Manny
Relikt
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Mount & Blade
Das Jahr 2008 versprach uns bisher schon einige interessante Titel von großen Publishern und Entwicklerstudios, und einige Titel sind noch im Endspurt auf die Ziellinie. Trotzdem fehlen bei vielen Releases Aspekte im Gameplay, die wirklich überzeugen können. Vor nicht allzulanger Zeit hat man mir allerdings einen Schubs in eine gewisse Richtung gegeben – nämlich in die von Mount&Blade. Man kann es wohl als Indie-Spiel klassifizieren, man sollte aber nicht den Fehler machen deswegen von vornherein den Kopf zu schütteln und es abzuschreiben, denn unter’m Strich hat TaleWorlds jüngstes Produkt wirklich einiges für Liebhaber des Mittelaltergenres zu bieten.
Aber fangen wir am Anfang an. Was genau ist Mount&Blade? Diese Frage lässt sich leider nur schwer beantworten. Einerseits kann man es als Simulation einer fiktiven, grobmittelalterlichen Welt einstufen, andererseits gibt es deutliche RPG-Elemente. Und es ist ein breit gefächertes, freies Spiel ohne vorgeprägter Storyline. Was es nicht ist, das lässt sich leichter beantworten: es ist kein klassisches Fantasy, es gibt weder Drachen noch Einhörner und ganz bestimmt keine Orks, Elfen, Zwerge oder sonstige Rassen. Es sieht nicht aus wie Crysis, hat keine Videosequenzen wie Command & Conquer und in der Entwicklung kaum Budget.
Trotzdem kann es überzeugen. Als Abenteurer streift man durch die Welt, bestreitet Turniere, erledigt Kleinkram für den Adel, rekrutiert Mitstreiter, brandschatzt Dörfer, mischt in den großen militärischen Kampagnen der Reichsmarschalle mit, zettelt Kriege an, handelt lukrativ mit den Dörfern oder hilft einfach nur dem in Not geratenen Dorf nebenan. Die Liste lässt sich beinahe endlos fortführen. Womit man in der Welt Calradia sein Brötchen verdient (oder klaut) obliegt in diesem absolut freien Spiel der eigenen Entscheidung. Doch der Teufel und die Welt schläft nicht, im Hintergrund passiert Politik – meistens mit dem Schwert als mit der Feder.
Das Spiel fängt damit an, dass man sich zunächst einen Hintergrund und das Aussehen für das eigene Alter Ego aussucht. Man bekommt eine Reihe von Fragen über die eigene Vergangenheit gestellt und verfeinert noch schnell das eigene Antlitz, ehe man sich als Abenteurer versucht und sich auf dem Rücken eines Pferdes auf der Weltkarte von Calradia wiederfindet In meinem Fall war es Alija the Wicked, Tochter einer Adelsfamilie, die ihre Liebe fürs Handwerk entdeckt hat und schlussendlich in die weite Welt losgezogen ist um Rache am Verlust einer geliebten Person zu suchen. Und mit adeligem Hintergrund wird einem von Beginn an ein Banner gewährt, dessen Farben die Standarte und das eigene Schild zieren.
Man beginnt in einen der vorhandenen fünf Königreichen, die je ihr eigenes Thema haben. Von axtwerfenden Nordmännern bis hin zu beinahe ausnahmslos berittenen, von einem Khan angeführten Khergits. Besonders Kühne können sich im späteren Spielverlauf auch Exilanten suchen und mit ihnen ein neues Rebellionenreich aus dem Boden stampfen. Zu Beginn ist man aber mit jeder Partei neutral und es dauert noch eine kurze Zeit, bis man genügend Ruf aufgebaut hat, um sich einem Königreich als Vassal anzuschließen.
In unmittelbarer Nähe ist ein Trainingslager eingezeichnet, wo man die ersten Erfahrungen mit dem originellen Kampfsystem machen kann. Fühlt man sich genügend mit den unterschiedlichen Waffen vertraut, so kann man nach Belieben durch die Welt ziehen. Es ist aber unabdingbar etwas mehr Schlagkraft mit sich herumzuführen. Wir entscheiden uns also erst einmal die nächsten Dörfer abzusuchen und rekrutieren gut ein Dutzend Schwertarme für unsere Sache, ehe wir auf der Weltkarte umherstreifende Plünderer entdecken und die Jagd aufnehmen. Als die Mittagssonne über das Land strahlt haben wir endlich händereibend aufgeholt. In einem textuellen Dialogsystem erklären wir unsere Absicht unser Schwert in Blut tränken zu wollen, und wir finden uns mitsamt unseren frisch rekrutierten Soldaten zwischen einigen Bäumen wieder.
Wer einige Vertreter der Total War Serie kennt, wird sich vermutlich schon immer einmal gewünscht haben selbst die direkte Kontrolle in einer Schlacht zu übernehmen. In gewisser Hinsicht ist es genau das, was das Schlachtsystem von Mount&Blade bietet; während unsere unerfahrene Infanterie durch das leicht hügelige Gelände dem Gegner entgegenstürmt, nutzen wir unseren Geschwindigkeitsvorteil, heben Schild und Lanze an und reiten um das Schlachtfeld herum. Gelegentlich begrüßt uns das unangenehme surren von vorbeifliegenden Pfeilen, hier und da trifft einer unser Schild und bleibt darin stecken. Mit vollem Galopp reiten wir der eng gehaltenen feindlichen Linie den Hügel abwärts direkt in den Rücken, reißen noch zwei Schützen zu Boden und machen dem Axtkämpfer schräg vor uns mit dem schmerzhafteren Ende unserer Lanze vertraut. Durch unsere hohe Geschwindigkeit gibt das gleich besonders viele Schmerzen für unser Opfer; denn anders als in vielen anderen Spielen dieses Schlages haben gelände- und geschwindigkeitsbedingte Manöver großen Stellenwert, Schaden errechnet sich durch eine Kombination aus Geschwindigkeit und Können. Wären wir von vorne den Hügel aufwärts gereitet, wären wir einerseits langsamer gewesen, hätten weniger Schaden verursacht und riskierten schneller ausgebremst zu werden.
Der taktische Aspekt auf Makroebene fällt aber eher rudimentär aus. Infanterie, Schützen und berittene Einheiten lassen sich individuell mit einigen wenigen Befehlen kommandieren oder auf einer Minimap, die die Landschaft nicht darstellt, positionieren. Die Möglichkeiten beschränken sich unter anderem auf „Diese Position halten“, „Stürmen“, „Zehn Schritt vor“, „Zehn Schritt zurück“, „Feuer einstellen/frei“ und noch einigen wenigen anderen.
Auch ein bemerkenswertes Charakteristikum des Kampfsystems: Schild, Pferd und Reiter nehmen individuellen Schaden. Schilde halten nicht ewig Hiebe aus oder und drohen früher oder später in ein mehrteiliges Puzzle zu zerfallen; tote Reiter bedeuten herrenlose, herumirrende Pferde; tote Pferde bedeuten eine unliebsame Begegnung mit dem erdigen Boden. Das lässt sich aber auch hervorragend ausnutzen: berittene Einheiten lassen sich hervorragend mit ein paar wohlplatzierten Treffern vom hohen Ross herunterkatapultieren.
Kämpfe passieren übrigens etappenweise. Große Feldschlachten werden in einzelnen Durchgängen abgehandelt und üblicherweise gibt es nie mehr als hundert Einheiten auf dem Schlachtfeld in jeder Etappe. Belagerungsangriffe stellen allerdings eine Ausnahme dar, hier wird Welle um Welle alles in die Wagschaale geworfen.
Neben den namenlosen rekrutierten Truppen lassen sich aber auch Gefolgsleute in den eigenen Dienst stellen, die ihre eigenen Ansichten und Fähigkeiten mitbringen; vorallem aner die eigenen Ansichten, und sie werden sich ziemlich sicher zu Wort melden, wenn man etwas ihrer Meinung nach Unrechtes oder Unnötiges getan hat. Gefolgsleute sind übrigens die Einzigen, die sich individuell ausrüsten und Fähigkeiten steigern lassen. Im Übrigen, das eigene Alter Ego sowie die eigenen Gefolgsleute folgen einem stufenbasierten Erfahrungssystem; allerdings nur teilweise, Kampffertigkeiten steigern sich auch durch (erfolgreichen) Gebrauch, nicht unähnlich zum Fertigkeitensystem von beispielsweise Ultima Online.
Trotzdem gibt es auch einige Kritikpunkte. Die Landkarte ist weitestgehend nur rudimentär gehalten und hält kaum Streicheleinheiten für die eigenen Augen parat. Weiterhin gibt es keine übergreifende Geschichte, der man folgen kann, man reitet einfach über die Landkarte und tut, was man eben glaubt das zu tun sei. Das kann man natürlich als Nachteil ansehen, oder aber als Vorteil ist man Liebhaber von vollständig freien Spielen. Und vermutlich der schlimmste Fehler von allen: man wird als Neuling einfach ohne Orientierung und Hilfe in das Spiel geworfen. Es fehlt an roten Fäden und Zielen.
Hier und da sammeln sich zudem noch Kleinigkeiten an, die bekanntlich auch für Mist sorgen. Exemplarische Skurrilitäten beinhalten unter anderem Einheiten, die 90% starke Steigungen per pedes (oder auch am Pferd) erklimmen oder überenthusiastische eigene Einheiten, die einen bei der Belagerung von der Leuter schubsen. Sieht man über die Makel hinweg und hegt keinen großen Groll gegen Spieltypen dieser Art, dann kann das Spiel für einige Zeit an Unterhaltung sorgen. Es wird nie alt mit gesenkter Lanze quer durch die feindlichen Linien zu reiten oder zwischen den Zinnen hervor einen Pfeilhagel auf die angreifenden Belagerer zu jagen. Dennoch fühlt sich das Spiel außerhalb der Kämpfe etwas unrund und unfertig an. Ich habe die Befürchtung, dass lediglich ein Subset von Gefechtssimulationen-Liebhabern wirklich eine langanhaltende Freude daran finden.
Was einige Wehwehchen des Spiels aber wieder zum Teil rettet ist die Modding Community; Mount&Blade ist nämlich stark modifizierbar. Es existieren bereits eine Vielzahl an Modifikationen, die von deutlich größerer Einheitenzahl am Schlachtfeld über neue Gegendstände, Texturen und Musik bis hin zu komplett neuen Settings reichen. Unter anderem gibt es bereits Modifikationen für Settings in J.R.R. Tolkiens Mittelerde oder George Lucas Star Wars. Auch die Total War Serie selbst scheint nicht außen vor gelassen worden zu sein. Für die aktuelle Version fehlt es aber im Moment noch an veröffentlichten Details zum neuen Modulsystem (Stand 30.09.2008), bevor einige der bereits bestehenden und noch kommenden Modifikationen kompatibel gemacht werden können. Der Hersteller hält aber derzeit noch eine Downloadmöglichkeit für die letztältere Version parat, mit welcher die Werke der Community definitiv noch funktionieren sollten.
Fazit
Summa summarum lässt sich sagen, dass Mount&Blade Potential hat. Es gibt signifikante Stärken sowie spürbare Schwächen. Man vollzieht die Entwicklung vom einfachen Möchtegernabenteurer bis zum Vasall einer der Königreiche, zieht mit seiner Armee durch die Landstriche und investiert hart erarbeitete Denare in sündhaft teure Ausrüstung. Am hohen Ross prescht man in die feindlichen Reihen, zu Fuss stürmt man mit hochgehaltenem Schild die Mauern der Verteidiger oder lässt einen Pfeilhagel auf die Traube anstürmender Verteidiger los. Quests sowie das tägliche Handwerk drohen aber schnell monoton zu werden, im Gegensatz zu den oben erwähnten Echtzeitkämpfen.
Nicht jeder wird mit diesem Spiel seine Freude haben, aber glücklicherweise kann man das Spiel als Shareware-Version austesten – also ohne Einschränkungen oder wegreduzierte Inhalte, bis man ein bestimmtes Level erreicht. Mit €25-30 (bzw. ca. 22€ für die Seriennumer alleine, wenn man es sich selbst herunterlädt) platziert sich die Vollversion in der mittleren Preisklasse und dürfte für die überwiegende Zahl der Fans dieses Genres jeden Cent wert sein.Den Artikel im Blog lesen
Das Jahr 2008 versprach uns bisher schon einige interessante Titel von großen Publishern und Entwicklerstudios, und einige Titel sind noch im Endspurt auf die Ziellinie. Trotzdem fehlen bei vielen Releases Aspekte im Gameplay, die wirklich überzeugen können. Vor nicht allzulanger Zeit hat man mir allerdings einen Schubs in eine gewisse Richtung gegeben – nämlich in die von Mount&Blade. Man kann es wohl als Indie-Spiel klassifizieren, man sollte aber nicht den Fehler machen deswegen von vornherein den Kopf zu schütteln und es abzuschreiben, denn unter’m Strich hat TaleWorlds jüngstes Produkt wirklich einiges für Liebhaber des Mittelaltergenres zu bieten.
Aber fangen wir am Anfang an. Was genau ist Mount&Blade? Diese Frage lässt sich leider nur schwer beantworten. Einerseits kann man es als Simulation einer fiktiven, grobmittelalterlichen Welt einstufen, andererseits gibt es deutliche RPG-Elemente. Und es ist ein breit gefächertes, freies Spiel ohne vorgeprägter Storyline. Was es nicht ist, das lässt sich leichter beantworten: es ist kein klassisches Fantasy, es gibt weder Drachen noch Einhörner und ganz bestimmt keine Orks, Elfen, Zwerge oder sonstige Rassen. Es sieht nicht aus wie Crysis, hat keine Videosequenzen wie Command & Conquer und in der Entwicklung kaum Budget.
Trotzdem kann es überzeugen. Als Abenteurer streift man durch die Welt, bestreitet Turniere, erledigt Kleinkram für den Adel, rekrutiert Mitstreiter, brandschatzt Dörfer, mischt in den großen militärischen Kampagnen der Reichsmarschalle mit, zettelt Kriege an, handelt lukrativ mit den Dörfern oder hilft einfach nur dem in Not geratenen Dorf nebenan. Die Liste lässt sich beinahe endlos fortführen. Womit man in der Welt Calradia sein Brötchen verdient (oder klaut) obliegt in diesem absolut freien Spiel der eigenen Entscheidung. Doch der Teufel und die Welt schläft nicht, im Hintergrund passiert Politik – meistens mit dem Schwert als mit der Feder.
Das Spiel fängt damit an, dass man sich zunächst einen Hintergrund und das Aussehen für das eigene Alter Ego aussucht. Man bekommt eine Reihe von Fragen über die eigene Vergangenheit gestellt und verfeinert noch schnell das eigene Antlitz, ehe man sich als Abenteurer versucht und sich auf dem Rücken eines Pferdes auf der Weltkarte von Calradia wiederfindet In meinem Fall war es Alija the Wicked, Tochter einer Adelsfamilie, die ihre Liebe fürs Handwerk entdeckt hat und schlussendlich in die weite Welt losgezogen ist um Rache am Verlust einer geliebten Person zu suchen. Und mit adeligem Hintergrund wird einem von Beginn an ein Banner gewährt, dessen Farben die Standarte und das eigene Schild zieren.
Man beginnt in einen der vorhandenen fünf Königreichen, die je ihr eigenes Thema haben. Von axtwerfenden Nordmännern bis hin zu beinahe ausnahmslos berittenen, von einem Khan angeführten Khergits. Besonders Kühne können sich im späteren Spielverlauf auch Exilanten suchen und mit ihnen ein neues Rebellionenreich aus dem Boden stampfen. Zu Beginn ist man aber mit jeder Partei neutral und es dauert noch eine kurze Zeit, bis man genügend Ruf aufgebaut hat, um sich einem Königreich als Vassal anzuschließen.
In unmittelbarer Nähe ist ein Trainingslager eingezeichnet, wo man die ersten Erfahrungen mit dem originellen Kampfsystem machen kann. Fühlt man sich genügend mit den unterschiedlichen Waffen vertraut, so kann man nach Belieben durch die Welt ziehen. Es ist aber unabdingbar etwas mehr Schlagkraft mit sich herumzuführen. Wir entscheiden uns also erst einmal die nächsten Dörfer abzusuchen und rekrutieren gut ein Dutzend Schwertarme für unsere Sache, ehe wir auf der Weltkarte umherstreifende Plünderer entdecken und die Jagd aufnehmen. Als die Mittagssonne über das Land strahlt haben wir endlich händereibend aufgeholt. In einem textuellen Dialogsystem erklären wir unsere Absicht unser Schwert in Blut tränken zu wollen, und wir finden uns mitsamt unseren frisch rekrutierten Soldaten zwischen einigen Bäumen wieder.
Wer einige Vertreter der Total War Serie kennt, wird sich vermutlich schon immer einmal gewünscht haben selbst die direkte Kontrolle in einer Schlacht zu übernehmen. In gewisser Hinsicht ist es genau das, was das Schlachtsystem von Mount&Blade bietet; während unsere unerfahrene Infanterie durch das leicht hügelige Gelände dem Gegner entgegenstürmt, nutzen wir unseren Geschwindigkeitsvorteil, heben Schild und Lanze an und reiten um das Schlachtfeld herum. Gelegentlich begrüßt uns das unangenehme surren von vorbeifliegenden Pfeilen, hier und da trifft einer unser Schild und bleibt darin stecken. Mit vollem Galopp reiten wir der eng gehaltenen feindlichen Linie den Hügel abwärts direkt in den Rücken, reißen noch zwei Schützen zu Boden und machen dem Axtkämpfer schräg vor uns mit dem schmerzhafteren Ende unserer Lanze vertraut. Durch unsere hohe Geschwindigkeit gibt das gleich besonders viele Schmerzen für unser Opfer; denn anders als in vielen anderen Spielen dieses Schlages haben gelände- und geschwindigkeitsbedingte Manöver großen Stellenwert, Schaden errechnet sich durch eine Kombination aus Geschwindigkeit und Können. Wären wir von vorne den Hügel aufwärts gereitet, wären wir einerseits langsamer gewesen, hätten weniger Schaden verursacht und riskierten schneller ausgebremst zu werden.
Der taktische Aspekt auf Makroebene fällt aber eher rudimentär aus. Infanterie, Schützen und berittene Einheiten lassen sich individuell mit einigen wenigen Befehlen kommandieren oder auf einer Minimap, die die Landschaft nicht darstellt, positionieren. Die Möglichkeiten beschränken sich unter anderem auf „Diese Position halten“, „Stürmen“, „Zehn Schritt vor“, „Zehn Schritt zurück“, „Feuer einstellen/frei“ und noch einigen wenigen anderen.
Auch ein bemerkenswertes Charakteristikum des Kampfsystems: Schild, Pferd und Reiter nehmen individuellen Schaden. Schilde halten nicht ewig Hiebe aus oder und drohen früher oder später in ein mehrteiliges Puzzle zu zerfallen; tote Reiter bedeuten herrenlose, herumirrende Pferde; tote Pferde bedeuten eine unliebsame Begegnung mit dem erdigen Boden. Das lässt sich aber auch hervorragend ausnutzen: berittene Einheiten lassen sich hervorragend mit ein paar wohlplatzierten Treffern vom hohen Ross herunterkatapultieren.
Kämpfe passieren übrigens etappenweise. Große Feldschlachten werden in einzelnen Durchgängen abgehandelt und üblicherweise gibt es nie mehr als hundert Einheiten auf dem Schlachtfeld in jeder Etappe. Belagerungsangriffe stellen allerdings eine Ausnahme dar, hier wird Welle um Welle alles in die Wagschaale geworfen.
Neben den namenlosen rekrutierten Truppen lassen sich aber auch Gefolgsleute in den eigenen Dienst stellen, die ihre eigenen Ansichten und Fähigkeiten mitbringen; vorallem aner die eigenen Ansichten, und sie werden sich ziemlich sicher zu Wort melden, wenn man etwas ihrer Meinung nach Unrechtes oder Unnötiges getan hat. Gefolgsleute sind übrigens die Einzigen, die sich individuell ausrüsten und Fähigkeiten steigern lassen. Im Übrigen, das eigene Alter Ego sowie die eigenen Gefolgsleute folgen einem stufenbasierten Erfahrungssystem; allerdings nur teilweise, Kampffertigkeiten steigern sich auch durch (erfolgreichen) Gebrauch, nicht unähnlich zum Fertigkeitensystem von beispielsweise Ultima Online.
Trotzdem gibt es auch einige Kritikpunkte. Die Landkarte ist weitestgehend nur rudimentär gehalten und hält kaum Streicheleinheiten für die eigenen Augen parat. Weiterhin gibt es keine übergreifende Geschichte, der man folgen kann, man reitet einfach über die Landkarte und tut, was man eben glaubt das zu tun sei. Das kann man natürlich als Nachteil ansehen, oder aber als Vorteil ist man Liebhaber von vollständig freien Spielen. Und vermutlich der schlimmste Fehler von allen: man wird als Neuling einfach ohne Orientierung und Hilfe in das Spiel geworfen. Es fehlt an roten Fäden und Zielen.
Hier und da sammeln sich zudem noch Kleinigkeiten an, die bekanntlich auch für Mist sorgen. Exemplarische Skurrilitäten beinhalten unter anderem Einheiten, die 90% starke Steigungen per pedes (oder auch am Pferd) erklimmen oder überenthusiastische eigene Einheiten, die einen bei der Belagerung von der Leuter schubsen. Sieht man über die Makel hinweg und hegt keinen großen Groll gegen Spieltypen dieser Art, dann kann das Spiel für einige Zeit an Unterhaltung sorgen. Es wird nie alt mit gesenkter Lanze quer durch die feindlichen Linien zu reiten oder zwischen den Zinnen hervor einen Pfeilhagel auf die angreifenden Belagerer zu jagen. Dennoch fühlt sich das Spiel außerhalb der Kämpfe etwas unrund und unfertig an. Ich habe die Befürchtung, dass lediglich ein Subset von Gefechtssimulationen-Liebhabern wirklich eine langanhaltende Freude daran finden.
Was einige Wehwehchen des Spiels aber wieder zum Teil rettet ist die Modding Community; Mount&Blade ist nämlich stark modifizierbar. Es existieren bereits eine Vielzahl an Modifikationen, die von deutlich größerer Einheitenzahl am Schlachtfeld über neue Gegendstände, Texturen und Musik bis hin zu komplett neuen Settings reichen. Unter anderem gibt es bereits Modifikationen für Settings in J.R.R. Tolkiens Mittelerde oder George Lucas Star Wars. Auch die Total War Serie selbst scheint nicht außen vor gelassen worden zu sein. Für die aktuelle Version fehlt es aber im Moment noch an veröffentlichten Details zum neuen Modulsystem (Stand 30.09.2008), bevor einige der bereits bestehenden und noch kommenden Modifikationen kompatibel gemacht werden können. Der Hersteller hält aber derzeit noch eine Downloadmöglichkeit für die letztältere Version parat, mit welcher die Werke der Community definitiv noch funktionieren sollten.
Fazit
Summa summarum lässt sich sagen, dass Mount&Blade Potential hat. Es gibt signifikante Stärken sowie spürbare Schwächen. Man vollzieht die Entwicklung vom einfachen Möchtegernabenteurer bis zum Vasall einer der Königreiche, zieht mit seiner Armee durch die Landstriche und investiert hart erarbeitete Denare in sündhaft teure Ausrüstung. Am hohen Ross prescht man in die feindlichen Reihen, zu Fuss stürmt man mit hochgehaltenem Schild die Mauern der Verteidiger oder lässt einen Pfeilhagel auf die Traube anstürmender Verteidiger los. Quests sowie das tägliche Handwerk drohen aber schnell monoton zu werden, im Gegensatz zu den oben erwähnten Echtzeitkämpfen.
Nicht jeder wird mit diesem Spiel seine Freude haben, aber glücklicherweise kann man das Spiel als Shareware-Version austesten – also ohne Einschränkungen oder wegreduzierte Inhalte, bis man ein bestimmtes Level erreicht. Mit €25-30 (bzw. ca. 22€ für die Seriennumer alleine, wenn man es sich selbst herunterlädt) platziert sich die Vollversion in der mittleren Preisklasse und dürfte für die überwiegende Zahl der Fans dieses Genres jeden Cent wert sein.Den Artikel im Blog lesen