Einige System haben Kampagnen, die zum Durchspielen zeitlich lange dauern z.B. DSA hat G7, D&D TOEE, SW 50 Fathoms PPK, etc.
Wobei gerade die SW-PPKs eben SEHR GUT durchstimmbar sind und in ihrer Länge ausgesprochen stark variieren können. So spielen manche Gruppen ausschließlich die Plot-Points durch (mit ggf. ein paar "geschenkten" Level-Ups dazwischen) während andere "um die Plot-Points herum" spielen und so das "Bewältigen" der Hauptkampagne weit hinauszögern. - Genau diese Möglichkeit eine Kampagne an die jeweiligen Interessenslagen und Gegebenheiten einer bestimmten Gruppe anpassen zu können, halte ich für die Stärke einer Plot-Point-Kampagne gegenüber "klassischen" Kampagnen-Produkten, bei denen man gehalten ist, ALLE Teil-Szenarien komplett "abzuarbeiten".
Werden lange offizielle Kampagnen überhaupt noch geleitet/gespielt?
Ja, klar! - Sonst wären auch solche Kampagnenbände wie "The Flood" für Deadlands:Reloaded oder die diversen Adventure-Paths nicht so beliebt.
Oft sind ja Spielgruppen eine gewisse "Monokultur" gewohnt (hierzulande IST ja DSA geradezu DIE Monokultur schlechthin). Da steht das Spielen von Dauerkampagnen auch nicht zur Diskussion. Auch dann nicht, wenn es zeitlich durch Beruf und Familie mal enger wird.
Kann sich wer (vom Beruf und dem Lebensumständen her) oder will sich wer heutzutage noch auf so lange Zeit festlegen?
Ja. Das geht. - Oft nicht so gut, wie manche Midgard-Runden belegen, die sich nur alle Vierteljahre mal zum langen Spieltermin treffen - aber das seit 10 oder 20 Jahren!
Bei mir war es mit D&D 3E so, daß sich der Aufwand (vor allem als Spielleiter) nicht mehr mit dem Beruf vereinbaren ließ. Das war wirklich frustrierend. - Und wie GUT, daß ich zu dem Zeitpunkt Savage Worlds für mich entdeckt hatte, denn da ging das plötzlich wieder! Was daran liegt, daß Savage Worlds EXPLIZIT für zeitlich knapp ausgestattete Spiele entworfen wurde. Die Reduktion von Vorbereitungsaufwänden, die Erhöhung des "Story-Durchsatzes" pro Spielsitzung, das Vermeiden von Buchführung - all das wirkt sich sehr positiv darauf aus, was man auch in kurzen Runden von ca. 4 Stunden Spielzeit so alles "wegspielen" kann.
Ich merke aktuell den Unterschied zwischen vorbereitungsintensiven und in der Durchführung langwierigen Runden mit Deadlands Classic zu Runden mit Savage Worlds oder noch leichteren Regelsystemen wie Barbarians of Lemuria, Leverage und anderen sehr deutlich: Dieselben Szenen, dieselbe Entwicklung der Geschichte, welche in Deadlands Classic eine komplette 8 Stunden Spielsitzung braucht, bekomme ich in Deadlands:Reloaded in einem Drittel der Zeit durchgespielt - und OHNE "Verluste" bei der Story (nur die Kampfszenen bremsen nicht mehr alles andere aus und machen sich nicht mehr so breit wie in DL Classic).
Wer stöhnt, daß ihm sein altes, aufwendig vorzubereitendes Regelsystem nicht mehr in seine Lebenszeitlage paßt, der sollte statt zu stöhnen und eventuell überhaupt nicht mehr zu spielen, lieber mal einen Blick auf die SCHNELLEN und AUFWANDSARMEN Regelwerke werfen. - Da gehört Savage Worlds natürlich weit, weit vorne dazu. - Wie gesagt: SW wurde exakt für diese Zielgruppe hin entworfen. Wer mehr Zeit hat und dafür mehr (und oft wenig "ergiebige") Details haben will, der ist nicht in der Zielgruppe von SW. Diese wendet sich an die Familien- und Berufsmenschen, die auch nach Jahrzehnten noch gerne Rollenspiele spielen wollen, aber nicht mehr so viel Zeit dafür aufwenden können. Und SW erreicht seine Zielgruppe offensichtlich sehr erfolgreich!
Mit SW habe ich MEHR Spielsitzungen unterbringen können, weil man auch in kurzen Runden von nur 4 Stunden noch "ordentlich was wegspielen" kann. - Das hilft enorm dabei längere Kampagnen zu spielen. - Wir haben zum Teil abwechselnd einen Samstag eine "normale" Runde von 8+ Stunden gespielt und das nächste Wochenende eine kurze Runde von 4 Stunden. Mit diesem Rhythmus kommt man recht zügig durch eine PPK durch. Man kann sogar noch eine Woche oder zwei pro Monat "überspringen" und hat immer noch ordentlichen Kampagnenfortschritt. (Was mir besonders wichtig dabei war: Ich hatte dann noch Zeit parallel meine Deadlands Classic Kampagne einmal pro Monat weiterzuführen UND noch ein Wochenende für das Ausprobieren anderer Rollenspiele oder für Testspiele eigener Conversions usw. - Und das neben Job-Hektik im IT-Projektgeschäft unter der Woche!)
Wenn man nicht mehr Student ist, sondern im Beruf steht und vielleicht auch noch andere private Verpflichtungen hat, ist man froh wenn man überhaupt zum Spielen kommt. Wenn ich mir vorstellen wie lange man an einer solchen Kampagne spielt, wenn nur einmal pro Monat spielt, bekomme ich keine Lust in einer solchen Runde mitzuspielen.
Wie oben schon gesagt: Es GEHT! - Mit dem RICHTIGEN Regelsystem und der RICHTIGEN, motivierten und kompromißfähigen Gruppe.
Wer hingegen öfter mal was anderes ausprobieren möchte, wer sich nicht länger "binden" möchte, wem schnell bei einem Setting langweilig wird, für den ist aber so oder so eine langdauernde Kampagne nichts. - EGAL wieviel Zeit er dafür aufwenden könnte.
Ich bin froh um die SW-PPKs, die man nach absehbarer Zeit auch mal durchgespielt haben kann, so daß man mit einem NEUEN Setting, oft in einem ganz anderen Genre, einfach was anderes spielen kann. - Gleiches Regelsystem erlaubt einen schnellen Einstieg und hilft solchen "Settinghoppern" wie mir dabei auch immer wieder neue Settings auf den Tisch zu bekommen. Und das bei Spielern, die auch am Wochenende manchmal nicht verfügbar sind (Familie, Fortbildung, sonstige Verpflichtungen).
Ich kann nur sagen: Es geht.
Wenn z.B. nach der Hälfte der Kampagne einer der Spieler oder gar der SL wegzieht und man keinen Ersatz findet, ist es ärgerlich, dass man das Ende nicht erspielen kann.
Das ist natürlich ärgerlich. - Spieler kann man oft noch ersetzen, aber wenn der SL bei einer vollkommen selbst erstellten Kampagne (Kampagne = die Spielwelt in der persönlichen Interpretation des jeweiligen SLs) wegzieht oder anderweitig keine Zeit mehr hat, dann ist das das Ende der Kampagne.
Aber wenn man Kauf-Kampagnen-Produkte spielt, dann kann einfach ein anderer Spieler die SL-Rolle übernehmen und die Kampagne weiterführen. Das geht ziemlich gut. - Es geht auch bei eigenen Kampagnen, wenn man eh gewohnt ist mit "rotierenden Spielleitern" zu spielen. Dann ist der "Verlust" eines einzigen SLs auch nicht so schlimm.
Wenn ich weis, dass in der Runde eine offizielle lange Kampagne gespielt werden soll, hält sich meine Begeisterung mitzuspielen (egal ob nur einmal oder mehrmals pro Monat) sehr in Grenzen, weil ich mich mit dem Mitspielen zu lange an etwas binde.
Was heißt "offizielle lange Kampagne"?
Hier muß man schon MONSTER-MONOKULTUR-MONOTONIE wie 7G für DSA von einer ENDLICHEN, ANPASSBAREN Plot-Point-Kampagne wie 50 Fathoms für Savage Worlds unterscheiden. - BEIDES sind "offizielle" Kampagnen. BEIDES sind "lange", wohl aber sehr unterschiedlich lange, Kampagnen. - Aber sie sind verschieden wie Nacht und Tag!
Ich selber besitze auch längere Kampagnen, aber geleitet habe ich die noch nie.
Ich besitze auch längere Kampagnen außerhalb des Savage Worlds Produktumfeldes. - Hier habe ich die Erfahrung gemacht, daß man z.B. mit klassischen D&D-Adventure-Paths besser fährt, wenn man sie auf Savage Worlds oder - noch besser - Barbarians of Lemuria konvertiert. Warum fährt man da "besser"?
Weil diese beiden Regelsysteme beim Entwurf von Begegnungen NICHT auf den "Zermürbungskampf" und den Abbau von SC-Ressourcen ausgerichtet sind. Daher kann und SOLLTE man die ätzenden, unmotivierten und langweiligen "Ressourcen-Zieher"-Begegnungen aus den Aventurepaths einfach STREICHEN. Übrig bleibt eine recht knackige Kampagne mit lauter Situationen, die auch eine gewisse BEDEUTUNG haben, statt durch lauter unsinnige und unmotivierte MUSS-KÄMPFE künstlich in die Länge gezogen zu werden.
Mit diesem "Fettabsaugen" beim Konvertieren bekommt man einen Adventurepath innerhalb weniger Monate durch, OHNE daß irgendetwas von der definierenden Geschichte fehlt.
Wenn man WILL, dann findet man auch einen WEG um seine bereits angeschafften längeren Kampagnen-Produkte zu spielerischem Leben zu erwecken.