AW: Lesen/Handwerksarbeiten/etc. während des Spielens
Als Spieler bin ich dazu übergegangen, alles Relevante für meinen Charakter rauszuschreiben, so ich Zugriff auf die Systembücher habe. Ich blättere zwar gerne in Regelwerken (besonders wenn ich sie zu Hause nur als PDF habe), aber mich stört es selbst, wenn ich Dinge nachschlagen muss und nicht gleich weiß, wo sie stehen.
Kampfregeln überlasse ich normalerweise dem Spielleiter - ich vergess die eh immer. Gerade sowas wie Shadowrun 3. Es sei denn, mein Charakter hat im Kampf die Möglichkeit, auf ne Spezialregel zurückzugreifen, da greift dann aber wieder das obige, zumindest in der Ausführung dass Buch und Seite auf dem Charakterblatt vermerkt sind.
Ich hab kein Problem damit, wenn ein Spieler in Büchern rumblättert, solange sie erstens zum Rollenspiel gehören und zweitens er nicht grade angespielt wird.
Wenn ich spielleite (was eher seltener vorkommt), dann sind es meist Systeme, zu denen eh niemand die Bücher hat. Die wenigsten spielen bei uns derzeit Changeling, Little Fears (first Edition) oder Plüsch, Power & Plunder. Dementsprechend hab ich meist für die Spieler die Grundregeln rausgeschrieben (wie läuft ein Kampf ab; wie würfelt man Proben; wie funktionieren Spezialproben, wenn sie jemand hat (Magie, Wum-uääh, Fear, etc.)), so dass die Bücher seltenst gebraucht werden sollten. Je nach Aufzug des Spielabends bzw. der Runde stehen die Bücher dann zur Verfügung oder nicht - allerdings nur, wenn ich den Spieler gerade nicht brauche. Wenn ich beschreibe, dann denke ich mir dabei etwas. Und dann will ich auch die Aufmerksamkeit.
Wer damit nicht klar kommt oder Grundsatzdiskussion anfangen möchte, dem kann ich nur sagen: "Da ist die Tür."
Ich selbst habe gemerkt, dass es bei gewissen Genres die Atmosphäre killt, wenn die Spieler nebenher was anderes tun, auch wenn sie grade nicht dran sind: Horrorszenarien (Cthulu/Lovecraft, Little Fears, etc.) oder Comedy (PP&P, Little Fears, etc.) hängen sehr stark von Empfindungen, äußeren Umständen oder Wortwitz bzw. spontanen Einwürfen ab - und diese leiden meist, wenn jemand nicht bei der Sache ist. Ich kenne sogar Spielleiter, gerade im Call of Cthulu Bereich, die halten die Bücher nach der Charaktererschaffung unter Verschluss, damit niemand auf die Idee kommt, doch mal nachblättern zu wollen; sollten sich wirklich Regelfragen aufwerfen, wird vom SL entschieden und gegebenenfalls später nachgelesen. Einfach damit sie die Spieler komplett in eine andere Welt entführen können. Und wer kann bei Kerzenschein schon vernünftig lesen und dann noch zuhören, wenn er die Schrift eh kaum entziffern kann?
Andererseits habe ich Systeme, die ich schon seit Jahren spiele, und in denen bestimmte Würfe traditionellerweise immer nachgeschlagen werden. Die sollte eigentlich mittlerweile jeder auswendig kennen, aber irgendwie ... und keiner notiert sich die. Aber da waren meine Spielleiter bisher immer ebenso schlau wie ihre Spieler und da es sie nicht störte, wurde das halt immer nachgeschlagen. Selbst wenn ein Spieler den Wurf richtig sagte, musste er erst verifiziert werden. Mindestens jeden zweiten Spielabend. Über Jahre hinweg. Funktioniert auch.
Sprich: Wenn der Spielleiter nix dagegen sagt, dass jemand etwas nebenher tut, oder die Bücher zur Verfügung stellt, dann ist nichts einzuwenden, solange man nicht gebraucht wird. Spricht sich der Spielleiter dagegen aus, dass sich jemand anderweitig beschäftigt, so sollte der Spieler das akzeptieren und keine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen. Zum einen hat er im Regelfall auch noch vor und nach der Spielrunde Zeit, sich das Wissen anzueignen oder zu Werken. Zum anderen schneidet er sich doch nur ins eigene Fleisch, denn er will doch spielen und nicht leiten. Und zum dritten ist es einfach der Respekt gegenüber einer Person, die für einen leitet - denn entweder hat sie sich lange vorbereitet oder saugt sich spontan etwas für einen aus den Fingern. Und wenn es Streit unter den Spielern deswegen gibt, dann liegt das letzte Wort ebenfalls beim Spielleiter.
Nachschlag:
Ich gehe davon aus, dass entsprechend dann die "Downtime" für einen Spieler möglichst gering ist. Wenn der Spielleiter sich 3/4 des Abends nur mit 1-2 Spielern beschäftigt und der Rest in die Röhre guckt, ist das im Regelfall kein guter Spielabend und kein guter Spiel- bzw. Leitstil.