Sonstiges Ravenloft / Rabenhorst

Skyrock

t. Sgeyerog :DDDDD
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Das da unten ist mir alles zu lang, wie geht der Elevator-Pitch für Ravenloft?
Ravenloft ist Gothic D&D-Fantasy. Stell dir einfach vor, Highway to Hell wäre von den Hammer Studios als Tie-In-Produkt für den D&D-Cartoon gefilmt worden, und du hast eine gute Vorstellung. Die Knackpunkte sind Herrschaft des Bösen, Cthulhu-artige Lanzeitkorrumpierung und Charaktere, die aus jedem Kampagnensetting nach Ravenloft stolpern könnten, aber nur unter Mühen wieder heraus - every street may be an Elm Street...

Publikationsgeschichte
Ravenloft (dt. Rabenhorst) war ein Kampagnensetting für AD&D 2nd, das aus dem klassischen AD&D1E-Modul I6: Castle Ravenloft (und dessen weniger umfeierten Nachfolger I10: The House on Gryphon Hill) entstanden ist.

I6 führte mit Barovia ein Mikrosetting ein, da wie aus einem Hammerfilm entsprungen war: Wälder voller Wargwölfe, abergläubische Dörfler mit Fackeln und Heugabeln, versteckte Zigeunerlager und als Herzstück ein echter Fleischwolfdungeon von einem Vampirschloss.

Die erste Box für Ravenloft (Realms of Terror) nahm dieses Mikrosetting und erweiterte es zu einem vollwertigen Kampagnensetting, hauptsächlich mit der Zielsetzung von "Weekend in Hell"-Abenteuern bei denen Abenteurer aus anderen Kampagensettings nach Rabenhorst geraten und einen Heimweg finden müssen.

Die noch unter AD&D 2nd veröffentlichte Neuauflage Domains of Dread war nur noch ein Buch und keine Box mehr mit Karten und Farbtafeln, aber hat nochmals Fleisch auf die Knochen gepackt, einige langweilige Landstriche entfernt und dafür neue Landstriche hinzugefügt - und bot erstmals die notwendigen Informationen, um Charaktere aus Rabenhorst selbst zu spielen und dort längere Kampagnen zu spielen.

Nach der TSR-Pleite kam nichts mehr von den Machern von D&D selbst. Die Rechte für das Kampagnensetting wurden an White Wolf weiterverkauft, die unter ihrem Label Sword&Sorcery das Setting auf den Stand von 3.x aktualisierten. Die Rezeption war durchwachsen - viele Querverbindungen zu und Leihgaben aus anderen Kampagnensettings mussten aus lizenzrechtlichen Gründen gestrichen werden, und die Aufmachung und der Tenor machten jedem deutlich, dass das hier ein typisches WW-Produkt war. Der Crunch war eine Wundertüte aus stimmigen Ergänzungen (wie solchen Feats wie Redhead oder Haunted) und umstrittenen Prestigeklassen, die Charaktere sehr stark gegen die klassischen Schrecken von Rabenhorst gehärtet haben. Andererseits wurde die bisher sehr stiefmütterlich behandelte Religion auf Rabenhorst erstmals genauer behandelt, und es gab erstmals eigene Gazetteers für die einzelnen Regionen von Rabenhorst.

Nachdem die Lizenz wieder an WotC zurückgegangen war, passierte erst einmal lange Zeit nichts. Es wurde eine Neuauflage von Ravenloft für 4e angekündigt, kam aber niemals raus.

Derweil wanderten die Kreativen ins Internet ab.
Mehrere Fans von und ehemalige Mitarbeiter an Ravenloft scharten sich auf der Webseite Kartagane und brachten da neues Material raus (das inzwischen im Nachfolgeprojekt Fraternity of Shadows aufgegangen ist, die immer noch jedes Jahr zu Halloween ein neues Webzine rausbringt und _die_ zentrale Anlaufstelle für alles rund um Rabenhorst ist, inklusive Adaptionen auf 4e, Pathfinder und einer noch in Entwicklung befindlichen 5e-Version).
Ebenfalls Erwähnung verdient Jack Shear vom OSR-Blog Tales of the Grotesque & Dungeonesque, der das Kampagnensetting komplett remixt hat um Kinken auszumerzen, den Awesome-Faktor auf ÜBER 9000 zu treiben und auch sonst regelmäßig Zufallstabellen, Monster und anderes RL-kompatibles Material ausstößt.

Ob, wie, wann und in welcher Form Rabenhorst in 5e eine Zukunft als offizielle Publikation hat, ist noch ungeklärt.

Was zur Hölle ist nun Rabenhorst?
Rabenhorst ist eine aus nichts als Nebel bestehende Halbebene, deren Oberherrscher nur als "Die dunklen Mächte" bekannt sind. Wer die dunklen Mächte sind, was sind, welche Motive sie haben und ob sie überhaupt existieren ist unbekannt.
Was bekannt ist, ist, dass die Nebel von Rabenhorst mit den dunklen Mächten im Bunde sind, und regelmäßig an anderen Stellen im Multiversum erscheinen um besonders böse Einzelpersonen, Personengruppen, Landstriche und Artefakte mit sich nach Rabenhorst zu reißen - aber manchmal auch scheinbar(?) unschuldige.
Zur Prominenz gehören u.a. Lord Soth und Vlad Drakov (Dragonlance), Vecna (Greyhawk), Hazlik und Bane (Forgotten Realms), Merodoth (Mystara) und Kaladnay (Dark Sun) - und natürlich als wahrscheinlich bekanntester Einwohner der ganzen Halbebene Strahd von Zarovich, der Oberschurke aus dem allerersten Ravenloft-Modul.
Die Halbebene ist immer gerne bereit, andere hereinzulassen - das Problem ist, wieder rauszukommen. Spelljammer-Fahrzeuge, Plane Shift, Gate - all diese klassischen Methoden versagen spektakulär beim Versuch, wieder aus Rabenhorst rauszukommen.

Wenn ein Wesen sehr böse und sehr willensstark ist und am besten noch ein persönliches Drama durchlebt, besteht die Chance, dass die dunklen Mächte es zum Darklord erheben und ihm eine eigene Domäne zuweisen - ein Landstrich in den Nebeln, der entweder aus den Nebeln heraus entsteht oder einfach aus einer anderen Welt herausgerissen und nach Rabenhorst verbracht wird. Der Darklord genießt eine tiefe seelische Verbindung mit seiner Domäne und hat unglaubliche Macht über diese. Gleichzeitig ist er an seine Domäne gefesselt, und seine Domäne spiegelt seine größte Schwäche und sein größtes Verlangen wider, ohne sie jemals befriedigen zu können.

Was für die meisten Spielercharaktere nun relevant ist, ist die Tatsache dass diese Domänen existieren und der Ort sind, wo die Abenteuer stattfinden. Die meisten Domänen liegen physisch beieinander und bilden die Kernlande, die man als ganzes bereisen kann wie jedes andere Kampagnensetting auch. Hier finden sich viele leicht wiedererkennbare Klassiker, wie Lamordia wo der verrückte Arzt Doktor Victor Mordenheim droben auf dem gewitterumtosten Schloss nach dem Geheimnis von Tod und Leben forscht, oder Mordent, Land der Fuchsjagden, Teezeiten - und Gespenster.
Andere Domänen bilden abgelegenene Inseln des Schreckens oder Cluster (Inselgruppen), die abgeschnitten vom Kern durch das Nebelmeer gleiten und nur durch Zufall, Unfall oder kompetente Führung durch die Nebel erreichbar sind (wie etwa Harakir, das sandige Land der Pyramiden und Mumien, oder Souragne, die sumpfige Karibikinsel des Baron Samstag).
Wieder andere Domänen sind Taschendomänen, die innerhalb einer anderen Domäne liegen. Typische Beispiele sind verschiedene Spukhäuser, und die Windende Straße die an verschiedensten Orten innerhalb von Rabenhorst unerwartet auftaucht und den Kopflosen Reiter beherbergt.

Manche Domänen sind trügerisch idyllisch (wie das aufgeklärt-barocke pseudofranzösische Dementlieu, wo Monster fast unbekannt und von einigen für bloßen Aberglauben gehalten werden). In den meisten Domänen gibt sich aber der Monster Mash von Universal und Hammer ein Stelldichein - Werwesen, Vampire, Mumien und Fleischgolems gehören zum Standard, manchmal alle auf einmal. Untote kommen reichlich in Rabenhorst vor, auch die stufenabsaugenden Arten, und viele bizarre Abarten die anderswo unbekannt sind. Nicht einmal Elementare sind vor dem korrumpierenden Einfluss sicher - anstatt Erdelementaren findet man etwa Grabelementare, die sich aus Friedhofserde, Gebeinstücken und zerbrochenen Grabsteinen zusammensetzen.

Viele vertraute Charakterfähigkeiten funktionieren auf Rabenhorst anders, schwächer oder schießen in eine völlig andere Richtung. Paladine können in Rabenhorst kein Böses entdecken, aber können sich dafür der vollen Aufmerksamkeit der Darklords sicher sein (da allein schon ihre passive rechtschaffen gute Ausstrahlung wie ein Faustschlag gegen das Land und seinen Herrn wirkt wo immer sie hintreten). Kleriker fühlen sich von ihren Göttern verlassen (auch wenn _etwas_ auf ihre Gebete reagiert und sie mit Zaubern versieht), und die Untoten sind sehr viel resistenter gegen Vertreibungsversuche.
Hellsehzauber wirken vielfach schwächer, verdreht oder ganz anders, und wer Bewegungsmagie einsetzen will um die Halbebene zu verlassen kann sich auf viele unangenehme Überraschungen gefasst machen. Einzig und allein die Nekromantie ist auf Rabenhorst immer und ausnahmslos stärker als an jedem anderen Ort des Multiversums - für einen Preis.

Neben der Möglichkeit, inmitten all dieser Schrecken den Verstand zu verlieren, beobachten auch die dunklen Mächte alle Bewohner. Jeder mächtige Zauber und jede böse Tat birgt das Risiko, dass die dunklen Mächte Notiz von dem Charakter nehmen und ihn einen Schritt weiter in die Korrumpierung führen. Das ist anfangs noch scheinbar folgenlos, aber irgendwann häufen sich seltsame, greifbare Nachteile wie Lichtallergie, Blutdurst oder Verkrüppelungen und seltsame Fähigkeiten wie Dunkelsicht oder die Fähigkeit, mit Leichen zu sprechen. Ein Charakter, der diesen leichten und verführerischen Weg tiefer beschreitet, riskiert letztlich selbst zum Monster und Darklord zu werden und aus dem Spiel genommen zu werden.
 
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Das da unten ist mir alles zu lang, wie geht der Elevator-Pitch für Ravenloft?
Ravenloft ist Gothic D&D-Fantasy. Stell dir einfach vor, Highway to Hell wäre von den Hammer Studios als Tie-In-Produkt für den D&D-Cartoon gefilmt worden, und du hast eine gute Vorstellung. Die Knackpunkte sind Herrschaft des Bösen, Cthulhu-artige Lanzeitkorrumpierung und Charaktere, die aus jedem Kampagnensetting nach Ravenloft stolpern könnten, aber nur unter Mühen wieder heraus - every street may be an Elm Street...
Für solche Texte bin ich eindeutig zu alt oder zu wenig im Hobbysprech drin.
Da brauch ich fünf Minuten für so nen Absatz. Geht das nur mir so? :)

Aber ein ganz toller Post! Sowas müsste man eigentlich anpinnen oder irgendwo zentral vorhalten.
 
Wenn, dann sollte man mehrere solche Vorstellungen haben. Leider ist Rabenhorst das einzige offizielle Kampagnensetting, in dem ich tief genug drin bin um eine Vorstellung aus dem Handgelenk zu schütteln.

Wer stellt uns Greyhawk, Vergessene Reiche, Al'Quadim, Mystara, Spelljammer, Dark Sun, Planescape, Dragonlance und die anderen tollen Kampagnensettings vor? :)
 
Stell dir einfach vor, Mary Shelley, Bram Stoker, und die sonstigen Autoren der Gothic Horror wären bezahlt worden, um ein ein Rollenspielsetting zu schreiben, in dem alle Eigenarten von D&D eingebaut sind.
 
Naja ich würde schon gerne die vergessenen Reiche vorstellen, aber ich weiß nicht, ob ich das so 100%ig schaffe und ich gebe zu, dass ich es nicht mag zerrissen zu werden.
 
Geht das nur mir so? :)

Nein, da bist Du nicht der einzige! ;) Aber das ist ist das Alter, Schätzchen, das ist Materialverschleiß! :D

Dennoch ein toller Artikel. (y) Hab Ravenloft zwar nie selbst gespielt, kenn aber einige der Werke und auch romane (z.B. der wo es Lord Soth dahin verschlägt), aber fand das schon immer sehr faszinierend und unheimlich - das auch im doppelten Sinne! :skull: - interessant.
Hier und da hat man sich mal ein paar Monster geklaut wenn man die Spieler etwas ärgern wollte ... :cautious:

@Altansar: Die Vergessenen Reiche sind so groß, da kann ja niemand den vollständigen Überblick behalten.

Das stimmt! Würde das wenn auch Prortionweise machen, und erschwerend kommt hinzu die lange Geschichte mit vielen Ereignissen der Vergessenen Reiche. Vlt. kann man sich da etwas an den Boxen/Publikationen orientieren? Der Norden, die Herzlande, Mondsee, usw.? Etv. noch kleinschrittiger wie Eiswindtal, Talländer usw.?
 
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Gute Nachricht für alle 5e-spielenden Knoblauch-und-Holzpflock-Freunde: Die FoS-Adaption von Ravenloft auf 5e hat es zum ersten vollständigen Draft gebracht.


(Die Monster fehlen noch und werden im Moment noch Viech für Viech konvertiert.)

Meine Notizen vom Durchlesen her:
  • Caliban sind sehr schön umgesetzt. Die Subrassen von 5e bringen viel Varietät bei den immer unterschiedlich entstellten "Igors" rein, die bei der klassischen "Nimm die Halbork-Werte"-Lösung gefehlt hat.
  • Halb-Vistani schleppen leider immer noch ihre hartwurstigen 2e-Boni wie die auf Feuermachen durch. Eine 5e-Adaption mit Bounded Accuracy und Backgrounds hätte da ruhig radikaler sein dürfen.
  • Die Rogue-Subklasse Investigator sind interessant aus und wie etwas, was man auch für andere Settings klauen könnte.
  • Der Inquisitoren-Background ist sehr cool.
  • Sole Survivor ist SEHR Ravenloft.
  • Pushing Characteristics könnte auch außerhalb von RL eine interessante Regeloption sein.
  • Kein Fan des Alchymist-Feats. Ich würde eher auf die bestehenden Proficiency-Regeln aufsetzen und zusätzliche Möglichkeiten für das Herbalist oder Poisoner Kit schaffen, als durch die Hintertür Enabling Feats einzuführen (die 5e aus gutem Grund weitgehend abgeschafft hat).
  • Nicht sicher zu den Dark Shadows, die neben Rasse, Klasse und Background eine weitere Ebene der Charakterdifferenzierung einziehen. Sie sind stimmig und basieren weitgehend auf früheren RL-Feats wie Redhead oder Cursed, aber es ist systemfremd, und die Vorteile sind sehr unterschiedlich stark.
  • Eine RL-spezifische Trinkettabelle mit Einträgen wie "a pickled human head in a jar" oder "a dagger with a blood stain that won't wash off"... Sehr geil.
  • Schön viele zweischneidige magische Gegenstände wie das Blutgeld oder der Wunschimp :)
  • Die Regelungen zu Magie in RL sind noch sehr vage verglichen mit den ausführlichen Regelungen in den offiziellen 2e- und 3e-Büchern. Ich vermisse außerdem noch die Regelungen zu Nekromantie.
  • Bei den Curses geht mir die Vereinheitlichung als Proficiency-Check zu weit - der Witz an ihnen ist ja, dass sie von der Kompetenz des Charakters unabhängig sind und die kleine Bäuerin oft bessere Erfolgschancen hat als der große Drachenschlächter. Die klassische Prozentchance hätte mir darum besser gefallen, aber vielleicht bin das auch nur ich oller Grognard.
  • Die Dark-Powers-Checks sind ziemlich involviert und ziehen eine zusätzliche Ebene zu Fatigue, Horror, Madness etc. ein - aber da sie anders als Dark Shadows ein zentraler Bestandteil von RL seit der ersten Box sind, habe ich in dem Fall kein Problem damit.
    Die Chancen für den "typischen" Dark-Powers-Check - und die daraus resultierenden Nach- und Vorteile - sind sehr vage geregelt. Wer keine der RL-Versionen zur Hand hat, wird aus der Conversion alleine sicher nicht schlau.
 
Meine Stimme geht an Domains of Dread für 2E. Es ist die vollständigste Fassung des Settings in einem einzelnen Buch.

Mehr Sammlerwert als praktischen Nutzen hat die Vorgängerbox Realms of Terror. Die Farbtafeln sind sehr schön. Landkarten liegen bei, sind aber mit DoD veraltet. Die Settingbeschreibung ist sehr dünn, unvollständig und enthält noch einige (langweilige) Landstriche, die später weggeretconnt wurden.

Ravenloft 3E hat alle fremden IPs wie Lord Soth oder Vecna rausstreichen müssen. Sehr viel Platz geht für 3.x-Crunch weg, von sehr durchwachsener Qualität. Vorteil der 3E: Sie behandelt als einzige Religion (wobei man die Kerninformationen dazu im RL-Wiki findet - alleine dafür lohnt sich die 3E-Version nicht). Die Gazetteers für die einzelnen Landstriche sind sehr nett für die die mehr Details haben wollen, aber nicht wirklich notwendig.
 
Meine Stimme geht an Domains of Dread für 2E. Es ist die vollständigste Fassung des Settings in einem einzelnen Buch.
Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm, da es ja auch eine 2nd Kampagnenbox gibt. Scheint aber ein guter Tipp zu sein. (y)
 
Tatsächlich gab es in 2E sogar zwei Realms-of-Terror-Boxen, die auch noch beide gleich hießen (eine von 1990, eine von 1994, mit unterschiedlichem Cover und unterschiedlicher Aktualität).
Es gibt also insgesamt sogar drei 2E-Grundbücher für Ravenloft ;)
 
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