Sind Wachen immer Gesindel?

Lamorak

Stygian sorcerer
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Gestern habe ich einem (Conan-) RuneQuest Spieler, dem Barbarians of Lemuria noch unbekannt war, das Spiel näher gebracht. Er war sehr interessiert und möchte sich BoL gerne mal anschauen. Im Verlauf unseres Gespräches erzählte er mir von seinen umsichtig agierenden Spielern, die es sich mittlerweile zweimal überlegen würden, bevor sie es mit gut gerüsteten Elitekämpfern der Stadtwache aufnähmen. Auch ein Bauer mit einer Schleuder könne ja mal einen Glückstreffer landen.

In Gedanken verglich ich seine Schilderung mit meiner Vorstellung von BoL. Bauer und Glückstreffer?

Ich will es mal bewusst überspitzt formulieren: eine Stadtwache ist eine Stadtwache und hat zumindest bei BoL nur 3 LB. Der Hauptmann der Wache, ok, der hat vielleicht etwas mehr. Allerdings kommt nichts und niemand außer Schurken oder Monstern an die Kompetenz eines Helden heran. Eigentlich können sich die Helden doch ganz legitim durch die Spielwelt schnetzeln und beim Wirt noch locker per Handzeichen ein Bier bestellen, bevor sie ebendiese Hand aus dem Brustkorb eines sein Leben aushauchenden Schergen ziehen.

Wie gesagt, nur mal sehr überspitzt formuliert.

Mein Anspruch an das Spiel ist natürlich (meistens) nicht so wie oben geschildert. Mich haben die Worte des RuneQuest Spielers aber auch nachdenklich gemacht. Ich habe überhaupt nichts gegen episches Spiel, aber kann es sein, dass Wachen in BoL, und seien es auch eindrucksvolle Elitewachen in schimmernder Rüstung , nicht mehr als Bedrohung wahrgenommen werden weil sie in den Regeln als Gesindel gelten und auch entsprechend machtlos (in Relation zu den SCs) gebaut sind?

Gut, ein RuneQuest gewöhnter SL lebt wahrscheinlich mit der potenziellen Tödlichkeit seines Systems und seine Spieler wissen das und handeln automatisch umsichtiger. Aber ist das bei aller Epik nicht hin und wieder weise, legitim und realistisch, auch als BoL Charakter vorsichtig zu sein - selbst wenn man viel einstecken könnte?

Wie stellt ihr zum Beispiel eine Art Prätorianergarde dar? Diese NSCs sollen ja auch in der Tat härter und trainierter sein dürfen als einfache Dorfbewohner mit Forken und Fackeln. Aber selbst wenn ich die Mitglieder der Garde als Handlanger baue, MUSS ich sie zahlreicher auffahren als die Spielergruppe, um überhaupt eine Herausforderung zu bieten.

Beispiel: Der am Palasttor von einem SC provozierte Prätorianer in stahlender Rüstung mit Muskeln wie Drahtseilen wäre dem heldenpunktebewehrten Spielmann/Gelehrten/Dieb/Alchemisten-Charakter aller Wahrscheinlichkeit im fairen Zweikampf unterlegen. (Anmerkung: Ein Dieb kann mit Gift und Tricks arbeiten, klar. Aber das bitte ich kurz außer Acht zu lassen.) Ein Spieler eines solchen nicht-kampfoptimierten Charakters hätte trotzdem keine große Befürchtung eine solche Herausforderung anzunehmen - Heldenpunkte sei Dank.

Wie soll ich als verantwortungsvoller BoL Spielleiter, der ich gerne werden möchte, mit den mir gebotenen Skalierungen für NSCs arbeiten, ohne auf diese Probleme zu stoßen? Sehe ich vielleicht auch ein Problem wo keines ist?

Sollen laut Regeln alle potenziellen und tatsächlichen Gegner-NSCs, die kompetenter als die Helden sind, automatisch wie Schurkencharaktere gebaut sein?

Die Sache ist die, dass ich BoL sehr sehr mag und meine Befürchtung gerne durch eure Argumente zerstreut sehen würde :D . Die Befürchtung liegt genauer gesagt in dem Problem, einige für mich legitime Spielkonstellationen aufgrund von bewusst epischer Spielmechanik nur sehr schlecht umsetzen zu können.
 
Es war Howard selbst, der schreib: Von Furcht erfüllt schiß sich Conan ins Höschen, als er den einarmigen, einaugigen, greisen Bauern mit seinem Stock um die Ecke kommen sah.

NICHT!

;)
Es ist Sword&Sorcery, da bricht der Barbar der Wache auch mal beiläufig das Genick oder der Dieb schneidet ihr hoplahop die Kehle durch.
Das heißt aber trotzdem nicht, das Gesindel ungefährlich wäre, 30 gut gepanzerte Gesindelwachen sind ohne Heldenpunkteeinsatz ein harter Brocken. Auch können besondere Wachen natürlich Handlanger und im Einzelfall gar Schurken sein.
 
So bereitet es mir leider Bauchschmerzen. Dabei hatte das Spiel echt Potenzial. Einfache und elegante Würfelmechanik, Laufbahnensystem, ein tolles Magiesystem ... eigentlich war alles gut - bis auf das.

(ich meine natürlich nicht, was Du über Conan schreibst, Sylandryl ;) )
 
Hmm, ich habe mir noch ein, zwei mal deinen Eröffnungsbeitrag durchgelesen und bin mir mittlerweile gar nicht mehr sicher, was genau das Problem ist. Kannst und magst du das noch einmal anders ausführen?
 
Wenn dir Gesindel wegkloppereien zu heroisch sind, dann streich doch einfach das Gesindel weg, mach die Handlanger wie SCs nur ohne Heldenpunkte. Dann hast du auch eine entsprechende Gefahr bei einer bestimmten Anzahl.
Nur dann ist halt das epische wir hauen uns durch ne Horde Gegner durch, räumen seine Leibwache aus Weg um bis zum Oberschurken zu kommen weg. Dann gibt es halt nur ne Leibwache und Schurke.
Wenn du es noch tödlicher haben willst dann nimm den Helden noch die Heldenpunkte weg. Dann unterscheiden sie sich nicht mehr wirklich vom gemeinen Weltbewohner wenn es das ist was du haben möchtest. Dann wird es auf jeden Fall häufiger tödlich enden.
 
@ Sylandryl Sternensinger: Ich mag es, eine Spielwelt mit Leben zu füllen. Sie soll den Spielern und mir in sich schlüssig und realistisch vorkommen und sich auch so anfühlen. Die Spieler, die ihre Charaktere in dieser Welt spielen, sollen ihre Stärke nicht aus der Berechenbarkeit des Systems ziehen (hier speziell Schwierigkeitsgrad), sondern aus ihren Handlungen, Wünschen und Motiven.

Beispiel: Der Großwesir einer Wüstenstadt lässt mir von zwei Mitgliedern seiner wohltrainierten Elitewache ausrichten, dass mir der Zutritt verweigert wird, weil er von meinen in seinen Augen gottlosen Büchern erfahren hat, die ich in meiner Jugend schrieb. Die beiden Wachen die mir das sagen, verfügen über eine herausragende Statur, sind bestens bewaffnet und schauen grimmig drein. Mein Charakter, ein Schreiber und Gelehrter, früher zwischenzeitig ein erfolgreicher Dieb, möchte sich nun doch gerne Zutritt verschaffen, weil die Tochter eines befreundeten Händlers hier auf dem Sklavenmarkt verkauft werden soll. Als ehemaliger Dieb habe ich natürlich die Wahl, abends über die Mauer zu steigen und heimlich in die Stadt zu kommen. Das wäre eine Option von zwei.

Jetzt etwas Ironie zur Erläuterung: Gewalt ist bei BoL doch immer eine Lösung. Dazu noch eine schnelle. Als Spieler weiß ich ja, dass eine Wache bei BoL bestenfalls ein Handlanger ist, und mit zwei von ihnen werd ich doch locker fertig - auch als Schreiber. Hab doch 2 Punkte in Nahkampf und einen in Stärke. Bin doch kräftig genug, außerdem hab ich noch alle Heldenpunkte. Ich erwäge also einen Kampf, den ich wahrscheinlich auch gewinnen würde.

Der SL hat eigentlich nur die Möglichkeit, mir jetzt noch mit Masse statt Klasse zu kommen und die Verstärkung anrücken zu lassen. Aber das geht ja immer und überall. Er könnte auch einen Pfeilhagel schicken oder die Tore öffen sich weit und ein Trupp Reiter rennt mich über den Haufen. Ansonsten aber gewinne ich das hier und ich weiß es.

Der Schreiber 3/Dieb 1 ist den ELITEwachen überlegen, dank Heldenpunkte? Nur weil es ein SC ist?

Es stört mich, dass auch unscheinbare Gegner nicht auch mal überlegen konstruiert werden dürfen. Wäre aber doch realistisch. Ich kann ja mal einen Gegner falsch eingeschätzt haben. Wo bleiben denn die wirklich überlegenen Schurken? Hören die nach 10 Spielsitzungen wegen AP-Einbau in meinem Charakter dann auch auf, in der Spielwelt eine Herausforderung zu sein? Woher weiß ich bei einem Fantasyspiel denn, ob der nächste Kampf nicht mein letzter sein wird? Warum darf ich mir bei BoL so sicher sein, unglaublich viel zu überleben und große Risiken eingehen zu können?

Noch ein Sachverhalt: Wo machen ich den Unterschied zwischen Bauern und Elitekriegern? Ich möchte sie mal vergleichen:
Wenn ich 10 Bauern gegen 10 Elitekrieger kämpfen lassen, sind das dann beides gesindelartige Fraktionen? Wenn ja, wären sie dann gleich stark? Wie wichtig wäre der Faktor der jahrelangen Ausbildung und Erfahrung bei den Soldaten? Hier geht es mir auch um die Logik der Spielwelt.

Mir geht es um die Berechenbarkeit und Schaffbarkeit der Herausforderungen einer Spielwelt, wenn sie mit BoL bespielt wird. Ansonsten liebe ich das System. Nur fehlt mir die realistische Gegnerskalierung, wenigstens optional.
 
RuneQuest bildet eine überaus hohe Tödlichkeit gerade für die HAUPTFIGUREN, die SCs, ab, welche man so KEINESFALLS in den literarischen Vorlagen der Sword&Sorcery findet.

Dort sterben immer nur die ANDEREN, die Gegner. Und zwar die "wertigen" nach etwas längerer Anstrengung als die "minderwertigen".

Wachen haben ja nicht einmal einen Namen, so UNWICHTIG ist jeder einzelne! - Wachen sind eine Art "Schwarmmonster". Durch die Masse gefährlich, weil sie tatsächlich mal einen Glückstreffer landen könnten und ein paar Schadenspunkte verursachen könnten. Aber selbst ein waffenloser Held, der mittels Kraftakt seine Ketten sprengt, sollte in der Lage sich sich mit seiner barbarischen Urgewalt und seinen raubtierhaften Reflexen aus einem Trupp Wachen herauszukämpfen, die Prinzessin vor dem Blutopfer durch den bösen Zauberer-Fürsten retten und dabei noch die Schatzkammer auszuplündern.

Was für eine FUNKTION haben Wachen in RuneQuest-"betriebenen" Abenteuern? - Sie stellen schon eine Herausforderung an sich dar, welche durch VORSICHTIGES Spielen umgangen und bewältigt werden muß. Sie sind das Äquivalent von Minenfeldern, Gebäudefallen, usw. - Stellt man sich einer Horde RQ-Wachen, dann ist einfach der Zufall meist ausreichend, daß einem der eigene SC verstümmelt oder getötet wird.

Barbarians of Lemuria ist schon allein vom Regelsystem mit dem Gesindel-NSC-Status dazu ausgerichtet derartiges ÄNGSTLICHES Herumtaktieren und Zögern nicht aufkommen zu lassen. Und vor allem keine langweilig deprimierenden SC-Tode durch die besoffene Stadtwachen-Patrouille im Hafenviertel!

Stadtwachen bei Sword&Sorcery gehören zur MOBILEN KULISSE. - Sie sind nicht selbst gefährlich oder auch nur wichtig genug, um mehr Aufmerksamkeit oder gar mehr Kompetenz(!) zu bekommen!

Siehe "The God in the Bowl" von REH. Was Conan unter direkter Bedrohung von Wachen und wertigeren Gegner WAFFENLOS mit denen anrichtet, das wäre in RuneQuest ohne einen Charakter wirklich EXTREM auszumaxen UND viel Würfelglück zu haben, UNMÖGLICH abzubilden!

Mit RuneQuest spielt man andere Art von Fantasy als mit BoL.

Man beachte: RuneQuest ist für Fantasy in der Spielwelt Glorantha entwickelt worden. In dieser Spielwelt hat JEDER Charakter MAGIE! Und Heilungsmagie findet sich bei jedem Krieger-Charakter, eben WEIL er seine beinahe amputierten Gliedmaßen selbst flicken können soll!

In Sword&Sorcery hat KAUM EIN Charakter Magie! Und Heilungsmagie gibt es so gut wie überhaupt nicht! Ein Krieger-Charakter darf sich halt nie von einem verstümmelnden Treffer erwischen lassen, oder er ist das betreffende Körperteil FÜR IMMER los!

Das ist der Unterschied!

Solche HOCHKOMPETENTEN SCs abzubilden, die mit einem grimmigen Lachen in die Schar der Feinde springen, ist das Ziel von Barbarians of Lemuria.

RuneQuest bildet deutlich geringer kompetente SCs ab, die ständig Angst um Leib und Leben haben müssen.



Wie baut man dann etwas "zähere" Gesindel-Wachen?

Indem man ihnen mehr Fähigkeit gibt: Nahkampf 2 oder 3 ist schon richtig gut für eine HORDE an gesichtslosen Wachen. Verteidigung 2 oder 3 läßt sie nicht mehr so leicht "umfallen". Schwere Rüstung kann sie so zäh machen, daß nur noch die eigentlichen Krieger-SCs mit richtigen Waffen ihnen ordentlich beizukommen vermögen, aber der dekadente Adelige mit seinem Zierdolch kaum was "wegschafft".

Das wichtigste Mittel ist aber: Die schiere ANZAHL!

Die von mir andern-threads geäußerten Faustregeln über die rechte Menge Gesindel-NSCs sind meine Erfahrungswerte. Ca. ein DUTZEND Gesindel-NSCs (ohne besonders hohe Kompetenz) pro SC ist ein guter Richtwert.

KEIN BoL-SC muß sich wegen eines halben Dutzend Stadtwachens irgendwie in die Hose machen!



So bereitet es mir leider Bauchschmerzen. Dabei hatte das Spiel echt Potenzial. Einfache und elegante Würfelmechanik, Laufbahnensystem, ein tolles Magiesystem ... eigentlich war alles gut - bis auf das.
Dann ist BoL für Dich NICHT das richtige Regelsystem.

Eine für den einzelnen SC deutlich gefährlichere Umsetzung von Sword&Sorcery gibt es bei Savage Worlds. Hier bietet Solomon Kane oder Beasts&Barbarians wesentlich "heroischere" SCs, die aber wegen der explodierenden Würfel bei SW auch von normalen Stadtwachen mit minderer Kompetenz wirklich noch etwas zu befürchten haben.

Wenn Du also KEINE Sword&Sorcery spielen möchtest, sondern lieber geringer komptente Helden in "normalerer" Fantasy umsetzen möchtest, dann ist BoL sicher KEINE gute Wahl. Die BoL-Regeln - auch in ihren anderen Genre-Ausprägungen wie Dogs of W*A*R oder Honor&Intrigue - sind eben auf HOCHKOMPETENTE Spielercharaktere ausgerichtet.

Das rechte Werkzeug für das rechte Problem. - Low-level Fantasy geht mit RuneQuest richtig gut und ist so "gritty" und schmutzig, wie man es sich nur wünschen kann. Nur bricht RuneQuest bei hochkompetenten Charakteren zusammen (was der Grund ist, warum für Glorantha im Hochkompetenzbereich ja mit HeroWars bzw. HeroQuest ein ganz anderes Regelwerk - jetzt auch schon über 12 Jahre - im Gebrauch ist).

Wenn Dir also so sehr daran gelegen ist, daß eine namenlose Stadtwache einem hochgradig erfahrenen, in der Welt weit herumgekommenen SC noch einen schnellen und sinnlosen Tod "zwischendurch" bereiten können soll, dann bist Du mit BoL wirklich mit dem falschen Werkzeug zugange.
 
Dann ist BoL für Dich NICHT das richtige Regelsystem.

Eine für den einzelnen SC deutlich gefährlichere Umsetzung von Sword&Sorcery gibt es bei Savage Worlds. Hier bietet Solomon Kane oder Beasts&Barbarians wesentlich "heroischere" SCs, die aber wegen der explodierenden Würfel bei SW auch von normalen Stadtwachen mit minderer Kompetenz wirklich noch etwas zu befürchten haben.

Wenn Du also KEINE Sword&Sorcery spielen möchtest, sondern lieber geringer komptente Helden in "normalerer" Fantasy umsetzen möchtest, dann ist BoL sicher KEINE gute Wahl. Die BoL-Regeln - auch in ihren anderen Genre-Ausprägungen wie Dogs of W*A*R oder Honor&Intrigue - sind eben auf HOCHKOMPETENTE Spielercharaktere ausgerichtet.

Das rechte Werkzeug für das rechte Problem. - Low-level Fantasy geht mit RuneQuest richtig gut und ist so "gritty" und schmutzig, wie man es sich nur wünschen kann. Nur bricht RuneQuest bei hochkompetenten Charakteren zusammen (was der Grund ist, warum für Glorantha im Hochkompetenzbereich ja mit HeroWars bzw. HeroQuest ein ganz anderes Regelwerk - jetzt auch schon über 12 Jahre - im Gebrauch ist).

Wenn Dir also so sehr daran gelegen ist, daß eine namenlose Stadtwache einem hochgradig erfahrenen, in der Welt weit herumgekommenen SC noch einen schnellen und sinnlosen Tod "zwischendurch" bereiten können soll, dann bist Du mit BoL wirklich mit dem falschen Werkzeug zugange.

Es geht mir gar nicht so sehr darum nicht episch spielen oder leiten zu wollen. Nur die Festlegung hat mich gestört. Vom Regelkern her ist mir BoL immer noch lieber als Savage Worlds, weil noch einfacher in meinen Augen. Hätte BoL wenigstens optional diese Gefährlichkeit wie Savage Worlds, dann hätte es meine Bedenken nicht gegeben. Ich will nur nicht einfach alles hausregeln, denn dann muss ich mich legitimerweise irgendwann fragen, ob wir alle noch das gleiche Spiel spielen.
 
Ahh, jetzt, ja. Du scheinst dich wirklich mit den Genrekonventionen nicht wohl zu fühlen. Die Antwort auf die Frage:
Lamorak schrieb:
Warum darf ich mir bei BoL so sicher sein, unglaublich viel zu überleben und große Risiken eingehen zu können?
Ist schlich: weil der SC ein Sword&Sorcery Held ist. Hier kann und soll jeder Charakter überlebensgroß sein. BoL emuliert das recht gut. Mag man das nicht oder möchte man mit den Regeln ein anderes Genre bespielen, muss bzw. sollte man hausregeln: Weniger oder gar kein Gesindel, mehr und kompetentere Handlanger, mehr Schurken, weniger Heldenpunkte und/oder längere Abenteuerstruktur (BoL ist ja mit seinen fünf Heldenpunkten pro Abenteuer darauf ausgelegt, das ein AB nur ca. einen Abend dauert, bei Abenteuern, welche drei-vier Sessions dauern, werden Heldenpunkte zur deutlich knapperen Ressource) oder ganz fies, an den Heilregeln schrauben.

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Stadtwachen bei Sword&Sorcery gehören zur MOBILEN KULISSE. - Sie sind nicht selbst gefährlich oder auch nur wichtig genug, um mehr Aufmerksamkeit oder gar mehr Kompetenz(!) zu bekommen!

Das ist auch ein wichtiger Punkt, finde ich. Obwohl man mit steigender Erfahrung im Rollenspiel und vor allem mit Genrewissen wahrscheinlich zwangsläufig zu solchen Einordnungen kommt, finde ich dieses Kategoriendenken eher hinderlich, um in die Spielwelt eintauchen zu können. Mir ist bewusst, dass es die vielgenannte Genrekonvention ist, aber ich scheue etwas davor zurück, in diesen Begriffen zu denken. Obwohl ich den Begriff der "Mobilen Kulisse" hier sehr passend und zutreffend finde, will ich versuchen ihn im Rollenspiel auszublenden und ihn zu verdrängen.

"Oh schaut, der Schwarze Turm des finsteren Herrschers von Kaotum wird nur von einer Gruppe mobiler Kulisse bewacht - auf in den Kampf ... " o_O
 
@ Sylandryl Sternensinger: Ich mag es, eine Spielwelt mit Leben zu füllen. Sie soll den Spielern und mir in sich schlüssig und realistisch vorkommen und sich auch so anfühlen. Die Spieler, die ihre Charaktere in dieser Welt spielen, sollen ihre Stärke nicht aus der Berechenbarkeit des Systems ziehen (hier speziell Schwierigkeitsgrad), sondern aus ihren Handlungen, Wünschen und Motiven.
Dir sind aber schon die GENRE-KONVENTIONEN, die Versatzstücke der Sword&Sorcery-Fantasy im Unterschied zu "nicht-Sword&Sorcery"-Fantasy bekannt?

Es wirkt nur leider nicht so.

Sword&Sorcery-HELDEN sind nun einmal Charaktere, welche in der jeweiligen Welt durch ihre Kompetenz, ihren Wagemut, ihre Zähigkeit und ihre Überlebensfähigkeit herausstehen.

WILLST Du überhaupt Sword&Sorcery-Fantasy spielen?

Meinem Eindruck nach nicht.

Meinem Eindruck nach möchtest Du eher niederkompetente SCs mit namenlosen, unwichtigen "Kulissen"-NSCs schon vor Herausforderungen stellen.

Das kann man machen. Nur gerade BoL ist für solches "klein-klein-Spiel" überhaupt nicht ausgelegt. Im Gegenteil: BoL ist für Rollenspieler, die die Schnauze voll davon haben von solchen "realistischen" Kompetenzmodellierungen ihre SCs kleingehalten und verstümmelt bzw. getötet zu bekommen.

Realismus hat mit Sword&Sorcery NICHTS zu tun!

Ich habe vor kurzem erst wieder die Prester-John-Romane von Norvell Page mal wieder gelesen. Das ist ein Charakter wie ein BoL-SC. Der läßt sich von Stadtwachen - egal ob "Elite" oder nicht - überhaupt nicht beeindrucken!

Wie sagt man so schön: "You and what army?"

Genau das ist das Kompetenzniveau von verdammt vielen Sword&Sorcery-Helden.

Als Spieler weiß ich ja, dass eine Wache bei BoL bestenfalls ein Handlanger ist, und mit zwei von ihnen werd ich doch locker fertig - auch als Schreiber. Hab doch 2 Punkte in Nahkampf und einen in Stärke. Bin doch kräftig genug, außerdem hab ich noch alle Heldenpunkte. Ich erwäge also einen Kampf, den ich wahrscheinlich auch gewinnen würde.
Wenn Dein "Schreiber" Nahkampf 2 hat, dann ist er darin DOPPELT SO KOMPETENT wie ein professioneller Krieger NSC mit Kämpfen 1! Wenn er Stärke 1 hat, dann ist er DEUTLICH STÄRKER als ein Normalbürger!

Somit hast Du einen Charakter, der zwar Schreiber sein mag, aber ein Schreiber, der ein versierter Fechter und körperlich sehr durchtrainiert ist. - Ansonsten hätte er Stärke -1, Nahkampf 0 und wäre auch noch mit Schwächen ausgestattet, die sein LB reduzieren oder ihn in Kampfstarre verfallen lassen. DANN wäre eine gewalttätige Lösung auch "unrealistisch"!

Du baust Dir also einen GUTEN KÄMPFER mit GUTER STÄRKE, der halt auch noch Schreiber ist. Und dann soll er sich wie ein SCHLECHTER KÄMPFER und ein SCHWÄCHLING verhalten?

Also DAS wäre MIR jetzt zu unglaubwürdig (um nicht den hier überhaupt nicht passenden Begriff "realistisch" zu verwenden).

Der SL hat eigentlich nur die Möglichkeit, mir jetzt noch mit Masse statt Klasse zu kommen und die Verstärkung anrücken zu lassen. Aber das geht ja immer und überall. Er könnte auch einen Pfeilhagel schicken oder die Tore öffen sich weit und ein Trupp Reiter rennt mich über den Haufen. Ansonsten aber gewinne ich das hier und ich weiß es.
Nein, das weißt Du NICHT!

Du könntest immer noch eine Doppel-Eins würfeln und total versagen, überwältigt werden und im Kerker landen.

Du könntest die NETZE übersehen haben, mit welchen ein Eindringling, der am Stadttor Streß machen möchte, gefangen wird.

Du könntest die WACH-ECHSEN übersehen haben, welche von den Wachen auf Eindringlinge gehetzt werden.

Du könntest auch einfach den Leiter der Wache am Stadttor, "Kronark, der Knochenbrecher", übersehen haben, der als höherkompetenter Handlanger zusammen mit seinen Wachen Deinem starken Kämpfer-Schreiber schon das Blut aus dem Leib quetschen wird.


Somit: Wenn Du als SPIELLEITER das Betreten einer Stadt UNINTERESSANT gestaltest, dann IST es auch uninteressant und sogar nicht einmal einen Kampf wert. - Herausforderungen für KOMPETENTE HELDEN stellt man ANDERS als Du es oben beschrieben hast. Das wäre eine Herausforderung für einen NICHT-kämpfenden, schwächlichen reinen Schreiber-Charakter in einem minderkompetenten, low-power Setting. Aber nicht in BoL! Da ist JEDER SC eben schon direkt bei der Charaktererschaffung ein HELD!

Gewöhn Dich daran!

Oder kommst Du mit KOMPETENTEN SCs nicht klar?

Brauchst Du Tipps, wie Du HELDEN-Charaktere herausfordern kannst? - Die können Dir die hiesigen "Barbaren" schon gegeben.

Aber wenn Du Dich darauf versteifst, daß ein HELD vor einer jämmerlichen, namenlosen Stadtwache irgendwie Angst haben sollte, dann bist Du im falschen Film.

Der Schreiber 3/Dieb 1 ist den ELITEwachen überlegen, dank Heldenpunkte? Nur weil es ein SC ist?
Nein. Sondern weil er IN DER SPIELWELT bereits ein HELD ist, der seine eigene LEGENDE durch seine Taten ins unauslöschliche kulturelle Gedächtnis der Spielwelt schreibt!

Ein HELD!

Nicht ein "held"!

Und Wachen mag man "Elite-Wachen" nennen, aber das sagt nur etwas in Relation zu ANDEREN Wachen aus, weniger in Relation zu HELDEN-SCs!

Wenn diese Wachen im Einzelnen wirklich SOOOOOOOO wichtig sein sollen, dann wären es Handlanger. Und durch die marschiert auch ein Held nicht so durch wie durch Gesindel.

Es stört mich, dass auch unscheinbare Gegner nicht auch mal überlegen konstruiert werden dürfen. Wäre aber doch realistisch.

Ich kann ja mal einen Gegner falsch eingeschätzt haben.
Siehe oben. - Vor allem aber: Ein Gegner-Handlanger kann sich ja auch Verkleiden, in einer überraschenden Rolle auftauchen (als Mädchen in Nöten - aber in Wirklichkeit eine unbarmherzige Meuchlerin, siehe den entsprechenden Text bei den Lankhmar-Geschichten, wobei das auch KEIN Gesindel-NSC sondern ein Handlanger wäre).

Wo bleiben denn die wirklich überlegenen Schurken?
Ja, wo denn?

Als SPIELLEITER hast DU es in der Hand diese auftauchen zu lassen!

Also genau diese Söldnerführer, Kriegsherren, Zauberer-Fürsten, Meister-Gladiatoren, Barbaren-Häuptlinge, welche wie die SCs hohe Spielwerte und jede Menge Gaben aufweisen.

Diese "wirklich überlegenen Schurken" sind eben Schurken-NSCS! - Und sie haben neben hohen Spielwerten auch eigene Schurken-Punkte!

Sie sind den HELDEN durchaus ebenbürtig.

Dafür gibt es derartige Oberschurken eben auch nicht an jeder Straßenecke!


Woher weiß ich bei einem Fantasyspiel denn, ob der nächste Kampf nicht mein letzter sein wird?
Das weißt Du NIE. Denn dazu gibt es ja die WÜRFEL!

Ein extrem ausgebauter SC kann immer noch eine Doppel-Eins würfeln. Und seine Gegner alle ihre Schadenswürfe mit maximal möglichem Schaden auswürfeln. Und sein Rüstungs-Wurf versagt jedes Mal. Und er hat vorher schon alle Helden-Punkte ausgegeben.

Dann ist der Charakter TOT.

Das SOLL aber bei BoL eben nur sehr selten mal vorkommen, weil TOTE HAUPTFIGUREN nicht wirklich dazu geeignet sind eine Heftroman-Reihe, eine Buch-Reihe mit deren NAMEN weiterzuführen.

Stell Dir vor Conan stirbt in seiner zweiten Kurzgeschichte an einem Pfeilschuß, der ihn unglücklich erwischt hat. - Würde man heute von Conan als MARKENZEICHEN für Sword&Sorcery reden? - NEIN!

Eben.

Warum darf ich mir bei BoL so sicher sein, unglaublich viel zu überleben und große Risiken eingehen zu können?
Weil Du einen HELDEN spielst, der schon Schlimmeres gesehen hat, als ein paar popelige Stadtwachen!

Weil die HELDEN und SCHURKEN in dieser Welt einfach HOCHKOMPETENT sind!

Weil die GENRE-KONVENTIONEN in BoL direkt im Regelsystem umgesetzt sind! Und diese besagen einfach, daß Sword&Sorcery-Helden zäher sind, kompetenter sind, überlebensfähiger sind als so ziemlich alle anderen Bewohner der Welt!

Noch ein Sachverhalt: Wo machen ich den Unterschied zwischen Bauern und Elitekriegern? Ich möchte sie mal vergleichen:
Wenn ich 10 Bauern gegen 10 Elitekrieger kämpfen lassen, sind das dann beides gesindelartige Fraktionen? Wenn ja, wären sie dann gleich stark? Wie wichtig wäre der Faktor der jahrelangen Ausbildung und Erfahrung bei den Soldaten? Hier geht es mir auch um die Logik der Spielwelt.
Bauern: Stärke 1, Nahkampf 0, Raufen 1, Fernkampf -1, Verteidigung 0 - Laufbahn: Bauer 2 - Keine Rüstung - Mistgabel (W6-1).
Elitekrieger: Stärke 1, Geschicklichkeit 1, Nahkampf 2, Raufen 2, Fernkampf 2, Verteidigung 2. - Laufbahn: Krieger 2 - Schwere Rüstung - Schwert (W6+1) und Schild, Armbrust, Dolch.

Nach der "Logik der Spielwelt", sind die Elite-Krieger besser ausgebildet, besser gerüstet, besser bewaffnet und härter im Nehmen als die Bauern. Und - kein Wunder! - nach BoL-Spielwerten trifft all das genau zu!

Mir geht es um die Berechenbarkeit und Schaffbarkeit der Herausforderungen einer Spielwelt, wenn sie mit BoL bespielt wird. Ansonsten liebe ich das System. Nur fehlt mir die realistische Gegnerskalierung, wenigstens optional.
BERECHENBAR ist in BoL KEINE Herausforderung. - Das verspricht gerade mal D&D mit Challenge Ratings. Die gibt es in BoL aber - aus gutem Grund (siehe oben) nicht.

Eine "realistische" Gegnerskalierung ist bei Sword&Sorcery UNSINN!

Gegner werden skaliert, je nach DRAMATURGISCHER BEDEUTUNG für die Geschichte! - Sehr wichtig: Schurken, wichtig: Handlanger, minderwichtig: Gesindel.

Es ist ALLEIN die Bedeutung für die Geschichte, welche die Skalierung eines NSCs betrifft!

Ein noch so mächtiger Herrscher kann für die Geschichte der SCs weniger wichtig sein, weil ihr eigentlicher Gegenspieler dessen Hofzauberer ist. Der Herrscher ist damit Handlanger oder gar nur Gesindel NSC! (Siehe Thongor-Romane, wo er mit einem geworfenen(!) Zweihandschwert vom Boden einer Arena aus den örtlichen Herrscher in seiner Loge durchbohrt und getötet hat! Auch Herrscher können Gesindel-NSCs sein, wenn sie in der Geschichte weniger Gewicht haben sollen.)

BoL ist KEIN auf "Weltsimulation" ausgerichtetes Regelsystem!

In BoL wird das GENRE Sword&Sorcery emuliert. Und alle Quantitäten, alle Spielwerte ordnen sich dem dramaturgischen Gewicht der beschriebenen Sache, des beschriebenen Spielweltbewohners unter.

Das erfordert ein UMDENKEN, wenn man von einem klassischen 70er/80er-Jahre Simulations-"Realismus"-Ansatz wie in RuneQuest her kommt.

Umarme das Genre Sword&Sorcery mit all seinen Versatzstücken! Dann findest Du, daß BoL diese VORZÜGLICH unterstützt.
 
Sollen laut Regeln alle potenziellen und tatsächlichen Gegner-NSCs, die kompetenter als die Helden sind, automatisch wie Schurkencharaktere gebaut sein?
IMO ist BoL so wie es ist, dafür gedacht, dass man die Garde eben mal schnell aus dem Weg räumt wenn sie im Weg steht.
Schau dir doch nur mal die Beispielcharaktere an - eine Jemadargardistin, die immer wieder mit dem Eindruck von Elitekämpfern erwähnt werden, sind Handlanger und werden von einem Barden-SC im 1:1 ziemlich kalt gemacht. Selbst ohne Heldenpunkte hat der SC deutlich bessere Werte, wenn wahrscheinlich auch schlechtere Bewaffnung.
Wenn du und deine Gruppe da keine Lust drauf haben und das Qualitätsgefälle nicht so groß sein soll, leg doch einfach viel mehr NSC als Handlanger oder sogar Schurke an!

Das einzige was mir da als problematisch erscheint ist, dass das Powerlevel von den SC nicht mehr sehr weit nach oben geht, vor allem in längeren Kampagnen, in denen die Spieler viel steigern können. Im BoL-Forum wurde auch schon mal darüber diskutiert, dass es eigentlich relativ einfach ist, SC auszumaxen mit ein bissel Zeit und dann ist für fiese NSC nicht mehr viel Luft nach oben.
 
Das einzige was mir da als problematisch erscheint ist, dass das Powerlevel von den SC nicht mehr sehr weit nach oben geht, vor allem in längeren Kampagnen, in denen die Spieler viel steigern können. Im BoL-Forum wurde auch schon mal darüber diskutiert, dass es eigentlich relativ einfach ist, SC auszumaxen mit ein bissel Zeit und dann ist für fiese NSC nicht mehr viel Luft nach oben.
Das ist eigentlich ein ganz anderes Thema und verdiente einen eigenen Thread.

@Moderatoren: Es wäre nett, wenn hier dieser Beitragsteil samt meiner Antwort und eventuellen Folgeantworten in einen eigenen Thread ausgelager werden könnte.



Hier mal meine Antwort auf den Punkt, "daß es eigentlich relativ einfach ist SCs auszumaxen mit ein 'bissel Zeit', und daß dann für fiese NSCs nicht mehr viel Luft nach oben" sei.

Ich habe längere Spielrundenerfahrungen mit BoL nach den "prä-Revised"-BoL-Regeln, nach den Legendary Edition Regeln und nach der deutschen Ausgabe, welche auf der fehlerbereinigten Legendary Edition aufsetzt.

Attribute kosten "Alter Wert + Neuer Wert" AP für eine Steigerung.
Kampffähigkeiten kosten "Neuer Wert +1" AP für eine Steigerung.
Laufbahnen kosten "Neuer Wert" AP für eine Steigerung.

Ein sehr "profilarmer" SC hat in allen Werten eine 1 stehen. Alle Attribute auf 1, alle Kampffähigkeiten auf 1 und alle vier Start-Laufbahnen auf 1.

Bei Steigerungen von Attributen von 1 bis auf 5 sind das also 3 + 5 + 7 + 9 = 24 AP.
Steigerungen von Kampffähigkeiten von 1 bis auf 5 gibt es für 3 + 4 + 5 + 6 = 18 AP.
Steigerungen von Laufbahnen von 1 bis auf 5 gibt es für 2 + 3 + 4 + 5 = 14 AP.

Das Abbauen von Schwächen kostet 2 AP pro Schwäche. Die meisten Charaktere fangen mit 2 Schwächen an, Magier mit bis zu 5 Schwächen. Die Schwächen komplett abzubauen kostet also 4 bis 10 AP.

Gaben zu erwerben kostet 2 AP an dem Ort, wo diese Gabe typisch ist (Herkunft), und 3 AP, wenn man sie woanders lernen möchte. Damit ein Charakter ALLE Gaben hat, braucht er im günstigsten Falle somit 84 AP für alle 42 Gaben im BoL-Grundregelwerk, wobei hier die mehrfach zu wählenden Gaben und die jeweils spezifisch festzulegenden Gaben nur genau einmal mitgezählt wurden.

Nehmen wir mal KEINEN "Profillosen" mit überall 1 als Wert, sondern ein "Nahkampfmonster" als Beispiel-SC:

Nahkampfmonster beginnt das Spiel mit Stärke 2 (dafür Verstand auf -1 gesenkt), Geschicklichkeit 1 und Nahkampf 2 (dafür Fernkampf auf -1 gesenkt).

Stärke-Steigerungen: 5 + 7 + 9 = 21 AP für Stärke 5.
Geschicklichkeits-Steigerungen: 3 + 5 + 7 + 9 = 24 AP für Geschicklichkeit 5.
Nahkampfsteigerungen: 4 + 5 + 6 = 15 AP für Nahkampf 5.
=> macht: 60 AP für Stärke 5, Geschicklichkeit 5 Nahkampf 5 mit 2W6 + 10 im Angriff und <Waffenschaden>+5 Schaden, sowie 15 Lebensblut. - Ausgemaxt, noch ohne irgendwelche Gaben einzubeziehen.

Abenteuerpunkte werden einmal PRO SAGA vergeben. Eine Saga ist ein Abenteuer. BoL geht davon aus, daß man in einer Spielsitzung ein Abenteuer komplett durchspielen kann - ansonsten gibt es die AP eben erst dann, wenn die Saga beendet ist, NICHT am Ende jeder einzelnen Spielsitzung!

Pro Spielsitzung bekommt man bei solchen in einer Sitzung zu beendenden Abenteuern im Schnitt 2,5 AP (2 AP bekommt man meistens, manchmal auch 3 AP, wenn man das Verprassen der Schätze und andere "Nachabenteueraktivitäten" so schildert, daß sich weitere Abenteuer-Aufhänger für das weitere Spiel ergeben).

Der schmalspurige Nahkampfmonster-Charakter kann sich also auf folgendes einstellen:
60 AP zum Ausmaxen als Nahkampfmonster => 24 Spielsitzungen und der Charakter ist (OHNE Betrachtung der Gaben, Schwächen, Laufbahnen) "ausgereizt".

Dabei ist zu Beachten, daß es hier nur genau EINE EINZIGE und sehr SCHMALSPURIGE Kompetenz betrifft, die von diesem Charakter ausgereizt wurde. - Er wäre gegen Fernkampf ein leichtes Ziel und sogar ein Kneipenschläger hätte noch eine gute Chance. - Dieser Charakter kann genau EINE Sache verdammt gut.

Und das nach 24 Spielsitzungen und extrem schmalspuriger Ausrichtung.

Zum Vergleich: Savage Worlds Nahkampfmonster.

Der Charakter bekommt bei Charaktererschaffung gleich Kämpfen W12, Konstitution W10, Stärke W10, Geschicklichkeit W6, Verstand W4, Willenskraft W4 verpaßt (bei den üblichen Handicaps für mehr Charaktererschaffungspunkte und erhöhten Kosten für das Herausschieben der Fertigkeit über das zugehörige Attribut). Mit dem ersten Aufstieg setzt er Konstitution auf W12 hoch. Mit dem vierten Aufstieg setzt er Stärke auf W12 hoch.
Ohne Betrachtung der Talente und Fertigkeiten ist dieser Charakter bei 20 XP "ausgemaxt" als Nahkämpfer. Eine Spielsitzung in SW gibt normalerweise 2,5 XP, somit sind 20 XP = 8 Spielsitzungen.

Unter der gleichen Betrachtungsweise, die Gaben bzw. SW-Talente ignorierend, hat in SW der schmalspurige Nahkampfmonster-Charakter Ende der ACHTEN Spielsitzung sein Spielwerte-Maximum erreicht. In BoL nach Ende der VIERUNDZWANZIGSTEN Spielsitzung.

In welchem Regelsystem kann man einen Charakter leichter "ausmaxen"? In BoL oder in SW?

Wie man sieht, KANN man es auch bei BoL darauf anlegen einen Charakter innerhalb von 24 Spielsitzungen zu einem One-Trick-Pony mit meisterlicher Fähigkeit in genau EINEM Bereich machen. - Das ist aber bei BoL weder so viel schneller noch leichter möglich als in vielen anderen Rollenspielen.

Bei BoL bräuchte man für ein "Ausreizen" an Spielwerten somit für ALLE Attribute auf 5, ALLE Kampffähigkeiten auf 5, ALLE Laufbahnen auf 5 und ca. die HÄLFTE aller Gaben (21 abzüglich der 3 Start-Gaben = 18) erlernt folgende Abenteuerpunkte-Mengen:

4 Attribute: 4 * 24 AP = 96 AP.
4 Kampffähigkeiten= 4 * 18 AP = 72 AP.
4 Laufbahnen = 4 * 14 AP = 56 AP (das läßt außer Acht, daß man ja noch weitere NEUE Laufbahnen lernen kann).
18 Gaben = 36 AP.

Damit käme man auf 96 + 72 + 56 + 36 = 260 AP, entspricht 104 Spielsitzungen.

Man kann also nach aktuellen Regeln einen BoL-Charakter nach 2 Jahren mit je einer Spielsitzung pro Woche an die regelmechanische Grenze bringen - unter Auslassung der Betrachtung der anderen Hälfte der Gaben und weiterer, in der Anzahl unbegrenzter Laufbahnen!

Man kann auf jeden Fall aber eines festhalten: Barbarians of Lemuria ist NICHT für viele Jahre durchgängiges Spiel DESSELBEN Charakters gedacht.

Die BoL-Charaktere können über Monate und Jahre gespielt werden, aber nicht so lange, wie z.B. die nach oben offenen Savage-Worlds-Charaktere (wo nach Erreichen des Legendary Ranks KEIN Charakter wirklich jemals "ausgereizt" ist). - Bei BoL erreicht man aufgrund des Würfelsystems leichter den "Anschlag", über den hinaus man als normaler Mensch nichts mehr verbessern kann.

Man darf dabei aber auch eines nicht vergessen: Bei BoL STARTEN die Charaktere schon DEUTLICH KOMPETENTER als in vielen anderen Rollenspielen. - Sie sind daher schon eher auf "mittlerer oder höherer Stufe", wenn sie das Spiel BEGINNEN.

Ein BoL-Charakter mit 1 in Attributen und Kampffähigkeiten entspricht einem Midgard-Charakter mit +12 in Kampffertigkeiten oder einem RuneQuest-Charakter mit 59% Kampffertigkeitswert.
Ein BoL-Charakter mit 2 im Attribut und Kampffähigkeit 2 entspricht einem Midgard-Charakter mit +17 in Kampffertigkeiten oder einem RuneQuest-Charakter mit 85% Kampffertigkeitswert.
Ein BoL-Charakter mit 3 im Attribut und Kampffähigkeit 3 (beides noch Start-Charakterwerte!) entspricht einem Midgard-Charakter mit +20 in Kampffertigkeiten oder einem RuneQuest-Charakter mit 98% Kampffertigkeitswert.

Und das sind ANFÄNGER-Charaktere für BoL!

Bezieht man hier noch Gaben ein, welche einem Charakter Gaben-Würfel für bestimmte Situationen oder Spezialwaffen erlauben, dann ist die Kompetenz DEUTLICH HÖHER. - Bei einem Attribut 1 und Kampffähigkeit 1 Charakter mit einer Gabe, die ihm z.B. für eine Spezialwaffe einen Gabenwürfel erlaubt, wird aus einer 59% Treffer-Chance gleich eine 80% Treffer-Chance.

Für ANFÄNGER-SCs!

Und darauf baut man dann auf.

Immerhin haben ja die Schurken SCs auch so hohe Kompetenz oder noch höhere! Einen Schurken NSC kann man immer mit 5 in allen relevanten Spielwerten ausstatten. Diese Werte und seine Schurkenpunkte machen EINEN Schurken-NSC allein schon zu einer Herausforderung für eine ganze Gruppe weniger erfahrener SCs. - Mit Handlangern, Gesindel-Horden und dem einen oder anderen Monster an seiner Seite ist ein Schurken-NSC schon eine HARTE NUSS auch für sehr erfahrene Helden-Gruppen!

Bei all dem Überlegen über Spielwerte-Ausmaxen sollte man sich übrigens auch mal die KREATUREN anschauen. BoL bietet im Lemuria-Setting wirkliche MONSTER! - Solche gefährlichen Brocken, wie man sie z.B. aus der Monsterhunter-Reihe an Konsolenspielen kennt.

Für echte HELDEN gibt es IMMER etwas zu tun!

Und: Kaum etwas ist unangenehmer, als seine EIGENE Medizin schlucken zu müssen. Nämlich einen gleichermaßen ausgebauten NSC oder einen per Zauber geistig übernommenen Mit-SC als Gegner zu bekommen. Mächtige SCs sind ja LEGENDÄR. Das heißt, sie stellen Herausforderungen für die ECHTEN Big Bad Evil Guys im Setting dar. Für die Zaubererkönige und deren Nachfahren! Nicht, daß ein weiterer Hrangarth-Nachfolger kommt und diesmal wirklich mit allen Zaubererkönigen aufräumt!

Das einzige was mir da als problematisch erscheint ist, dass das Powerlevel von den SC nicht mehr sehr weit nach oben geht, vor allem in längeren Kampagnen, in denen die Spieler viel steigern können. Im BoL-Forum wurde auch schon mal darüber diskutiert, dass es eigentlich relativ einfach ist, SC auszumaxen mit ein bissel Zeit und dann ist für fiese NSC nicht mehr viel Luft nach oben.
Ich glaube nicht, Tim.

Mir stellt sich das "bissel Zeit" mit 2 Jahren wöchentlichen Spielens als lang genug dar, um ein so deutlich fokussiertes Spiel wie BoL spielen zu können und HELDEN-Charaktere so auszuspielen, daß sie der Spielwelt FÜR IMMER ihren Stempel aufdrücken können.

Länger möchte ich auch gar nicht in demselben Genre und mit denselben Charakteren verweilen. - Sword&Sorcery ist ein begeisterndes und packendes Genre der Fantasy, aber längst nicht die einzige Art, auf die mir Fantasy Spaß macht. Daher sehe ich hier nicht den Bedarf nach einem Charakter-Aufstiegsmodell, bei dem man 10 Jahre oder länger braucht, um was reißen zu können.

Verglichen mit einem Stufensystem setzt BoL schon oberhalb der Mitte an (Midgard: ca. Grad 9+ (von 15), D&D: ca. Level 18 (von 30), Savage Worlds: ca. Heroic Rank (12+ Aufstiege, nach oben unbegrenzt)).

Was man in anderen klein-klein orientierten Regelsystemen erst mühsam erspielen muß, das liegt in BoL bereits als Charakterhintergrund in den Spielwerten, vor allem den Laufbahnen, vor. - Man spielt den Barbaren, der als Gladiator kämpfte, als Söldner in den Krieg zog, um dann als Pirat sein eigenes Schiff zu befehligen. Barbar 0, Gladiator 1, Söldner 0, Pirat 3. - All das muß man sich in einem kleiner orientierten Rollenspiel mit einem Level 1 Barbaren-Krieger erst einmal als jahrelange Kampagne erspielen, um dann irgendwann endlich auf dem Stand zu sein, wo ein BoL-HELD mit seiner Spielhandlung ANFÄNGT.

Wer diesen Vorlauf im Detail ausspielen möchte, ist mit anderen Regelsystemen besser beraten. - BoL konzentriert sich auf die hochkompetenten HELDEN, die ALLE sehr respektable Fähigkeiten haben und - ganz wichtig für das Genre! - ALLE auch im Kampf ordentlich kompetent sind.

LUSCHEN spielt man woanders. Da können dann die Charaktere auch noch nach vielen Jahren Spielzeit nichts Heldenhaftes, nichts Legendäres, nichts einer Saga Würdiges.
 
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