Rezension Shadowrun 4 - Wildwechsel (II)

Taysal

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Wildwechsel – Das Critterdossier (II)


Shadowrun Quellenband [T-Rezi]


Mit dem Pegasus-Press-Hardcover „Wildwechsel – Das Critterdossier“ wird der Schadworun-4-Spielerschaft die Möglichkeit geboten auf Safari zu gehen, um Großtiere und Kleintiere zu erledigen. Bevorzugt mit vollautomatischen Waffen, Zaubersprüchen oder Sprites. Problematisch an der Sache ist leider, dass die meisten der Critter durchaus in der Lage sind zurückzuschlagen und wiederum die Spielercharaktere zu jagen: Sei es nun in der dichten Vegetation eines Dschungels, in den Ruinen der Barrens oder in der bunten Matrixwelt. Critter – so wird alles nichtmenschliche in der Welt von „Shadowrun“ genannt – sind einfach überall und sie haben dazugelernt. Immerhin schreiben wir das Jahr 2072 und da tauchen die Viecher sogar virtuell auf.

„Wildwechsel – Das Critterdossier“ kommt in gewohnt guter Machart daher und wird vom Friedberger Verlag Pegasus Press herausgegeben. Das Coverbild stammt von Michael Komarck und stimmt mit einem feuerspuckenden Rudel Höllenhunde sofort auf das Thema ein. Einzig der Zwerg auf dem Bild ist etwas misslungen, denn die Antenne im Hintergrund seines Kopfes wirkt, als würde er an einem Seil hochgezogen.

Die Übersetzung wurde von André Wiesler vorgenommen und ist gelungen Die gewählten Begriffe sind stets passend, weitgehend aber auch bekannt. Bei den neuen Übersetzungen wurde einiges wohl im Original belassen, was angesichts eines modernen Techno-Fantasy-Rollenspiels passend ist. Das Lektorat hat sich dagegen kleine Schnitzer erlaubt, wie den ein oder anderen fehlenden Buchstaben oder Buchstabendreher. Das kommt aber sehr selten vor.

Die Aufmachung des Buchs ist gewohnt hell und freundlich. Es gibt den typischen Einstieg über den JackPoint zu Beginn des Buchs, die schicken Verzierungen seitlich der Seiten – so dass auch bei geschlossenem Buch die Kapitel schnell gefunden werden können – und die für die Publikationen üblichen Augmented-Reality-Windows, in denen Illustrationen und Infotexte untergebracht sind. Dadurch wird ein virtueller Eindruck erweckt, der sehr schön ist und die Lektüre des Buchs angenehm macht. In „Wildwechsel – Das Critterdossier“ werden die Fenster sogar benutzt, um reale Informationen über normale Tiere unterzubringen. Eine nette Idee. Natürlich gibt es auch das gewohnte Leseband.

Die im Buch vorkommenden Illustrationen sind entweder schwarzweiß oder grau. Weitgehend handelt es sich um gute Zeichnungen, die thematisch passen und viele der vorkommenden Critter visuell vorstellen. Die Qualität der Bilder ist sicherlich Geschmackssache, im Schnitt aber im zeichnerischen Mittelfeld anzusiedeln. Dazu trägt auch bei, dass bei den Bildern mit Graustufen manchmal die Konturen in einem diffusen Grauschleier verschwimmen. Es macht den Eindruck, als lägen die Originale in Farbe vor und seien für „Wildwechsel – Das Critterdossier“ heruntergerechnet worden.

Die Texte sind gut geschrieben und wie bei „Shadowrun“ üblich verschmelzen virtuelle Informationen und Spielregelteile miteinander, was zu einem unterhaltsamen Gesamtergebnis führt. Die Leserschaft kann dadurch tief in die Welt von „Shadowrun“ eintauchen, was großen Spaß macht. So gibt es Erfahrungsberichte von Wissenschaftlern, Auszüge aus Laborberichten und auch den typischen Shadowtalk, der mit Insiderinformationen daherkommt, die allerdings nur den Wert unbestätigter Gerüchte haben. Um die ganze Sache abzurunden, wird jedes Kapitel mit einer kleinen Kurzgeschichte eingeläutet, was viel Laune macht

In „Wildwechsel – Das Critterdossier“ wird eigentlich alles aufgeführt was von Bedeutung ist. Ausnahmen bilden die Critter, die bereits im Grundregelwerk aufgeführt wurden. Da es für Critter, deren Kräfte und Schwächen einen kleinen Index gibt, ist das Auffinden einfach, denn es wird jeweils auf die entsprechende Seite in „Wildwechsel – Das Critterdossier“ oder „Shadowrun 4“ (Pegasus-Auflage) hingewiesen.

Neben der tollen Aufmachung des Buchs, muss natürlich der Inhalt überzeugen. Der besteht aus neuen und erweiterten Regeln zu dem ganzen Viehzeug, denn irgendwie muss ja alles auch regelkonform im Spiel untergebracht werden. Den meisten Platz nehmen dann natürlich die Critter selbst ein. Und da wird einiges geboten, denn die Sammlung ist auf dem neusten Stand – und das ist das Spieljahr 2072.

Der Spielleiter kann aus dem Vollen schöpfen. Neben altbekannten paranormalen Wesen und weltlichen Tieren, tummeln sich nun auch mutierte Critter, infizierte Metamenschen, Drachenartige, fremdartige Geisterwesen und andere Kreaturen auf der Welt herum. Die Auswahl ist ziemlich groß und zudem können etliche Tiere durchaus vercybert oder magisch aufgebohrt werden. Die Autoren gehen auf viele Einsatzmöglichkeiten ein, auch im urbanen Umfeld. So stellen die Critter auch für jene Runner eine Gefahr dar, die niemals ihren Sprawl verlassen. Critter sind stets für eine Überraschung gut. Immerhin kann ein Rigger auch Biodrohnen steuern.

Die einschneidenden Veränderungen der letzten Jahre haben natürlich auch in der Tierwelt ihre Spuren hinterlassen. Bahnbrechend dürften hier vor allem die Technocritter sein. Dabei handelt es sich um Tiere, die – wie die Technomancer – ein natürliches Gefühl für die Matrix haben und sich problemlos in einen Knoten einloggen können. Das klingt abgefahren und das ist es auch. Vor allem ist es eine gelungene Idee, die schlüssig ins Spiel eingebaut wird. Dazu gehören auch der Protosapiens (Protosapiente Synthetische Intelligenzen). Diese wilden KIs sind sozusagen Tiere in der Matrix. Das ist ebenfalls eine sehr gute Idee, die das Spiel um Einiges bereichert. Somit ist die Jagd in der normalen, in der astralen und in der virtuellen Welt eröffnet. Es ist nur fraglich wer der Jäger und wer die Beute ist.

„Wildwechsel – Das Critterdossier“ enthält sehr viel Material aus bekannten Quellen, dazu neue Critter und auch neue Ideen, die das Shadowrun-Spiel bereichern. Sei es nur um den Hintergrund eines Charakters auszubauen, nette Details ins Spiel einfließen zu lassen, einem Rigger neue Möglichkeiten zu bieten, den Runnern außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen entgegenzuwerfen oder für panische Schreie des Technomancers zu sorgen.

Aufmachung und Inhalt von „Wildwechsel – Das Critterdossier“ sind gelungen und machen großen Spaß. Das Buch ist angenehme zu lesen, die Regeln stimmig und die Critter in passende Werte umgesetzt – einfach eine Empfehlung.

Copyright © 2010 by Günther Lietz

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.

Mike Mendoza, Randall Bills, Tobias Hamelmann (Redaktion)
Wildwechsel – Das Critterdossier
Quellenband für Shadowrun


Pegasus Press Hardcover (2010)
232 Seiten, ISBN 978-3-941976-07-8
Übersetzung: André Wiesler
Coverbild: Michael Komarck

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