Moralischer Verfall

D

Deleted member 7518

Guest
Ich weiß ja nicht, ob überhaupt noch einer Hunter spielt, aber ich wollte mal fragen, wie ihr mit dem möglichen moralischen Verfall eurer Hunter umgeht.

Ist für eure Hunter die Jagd eine klare Sache, oder gibt es auch mal moralische Probleme, wenn man ein "Monster" stellt, das man im Endeffekt gar nicht so monströs findet?

Wie geht ihr damit um, wenn unschuldige Menschen durch Charakterhandlungen verletzt oder getötet werden?

Und was, wenn man Menschen begegnet, die für "Monster" arbeiten? Aber eben immer noch ganz normale Menschen sind, allerdings auf der falschen Seite, oder mit zu gefährlichem Wissen.

Wird dann nur gewürfelt, und je nachdem geht die Moral eben runter oder nicht?


Mir ist gestern aufgefallen wie gerne ich meinen Char unter ihren teils durchaus monströsen Handlungen leiden lasse, und wie ich ihr abgleiten zu einem "Ja, das war schon ganz schön schlimm. Eigentlich fühle ich mich jetzt schmutzig. Und die Schreie werde ich auch nicht vergessen. Aber es war nötig. Wir hatten keine Wahl!" gefolgt von irgendwann "Na, so schlimm war es ja gar nicht. Und ich fühle mich wenigstens sicherer" genieße.

Keine Ahnung, der Charakter hat schon bei der Jagd auf Monster ab und an Probleme, wenn diese in ihren Handlungsweisen nicht klassisch böse sind, sehr menschlich agieren, und sie emotional ansprechen.
Aber bei normalen Menschen kommt sie ganz schnell moralisch sehr in die Zwickmühle zwischen ihrer Bereitschaft "das Nötige" zu tun, und ihren Schuldgefühlen (spätestens wenn es um das Verhör und Entsorgen von Gefangenen geht, und nicht nur um Notwehrsituationen).

Find ich bislang recht spannend, wenn auch manchmal am Spieltisch gar nicht so ohne.
 
Ich bin ja nicht so der WoD-Fan aber Hunter hat mir vom Thema schon immer ganz gut gefallen vor allem weil ja nur die Hunter diese Dinge wirklich sehen können. Mit dem richtigen Spielleiter kommt da ganz schnell Paranoia auf und das Gefühl nicht mehr zu Wissen was echt ist und was nicht, ist man am Ende doch einfach nur Wahnsinnig?
Ist schon lange her das ich Hunter gespielt hab aber es war wirklich toll. Wir haben Oberstufenschüler gespielt die plötzlich diese Dinge sehen und auch Möglichkeiten haben das "Böse" zu bekämpfen. Aber niemand sonst hat sie gesehen. Zu kompliziert um alles zu erklären aber es dauerte nicht lange da waren wir auf der Flucht weil man uns Morde angehängt hatte. Wir kannten ja die "wahren" Täter und wollten das auch der Polizei melden die uns aber nicht glaubten und ganz schnell waren wir plötzlich die Hauptverdächtigen. Auf der Flucht ist meinem Charakter dann, egal wo auch immer wir waren, diese eine Person aufgefallen. Immer war sie da, unauffällig, hat uns nicht beachtet aber sie war da. Irgendwann bin ich dann schon so paranoid geworden das ich diese Person verfolgt und getötet habe weil ich sie für eine von IHNEN hielt. Mein Charakter hat mit seiner aggravated damage-Power (keine Ahnung mehr wie das hies) auf diese Person eingeschlagen bis sie nur noch Match war. Das war so eine richtig arge Psycho-ausraster-Szene. Zuerst war da Erleichterung aber bald kamen dann diese Fragen auf: War das wirklich einer von denen? Ist der Charakter einfach nur noch ein paranoider Wahnsinniger? Hätte man das nicht auch anders lösen können? Schuldgefühle! Selbstzweifel!

Das war schon ziemlich cool und intensiv, diese Kampagne.
 
Mit dem richtigen Spielleiter kommt da ganz schnell Paranoia auf und das Gefühl nicht mehr zu Wissen was echt ist und was nicht, ist man am Ende doch einfach nur Wahnsinnig?

Oh ja, das kommt mir sehr bekannt vor.
Sieht der Charakter wirklich Geister? Wird sie irre?
Und irgendwo haben die Geister ja bislang oft recht gehabt, und eigentlich stimmt es, sie sollte ihre Gruppenmitglieder gut im Auge behalten, denn sie verbergen offensichtlich etwas...

Das klappt stimmungstechnisch gerade richtig gut, da kommt wirklich so ein allumfassendes Bedrohungsgefühl für die Charaktere bei rum.

Die Schilderung aus deiner Runde klingt sehr gut! So diese Mischung aus Verschwörungsthematik, Dinge sehen/wissen, die anderen nicht zugänglich sind, und auch die rechtlichen Konsequenzen dessen, das hat wirklich was!


Wir hatten in den letzten zwei Sitzungen Probleme mit einer Art Kult, an dessen magischen Anführer wir nicht rankamen.
Dafür konnten wir 5 seiner Gefolgsleute (Menschen, die vorher versucht hatten uns zu töten) gefangen nehmen.
Zwar haben zwei unserer Chars einen militärischen Hintergrund und bereits den einen oder anderen Knacks, aber zumindest mein Char ist da deutlich an Grenzen gekommen.
Dann hat man die Gefangenen verhört (sprich: Gefoltert), ist eigentlich gewissenstechnisch damit bereits mehr als ausgelastet, und dann wird klar: Die müssen weg. Die kennen uns, die kennen unsere Gesichter, die waren von ihrem Boss vorher schon auf uns angesetzt worden, haben versucht uns zu töten, und wenn sie ihre Leute oder die Cops auf unsere Spur bringen, wird das eklig.
Ja, was nun?
Das war für mich eine der heftigeren Szenen in letzter Zeit, sowohl für mich persönlich als Spielerin, als auch für meinen Char, der keinen anderen Ausweg als Mord an hilflosen Gefangenen gesehen hat, und den nun natürlich auch mit sich rumschleppt.
 
In unserer Gruppe sind wir damit relativ "interessant" umgegangen...
Einige der Tactics sind ja nun auch recht "roh & grob" angelegt & wenn die Charaktere sehr aggressiv & gewalttätig vorgingen(wobei es dabei immer auch zu Diskussionen kam ob so ein Vorgehen wirklich gerechtfertigt ist), war es mMn schön immer mit dem Damoklesschwert, was da Slasher heißt zu winken
 
Oh ja, das kommt mir sehr bekannt vor.
Sieht der Charakter wirklich Geister? Wird sie irre?
Und irgendwo haben die Geister ja bislang oft recht gehabt, und eigentlich stimmt es, sie sollte ihre Gruppenmitglieder gut im Auge behalten, denn sie verbergen offensichtlich etwas...

Das klappt stimmungstechnisch gerade richtig gut, da kommt wirklich so ein allumfassendes Bedrohungsgefühl für die Charaktere bei rum.

Die Schilderung aus deiner Runde klingt sehr gut! So diese Mischung aus Verschwörungsthematik, Dinge sehen/wissen, die anderen nicht zugänglich sind, und auch die rechtlichen Konsequenzen dessen, das hat wirklich was!


Wir hatten in den letzten zwei Sitzungen Probleme mit einer Art Kult, an dessen magischen Anführer wir nicht rankamen.
Dafür konnten wir 5 seiner Gefolgsleute (Menschen, die vorher versucht hatten uns zu töten) gefangen nehmen.
Zwar haben zwei unserer Chars einen militärischen Hintergrund und bereits den einen oder anderen Knacks, aber zumindest mein Char ist da deutlich an Grenzen gekommen.
Dann hat man die Gefangenen verhört (sprich: Gefoltert), ist eigentlich gewissenstechnisch damit bereits mehr als ausgelastet, und dann wird klar: Die müssen weg. Die kennen uns, die kennen unsere Gesichter, die waren von ihrem Boss vorher schon auf uns angesetzt worden, haben versucht uns zu töten, und wenn sie ihre Leute oder die Cops auf unsere Spur bringen, wird das eklig.
Ja, was nun?
Das war für mich eine der heftigeren Szenen in letzter Zeit, sowohl für mich persönlich als Spielerin, als auch für meinen Char, der keinen anderen Ausweg als Mord an hilflosen Gefangenen gesehen hat, und den nun natürlich auch mit sich rumschleppt.

Solches Rollenspiel funktioniert halt nur wenn alle Spieler auch drauf einsteigen und auch wirklich Charaktere spielen wollen die nicht die typischen Rollenspielkiller (weil in den meisten Rollenspielsettings spielt man ja Charaktere die kein Problem haben andere zu töten, selbst bei DSA) sind. Sowas funktioniert leider nicht mit jeder Art von Spieler. Für mich sind das die coolsten Rollenspielerfahrungen wenn mein Charakter unter Druck gerät, keine Atempausen mehr bekommt, es mit übernächtigen Feinden zu tun bekommt und dann Dinge tun muss, oder glaubt tun zu müssen, die man eigentlich gar nicht tun will. Und dann plötzlich mit den Konsequenzen leben muss. Auch dafür brauchts dann den richtigen SL, weil bei manchen SL gibts leider keine Konsequenzen. Man tötete NSC XYZ und außer das man damit in der Handlung voran kommt interessiert das neimanden mehr, finde ich Schade.

Deshalb schaue ich auch gerne so Serien wie Breaking Bad (zur zeit meine absolute Lieblingsserie). da gibts ja auch eine Szene die sehr ähnlich ist wie die von dir beschriebene.
Man hat einen Gefangenen im Keller der einen Tag vorher versucht hat einen zu töten. Was macht man mit ihm? Der Polizei übergeben? Geht nicht sonst landet man selber im Knast. Laufen lassen? Dann bringt er dich vielleicht um. Das war so einen von den Szenen die mich mitreissen.
 
Solches Rollenspiel funktioniert halt nur wenn alle Spieler auch drauf einsteigen und auch wirklich Charaktere spielen wollen die nicht die typischen Rollenspielkiller (weil in den meisten Rollenspielsettings spielt man ja Charaktere die kein Problem haben andere zu töten, selbst bei DSA) sind. Sowas funktioniert leider nicht mit jeder Art von Spieler. Für mich sind das die coolsten Rollenspielerfahrungen wenn mein Charakter unter Druck gerät, keine Atempausen mehr bekommt, es mit übernächtigen Feinden zu tun bekommt und dann Dinge tun muss, oder glaubt tun zu müssen, die man eigentlich gar nicht tun will. Und dann plötzlich mit den Konsequenzen leben muss.

Ja, da hast du allerdings recht.
Mit den klassischen "Helden"gestalten klappt das nicht so recht.

In unserer Gruppe ist es schön durchmischt, da hat es von einem Char der Gewalt eher ablehnend gegenübersteht (und es nicht gutheißt, wenn sie mitkriegt wer für die 5 Leichen in den 7-Uhr-Nachrichten verantwortlich ist), meinem Char mit ihren Hemmungen und ihrem Knacks, und einem sehr abgebrühten, abgestumpften Char mit noch mehr Knacks eben eine schöne Chemie, wenn es an so was geht.
Und sich gegenseitig voll vertrauen ist natürlich irgendwie auch nicht. Jeder hängt mit drin, jeder weiß ne Menge, und irgendwie verdächtig sind sie ja auch in manchen Punkten.
Das gibt so ein bisschen Zunder, und eigentlich schläft von den dreien niemand mehr so richtig berauschend.

Das Beispiel aus Breaking Bad passt wirklich wie die Faust aufs Auge. Ein Dilemma, aus dem man zwar körperlich heil rauskommt, aber die Konsequenzen muss man tragen.

Besonders gemein ist, wenn die Charaktere unter Druck gesetzt werden, sich zu etwas gezwungen fühlen, und drei Tage später finden sie heraus, dass es noch einen ganz anderen, viel besseren Weg für sie gegeben hätte.
 
Ich denke das es so ist weil weder die Systeme noch die Setting in der Regel keinen, nicht den geringsten, Anreiz geben tatsächlich "gut" bzw. nicht wie ein "Murderhobo" zu handeln. So endet schließlich auch die Szene bei Breaking Bad entsprechend. Schlicht weil es keinen Vorteil oder Anreiz gibt den Gefangenen leben zu lassen.

Der Tanz darum das es ein moralisches Dilemma wäre ist letztlich doch nur Makulatur.
Etwas womit sich dann die Spieler von den vermeintlich primitiven Murderhobo-Spielern abgrenzen wollen obwohl es im Grunde auf's gleiche rausläuft.
 
Ich seh das ganze genau umgekehrt, es geht um das moralische Dilemma und der Tod des "Feindes" ist Makulatur.

Ich mein warum spielt man Rollenspiele? Weil man Action will? Sicher, vor allem wenn es rasante Action ist? Weil man Abenteuer will? Klar, mag ich auch sehr gerne. Aber vor allem spiel ich Rollenspiel weil ich gerne diese moralischen Zwickmühlen ausspiele. Ich will die Konsequenzen spüren die meine Handlungen auslösen. Wenn ich mich gewzungen sehe im Rollenspiel jemanden zu töten dann soll der verdammt noch mal ein Familienmitglied, ein Gangmitglied, was auch immer haben der diesen NSC rächen will oder die Sache klären will, irgendwas womit mein Charakter für seine handlungen konfrontiert wird.

Ich hab kein Problem damit wenn jemand ergebnisorientiert spielt und das moralische Dilemma ist nur Makulatur. Für mich persönlich wär das aber eine zu trockene Angelegenheit. Je mehr ich mit meinen Gewissen kämpfen muss, je größer das moralische Dilemma desto intensiver für mich das Spielerlebnis. Es mag also sein das für dich das moralische Dilemma nur Makulatur ist für mich aber ist es praktisch eines DER Zentren des Spiels.

Auch bei Breaking Bad ist es nicht nur Makulatur. Er hätte ja noch die Möglichkeit gehabt das ganze der Polizei zu melden. So hätte er ihn nicht töten müssen hätte aber mit anderen Konsequenzen leben müssen, nämlich selber ins gefängnis zu wandern. Er hat sich aber dafür entschieden frei zu bleiben und dafür jemanden zu töten. Für mich war das eine sehr intensive Szene.
Die Serie stellt das Drama, das moralische Dilemma in den Mittelpunkt, die Verbrechen die der Hauptcharakter dafür begehen muss sind nur die Makulatur, das Mittel zum Zweck.
 
Ich denke das es so ist weil weder die Systeme noch die Setting in der Regel keinen, nicht den geringsten.
Auf die Schnelle fallen mir da schon mal drei Beispiele ein, die das widerlegen:
- Morality Verlust kann zu Derangements führen (WoD);
- Individualisierte Moralsysteme, die für Storyhooks genutzt werden (WoD Mirrors);
- Conditions (WoD GM).
 
Aber vor allem spiel ich Rollenspiel weil ich gerne diese moralischen Zwickmühlen ausspiele. Ich will die Konsequenzen spüren die meine Handlungen auslösen. Wenn ich mich gewzungen sehe im Rollenspiel jemanden zu töten dann soll der verdammt noch mal ein Familienmitglied, ein Gangmitglied, was auch immer haben der diesen NSC rächen will oder die Sache klären will, irgendwas womit mein Charakter für seine handlungen konfrontiert wird.
Das seh ich auch so. In der WoD geht es für mich vorallem um Drama.
Wenn ich "Helden" spielen wollen würde, würde ich zu einem anderen Spiel greifen.
 
Für mich ist ein Dilemma dann keins wenn es im Grunde nur einen sinnvollen Ausgang gibt.

Ich habe Probleme wenn die Zwickmühle daraus besteht das man einen Charakter umbringt oder das Abenteuer an der Stelle endet weil der Charakter verhaftet werden wird, eingesperrt und an einer Krankheit im Gefängnis stirbt während seine Familie finanziell zu Grunde geht.
Meines Erachtens ist das keine Auswahl aus zwei gleichermaßen schlechten Möglichkeiten, sondern es ist eine gänzlich fatale Möglichkeit versus einer Möglichkeit die abgesehen von der Makulatur um die Entscheidung im Grunde nur Vorteile bringt und in der Konsequenz der Handlung nicht von dem normalen zu unterscheiden ist.

Hinzukommt das es mit den Konsequenzen der Handlung schwierig wird wenn das System bzw. Setting nicht unbedingt welche vorsieht. Weil im System die Mechanik nicht vorhanden oder missraten ist oder / und das Setting einem erzählt wie böse und dunkel die Welt ist und das vorgehen quasi normal und vorteilhaft.
Läßt man dann Gangmitglieder auftauchen kann es passieren das der Mitspieler es als Railroading begreift, als der Versuch den Charakter künstlich in eine moralische-richtung zu zwingen.

Soweit ich mich erinnere bleibt der Mord für Walter konsequenzen los.
Das heißt einerseits wäre die Alternative, das Leben lassen, noch über seinen Wissenstand hinaus eine schlechte Entscheidung gewesen. Weil die Person nicht nur ein Dealer war, sondern noch ein Undercover-Cop. Wenn ich mich richtig erinnere bekommt er auch erst dadurch das er die Person "rausnimmt" Zugang zu den Bossen. Der lästige Aspekt der Entsorgung fällt iirc Jesse an und nach der Badewannenszene wird es auch soweit nicht mehr relevant (iirc).

Wobei ich persönlich auch nicht so begeistert von der Serie war (würde ihr ein "okay" geben).

Auf die Schnelle fallen mir da schon mal drei Beispiele ein, die das widerlegen:
Hatte beim posten das Forum übersehen und daher eher allgemein gesprochen. ^^;
 
Falls man selber meistert, kann man auch ein Abenteuer darum stricken das ein, allen Charakteren positiv in Erinnerung gebliebener NSC, durch seine Jagd soweit degeneriert ist, das er sich "weiterentwickelte"... das Avenger - Template im Slashers passt da z.B. sehr gut zu
 
Läßt man dann Gangmitglieder auftauchen kann es passieren das der Mitspieler es als Railroading begreift, als der Versuch den Charakter künstlich in eine moralische-richtung zu zwingen.

Das soll railroading sein? Das ist im Prinzip das ganze Gegenteil. Wenn ich den Handlungen der Spieler Konsequenzen folgen lasse ist das nie Railroading weil ich ja als SL gar nicht wissen kann, oder bestenfalls abschätzen kann, was die Spieler tun werden. Ich muss daher ständig improvisieren und das Spiel den Handlungen der Spieler anpassen. das ist das genaue Gegenteil von Railroading.
Und in eine mroalische Richtung dränge ich auch keinen der Spieler, ich las sie nur ihre Handlungen durch Konsequenzen spüren, das macht das Spiel, und nicht zuletzt die Welt, in der man spielt, ja erst so richtig lebendig. Wie sie dann mit diesen Konsequenzen umgehen überlas ich ihnen dann wieder. Ich zwinge niemanden irgendwas moralisch oder emotional auszuspielen aber ich geb ihnen die Möglichkeit.

Den Rest deiner Argumentation kann ich nachvollziehen auch wenn ich persönlich das weiterhin anders sehe.
 
Ich seh das ganze genau umgekehrt, es geht um das moralische Dilemma und der Tod des "Feindes" ist Makulatur.

Ich mein warum spielt man Rollenspiele? Weil man Action will? Sicher, vor allem wenn es rasante Action ist? Weil man Abenteuer will? Klar, mag ich auch sehr gerne. Aber vor allem spiel ich Rollenspiel weil ich gerne diese moralischen Zwickmühlen ausspiele. Ich will die Konsequenzen spüren die meine Handlungen auslösen.

So gehts mir persönlich auch.
Ich mag Zwickmühlen, ich mag es meinen Charakter strampeln und zappeln zu sehen, und ohne Konsequenzen wäre das ja langweilig.

Railroading sehe ich da auch nicht automatisch. Wenn der Charakter eben handelt, wie er es tut, gibt das ein Echo in der Spielwelt. Das mag groß oder klein sein, das kann auch nur der Fernsehbericht über die Hinterbliebenen der Ermordeten sein - aber es schafft für mich absolut Stimmung und sorgt dafür, dass ich mehr überlege als in einem generischen Fantasyspiel, wo ich gerade meinen 300. Ork köpfe.

Für mich ist ein Dilemma dann keins wenn es im Grunde nur einen sinnvollen Ausgang gibt.

Ich habe Probleme wenn die Zwickmühle daraus besteht das man einen Charakter umbringt oder das Abenteuer an der Stelle endet weil der Charakter verhaftet werden wird, eingesperrt und an einer Krankheit im Gefängnis stirbt während seine Familie finanziell zu Grunde geht.

Den Punkt sehe ich durchaus, aber:
Für mich als Spielerin mag die Sache noch halbwegs eindeutig sein. Ich möchte diesen Char weiterspielen, also muss ich dafür sorgen, dass das möglich ist.
Das bedeutet aber nicht, dass es aus Charaktersicht eine so klare Sache ist. Ein von Selbstzweifeln zerrütteter Char ist vielleicht nicht die ganze Zeit sicher, dass seine Haut so viele Menschenleben wert ist. So ein Char ist vielleicht auch verzweifelt, ängstlich, gerade wenn man in einem Setting mit Todesstrafe spielt. Der Char sieht keinen Ausweg, bittet um Verzeihung, möchte dem Gegenüber vielleicht wenigstens einige Schmerzen ersparen,... und fühlt sich trotz allem genötigt, etwas zu tun, was ihm komplett zuwider läuft.

Oder vielleicht auch nicht? Vielleicht ist der Char eigentlich sehr rational-kalt-abgebrüht, aber irgendwas an der Situation berührt ihn auf eine ungewohnte Art und Weise doch emotional, so dass er zögert.

Das auszuspielen kann sehr intensiv sein, stellenweise schon fast zu intensiv (da muss ich z.B. immer in mich reinhorchen, wo es intensives, aber Spaß bringendes Rollenspiel ist, und wo es Grenzen überschreitet). Da wird dann auch nicht unbedingt immer alles im Detail beschrieben, muss ja auch nicht.
 
Theoretisch, wenn man einen wirklich fähigen SL hat der einfach alles leiten kann (keine Ahnung ob es sowas gibt) kannst du deinen Charakter ja selbst dann weiter spielen wenn du dich der Polizei stellst. Es würde dann halt eine völlig neue Geschichte werden, eine Gefängnisgeschichte zum Beispiel. Um bei Hunter zu bleiben glaubt der Charakter vielleicht das er im Gefängnis jetzt endlich Ruhe hat das er diese ANDEREN jetzt nie wieder sehen muss. Bis er vielleicht bemerkt das es im Gefängnis doch auch welche gibt und seine Jagd noch lange nicht beendet ist. Jetzt wird aber alles noch komplizierter weil er sich nicht mehr frei bewegen kann und nicht mehr einfach untertauchen kann. Ich würde versuchen das dann so ein wenig als einen 80er Jahre Gefängnisfilm laufen zu lassen wo die Gefangenen sich im Gefängnis halbwegs frei bewegen können und die Wachbeamten extrem korrupt sind. So im Stile von LockUp oder Mit stählerner Faust mit VanDamme.

Spoiler zu Breaking Bad
Auch bei Breaking Bad hätte sich Walt dafür entscheiden können zur Polizei zu gehen und so hätte er den gefangenen im Keller nicht töten müssen. Nur hätte er sich so entschieden hätte die Serie eine ganz andere Geschichte erzählt, irgend eine Form von Gefängnisdrama vielleicht. Es hätte also nicht nur eine akzeptable Wahl gegeben.
Gestern erst hab ich mir das Staffelfinale zu Staffel 3 angeschaut und da gabs ja wieder so eine Situation nur diesmal noch heftiger. Diese Folge hat mich echt in den Sessel gedrückt und hat mich noch bis zum schlafen gehen begleitet. Selten so eine gute Serie gesehen.
 
Gut, das geht so natürlich nur, wenn die gesamte Gruppe irgendwie mitzieht und das cool findet.
Ansonsten hat man draußen die freien Gruppenmitglieder, und im Knast dann den, der ab und an seinen Pflicht-Spotlight-Anteil kriegt.
Das wäre natürlich nur begrenzt befriedigend (außer die Gruppe macht einen tollen "wie kriegen wir unseren Kumpel zurück?!" Plot).
Aber wenn alle im Bau sind und Spieler und SL Lust drauf haben, dann lässt sich da gewiss auch was ziemlich cooles draus machen.
 
Wer würde da nicht mitziehen ... wenn gleichzeitig der Gefangene erfährt, dass andere draußen unvermittelt bedroht werden (Freunde, Verwandte, irgendwer, die oder der sich auf ihn verlassen hat) und nur er ihnen helfen könnte. Aber er sitzt im Knast.
Will er drin bleiben? Oder raus, um zu helfen?
Planen die anderen SCs mit ihm einen Ausbruch? Wollen sie eine Gegenleistung? Oder gibt es Vorgesetzte, die ihrerseits davon profitieren wollen (z.B. gibt es etwas im Knast, was nur ein Gefangener an sich bringen kann)?
 
Oder der korrupte Gefängnisdirekter, vielleicht gehört der auch zu den ANDEREN. Vielleicht weiß er was der Charakter ist? Vielleicht spielt er mit ihm? Da kann man alle Klischees der Knastfilme voll ausspielen. Besonders cool wenn der Charakter relevante Familienmitglieder hat mit denen der Gefängnisdirektor oder auch ein Gangboss im Knast den Charakter unter Druck setzen kann und ihn zu Dingen zwingt die er nicht tun will. Das wär ganz großes Drama nach meinen Geschmack. : )
 
Ich wäre so was von mit dabei!

(Auch wenn ich diese Äußerung vielleicht noch bereuen werde, wenn mein SL hier mitliest)
 
Mein Spielleiter ist gemein.
Und absolut großartig!

Eine Begegnung mit dem Geist eines von meinem Char ermordeten, das war schon... heftig (auch wenn es ja schlicht sein kann, dass mein Char inzwischen spinnt, und ich es nur noch nicht weiß).
Und dann schafft er es noch, den so darzustellen, dass ich Mitleid habe, und mein Char vor Schuldgefühlen förmlich zerfließt.
Grandios!
 
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