Charaktere gehören nämlich einem Geheimbund von Monsterjägern an, der von der Familie van Helsing geführt wird. Jedenfalls gehören die van Helsings zu den Führern der Organisation, die in Logen unterteilt ist. Die Logen haben sich wiederum bestimmten Fraktionen verschrieben. Nun, die meisten davon. Einen Fraktionszwang gibt es nicht.

Die Charaktere gehören zu einer dieser Logen und im Laufe des Spiels gibt es sogar die Möglichkeit, eine eigene Loge zu gründen und auszubauen. Ein spaßiger Aspekt, der allerdings nur Nebenbei ins Rollenspiel einfließt. Wichtiger ist der Krieg gegen die Kabale, einer bösen Organisation von Monstern, denen wiederum Jack the Ripper vorsteht. Das ist schon mal eine spannende Konstellation.

Die normale Welt darf natürlich nichts von dem Kampf zwischen Gute und Böse wissen. Gesellschaftliche Zwänge und die Vermeidung von Massenpanik sind zu beachten, zudem ist nie sicher, wer zur Kabale gehört. Also ziehen die Ripper in der Nacht los und treten weltweit gegen die gefährlichsten Monster an.

Die haben natürlich übernatürliche Kräfte und setzen diese fleißig ein, um die Ripper zu zerfleischen. Allerdings schlagen die entsprechend zurück, denn sie extrahieren aus besiegten Gegnern Implantate und pflanzen sie sich selber ein. Dadurch sind die Ripper in der Lage zurückzuschlagen. Immerhin wurden die Ripper auch nach dieser sogenannten Rippertech benannt.

Der Hintergrund ist schon mal sehr spannend und bietet viel Herausforderung. Obwohl der Kampf gegen das Böse an erster Stelle steht, sind auch soziale Konflikte möglich, werden aber nur sekundär behandelt. Es geht hier weniger um soziale und gesellschaftliche Problematiken, als um das Wettrüsten und das Monsterjagen. Eine entsprechend ausgerichtete Gruppe kann diesen Fokus mit ein wenig Arbeit allerdings verschieben. "Savage Worlds" ist da sehr flexibel.

Ein Kernstück des Hintergrunds sind die Settingregeln, das andere die Plot-Point-Kampagne und die vielen Abenteuer, die erlebt werden können. Doch erst einmal zu den Regeln.

Die unterschiedlichen Editionen von "Savage Worlds" sind - trotz Änderungen - stets kompatibel zueinander. Es muss zwar immer etwas nachgearbeitet werden, aber schlussendlich funktioniert die Sache. "Rippers" ist ein älteres Setting und kommt im Original mit Uralt-Regeln daher. Eine erste Überarbeitung wurde vom Originalverlag mit der Erweiterung "Rippers Companion" unternommen, die teilweise in die deutsche Auflage einfloss. Das ist löblich, allerdings ist der Regelstand noch immer leicht veraltet.

Auf den ersten Blick bringt das aber keine großen Probleme mit sich. "Rippers" ist trotzdem ohne weiteres spielbar. Allerdings sind die Spielercharaktere ihren Gegnern leicht überlegen, im Gegenzug wird die Rippertech etwas entwertet. Die Gegner wurden erstellt, ohne die neuen Fähigkeiten nutzen zu können oder dagegen eine Taktik entwickeln zu müssen. Schlussendlich ist dieser Punkt recht vernachlässigbar und fällt eher Spielern auf, die "Rippers" bereits mit einer der älteren Editionen bespielt haben. Erfahrene Spielleiter passen ein Setting meist sowieso den eigenen Bedürfnissen an.

Sehr schön sind die Hintergrundinformationen zur viktorianischen Zeit ("Rippers" beginnt im Jahre 1892). Es gibt umfangreiche Ausrüstungslisten, neue Handicaps, Talente und neue Regeln. Dazu gehört einmal der Status eines Charakters, der seine Stellung innerhalb der Gesellschaft bestimmt. Ein ziemlich simpler, aber gelungener Kniff, um die die Gesellschaftsstrukturen der viktorianischen Zeit widerzuspiegeln. Und dann gibt es noch die Stabilität. Der Einbau von Rippertech hat nämlich seine Tücken. Falsch angewandt oder zu viel davon und die Stabilität sinkt in den Keller. Bereits der Einbau von Rippertech reicht bereits aus. Schlussendlich droht die Gefahr, dass der Ripper selbst zum Monster wird. Natürlich gibt es auch Möglichkeiten, um wieder an Stabilität zu gewinnen.

Das Settingbuch kommt im handlichen Format B5 daher und ist von schöner Aufmachung. Es passt äußerlich wunderbar zum aktuellen Regelwerk. Es gibt sogar ein Lesebändchen, um eine wichtige Stelle im Buch zu markieren. Der Druck ist farbig und das Layout macht einen aufgeräumten Eindruck. Das alles weiß durchaus zu gefallen, wenn auch die Schriftgröße von Inhaltsverzeichnis und Index etwas klein ist.

Wie bereits geschrieben, wurde das "Rippers Companion" eingepflegt. Jedenfalls teilweise. Die Abenteuer des Zusatzbandes wurden ausgelagert und sollen zu einem späteren Zeitpunkt gesondert erscheinen. Dadurch bietet das deutsche "Rippers" einen Mehrinhalt. Vor allem im Bereich der Magie. Nun stehen Fluchmagie, Ritualmagie und Wahrsagen sofort zur Verfügung. Zudem werden auch die Geheimnisse des Übernatürlichen in einem separaten Kapitel genauer beleuchtet, das aber schon in den Abschnitt "Dr. Jacks Labor" gehört". Denn wie bereits bei "Necropolis 2350" und "Sundered Skies", teilt sich das Settingbuch in einen Spieler- und einen Spielleiterabschnitt. Denn dem Spielleiter werden alle Geheimnisse sofort enthüllt, während sich die Spieler alles erarbeiten müssen. Die Teilung des Buchs in zwei Abschnitte ist daher eine sehr sinnvolle Vorgehensweise.

Der Spielleiter erfährt von den übernatürlichen Geheimnisse, kennt die wahren Hintergründe, weiß um noch mehr außergewöhnliche Rippertech und hat - natürlich - Zugriff auf sämtliches Abenteuermaterial. Das gliedert sich grob in drei Abschnitte. Einmal gibt es einen brauchbaren Generator, um zügig das ein oder andere Abenteuer zufällig zu erstellen. Dabei ist der Abenteuergenerator thematisch ausgerichtet und spuckt settingspezifische Ergebnisse aus.

Einen weiteren Teil macht die Plot-Point-Kampagne (PPK) aus, die im Settingband enthalten ist. Sie dreht sich um den zentralen Kampf Gut gegen Böse, van Helsing versus Dr. Jack, die Ripper gegen die Kabale. Anhand der PPK entdecken die Spieler Stück für Stück die Geheimnisse der Welt und müssen schlussendlich versuchen, selbige zu retten. Dabei kommen bekannte und wichtige Persönlichkeiten aus Fiktion und Realität vor, wie Frankenstein, Dracula, Kapitän Nemo, Robert Koch und viele mehr. Eine spannende, pulpige und leicht trashige Sache voller Action. Die PPK macht jedenfalls verdammt viel Spaß.

Insgesamt gibt es zehn wichtige Plot-Points, von denen einige Zusammenhängen. Es ist also kein komplett freies An- und Ausspielen möglich. Aber trotzdem kann der Spielleiter hier einiges gestalten. Diese zehn Abenteuer werden mit normalen Savage Tales (so nennen sich die kurzen Abenteuer bei "Savage Worlds") unterfüttert. Davon gibt es insgesamt fünfunddreißig Stück, die über die ganze Welt verteilt spielen. Sechs dieser Abenteuer stammen aus deutscher Feder und wurden extra für die Übersetzung angefertigt. Gleiches gilt auch für einige der Illustrationen, die ebenfalls extra für das deutsche Settingbuch erstellt wurden. Inhaltlich ist also mehr vorhanden, als im Original. Sehr löblich und auch gefällig.

Handwerklich ist das Buch allerdings eine kleine Katastrophe. Die Übersetzung selbst ist stellenweise recht hölzern und bringt die ein oder andere Stilblüte hervor. Das englischsprachige Original schimmert weitgehend durch. Dazu die verheerenden Fehler im Layout. So werden "Hölle" und "Die Unterwelt" keinesfalls für sich alleine geführt, sondern sind als Ländereintrag unter Brasilien zu finden. Mal gibt es eine Notation wie 2w6, dann wieder 2W6. Mal Hü, mal Hott. Dazu komme falsche oder fehlende Seitenverweise, aber auch Regeln sind manchmal einfach falsch, aus "Stunden" werden "Runden" oder Regeln sind gar unvollständig. Zudem wurde es versäumt einen Charakterbogen und einen Logenbogen beizufügen. Die können zwar auf der Seite des Verlags heruntergeladen werden, aber für Offliner stellt das schon ein Problem dar.

Die Mängel sind stellenweise dermaßen schlimm, dass sich sogar einer der Lektoren von dem Buch distanzierte, weil seine Anmerkungen nicht übernommen wurden. Dementsprechend liegt der Fehler wohl nicht beim Lektorat, sondern an anderer Stelle.

Das alles ist natürlich ziemlich bedauerlich, denn "Rippers" ist ein schönes Setting und auf den ersten Blick auch ein gut gemachtes Buch. Leider gerät die deutsche Übersetzung und Aufmachung beim zweiten Blick ins Wanken. Dadurch bleibt unterm Strich ein durchwachsenes Settingbuch.

Trotzdem lohnt sich die Anschaffung des Buchs, denn der Mehrinhalt ist eindeutig vorhanden und die Übersetzung manchmal holprig, aber dennoch brauchbar. Da sind die kleinen Mängel zwar bitter, aber dennoch zu schlucken. Bei den deutschsprachigen Savage-Worlds-Settings platziert sich "Rippers" im Mittelfeld.

Copyright © 2012 by Günther Lietz, all rights reserved
Diese Rezension erschien ebenfalls auf Taysals WebBlog und im Buchrezicenter.


Rippers
Savage Worlds Settingbuch

Prometheus Games Hardcover (2012)
245 Seiten, B5, Vollfarbe
ISBN-13 978-3941077287

Autoren: Christopher W. Dolunt, Simon Lucas
Deutsche Bandredaktion: Henrike Buhr
Übersetzung: Falk Bongert, Sandra und Sascha Krajewski, Christian Loewenthal, Henrike BuhrDen Artikel im Blog lesen
 
Rippers... endgeile Monsterhatz an der Themse... oder wie ich es nenne: Rippers... der Grund warum ich keine Prometheusprodukte mehr kaufe.
 
Nur kurz, ich hatte es damals ja als offenen Beschwerdebrief ausgerollt (müsste hier irgendwo noch liegen). Gutes Setting, schlechte Umsetzung ins Deutsch.
 
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