Es ist so, daß Deadlands:Reloaded auf Savage Worlds System-Basis sicherlich wesentlich schneller und dynamischer gerade bei den Kampfszenen ablaufen wird. Vor allem kann man sich dann eher trauen auch mal größere Auseinandersetzungen mit Railwars Enforcers und deren Truppen etc. durchzuspielen, ohne gleich den ganzen Spielabend für eine einzige Kampfszene draufgehen zu lassen.
Ein Beispiel: wir hatten das berüchtigte "Night Train"-Szenario als Testspiel nach der alten Savage Deadlands Conversion durchgezogen. Eine halbe Stunde bevor wir aus unseren Spielräumlichkeiten weichen mußten (Vereinsrunde) kam es - für mich als Marshal überraschend - dazu, daß unser Texas Ranger mit einem Prediger, einem (Verrückten) Wissenschaftler, einem Coyote-Indianer-Scout gegen den Mann, dem die Stadt förmlich GEHÖRT und etwa 20 weiteren seiner Schergen standen. Bei Deadlands hätte ich gesagt:"Vertagen wir uns, die Fight-Szene spielen wir nächstes Mal durch" *seufz* Da ich aber Savage Worlds schon kannte und wußte wie schnell die Action dort wirklich läuft, habe ich gesagt "OK, Karten raus!" Und wir kamen mit einer wüsten Saloonprügelei, bei der tatsächlich mit dem Wissenschaftler die Theke "aufgewischt" wurde, und die von der LAUTEN Stimme des Predigers sogar befriedet wurde in etwa 20 Minuten raus - inklusive der Flucht des Schurken, einer Verfolgungsjagd durch die Stadt, einem Showdown in einem Stall mitsamt Messerkampf-Szene. - Ich sage dazu nur: Yeehaw!
Deadlands Classic bietet viel Detail. Sehr schönes Detail, welches ich an manchen Stellen nicht missen möchte. - Aber, die bei Deadlands nicht seltenen Kampfszenen sind zwar schön detailliert, doch recht langsam. Savage Worlds zieht den Zoom bei Kampfdetail etwas (aber wirklich nur etwas) zurück und erlaubt viele Manöver und Tricks "out of the box". Meine Erfahrung mit Savage Worlds ist durchweg positiv bis auf...
Die Übernatürlichen Hintergründe arbeiten mit einem Magiepunkte-System. Bei Deadlands kann jeder zaubern soviel er will (er kann ja immer mal einen Rückschlag einfangen - das ist dann sein eigenes Risiko). Bei Savage Worlds ist es so, daß man seine Zauber mit Power-Punkte betreibt. Sind die ausgegeben, kann man nicht mehr Zaubern.
Das entspricht übrigens der Art, wie bei Deadlands die Chi-Kräfte der Martial Artists behandelt werden und wie ALLE Übernatürlichen Kräfte in Hell on Earth und Lost Colony schon nach Deadlands Classic System geregelt wurden. Da hat jeder Charakter maximalen "Strain", den er beim Zaubern akkumuliert. Hat er sich verausgabt, kann er nicht mehr Zaubern. Das gilt dort neben den Chi-Kräften auch für den Glow der Doomsayer, die Psi-Kräfte der Syker, die Transmutations-Kräfte der Mutes, usw.
Daher wird die Übertragung Deadlands:Hell on Earth nach Savage Worlds auch m.E. ohne jegliche Probleme gehen können.
Beim Weirdwest hingegen wird das Spielgefühl für Huckster, Prediger, Schamanen und Verrückte Wissenschaftler anders aussehen (letztere werden in Savage Worlds übrigens eher wie die Junker bei Hell on Earth behandelt).
Ich finde zur Deadlands:Weirdwest-Stimmung gehört es, daß ein Huckster seinen Zaubererfolg mittels Poker-Blatt bestimmt und nicht nur über das Pokerblatt seine Magiepunkte-Regeneration erledigt. Genauso gehört es dazu daß ein Schamane sein Rituale durchführt (Sandbilder malt, sich rituell vernarbt, singt, tanzt, etc. - bei Deadlands Classic nötig um Appeasement-Punkte der Naturgeister zu sammeln) statt das nur als implizit durchgeführt zur Regeneration seiner Magiepunkte anzunehmen. Und von einem Prediger erwarte ich, daß er betet, meditiert, predigt statt bei einem Tässchen Tee im Brevier zu lesen und zu warten, daß sich seine Magie regeneriert, wie ein Solartaschenrechner.
Hier zu weit führen würde, darzulegen welche noch größeren Probleme ich bei der Savage Worlds Abbildung der Weirdwest Wissenschaftler sehe. Für pulpige Weird Science One Shots paßt das vielleicht, aber da im Weird West die "neue Wissenschaft" ja wesentliche auch gerade gesellschaftliche Änderungen herbeigeführt hat, sollte man da besonders draufschauen und ggf. sich eine "Savage Worlds"-zu-"Deadlands Classic"-Retro-Regelung überlegen. - Woran merkt man, daß ich die Mad Science in Deadlands SEHR mag?
Auch Savage Worlds benutzt übrigens Poker-Karten zur Initiative und hat mit den Bennies so etwas ähnliches wie die Chips (hier eher nur den weißen Chips an Stärke entsprechend, aber das könnte man ja immer noch anders interpretieren).
Unterm Strich wird es aber für Deadlands in allen drei Settings das Beste sein von einem aktuellen, schnellen, und schnell erlernbaren System gestützt zu werden. Schließlich ist Deadlands:Reloaded ja nicht so wie bei WoD/NWoD, daß man den alten Hintergrund weggeschmissen hätte und der neue nur ein schaler Aufguß von alten, nicht mehr frischen Ideen ist. Sondern hier wird der alte Hintergrund wieder aufgenommen und weitergesponnen(!). So erfahren wir endlich, wer die Eisenbahnkriege gewonnen hat. (Nämlich, weil das ein Kernthema der Plot-Point-Kampagne in Deadlands:Reloaded sein wird und die Spieler den Ausgang direkt mitentscheiden!).
Ich sehe so manche alte Szenarien nach Savage Worlds Regeln leichter spielbar (vor allem The Crucible - ich sage nur: War Train, Devil Bats, Steam-Tank, Wichita Witches, Demons, US-Fort - das ist ein haariges Szenario nach den alten Regeln, aber wenn man weiß, wie einfach und schnell Kampf zwischen Fahrzeugen, Luftkampf, etc. in Savage Worlds läuft, dann nimmt man solche Truppenaufstellungen eher gelassen.).
Und es wird NEUE Szenarien geben. Damit wäre das Out-Of-Print-Thema keines mehr. Für mich liegt die Zukunft in Deadlands:Reloaded (oder genauer in Hell on Earth:Reloaded, da Deadlands ja die Vergangenheit ist

).