Zornhau
Freßt NAPALM!
- Registriert
- 18. März 2004
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Bei Sword&Sorcery denkt man oft erst einmal an haarsträubend gewalttätige, krude, gefährliche, ungezähmte Welten voller Wildheit, Nacktheit und Ursprünglichkeit.
Aber nicht alle Sword&Sorcery-Welten sind vollkommen fiktiv im "Irgendwo" plazierte Welten ohne jeden Bezug zur Erde und zur irdischen Historie. Ich würde sogar, nach meinem rein subjektiven Eindruck aus den Romanen und Erzählungen, die ich im Sword&Sorcery-Genre gelesen habe, sagen, daß es eher WENIGE völlig eigenständig "auf dem weißen Blatt Papier" entstandene Sword&Sorcery-Welten gibt.
Wie eigenständig sind denn Sword&Sorcery-Welten wirklich?
Ja, natürlich gibt es die bekannten Weltenschöpfungen wie Nehwon, Melnibone und die Jungen Königreiche und einige, wenige andere. - Wenige? - Aber es gibt doch HAUFENWEISE Fantasy-Welten, gerade auch im Sword&Sorcery-Untergenre!
Jein. - Es gibt haufenweise Fantasy-Welten in Sword&Sorcery-Geschichten. Doch sind die meisten davon direkt oder indirekt UNSERE ERDE oder nehmen IRDISCHE GRUNDLAGEN auf.
Robert E. Howards Hyboria ist ein Beispiel für eine sehr bekannte und im Rollenspiel gleich mehrfach erschlossene Sword&Sorcery-Welt. Nur ist diese Welt DIE ERDE, einfach ins "hyborische Zeitalter", also so etwas wie unsere fiktive Vorgeschichte, versetzt.
Der Howard-Epigone Lin Carter hat sein Lemuria kurz nach dem Untergang von Atlantis, also auch als DIE ERDE und auch als fiktive Vorgeschichte unserer Historie plaziert.
Jirel de Joiry, die erste schwertgewaltige Sword&Sorcery-Heldin aus den Geschichten von Catherine L. Moore (der Erfinderin von Han Solo = Northwest Smith), ist ganz firm im historischen Frankreich angesiedelt.
Auch Howard hat das Mittelalter für manche seiner Helden und Heldinnen als Zeitpunkt und historischen Schauplatz gewählt: Cormac FitzGeoffrey, Diego de Guzman und natürlich die resolute Dark Agnes sind hier zeitlich "verortet".
Mit Solomon Kane hat Howard sogar noch deutlich später Sword&Sorcery im ausgehenden 16., frühen 17. Jahrhundert plaziert.
Norvell W. Page legte Zeit und Schauplatz seiner Geschichten um Prester John, den Sword&Sorcery-Vertreter des Priesterkönigs Johannes irdischer Legenden, ins 1. Jahrhundert nach Christus und ins tiefe, wilde, barbarische Asien. (Siehe hierzu meine BoL-Leseempfehlung im BoL-Blog.)
Modernere Autoren verwenden auch gerne unsere Erde als Grundlage für ihre Welten. So z.B. Fred Saberhagen mit seiner beeindruckenden, wenn auch nicht so ganz dem Sword&Sorcery-Genre zuzurechnenden, Geschichte vom Empire of the East, die dann in den Book of Swords etc. ihre Fortschreibung fand. Hier ist es eine ZUKÜNFTIGE Erde, in welcher - ähnlich wie in den Klassikern von Jack Vance, The Dying Earth, die Erde ihr technologisches Zeitalter hinter sich gelassen hat und nunmehr in ein "magisches Zeitalter" des Niedergangs, der post-post-apokalyptischen Fantasy gelangt ist.
Auch die Schöpfer eigener Welten, konnten und wollten nicht von der guten alten Erde lassen.
So hat Fritz Leiber seine in Nehwon angesiedelten Helden Fafhrd und den Grey Mouser in Alter Egos in die Erdgeschichte, nach Alexandria, versetzt.
Und sogar Karl Edward Wagner hat seinen Kane, den Verfluchten, zwar in einer eigenen Welt, und dort in seinen Geschichten ja über viele, viele Jahrhunderte und durch Wachstum und Niedergang von Kulturen hindurch über lange Zeit plaziert, aber Kane trägt das KAINSMAL, er ist ein MÖRDER, genauer DER MÖRDER seines Brudes Abel. Und er wurde von einem kindischen, rachsüchtigen, mitleidlosen Gott verflucht niemals sterben zu können. - Und dieser Gott ist ein durch und durch irdischer, wohlbekannter Auge-um-Auge-Gott. Es ist der direkte Bezug zum biblischen Kain, der letztlich die Kane-Geschichten mit einer weiteren, einer Art spirituellen Dimension zu irdischer Historie und irdischen Glaubensvorstellungen verknüpft, auch wenn die Ländereien, in denen Kane seine Blutspur über die Kontinente und sogar über die Meere (wörtlich!) zieht, völlig anders als irdische Vorbilder wirken.
Man findet irdische Elemente, irdische Episoden, irdische Geographie, irdische Kulturen und die Verknüpfung von Welten als VOR oder als NACH unserer von der Geschichtswissenschaft erschlossenen Zeiträume angesiedelt in vielen Sword&Sorcery-Welten.
Und man findet in irdischen, historischen Romanen unendlich viel Stoff für Sword&Sorcery-Abenteuer, wie z.B. in dem chinesischen Klassiker "Die Rebellen vom Liang Shan Moor", in welchem es auf über 800 Seiten (ich habe die Taschenbuchausgabe aus dem Inselverlag in einem Band) immer mehr seltsame Begebenheiten, übernatürliche Einflüsse und echte MAGIE gibt. Magie, die in Mächtigkeit nach BoL-Regeln 2. oder gar 3. Ordnung darstellen würde. - Man muß nicht, aber man KANN die Liang-Shan-Räubergeschichten als Sword&Sorcery-Geschichten lesen, zumal sie moralisch alles andere als "gute" Helden darstellen, die nur nach ihren eigenen Vorstellungen leben und handeln. Das kennt man doch irgendwoher? - Eben. Sword&Sorcery. - Nur hier nicht mit der Tradition der Sword&Sorcery als dem "lonesome gunman" des Westerns (Sword&Sorcery ist im Kern eigentlich ein Western-Genre, das Fantasy-Versatzstücke verwendet), sondern eher mit einer zivilisiert-chinesischen Sicht auf Schwerter und Magie, die ausgesprochen exotisch ist.
In Romanen wird somit oft auf die gute alte Erde zurückgegriffen, um Geschichten von Schwertern und Zauberei, von Helden und Schurken bzw. Monstern zu erzählen. - Kein Grund, das im Rollenspiel nicht auch so zu machen, oder?
Wie eigenständig sind dann Sword&Sorcery-Rollenspielwelten?
Im Rollenspiel Barbarians of Lemuria ging Simon Washbourne in "Umkehrung" der Thongor-Vorlage von Lin Carter (und um Urheberrechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen) von seiner Spielwelt Lemuria als DER ERDE 500.000 Jahre in der ZUKUNFT aus. - Somit spielt man, wenn man direkt das Setting des BoL-Grundregelwerks verwendet, eh schon in der phantastischen, zauberhaften, ungezügelt brutalen Zukunft unserer Erde!
Manche anderen Sword&Sorcery-Rollenspiele setzen ja direkt auf die Literaturvorlagen auf, somit sind sie nur so eigenständig, wie die entsprechenden Romane. Bei Conan und Hyborea also eher weniger, da hier kulturelle Versatzstücke unterschiedlicher irdischer Regionen und Epochen in einer Region zusammengekippt werden, welche eine Art Urkontinent sein soll, in welchem in einer Zeit lange vor unserer Zeitrechnung Conan, Kull, Belit und Valeria ihre Abenteuer erlebt haben.
Und dann gibt es noch ein paar Sword&Sorcery-Rollenspiele, welche ihre eigene Welt mitbringen. Im deutschen Umfeld ist hier insbesondere Malmsturm zu nennen, welches ja ein umfangreiches Weltbeschreibungsbuch herausgebracht hat.
Meinem Eindruck nach tendieren Rollenspielentwickler EHER als Romanautoren dazu ihre Spielwelten von der Erde zu lösen.
Liege ich da Eurer Meinung nach richtig oder ist mir hier etwas entgangen?
Würdet IHR in irdisch-historischen Sword&Sorcery-Welten spielen wollen?
Mich interessiert, und daher überhaupt dieser Thread, ob Ihr Interesse für das Spiel in solchen historischen Settings unserer guten alten ERDE habt.
Es gibt ja schon Conversion-Bestrebungen für Barbarians of Hyboria (da wird auf das klassische Conan-Setting konvertiert), sowie für Barbarians of Hellas (hier ist die heroische griechische Antike die Zeit der Götter, Galeeren und Gigantenmonster).
Mit Honor&Intrigue ist ein auf BoL-Regeln aufsetzendes Mantel&Degen-Rollenspiel erschienen, das aber weniger als z.B. ein Solomon-Kane-Setting die HÄRTE der Sword&Sorcery-Fantasy betont, sondern mehr die Eleganz und den Stil des Mantel&Degen-Genres herausstellt (mit glänzendem Erfolg übrigens!).
Meine eigenen Conversions von MADDRAX und Die Chroniken der Engel auf BoL-Regeln waren natürlich auch in zukünftigen ERDE-Settings angesiedelt.
Wirklich erdfremde Spielwelten hatte ich bislang nur mit Mystara (D&D-Spielwelt) und - in unserer aktuellen "Barbarians of Athas"-Runde - mit Athas (Dark Sun, AD&D-Spielwelt) bespielt.
Für mich ist das Spielen in irdischen Settings, in irdisch-historisch geprägten Settings eine Selbstverständlichkeit.
Und es bringt ja auch VORTEILE mit sich.
Viele Kulturen muß man in ihren Eigenheiten nicht eigens erklären, wenn man stattdessen sagen kann "Die sehen aus wie die alten Ägypter." Das reicht, um den Spielern eine AUSREICHENDE Vorstellung der Leute, der Gebäude, der Verhaltensweisen zu geben.
Man kann sich auf historische oder gar aktuelle Landkarten stützen. Hier ist auch die Google-Bildersuche ein hilfreicher Freund, der eben Bilder von Ausgrabungsstätten, zeichnerische Rekonstruktionen urtümlicher alter menschlicher Städte usw. offeriert, welche man leicht für seine Spielweltdarstellung im Spiel nutzen kann.
Ich weiß sehr gut, wie SCHWIERIG und langwierig es ist, jemandem z.B. solch eine eigenständige, hochkomplexe Spielwelt wie Glorantha auch nur ausreichend zu vermitteln, daß er einen halbwegs stimmigen Charakter in dieser Welt spielen kann. - Da ist es schon leichter, sich auf bekannte, auf dem Allgemeinwissen eines Rollenspielers aufbauende Kulturen und Regionen zu besinnen.
Es geht ja bei Sword&Sorcery-ABENTEUERN eben NICHT um historisch akkurate Simulation, was oft in eine unfreiwillige Geschichtsstunde ausartet, sondern darum, die bekannten Versatzstücke nutzen zu können, um schneller ins Abenteuer reinzukommen.
Beispiel: Barbarians of Myo-N'world
Die verfluchten Ap'alhaner haben es in einem ihrer üblichen unheiligen Rituale geschafft, daß ein riesiger, vielköpfiger Meeres-Trast'Nor die Handelswege von und nach Silberia blockiert. Das Problem ist, daß dieses Monster unter dem besonderen Schutz Vritrias steht, welche in Silberia ganz prominent verehrt wird. Wie kann man den Seeweg wieder für die Galeeren aus Silberia frei machen, OHNE dabei Vritrias Zorn auf sich zu lenken und damit die ganze Stadt zu gefährden? Und, idealerweise, wie kann man es noch den Ap'alhanern heimzahlen und ihre Unmengen an Blutopfern wirkungslos machen?
Beispiel: Barbarians of Hellas
Die verfluchten Spartaner haben es in einem ihrer üblichen unheiligen Rituale geschafft, daß eine riesige, vielköpfige Meeres-Hydra die Handelswege von und nach Argos blockiert. Das Problem ist, daß dieses Monster unter dem besonderen Schutz Heras steht, welche in Argos ganz prominent verehrt wird. Wie kann man den Seeweg wieder für die Galeeren aus Argos frei machen, OHNE dabei Heras Zorn auf sich zu lenken und damit die ganze Stadt zu gefährden? Und, idealerweise, wie kann man es noch den Spartanern heimzahlen und ihre Unmengen an Blutopfern wirkungslos machen?
Spartaner, Hydra, Argos, Hera - all diese Begriffe führen schon sogleich zu BILDERN und damit vernetzt Begriffs"wolken" in den Lesern/Spielern. - Sogar der kleine "Twist" aus den Spartanern sklavenabschlachtende Blutopfer-Schwarzmagier zu machen wirkt stärker, weil man genau das mit den Spartanern normalerweise (aber auch leider fälschlicherweise!) nicht assoziiert. - Durch das Plazieren im "heroischen Hellas" hat man gleich die geographische Umgebung, Argolis, die politische Umgebung, Konflikt zwischen Argos und Sparta, die religiös-spirituelle Umgebung, die kulturelle Umgebung, die technologische Entwicklungsstufe usw. alles auf einmal vermittelt.
Das ist im ersten Beispiel nicht der Fall. Hier gäbe es nun enormen ERKLÄRUNGSBEDARF.
Und allein aus diesem Grund finde ich es schon attraktiv in irdisch-historischen Settings zu spielen.
Was meint Ihr?
Aber nicht alle Sword&Sorcery-Welten sind vollkommen fiktiv im "Irgendwo" plazierte Welten ohne jeden Bezug zur Erde und zur irdischen Historie. Ich würde sogar, nach meinem rein subjektiven Eindruck aus den Romanen und Erzählungen, die ich im Sword&Sorcery-Genre gelesen habe, sagen, daß es eher WENIGE völlig eigenständig "auf dem weißen Blatt Papier" entstandene Sword&Sorcery-Welten gibt.
Wie eigenständig sind denn Sword&Sorcery-Welten wirklich?
Ja, natürlich gibt es die bekannten Weltenschöpfungen wie Nehwon, Melnibone und die Jungen Königreiche und einige, wenige andere. - Wenige? - Aber es gibt doch HAUFENWEISE Fantasy-Welten, gerade auch im Sword&Sorcery-Untergenre!
Jein. - Es gibt haufenweise Fantasy-Welten in Sword&Sorcery-Geschichten. Doch sind die meisten davon direkt oder indirekt UNSERE ERDE oder nehmen IRDISCHE GRUNDLAGEN auf.
Robert E. Howards Hyboria ist ein Beispiel für eine sehr bekannte und im Rollenspiel gleich mehrfach erschlossene Sword&Sorcery-Welt. Nur ist diese Welt DIE ERDE, einfach ins "hyborische Zeitalter", also so etwas wie unsere fiktive Vorgeschichte, versetzt.
Der Howard-Epigone Lin Carter hat sein Lemuria kurz nach dem Untergang von Atlantis, also auch als DIE ERDE und auch als fiktive Vorgeschichte unserer Historie plaziert.
Jirel de Joiry, die erste schwertgewaltige Sword&Sorcery-Heldin aus den Geschichten von Catherine L. Moore (der Erfinderin von Han Solo = Northwest Smith), ist ganz firm im historischen Frankreich angesiedelt.
Auch Howard hat das Mittelalter für manche seiner Helden und Heldinnen als Zeitpunkt und historischen Schauplatz gewählt: Cormac FitzGeoffrey, Diego de Guzman und natürlich die resolute Dark Agnes sind hier zeitlich "verortet".
Mit Solomon Kane hat Howard sogar noch deutlich später Sword&Sorcery im ausgehenden 16., frühen 17. Jahrhundert plaziert.
Norvell W. Page legte Zeit und Schauplatz seiner Geschichten um Prester John, den Sword&Sorcery-Vertreter des Priesterkönigs Johannes irdischer Legenden, ins 1. Jahrhundert nach Christus und ins tiefe, wilde, barbarische Asien. (Siehe hierzu meine BoL-Leseempfehlung im BoL-Blog.)
Modernere Autoren verwenden auch gerne unsere Erde als Grundlage für ihre Welten. So z.B. Fred Saberhagen mit seiner beeindruckenden, wenn auch nicht so ganz dem Sword&Sorcery-Genre zuzurechnenden, Geschichte vom Empire of the East, die dann in den Book of Swords etc. ihre Fortschreibung fand. Hier ist es eine ZUKÜNFTIGE Erde, in welcher - ähnlich wie in den Klassikern von Jack Vance, The Dying Earth, die Erde ihr technologisches Zeitalter hinter sich gelassen hat und nunmehr in ein "magisches Zeitalter" des Niedergangs, der post-post-apokalyptischen Fantasy gelangt ist.
Auch die Schöpfer eigener Welten, konnten und wollten nicht von der guten alten Erde lassen.
So hat Fritz Leiber seine in Nehwon angesiedelten Helden Fafhrd und den Grey Mouser in Alter Egos in die Erdgeschichte, nach Alexandria, versetzt.
Und sogar Karl Edward Wagner hat seinen Kane, den Verfluchten, zwar in einer eigenen Welt, und dort in seinen Geschichten ja über viele, viele Jahrhunderte und durch Wachstum und Niedergang von Kulturen hindurch über lange Zeit plaziert, aber Kane trägt das KAINSMAL, er ist ein MÖRDER, genauer DER MÖRDER seines Brudes Abel. Und er wurde von einem kindischen, rachsüchtigen, mitleidlosen Gott verflucht niemals sterben zu können. - Und dieser Gott ist ein durch und durch irdischer, wohlbekannter Auge-um-Auge-Gott. Es ist der direkte Bezug zum biblischen Kain, der letztlich die Kane-Geschichten mit einer weiteren, einer Art spirituellen Dimension zu irdischer Historie und irdischen Glaubensvorstellungen verknüpft, auch wenn die Ländereien, in denen Kane seine Blutspur über die Kontinente und sogar über die Meere (wörtlich!) zieht, völlig anders als irdische Vorbilder wirken.
Man findet irdische Elemente, irdische Episoden, irdische Geographie, irdische Kulturen und die Verknüpfung von Welten als VOR oder als NACH unserer von der Geschichtswissenschaft erschlossenen Zeiträume angesiedelt in vielen Sword&Sorcery-Welten.
Und man findet in irdischen, historischen Romanen unendlich viel Stoff für Sword&Sorcery-Abenteuer, wie z.B. in dem chinesischen Klassiker "Die Rebellen vom Liang Shan Moor", in welchem es auf über 800 Seiten (ich habe die Taschenbuchausgabe aus dem Inselverlag in einem Band) immer mehr seltsame Begebenheiten, übernatürliche Einflüsse und echte MAGIE gibt. Magie, die in Mächtigkeit nach BoL-Regeln 2. oder gar 3. Ordnung darstellen würde. - Man muß nicht, aber man KANN die Liang-Shan-Räubergeschichten als Sword&Sorcery-Geschichten lesen, zumal sie moralisch alles andere als "gute" Helden darstellen, die nur nach ihren eigenen Vorstellungen leben und handeln. Das kennt man doch irgendwoher? - Eben. Sword&Sorcery. - Nur hier nicht mit der Tradition der Sword&Sorcery als dem "lonesome gunman" des Westerns (Sword&Sorcery ist im Kern eigentlich ein Western-Genre, das Fantasy-Versatzstücke verwendet), sondern eher mit einer zivilisiert-chinesischen Sicht auf Schwerter und Magie, die ausgesprochen exotisch ist.
In Romanen wird somit oft auf die gute alte Erde zurückgegriffen, um Geschichten von Schwertern und Zauberei, von Helden und Schurken bzw. Monstern zu erzählen. - Kein Grund, das im Rollenspiel nicht auch so zu machen, oder?
Wie eigenständig sind dann Sword&Sorcery-Rollenspielwelten?
Im Rollenspiel Barbarians of Lemuria ging Simon Washbourne in "Umkehrung" der Thongor-Vorlage von Lin Carter (und um Urheberrechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen) von seiner Spielwelt Lemuria als DER ERDE 500.000 Jahre in der ZUKUNFT aus. - Somit spielt man, wenn man direkt das Setting des BoL-Grundregelwerks verwendet, eh schon in der phantastischen, zauberhaften, ungezügelt brutalen Zukunft unserer Erde!
Manche anderen Sword&Sorcery-Rollenspiele setzen ja direkt auf die Literaturvorlagen auf, somit sind sie nur so eigenständig, wie die entsprechenden Romane. Bei Conan und Hyborea also eher weniger, da hier kulturelle Versatzstücke unterschiedlicher irdischer Regionen und Epochen in einer Region zusammengekippt werden, welche eine Art Urkontinent sein soll, in welchem in einer Zeit lange vor unserer Zeitrechnung Conan, Kull, Belit und Valeria ihre Abenteuer erlebt haben.
Und dann gibt es noch ein paar Sword&Sorcery-Rollenspiele, welche ihre eigene Welt mitbringen. Im deutschen Umfeld ist hier insbesondere Malmsturm zu nennen, welches ja ein umfangreiches Weltbeschreibungsbuch herausgebracht hat.
Meinem Eindruck nach tendieren Rollenspielentwickler EHER als Romanautoren dazu ihre Spielwelten von der Erde zu lösen.
Liege ich da Eurer Meinung nach richtig oder ist mir hier etwas entgangen?
Würdet IHR in irdisch-historischen Sword&Sorcery-Welten spielen wollen?
Mich interessiert, und daher überhaupt dieser Thread, ob Ihr Interesse für das Spiel in solchen historischen Settings unserer guten alten ERDE habt.
Es gibt ja schon Conversion-Bestrebungen für Barbarians of Hyboria (da wird auf das klassische Conan-Setting konvertiert), sowie für Barbarians of Hellas (hier ist die heroische griechische Antike die Zeit der Götter, Galeeren und Gigantenmonster).
Mit Honor&Intrigue ist ein auf BoL-Regeln aufsetzendes Mantel&Degen-Rollenspiel erschienen, das aber weniger als z.B. ein Solomon-Kane-Setting die HÄRTE der Sword&Sorcery-Fantasy betont, sondern mehr die Eleganz und den Stil des Mantel&Degen-Genres herausstellt (mit glänzendem Erfolg übrigens!).
Meine eigenen Conversions von MADDRAX und Die Chroniken der Engel auf BoL-Regeln waren natürlich auch in zukünftigen ERDE-Settings angesiedelt.
Wirklich erdfremde Spielwelten hatte ich bislang nur mit Mystara (D&D-Spielwelt) und - in unserer aktuellen "Barbarians of Athas"-Runde - mit Athas (Dark Sun, AD&D-Spielwelt) bespielt.
Für mich ist das Spielen in irdischen Settings, in irdisch-historisch geprägten Settings eine Selbstverständlichkeit.
Und es bringt ja auch VORTEILE mit sich.
Viele Kulturen muß man in ihren Eigenheiten nicht eigens erklären, wenn man stattdessen sagen kann "Die sehen aus wie die alten Ägypter." Das reicht, um den Spielern eine AUSREICHENDE Vorstellung der Leute, der Gebäude, der Verhaltensweisen zu geben.
Man kann sich auf historische oder gar aktuelle Landkarten stützen. Hier ist auch die Google-Bildersuche ein hilfreicher Freund, der eben Bilder von Ausgrabungsstätten, zeichnerische Rekonstruktionen urtümlicher alter menschlicher Städte usw. offeriert, welche man leicht für seine Spielweltdarstellung im Spiel nutzen kann.
Ich weiß sehr gut, wie SCHWIERIG und langwierig es ist, jemandem z.B. solch eine eigenständige, hochkomplexe Spielwelt wie Glorantha auch nur ausreichend zu vermitteln, daß er einen halbwegs stimmigen Charakter in dieser Welt spielen kann. - Da ist es schon leichter, sich auf bekannte, auf dem Allgemeinwissen eines Rollenspielers aufbauende Kulturen und Regionen zu besinnen.
Es geht ja bei Sword&Sorcery-ABENTEUERN eben NICHT um historisch akkurate Simulation, was oft in eine unfreiwillige Geschichtsstunde ausartet, sondern darum, die bekannten Versatzstücke nutzen zu können, um schneller ins Abenteuer reinzukommen.
Beispiel: Barbarians of Myo-N'world
Die verfluchten Ap'alhaner haben es in einem ihrer üblichen unheiligen Rituale geschafft, daß ein riesiger, vielköpfiger Meeres-Trast'Nor die Handelswege von und nach Silberia blockiert. Das Problem ist, daß dieses Monster unter dem besonderen Schutz Vritrias steht, welche in Silberia ganz prominent verehrt wird. Wie kann man den Seeweg wieder für die Galeeren aus Silberia frei machen, OHNE dabei Vritrias Zorn auf sich zu lenken und damit die ganze Stadt zu gefährden? Und, idealerweise, wie kann man es noch den Ap'alhanern heimzahlen und ihre Unmengen an Blutopfern wirkungslos machen?
Beispiel: Barbarians of Hellas
Die verfluchten Spartaner haben es in einem ihrer üblichen unheiligen Rituale geschafft, daß eine riesige, vielköpfige Meeres-Hydra die Handelswege von und nach Argos blockiert. Das Problem ist, daß dieses Monster unter dem besonderen Schutz Heras steht, welche in Argos ganz prominent verehrt wird. Wie kann man den Seeweg wieder für die Galeeren aus Argos frei machen, OHNE dabei Heras Zorn auf sich zu lenken und damit die ganze Stadt zu gefährden? Und, idealerweise, wie kann man es noch den Spartanern heimzahlen und ihre Unmengen an Blutopfern wirkungslos machen?
Spartaner, Hydra, Argos, Hera - all diese Begriffe führen schon sogleich zu BILDERN und damit vernetzt Begriffs"wolken" in den Lesern/Spielern. - Sogar der kleine "Twist" aus den Spartanern sklavenabschlachtende Blutopfer-Schwarzmagier zu machen wirkt stärker, weil man genau das mit den Spartanern normalerweise (aber auch leider fälschlicherweise!) nicht assoziiert. - Durch das Plazieren im "heroischen Hellas" hat man gleich die geographische Umgebung, Argolis, die politische Umgebung, Konflikt zwischen Argos und Sparta, die religiös-spirituelle Umgebung, die kulturelle Umgebung, die technologische Entwicklungsstufe usw. alles auf einmal vermittelt.
Das ist im ersten Beispiel nicht der Fall. Hier gäbe es nun enormen ERKLÄRUNGSBEDARF.
Und allein aus diesem Grund finde ich es schon attraktiv in irdisch-historischen Settings zu spielen.
Was meint Ihr?