Zornhau
Freßt NAPALM!
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Eigentlich nicht. Zumindest in viktorianisch-angehauchten Settings wie Castle Falkenstein sind dies recht aufwendig-umständlichen Umgangsformen beim Knüpfen zarter Bande (ob mit rechtschaffener Intention oder als außerehelich-sündige Verbindung sei dabei gleich) vornehmlich zum Schutze der betreffenden DAME gedacht.Lisania schrieb:Jetzt raucht mir der Kopf zum Glück sind die meisten Regeln für ihn !
Wenn eine Ehefrau ein Verhältnis anfängt, welches publik wird, so ist der inzwischen "sichtbare Dritte", der Ehebrecher, eventuell für ein Duell mit dem Ehemann fällig (bei CF öfter als bei Midgard 1880 ), aber die Frau ist auf alle Fälle gesellschaftlich soweit unten durch, daß es recht wahrscheinlich ist, daß sie verstoßen wird und in Armut stirbt (außer bei CF, wo ja die Femme Fatale ein Charakterarchetyp ist ).
Daher hat eine Frau ebenfalls eine MENGE an gesellschaftlichen Regeln zu beachten, wenn wie weiterhin als ehrbar betrachtet werden will. Und das ist quasi überlebenswichtig für eine Frau von Stand. - Ja, natürlich gab es auch immer mal wieder selbstbewußte Frauen, die ihre Rolleneinschränkungen zumindest teilweise zu sprengen vermochten. Aber das waren Ausnahmen. Und Regeln im Umgang beschäftigen sich mit dem Regel-Fall.
Ich finde aber gerade diese heute so schwer nachzuvollziehende Umständlichkeit eines der schönen Elemente bei Castle Falkenstein. Man reißt nicht einfach jemanden auf, sondern nähert sich gesellschaftlich akzeptabel so nach und nach einander. Das zieht eine gehörige Spannung nach sich. "Wird SIE auf dem nächsten Ball sein?", "Wenn ER mich auffordert, darf ich ihm die nächsten beiden Tänze gewähren, wo doch Graf Hartherz, der Gönner meines Onkels, des Erfinders, um alle Tänze für den Abend gebeten hat?" und so weiter.
Das CF-typische "Comme il faut" ist für Spieler, die sich nicht auf Kulturen und kulturelle Schranken einlassen wollen, welche der ansonsten im rollenspielerischen "Normalfalle" ja durchaus bestehenden völligen Handlungsfreiheit eines Charakters Grenzen setzen, enorm schwierig zu erfassen und gar auszuspielen. Ich sehe das als eine Herausforderung, die mich aber mit Szenen belohnt, wie sie in den schmalzigen alten Filmen zu sehen sind. Und das ist es ja, was ich bei CF haben will. The Prisoner of Zenda, Royal Flash, aber auch das - für diese Zeit schon etwas anachronistische - Repertoire der Jane Austen Romane an "Boy-meets-Girl"-Themen ist wirklich schön zu spielen und garnicht langweilig. Im Gegenteil. Man lernt auch auf Kleinigkeiten zu achten. Z.B. "Schaut sie beim Tanze mit mir beständig zu dem miesen Schönling an Garde-Offizier herüber?" meine Eifersucht wächst, oder "Als ich ihr aus der Kutsche half, ließ sie ihre Hand einen Moment länger, als es zu erwarten gewesen wäre, in der meinen. Den ganzen Nachmittag mied sie mich aber beim Besuch des Botanischen Gartens. Erst bei der Rückfahrt bat sie mich, ihr beim Einsteigen behilflich zu sein und schenkte mir einen Blick, der mich mitten ins Herz traf." was einen doch wieder hoffen läßt, nicht wahr?
Mehr Regeln bedeuten auch, daß alles "Vorgeplänkel" einer Zweisamkeit mehr "Screen Time" bekommt und somit mehr in den Fokus des Spiels rückt. Bei CF gibt es nicht das fantasy-typische "Ich schnappe mir die Schankmaid und zieh sie zu mir rüber"-Beinahevergewaltigen. Bzw. das würden nur die stillosen Unterlinge der Oberschurken versuchen (nicht machen), und beim Versuch vom Oberschurken erschossen werden, da dieser vorhat, die schöne Heldin nämlich zur Heirat zu erpressen. Vergewaltigen könnte er sie jederzeit, aber das hätte keine Stil. Und was ein rechter Schurke ist, der sorgt dafür, daß das Ziel seiner Begierde einer Heirat zustimmt (z.B. durch Erpressung, daß ihr Vater verarmen wird, weil der Oberschurke seinen Betrieb zugrunde richten wird). - Das fand ich auch einen der interessanten Aspekte bei Flash Gordon, als Ming, the Merciless, die Earthling-Journalistin Dale Arden tatsächlich heiraten und zur "Empress of the Hour" machen wollte. So handeln eben echte Oberschurken.