Am 3. Oktober 1990 wird das geteilte Deutschland wiedervereinigt. Für die ostdeutschen Bundesländer beginnt eine Zeit großer politischer, sozialer und wirtschaftlicher Umbrüche. Der neue Markt lockt jedoch nicht nur Investoren und Konzerne an, auch organisierte Kriminalität sickert verdeckt in die neuen Länder ein: darunter die italienische Mafia.
Besonders eine der gefährlichsten und mächtigsten Gruppen setzt sich dort fest: die kalabrische 'Ndrangheta. Über die folgenden Jahrzehnte wird sie ein großes Firmen- und Restaurantnetzwerk aufbauen, das sich nicht nur über die neuen Bundesländer erstreckt, sondern weit über Deutschland hinausreicht, das Teil der weltweiten kriminellen Strukturen der Mafia wird und dabei offenbar vor allem einem Zweck dient: der Geldwäsche.
Ein Reporterteam des MDR und der F.A.Z. hat diese knapp 30 Jahre lange Geschichte der italienischen Mafia in Ostdeutschland recherchiert. In der ARD-Story „MAFIA-KOLONIE OSTDEUTSCHLAND - DER BLINDE FLECK DER DEUTSCHEN EINHEIT“ folgen die Journalisten den Spuren und zeigen, wie die italienische Mafia in den Osten kam. Um die Unterwanderungsbemühungen ganzer ostdeutscher Städte und Regionen durch die 'Ndrangheta nachzuzeichnen, reisten sie zur Basis der 'Ndrangheta in das süditalienische Kalabrien. Dort trafen sie Polizisten und Staatsanwälte und recherchierten in den Orten, aus denen die Mitglieder der Clans kommen, die seit knapp 30 Jahren in Ostdeutschland ihre Geschäfte betreiben.
Die Reporter forschten in Wirtschaftsdatenbanken und Grundbuchämtern. Sie werteten tausende Seiten deutscher und italienischer Ermittlungsunterlagen aus. Und kamen dabei einem großen, bis heute unbekannten Antimafia-Verfahren gegen die 'Ndrangheta in Ostdeutschland auf die Spur: Vor knapp 20 Jahren belauschten Ermittler eine mächtige 'Ndrangheta-Zelle im Osten. Die geheimen Überwachungsprotokolle geben einen Einblick in die verdeckten Strukturen dieser Mafia-Organisation in Thüringen und Sachsen. Sie zeigen, mit welchen Summen die Mafia bereits seit Anfang der 2000er Jahre operierte und wie sie ihre Geschäfte organisierte.
So ist die Geschichte der Mafia im Osten auch eine Geschichte der Mafia-Fahnder in West- und Ostdeutschland. Der Film erzählt von den schwierigen Ermittlungen gegen die 'Ndrangheta und andere italienische Mafia-Gruppen. Von den wenigen Erfolgen und den vielen harten Niederlagen gegen das organisierte Verbrechen. Es ist damit auch die Geschichte einer jahrelangen Kooperation zwischen Italien und Deutschland, durch die es erst in den letzten Jahren in mehreren großen Verfahren gelungen ist, erfolgreich gegen die italienische Mafia in Deutschland vorzugehen - doch bisher nicht im Osten. Der Film zeigt, dass die Strukturen in Ostdeutschland bis heute aktiv sind. Dabei haben sie nichts von ihrer kriminellen Bedrohung für die Demokratie und das gesellschaftliche Zusammenleben verloren.