Rezension Stadtstreicher [B!-Rezi]

Caninus

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Stadtstreicher


DSA Abenteuer 181 [B!-Rezi]


Die Abenteueranthologie Stadtstreicher wartet mit vier Abenteuern für Städte auf. Dabei sind ein generisches, welches sich leicht für jede Stadt anpassen läßt und jeweils ein Abenteuer für die drei in der Spielhilfe Patrizier und Diebesbanden vorgestellten Städte Angbar, Mengbilla und Riva enthalten. Die Erfahrungsstufe für die Helden ist Einsteiger bis Erfahren, für die Spieler niedrig bis hoch, und für die Spielleiter mittel bis hoch. Das Cover ziert eine typische Stadtszene mit ärmliche Leuten zwischen einigen Häusern.

Drachentöter - jegliche Stadt [Muna Bering und Jan Bratz]
Die Helden werden angeheuert einem Wirtsehepaar zu helfen, welches jüngst ein Gasthaus mit dem Namen Drachentöter eröffnet hat, aber schon von Beginn an mit Problemen hadern muss. So pöbeln immer mal wieder finstere Gesellen die Kundschaft im Schankraum an und des Nächtens werden die Schlafenden von Spukerscheinungen heimgesucht, so dass die zahlenden Gäste schon das Gebäude verlassen. Es soll sogar ein Schatz irgendwo in den alten Gemäuern vergraben sein. Die Helden sollen sich dann um all die vielen Probleme der Wirtsleute kümmern und können so hoffentlich den Ruf der Wirtschaft wieder herstellen.

Das Abenteuer kann in jeder generischen Stadt angesiedelt werden. Daher sind alle Beschreibungen der teilnehmenden Personen und Örtlichkeiten direkt im Abenteuer bzw. im Anhang gegeben und müssen vom Spielleiter nur an die ausgewählte Stadt angepasst werden. Das Abenteuer selbst ist wie fast alle Stadtabenteuer sehr frei in seinen Ereignissen und gibt in der Plotlösung nur wenig vor. Selbst die Möglichkeit, dass die Helden sehr schnell auf die richtige Fährte kommen, wird erwähnt und behandelt.
Die Wahl des Hintergrunds für die Geschichte mag jedoch dem einen oder anderen seltsam anmuten, wird doch der "falsche" Erzdämon für die Geschichte gewählt.
4/5

Verscherzt - Angbar [Andreas Aigner]
Die Helden kommen nach Angbar kurz vor den Feierlichkeiten zu Beginn des Rahja. Dort wird die Stadt Kopf stehen, viele Einwohner und Gäste Masken tragen und die Zünfte ihren Ersatzvogt für die nächsten sieben Tage wählen. Dieses Mal ist der junge GGG ausgewählt worden und die Helden können die Krönungszeremonie am Angbarer See direkt miterleben. Doch während dieser Zeremonie scheint dem Halben Vogt der Spaß vergangen zu sein. Und während des später stattfindenden Theaterstücks verschwindet gar der Halbe Vogt komplett. Nun ist es an den Helden, im Auftrag des eigentlichen Stadtvogts den vermissten Jüngling aufzufinden und bis zum vierten des Monats wieder zurück zu bringen, damit er seinen nächsten Auftritt hat. Doch die Helden stoßen schnell auf eine ganz andere Geschichte hinter dem seltsamen Verhalten.

Das Abenteuer mag vom Hintergrund her nicht jedermanns Geschmack treffen, ist es doch mit seinem Schelmischen Thema eher was für heiteres, aber dieses Stadtabenteuer zeigt, dass man auch so ein schwieriges Thema wie das im Grunde völlig freie Agieren in einem begrenzten Umfeld so genau erläutern kann, dass man fast alle Möglichkeiten der Spieler umfasst. So wird der Handlungsbogen und jede Menge Ereignisse, welche stattfinden beschrieben, und stehen damit dem Spielleiter, je nach Spielart der Gruppe, frei zur Verfügung. Selbst auf recht abwegige Ideen wird in extra Kästen eingegangen.
Das einzige was wirklich stört sind die nur im Text verwobenen Beschreibungen der Personen. Eine Dramatis Personae wie in vielen anderen Abenteuern existiert hier nicht. Auch haben ein Großteil der Handelnden keinerlei Werte angegeben. Ein Bonus ist die Zeittafel für das Abenteuer und zusätzlich eine Zeittafel für die Nächte selbst, so dass man sich daran orientieren kann.
4,5/5
Mummenschanz und Maskenspiel - Mengbilla [Martin John]
Die Helden fahren auf einem kleine Schiff in den Hafen von Mengbilla ein, müssen jedoch feststellen, das ein Saboteur an Bord des Schiffes war und dafür gesorgt hat, dass das Schiff ohne Möglichkeit zu steuern auf die schon im Hafen vertäuten anderen Schiffe zu hält. Es gilt zunächst das Schlimmste zu verhindern, aber durch die Ladung an Bord entzündet sich das Schiff und mit ihm einige weitere, die schon im Hafen liegen. Die Helden können zwar aus dem Wasser gefischt werden, müssen sich aber vor der aufgebrachten Menge im Hafen verteidigen, die ihnen die Schuld gibt. Gerade rechtzeitig kommt jedoch das Gildenoberhaupt der Traumkrauthändler und erklärt die Helden für halbwegs unschuldig solange sie den echten Verbrecher "Die Kralle" genannt, fassen können. Doch wo soll man in einer so großen Stadt wie Mengbilla anfangen zu suchen? Und ist die Kralle wirklich der gesuchte Verbrecher, oder steckt doch mehr dahinter? Die Helden kommen nach und nach hinter das Geheimnis der Kralle und müssen sich abschließend auf die Suche nach dem wahren Unruhestifter begeben.

Die Eltern werden bei einem ausserhäusigen Besuch ermordet und niemand findet den Täter bis der Sohn sich mit Maske und technischen Spielereien dran macht die Stadt vor Bösem zu bewahren... Wer ahnt, welcher Held hier Pate gestanden hat? Richtig. Und genau das macht das Abenteuer auch für die meisten Gruppen wohl nicht spielbar. Denn das Thema des Abenteuers ist nicht nur Superhelden, es ist 'die Helden sind die Robins des tollen Rächers namens Kralle'. Und sie sollen im mittleren Teil des Abenteuers sogar dafür sorgen, dass der Ruf der Kralle wieder hergestellt wird. Warum sie nicht einfach aus der Stadt verschwinden, sobald es dreckig wird, wird nicht wirklich geklärt. Der Hinweis, dass der Hafen und die Stadttore überwacht werden zieht hier nicht, denn immerhin bewegen sich die Helden ja wie Superhelden des Nächtens durch die Stadt und machen zum Teil durchaus illegale Sachen, warum also nicht mal illegal über die Stadtmauer verschwinden?
Damit wird dem Abenteuer jegliche Handlungsgrundlage entzogen, wenn die Spieler nicht bereit sind, sich zu absoluten Plotsklaven machen zu lassen, denn das Abenteuer funktioniert nicht ohne. So wird die "Festnahme" der Kralle dermaßen überspitzt, dass es durchaus passieren könnte, dass die Helden diesen einfach töten. Darauf wird jedoch ebenfalls nicht eingegangen.
Von den Beschreibungen zum Abenteuer selbst ist zwar ein Großteil am Anfang vorhanden, im Mittelteil fehlen jedoch schon die Hinweise wie die Helden überhaupt auf die Idee kommen an den jeweiligen Orten aufzukreuzen wo der Böse(TM) etwas unternimmt und im Finale steht lediglich, dass sich der Spielleiter etwas ausdenken soll. Dafür jedoch hat man kein Geld bezahlt, da kann man auch alleine drauf kommen. Und Sätze wie 'Richten sie es so ein, dass eventuelle Zauberer ihrer Gruppen eben nicht den passenden Spruch zur Hand haben.' gehören einfach nicht in ein gutes Abenteuer.
Amüsanterweise ist der Extrakasten zur herausfordernden Variante die einzig gute Idee an diesem Stück. Das nämlich der Böse selbst in einer anderen Persönlichkeit die Kralle ist und sich so in seinem verdrehten Kopf selbst ans Messer liefern möchte.
1/5

Beifang - Riva [Fabian Flüss und Daniel Heßler]
Die Helden können in Riva der Einfahrt eines Walfängerschiffs, bzw. vielmehr deren Fracht beiwohnen. Diese hat nämlich einen Grünwal gefangen und muss vor einer Thorwalergruppe fliehen und sucht daher Asyl im Rivaner Hafen. Da schnelles Handeln von Nöten ist, übernimmt ein Ratsmitglied leichtfertig die Beschlusskraft des Rates und entscheidet einfach mal spontan den toten Wal einzulassen. Dies findet jedoch nicht bei allen Rivaner Bürgern und schon gar nicht bei den ansässigen Thorwalern Anklang und so werden die Helden in ein mit Morden gespicktes Komplott gezogen, um die Frage 'wie weiter mit dem Wal?' zu verfahren sei, zu klären. Der Wal hingegen rottet munter im Hafen vor sich hin und bläht sich immer mehr auf, was vielleicht sogar zum Platzen führen könnte. Doch vielleicht will das sogar jemand?

Wale blähen sich auf und platzen? Ja, tun sie tatsächlich wie folgendes Bild beweist
(Einer der beiden dokumentierten Walplatzfälle. Warum das dann gleich den Rivaner Hafen zerstören soll, bleibt jedoch ungeklärt). Das Abenteuer selbst ist recht ausführlich beschrieben, weiß jedoch nicht ganz mit welcher Art Heldengruppe es eigentlich gespielt werden möchte. Denn zum einen werden jede Menge durchaus hochstufige gesellschaftliche Fertigkeiten verlangt, aber hat man einen Magier in seiner Heldengruppe, könnte dieser das Abenteuer leicht kippen. Ebenso wie es ein Geweihter tun würde, vor dem die Mitglieder des Stadtrats Respekt haben.
Gelungen sind die Beschreibungen der Morde und ihrer Hintergründe und was die Helden dort vorfinden. Damit kann selbst ein unerfahrener Spielleiter diesen Teil des Abenteuer ohne größere Schwierigkeiten leiten und zum Finale führen. Ebenso gelungen ist die freie Wa(h)lmöglichkeit zur Situation. So wird schlicht und ergreifend völlig offen gelassen ob die Charaktere für oder gegen das Walschlachten sind. Ja sogar auf die Möglichkeit der Gruppenteilung wird eingegangen, welche aber eher etwas für erfahrenere Spielleiter ist.
3/5

Fazit:
Die Abenteueranthologie zum Städteband enthält eine interessante Mischung aus Abenteuern, wenngleich bei drei von vier Abenteuern merkwürdigerweise das spöttische und lustige offen oder verdeckt im Abenteuer enthalten ist und eigentlich keines von den vieren wirklich ernsthaft ist. So muss der zukünftige Spielleiter gut abschätzen können, ob die jeweiligen Themen, sei es nun das völlig überzogene Superheldenmengbilla, oder der Detektivklamauk mit Schmutz und Schlamm in Riva, zu seiner Gruppe überhaupt passt. Die Abenteuer selbst können sogar mit einer Person verknüpft werden, die immer zusammen mit den Helden in der Stadt ist und diesen einige Probleme bereitet, da sie erotische Geschichten über die Charaktere verbreitet und diese somit ins Visier der Öffentlichkeit gelangen. Wie schon auf dem Klappentext in der Abenteuerübersicht vermerkt, sind Stadtabenteuer auf Grund ihrer Freiheitsgrade nicht wirklich für Spielleiteranfänger gedacht, wenn gleich alle Abenteuer bis auf das dritte versuchen es dem Spielleiter einfacher zu machen und möglichst viele Möglichkeiten, Personen und Örtlichkeiten zu beschreiben. Ein Manko aller Abenteuer ist das fehlen jeglicher ausführlicher Hinweise zu passenden Helden. Nur ein paar Stichworte stehen bei jedem Abenteuer und zu Beginn des Bandes sind ein paar Zeilen aufgeführt, die jedoch einfach zu allgemeingültig sind und bei einigen Abenteuern unpassende Szenen hervorrufen könnten.
Wer also eine passende Gruppe und Erfahrung besitzt sollte auf jeden Fall mal einen Blick auf diese Anthologie werfen.
3,5/5Den Artikel im Blog lesen
 
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