Eldrige
Zombie-Survival Experte
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http://www.blutschwerter.de/f501-au...008-ansturm-der-garou-seite3.html#post1427613
Für gewöhnlich hätte die junge Tremere mit der Vermutung um die Vorlieben des Nosferatu mehr als nur ins Schwarze getroffen. Es war eine regelrechte Passion des alten Gruftschrecks plötzlich hinter irgendwelchen Leuten aufzutauchen und sie zu erschrecken. Ein theatralischer Auftritt gehörte nun einmal dazu, wenn der schwarze Mann die Bühne betrat.
Just in diesem Moment allerdings, hatte Lurker tatsächlich nichts dergleichen im Sinn gehabt. Er hatte nicht einmal daran gedacht, wie sein Auftauchen in diesem Augenblick wirken mochte. Ob sich die Andere erschrak oder ekelte bemerkte er gar nicht, da er sich ausschließlich auf das leblose Bündel in den Armen der Anderen konzentrierte. Hätte jemand sein Gesicht sehen können, wäre demjenigen aufgefallen, dass er die Seneschall mit einer seltsam intensiven Sorge ansah. Er würde einen Teufel tun, so etwas später zuzugeben, vor sich selber vielleicht sogar am allerwenigsten, aber er barg den Körper der Rosenprinzessin behutsam und presste sie fürsorglich gegen seine magere, ausgemergelte Brust, die durch die Risse seiner Kleidung hervorblitze.
Hatte die Oberhexe irgendetwas bemerkt oder gesehen, dass sie glauben ließ, dass es eine gute Wahl war die Noir mit ihm gehen zu lassen? War es überhaupt eine gute Wahl? Gab es denn eine? Viele Entscheidungen in diesen Nächten wurden nur aufgrund des Mangels an sinnvollen Alternativen gefällt, aber was würde man wohl in der Führungsetage der Camarilla eines Nachts dazu sagen, wenn man dort hörte dass der ohnehin stets verdächtige Lurker, einst als Sabbatspion angeklagt und nur freigesprochen aufgrund der dubiosen Stellung seines Clans zwischen den Sekten nicht verurteilt und vernichtet, die Herrscherin der Stadt Finstertal mit sich nahm?
Der Tremere Zwilling hatte aber schnell und hart entschieden. Vielleicht war es genau dass, was eine Führungspersönlichkeit ausmachte. Der Wille zur Entscheidung. Erst später trennte sich dann wohl die Spreu vom Weizen und unterteilte die Welt in erfolgreiche und fehlgeschlagene Entscheidungen. So oder so, die drei Frauen waren nach der Anweisung der Bluthexe bereits wieder auf dem Weg. Der Rotschopf hatte dem Nosferatu seine Last ohne auch nur ein Augenzwinkern lang zu zögern gereicht und kurz traf sich sein Blick mit dem der jungen Hexe, auch wenn diese seine Augen nur als fahle Flecken im Schatten seiner Kapuze auszumachen vermochte. Es lag eine konzentrierte Ruhe in ihren Worten. So als würde sie es als echte Hilfe und wichtigen Beitrag empfinden was Lurker hier tat.
Die leise, dankbare Stimme in seinem Innerem, die erleichtert den Strohhalm ergriff um sich aus diesem tobendem Strudel aus alptraumhaftem Wahnsinn, Schlacht und Untergang hinauszubringen, konnte sie natürlich nicht hören. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Nosferatu eine feige Tat später als Heldenmut ausgezeichnet bekäme.
Erneut griff er in das Gewebe der Wahrnehmung, machte einen Schritt zurück und drückte sich in eine Nische der Wirklichkeit. Er ließ alle um sich herum passieren, dann festigte er erneut den Griff um seine Last und machte sich, so eilig es ihm möglich war, auf den Weg.
Die Lady Noir wog leicht in seinen Armen. Er glaubte in ihrem Gesicht eine ernste Konzentration zu sehen, so als ob sie sich selbst in ihrer Ohnmacht der ganzen Welt entgegen stemmen müsste. Es schien, als suchte etwas in ihr Trost. Zumindest solange sie nicht bei Bewusstsein war und sie sich mit Lurker im Schatten der Welt aufhielt, wo niemand sie sehen konnte, konnte er zulassen, dass sie sich an ihn lehnte.
Natürlich war da aber nicht nur Fürsorge in ihm. Etwas anderes lauerte in den Ecken und Winkeln seines Verstandes. Ein Flüstern in seinem Blut, eine prickelnde Ahnung, uralte Instinkte und etwas das er nur zu gut kannte. Die Gier. Sie war immer da.
Was er hier in den Armen hielt, war nicht einfach nur eine bewusstlose Frau. Es war der Schlüssel zu allem was er immer gewollt hatte. Das mächtige Blut von Prinz Buchet lief durch ihre Venen. Er war sicher, dass es dick und köstlich war, wie Sirup. Alle seine Geheimnisse, all seine Macht trug er hier durch die Nacht. Allein der Gedanke seine Zähne in ihren glatten, makellosen Hals gleiten zu lassen und sich in ihr Fleisch zu wühlen war betäubend und verführerisch. Zwei Verfluchte würden sie sein und sie würden tanzen auf einem mächtigem Strom schweren Blutes, der einer Jahrhunderte alten Quelle entsprungen war. Sie würden sich vereinen zum Rauschen dieses Flusses und er würde alles von ihr in sich aufnehmen. Dröhnend und mit Macht würde er den letzten süffigen Tropfen ihres Blutes verschlingen und sie gleich mit sich reißen.
Ihre Haut schmeckte wie ein glatter Stein, der in der Sonne gelegen hatte. Er ertappte sich dabei, wie die Spitze seiner lila farbenen, wulstigen Zunge mit den dicken, schwarz-bläulich schimmernden Adern den Hals der Lady Noir berührte.
Es war falsch. Kanibalismus. Das Fressen einer anderen Seele. Es war eine Sache Blut zu stehlen oder jemandem das Leben zu nehmen, aber das was die Vampire einander antaten, wenn sie sich gegenseitig auffraßen, war weit mehr. Es war das Vernichten einer anderen Essenz, ohne die Chance auf Wiederkehr oder Absolution. Nicht nur für das Opfer, sondern auch für den Täter. Abgesehen davon, dass man jemanden der so etwas tat jagte und vernichtete, gab es da noch andere Konsequenzen, von denen man sich erzählte. Wenn ein Vampir einen anderen verschlang, so wurde dieser ein Teil von ihm. Es gab Geschichten, in denen der Täter zur Strafe andauernd sein Opfer vor Augen sah. Ein Gast in einem Cafe, jemand der einen in der U-Bahn anrempelte, ein immer wieder aufblitzendes Gesicht in der Menge, überall verfolgte einen plötzlich der Andere. Manche behaupteten auch, man würde die Stimme desjenigen hören, den man ausgesoffen und vereinnahmt hatte, oder noch schlimmer, einen infernalischen Chor der Stimmen aller die ein solches Schicksal erleiden musste trieb einen in den Wahnsinn. Allein der Gedanke plötzlich etwas von jemand Anderem in sich zu tragen, in seinem Verstand, in seiner Seele, war verstörend.
Dann gab es da noch die andere Möglichkeit, was man mit dem Herrscher der Stadt Finstertal tun sollte, wenn man seiner in dieser Art habhaft wurde. Er konnte ihr sein Blut einflößen. Es würde gar nicht viel nötig sein, ein paar wenige Kelche und sie wäre ihm hörig. Sie würde an seinen ausgefransten, kaputten Lippen hängen bei jedem Wort. Sie würde ihn vergöttern und wenn er es verlangte würde sie die schorfigen Geschwüre auf seinem Körper küssen. Gut möglich dass sie ihn hassen würde, aber gleichzeitig würde sie nicht umhinkommen alles für ihn zu tun. Hatte er eben noch den Plan gefasst jemanden auf den Thron zu hieven, den er durch geschickte Manipulation da hin bringen wollte, wo er ihn brauchte, tat sich ihm nun die Möglichkeit auf, einfach die Lady Noir zu seiner Sklavin zu machen. Brutal an sich zu reißen, was er wollte und sich an ihr zu rächen, stellvertretend für alle Rosenzöglinge und Königskinder, für all die eloquenten und eleganten Damen und Herren der feinen Noblesse die auf ihn und seinesgleichen herabsahen, würde sie leiden und ihn mit seinen Launen ertragen. Willig und bereit bis in alle Ewigkeit.
So wie man es ihm angetan hatte. Seine verschobenen Gesichtszüge verhärteten sich. Er erinnerte sich an einen Keller in dem er aufgewacht war. Ein kleines Mädchen war da und sie hatte sich um ihn gekümmert. Er hatte nicht gewusst warum und wie, aber sie war wichtig für ihn gewesen. Wichtig wie eine Tochter. Er hatte für sie sorgen wollen, aus tiefer, aufrichtiger Liebe, wie er geglaubt hatte. Er war bereit gewesen mit ihr durch dick und dünn zu gehen. Durch die Hölle, wenn es hätte sein müssen. In all der sinnlosen, kalten Leere die ihn jede Nacht umfing, war sie Wärme und Halt, Sinn und Grund weiterzumachen.
Bis sie ihm in jener schrecklichen Nacht erzählt hatte, was sie getan hatte, mit ihm. Sie hatte ihm von sich gegeben. Aber nicht freiwillig, aus tiefem Einverständnis, wie später bei seinem Bruder, sondern aus Eigennutz und mit der Absicht ihn zu versklaven. Später, als der Bann gebrochen war, hatte er nur Abscheu und Ekel in ihren Augen gesehen, so als würde sie einen abartigen Wurm betrachten, wenn sie ihn sah.
Das schlimmste war die Demütigung. Er hatte sich zum absolutem Idioten gemacht und es hatte sich angefühlt wie wirkliche Liebe. Zumindest hatte er das geglaubt.
Er würde so etwas nicht tun. So tief zu sinken wie sie. Niemals.
Auf ihrem Weg durch die Dunkelheit starrte er hinab in das Gesicht der jungen Frau und in Gedanken verband sich ihr Antlitz mit einer anderen, die fast noch ein Kind war. Wie schlafend hatte er auch sie heute Nacht zurücklassen müssen und sich auf den Weg gemacht und sie zu retten. Sie waren sich ähnlich.
In dieser Nacht hätte Lurker vieles tun können. Mit wenig Mühe, hätte man die Geschichtsbücher umschreiben müssen. Böse oder Gut, war im Nachhinein immer nur eine Sache der Interpretation. Aber er war nicht wie die Anderen. Stray würde wollen, dass er sich ihrem Spiel verweigerte. Er war einst selber ein Sklave und seine Tochter würde von ihm wollen, dass er Sklaven befreite und keine machte. Er sah Magdalena Buchet in seinen Armen, deren Haare im Mondschein schimmerten und dachte wie ähnlich sie seiner Tochter sah.
Nein.
Wenn die Lady Noir in der nächsten Nacht wieder zu den Untoten zurückkehrte würde ihr Körper tief unter der Stadt ruhen, der aus alten Katakomben bestand. Die grob behauenen Wände wurden von uraltem, trockenem Holz gestützt. Überall waren Nischen in die Wände geschlagen. Die meisten waren leer, einige wenige enthielten kleine Haufen aus verrottetem Stoff oder Gefäße aus Messing, in denen man den Toten Gaben gereicht hatte. Grablichter erleuchteten die gruftartige Anlage. Einst hatten sich die Anhänger einer Naturreligion hier her zurück gezogen, als sie von den Christen verfolgt worden waren, die sich ihrerseits für Jahre der Verfolgung rächten. Hier gedachten sie ihrer Toten und der Vergangenheit, aber auch der Wiedergeburt und dem Neubeginn. Für die Nosferatu war es einfach nur ein Teil ihres unterirdischen Reiches. Sie hatten alle Hinweise vernichtet, wie so oft wenn sie etwas für sich vereinnahmten, und einverleibten. Dennoch, der Staub war immer noch derselbe wie vor so langer Zeit und scheinbar hatte es jemand für passend befunden sie ausgerechnet hier für den Tag zu betten.
Für gewöhnlich hätte die junge Tremere mit der Vermutung um die Vorlieben des Nosferatu mehr als nur ins Schwarze getroffen. Es war eine regelrechte Passion des alten Gruftschrecks plötzlich hinter irgendwelchen Leuten aufzutauchen und sie zu erschrecken. Ein theatralischer Auftritt gehörte nun einmal dazu, wenn der schwarze Mann die Bühne betrat.
Just in diesem Moment allerdings, hatte Lurker tatsächlich nichts dergleichen im Sinn gehabt. Er hatte nicht einmal daran gedacht, wie sein Auftauchen in diesem Augenblick wirken mochte. Ob sich die Andere erschrak oder ekelte bemerkte er gar nicht, da er sich ausschließlich auf das leblose Bündel in den Armen der Anderen konzentrierte. Hätte jemand sein Gesicht sehen können, wäre demjenigen aufgefallen, dass er die Seneschall mit einer seltsam intensiven Sorge ansah. Er würde einen Teufel tun, so etwas später zuzugeben, vor sich selber vielleicht sogar am allerwenigsten, aber er barg den Körper der Rosenprinzessin behutsam und presste sie fürsorglich gegen seine magere, ausgemergelte Brust, die durch die Risse seiner Kleidung hervorblitze.
Hatte die Oberhexe irgendetwas bemerkt oder gesehen, dass sie glauben ließ, dass es eine gute Wahl war die Noir mit ihm gehen zu lassen? War es überhaupt eine gute Wahl? Gab es denn eine? Viele Entscheidungen in diesen Nächten wurden nur aufgrund des Mangels an sinnvollen Alternativen gefällt, aber was würde man wohl in der Führungsetage der Camarilla eines Nachts dazu sagen, wenn man dort hörte dass der ohnehin stets verdächtige Lurker, einst als Sabbatspion angeklagt und nur freigesprochen aufgrund der dubiosen Stellung seines Clans zwischen den Sekten nicht verurteilt und vernichtet, die Herrscherin der Stadt Finstertal mit sich nahm?
Der Tremere Zwilling hatte aber schnell und hart entschieden. Vielleicht war es genau dass, was eine Führungspersönlichkeit ausmachte. Der Wille zur Entscheidung. Erst später trennte sich dann wohl die Spreu vom Weizen und unterteilte die Welt in erfolgreiche und fehlgeschlagene Entscheidungen. So oder so, die drei Frauen waren nach der Anweisung der Bluthexe bereits wieder auf dem Weg. Der Rotschopf hatte dem Nosferatu seine Last ohne auch nur ein Augenzwinkern lang zu zögern gereicht und kurz traf sich sein Blick mit dem der jungen Hexe, auch wenn diese seine Augen nur als fahle Flecken im Schatten seiner Kapuze auszumachen vermochte. Es lag eine konzentrierte Ruhe in ihren Worten. So als würde sie es als echte Hilfe und wichtigen Beitrag empfinden was Lurker hier tat.
Die leise, dankbare Stimme in seinem Innerem, die erleichtert den Strohhalm ergriff um sich aus diesem tobendem Strudel aus alptraumhaftem Wahnsinn, Schlacht und Untergang hinauszubringen, konnte sie natürlich nicht hören. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Nosferatu eine feige Tat später als Heldenmut ausgezeichnet bekäme.
Erneut griff er in das Gewebe der Wahrnehmung, machte einen Schritt zurück und drückte sich in eine Nische der Wirklichkeit. Er ließ alle um sich herum passieren, dann festigte er erneut den Griff um seine Last und machte sich, so eilig es ihm möglich war, auf den Weg.
Die Lady Noir wog leicht in seinen Armen. Er glaubte in ihrem Gesicht eine ernste Konzentration zu sehen, so als ob sie sich selbst in ihrer Ohnmacht der ganzen Welt entgegen stemmen müsste. Es schien, als suchte etwas in ihr Trost. Zumindest solange sie nicht bei Bewusstsein war und sie sich mit Lurker im Schatten der Welt aufhielt, wo niemand sie sehen konnte, konnte er zulassen, dass sie sich an ihn lehnte.
Natürlich war da aber nicht nur Fürsorge in ihm. Etwas anderes lauerte in den Ecken und Winkeln seines Verstandes. Ein Flüstern in seinem Blut, eine prickelnde Ahnung, uralte Instinkte und etwas das er nur zu gut kannte. Die Gier. Sie war immer da.
Was er hier in den Armen hielt, war nicht einfach nur eine bewusstlose Frau. Es war der Schlüssel zu allem was er immer gewollt hatte. Das mächtige Blut von Prinz Buchet lief durch ihre Venen. Er war sicher, dass es dick und köstlich war, wie Sirup. Alle seine Geheimnisse, all seine Macht trug er hier durch die Nacht. Allein der Gedanke seine Zähne in ihren glatten, makellosen Hals gleiten zu lassen und sich in ihr Fleisch zu wühlen war betäubend und verführerisch. Zwei Verfluchte würden sie sein und sie würden tanzen auf einem mächtigem Strom schweren Blutes, der einer Jahrhunderte alten Quelle entsprungen war. Sie würden sich vereinen zum Rauschen dieses Flusses und er würde alles von ihr in sich aufnehmen. Dröhnend und mit Macht würde er den letzten süffigen Tropfen ihres Blutes verschlingen und sie gleich mit sich reißen.
Ihre Haut schmeckte wie ein glatter Stein, der in der Sonne gelegen hatte. Er ertappte sich dabei, wie die Spitze seiner lila farbenen, wulstigen Zunge mit den dicken, schwarz-bläulich schimmernden Adern den Hals der Lady Noir berührte.
Es war falsch. Kanibalismus. Das Fressen einer anderen Seele. Es war eine Sache Blut zu stehlen oder jemandem das Leben zu nehmen, aber das was die Vampire einander antaten, wenn sie sich gegenseitig auffraßen, war weit mehr. Es war das Vernichten einer anderen Essenz, ohne die Chance auf Wiederkehr oder Absolution. Nicht nur für das Opfer, sondern auch für den Täter. Abgesehen davon, dass man jemanden der so etwas tat jagte und vernichtete, gab es da noch andere Konsequenzen, von denen man sich erzählte. Wenn ein Vampir einen anderen verschlang, so wurde dieser ein Teil von ihm. Es gab Geschichten, in denen der Täter zur Strafe andauernd sein Opfer vor Augen sah. Ein Gast in einem Cafe, jemand der einen in der U-Bahn anrempelte, ein immer wieder aufblitzendes Gesicht in der Menge, überall verfolgte einen plötzlich der Andere. Manche behaupteten auch, man würde die Stimme desjenigen hören, den man ausgesoffen und vereinnahmt hatte, oder noch schlimmer, einen infernalischen Chor der Stimmen aller die ein solches Schicksal erleiden musste trieb einen in den Wahnsinn. Allein der Gedanke plötzlich etwas von jemand Anderem in sich zu tragen, in seinem Verstand, in seiner Seele, war verstörend.
Dann gab es da noch die andere Möglichkeit, was man mit dem Herrscher der Stadt Finstertal tun sollte, wenn man seiner in dieser Art habhaft wurde. Er konnte ihr sein Blut einflößen. Es würde gar nicht viel nötig sein, ein paar wenige Kelche und sie wäre ihm hörig. Sie würde an seinen ausgefransten, kaputten Lippen hängen bei jedem Wort. Sie würde ihn vergöttern und wenn er es verlangte würde sie die schorfigen Geschwüre auf seinem Körper küssen. Gut möglich dass sie ihn hassen würde, aber gleichzeitig würde sie nicht umhinkommen alles für ihn zu tun. Hatte er eben noch den Plan gefasst jemanden auf den Thron zu hieven, den er durch geschickte Manipulation da hin bringen wollte, wo er ihn brauchte, tat sich ihm nun die Möglichkeit auf, einfach die Lady Noir zu seiner Sklavin zu machen. Brutal an sich zu reißen, was er wollte und sich an ihr zu rächen, stellvertretend für alle Rosenzöglinge und Königskinder, für all die eloquenten und eleganten Damen und Herren der feinen Noblesse die auf ihn und seinesgleichen herabsahen, würde sie leiden und ihn mit seinen Launen ertragen. Willig und bereit bis in alle Ewigkeit.
So wie man es ihm angetan hatte. Seine verschobenen Gesichtszüge verhärteten sich. Er erinnerte sich an einen Keller in dem er aufgewacht war. Ein kleines Mädchen war da und sie hatte sich um ihn gekümmert. Er hatte nicht gewusst warum und wie, aber sie war wichtig für ihn gewesen. Wichtig wie eine Tochter. Er hatte für sie sorgen wollen, aus tiefer, aufrichtiger Liebe, wie er geglaubt hatte. Er war bereit gewesen mit ihr durch dick und dünn zu gehen. Durch die Hölle, wenn es hätte sein müssen. In all der sinnlosen, kalten Leere die ihn jede Nacht umfing, war sie Wärme und Halt, Sinn und Grund weiterzumachen.
Bis sie ihm in jener schrecklichen Nacht erzählt hatte, was sie getan hatte, mit ihm. Sie hatte ihm von sich gegeben. Aber nicht freiwillig, aus tiefem Einverständnis, wie später bei seinem Bruder, sondern aus Eigennutz und mit der Absicht ihn zu versklaven. Später, als der Bann gebrochen war, hatte er nur Abscheu und Ekel in ihren Augen gesehen, so als würde sie einen abartigen Wurm betrachten, wenn sie ihn sah.
Das schlimmste war die Demütigung. Er hatte sich zum absolutem Idioten gemacht und es hatte sich angefühlt wie wirkliche Liebe. Zumindest hatte er das geglaubt.
Er würde so etwas nicht tun. So tief zu sinken wie sie. Niemals.
Auf ihrem Weg durch die Dunkelheit starrte er hinab in das Gesicht der jungen Frau und in Gedanken verband sich ihr Antlitz mit einer anderen, die fast noch ein Kind war. Wie schlafend hatte er auch sie heute Nacht zurücklassen müssen und sich auf den Weg gemacht und sie zu retten. Sie waren sich ähnlich.
In dieser Nacht hätte Lurker vieles tun können. Mit wenig Mühe, hätte man die Geschichtsbücher umschreiben müssen. Böse oder Gut, war im Nachhinein immer nur eine Sache der Interpretation. Aber er war nicht wie die Anderen. Stray würde wollen, dass er sich ihrem Spiel verweigerte. Er war einst selber ein Sklave und seine Tochter würde von ihm wollen, dass er Sklaven befreite und keine machte. Er sah Magdalena Buchet in seinen Armen, deren Haare im Mondschein schimmerten und dachte wie ähnlich sie seiner Tochter sah.
Nein.
Wenn die Lady Noir in der nächsten Nacht wieder zu den Untoten zurückkehrte würde ihr Körper tief unter der Stadt ruhen, der aus alten Katakomben bestand. Die grob behauenen Wände wurden von uraltem, trockenem Holz gestützt. Überall waren Nischen in die Wände geschlagen. Die meisten waren leer, einige wenige enthielten kleine Haufen aus verrottetem Stoff oder Gefäße aus Messing, in denen man den Toten Gaben gereicht hatte. Grablichter erleuchteten die gruftartige Anlage. Einst hatten sich die Anhänger einer Naturreligion hier her zurück gezogen, als sie von den Christen verfolgt worden waren, die sich ihrerseits für Jahre der Verfolgung rächten. Hier gedachten sie ihrer Toten und der Vergangenheit, aber auch der Wiedergeburt und dem Neubeginn. Für die Nosferatu war es einfach nur ein Teil ihres unterirdischen Reiches. Sie hatten alle Hinweise vernichtet, wie so oft wenn sie etwas für sich vereinnahmten, und einverleibten. Dennoch, der Staub war immer noch derselbe wie vor so langer Zeit und scheinbar hatte es jemand für passend befunden sie ausgerechnet hier für den Tag zu betten.