Toa
In Dubio Pro Rex
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Into the Red
Erdenstern
Hübsch sieht sie aus, die CD, die ich hier vor mir liegen habe. Doch was ist sie eigentlich? "Into the Red ist ein symphonischer Soundtrack, komponiert als musikalische Kulisse für Pen & Paper und andere Rollenspiele" - soso. Die Macher wollen Rollenspielabende "lebendiger und intensiver machen", indem sie "verschiedene typische Situation musikalisch beschreiben" - an sich auch nichts neues. Die Rubrik "Rollenspiel-Musik" führen viele Rollenspielhändler nicht erst seit kurzem. Mignight Syndicate liefert zum Beispiel bereits seit über 10 Jahren atmosphärische Hintergrundmusik. Aber als eifriger Spieler und vor allem Spielleiter ist man natürlich ständig auf der Suche nach neuer, unverbrauchter Musik um die eigenen Geschichten angemessen zu vertonen. Daher ließ es sich ein hamburgisches Trio, das unter dem Namen Erdenstern auftritt, nicht nehmen ihren eigenen Beitrag zur Mehrung der "Soundtracks ohne Film" abzuliefern, und brachte 2005 das Album "Into the Green" heraus. Scheinbar hatten sie damit Erfolg, denn mit "Into the Red" liegt der offizielle Nachfolger vor. Während "Into the Green" sich mit mystischen Klängen beschäftigte, die vor allem Reisen und Landschaften untermalen sollten, konzentriert sich "Into the Red" auf einen anderen Aspekt, der ebenfalls fest mit dem Fantasy-Genre verbunden ist: Krieg. Und ich schreibe bewußt "Krieg" - nicht "Kampf".
Rollenspiel
Was "Into the Red" nicht liefert ist reine Action-Musik. Man greift tatsächlich das ganze Thema "Krieg" auf und nimmt dessen Verlauf als Konzept für das Album. Es beginnt mit dem Auslöser ("Invasion"), geht über die letzte Feier ("Dances") und den Abschied der Truppen ("Farewell"), zum Kampf ("Crossing Swords with the Evil") und schließlich Finale ("Victory" & "Defeat"). Dieser Ablauf legt schon nahe, daß dieser Soundtrack nicht unbedingt dafür gedacht ist das Erforschen des Elfenwaldes durch irgendwelche Möchtegernhelden, oder gar einen x-beliebigen Dungeon Crawl zu schmücken - hier geht es episch zu. Man sollte also wie gesagt nicht generische Kampfmusik erwarten.
Soviel zum Konzept. Doch eignet sich die Musik dann auch wirklich fürs Rollenspiel? Um das zu testen habe ich die CD heute Abend genutzt um unser Evernight-Finale zu unterstreichen. Obwohl es zugegebenermaßen Situationen gab, an denen actionreichere Stellen im Rollenspiel auf ruhigere Passagen in der Musik trafen, gab es mindestens genauso viele Stellen wo es paßte. Vor allem der letzte Track ("Long Live the King") spielte genau zum richtigen Zeitpunkt, passend zum glorreichen Sieg über die Invasoren und damit dem Abschluß der Kampagne. (Ich möchte ja das Abenteuer hier nicht spoilern. )
"Into the Red" liefert primär Instrumentalmusik, wobei "das epischere Drittel", wie ich es mal nenne, zusätzlich von Chorgesang verstärkt wird. Der Chor bleibt dabei durchweg sehr hintergründig, und singt unverständliches Pseudo-Latein (oder zumindest etwas, das danach klingt) - insofern wirkt das ganze nicht wirklich störend und ist settingübergreifend einzusetzen.
Eine fatale Ausnahme gibt es jedoch - die letzten 30 Sekunden des letzten Tracks. Es scheint bei Erdenstern Markenzeichen zu sein in diesem letzten Teil unverhofft mit englischem Gesang einzusetzen, der das ganze Album nochmal rekapituliert. Und das paßt für meinen Geschmack hier überhaupt nicht. Hier der Originaltext wie er dem Booklet zu entnehmen ist:
So brave we have been / We have fought, we have fled / And we stand and we live / To remember those who went into the red.
Dem ist hinzuzufügen, daß ich das "fled" vor der Booklet-Lektüre als "failed" wahrgenommen habe - nicht unbedingt die Schlußnote, auf die der Großteil der Fantasykampgnen üblicherweise endet. So oder so: der unvermittelt einsetzende Gesang auf Englisch, der nochmal ordentlich Pathos zum Nachtisch reicht ist für mich einen Minuspunkt wert.
Abgesehen davon? Sauber produziert. Die Musik ist ziemlich ziemlich offensichtlich fürs Fantasy-Genre gedacht, kann allerdings vielleicht noch für historische Szenarios bis ins 19. Jahrhundert recyclet werden, wenn man die mittelalterlichen Festivitäten ("Dances" & "The Tournament") überspringt. Das gebotene Spektrum dürfte alle Wünsche im gegebenen Themenbereich abdecken, der Klang ist voll und rund, und die CD ist mit 22 Tracks, die insgesamt 79 Minuten und 45 Sekunden Spielzeit ergeben, proppevoll. Preis-Leistungshältnis: hervorragend.
Inspiration
Wichtig ist für mich auch immer inwieweit Rollenspielmusik mich für meine Runden inspiriert. Schließlich muß ich die Situation, die die Musik am besten unterstützt, auch erst einmal konzipieren. Und auch hier kann "Into the Red" punkten: durch die Ungebundenheit und inhärente Epik bildet sich schnell ein völlig individueller Bilderteppich vor dem geistigen Auge, aus dem man viele Ideen für das nächste Abenteuer ziehen kann. Das vorgegebene Thema schränkt die "geistigen Reisewege" zwar etwas ein, aber das ist in diesem Fall vorteilhaft, da man so gezielt ein Konzept in seine Kampagne einbauen kann.
Tabletop
Ein weiterer Aspekt, der sich bei "Into the Red" aufdrängt, ist die Verwendung beim Tabletop-Spiel. In dieser Hinsicht staubt "Into the Red" bei mir wieder Pluspunkte ab, da es wohl kaum ein passenderes Album für eine Fantasyschlacht geben kann (außer natürlich Soundtracks zu einer großen Fantasy-Trilogie, die inzwischen jeder hundertmal gehört hat *gähn*). Durch die vielfältigen Tonstücke wird es nicht langweilig am Tisch, und die Schlachtenmusik spielt nie zum falschen Zeitpunkt. Hiermit möchte ich Tabletoppern dieses Album nochmal gesondert ans Herz legen.
Konkurrenz
Soweit kann ich das Album - mit Ausnahme der letzten 30 Sekunden - nur loben. Doch wie hält es sich im direkten Vergleich zur Konkurrenz? Midnight Syndicate bietet sich in diesem Fall nicht als direkte Konkurrenz an, da ihr Themenbereich durchweg ein völlig anderer ist. Mit dem "Eberron"-Soundtrack, der dem Quellenbuch "Sharn: City of Towers" beiliegt ist jedoch ein thematisch ähnlich gesinntes Album gegeben. Mein Eindruck ist, daß "Eberron" mehr actionreiche Musik bietet, die entsprechende Kampfsituationen gegebenfalls besser unterstreicht. Dafür bleibt es auch dabei - "Into the Red" erzählt einfach eine größere Geschichte, und eignet sich somit besser einen gesamten Rollenspielabend zu unterstreichen, während "Eberron" sich primär auf D&D-typische Kampfsituationen beschränkt. Ein weiterer eklatanter Unterschied: die Klangqualität. Während Erdenstern zwar auch nicht über ein Orchester verfügen und auf digitale Komposition zurückgreifen, merkt man ihnen das nicht an, während bei "Eberron" der Synthesizer an der ein oder anderen Stelle überstrapaziert wurde und einfach nicht mehr "echt" klingt. Und ganz am Rande: "Into the Red" bietet als dediziertes Album auch die wesentlich größere Menge an Material als ein kleines Werbe-Gimmick, das einem Quellenbuch beiliegt (was ich aber nichtsdestotrotz für eine wunderbare Idee halte).
Fazit
Wer beabsichtigt größere Schlachten in seine Kampagnen einzubauen: unbedingt kaufen! Erdenstern bieten hier hervorragende Qualität zu einem vernünftigen Preis, und soetwas kann man in meinen Augen nur unterstützen.Den Artikel im Blog lesen
Erdenstern
Hübsch sieht sie aus, die CD, die ich hier vor mir liegen habe. Doch was ist sie eigentlich? "Into the Red ist ein symphonischer Soundtrack, komponiert als musikalische Kulisse für Pen & Paper und andere Rollenspiele" - soso. Die Macher wollen Rollenspielabende "lebendiger und intensiver machen", indem sie "verschiedene typische Situation musikalisch beschreiben" - an sich auch nichts neues. Die Rubrik "Rollenspiel-Musik" führen viele Rollenspielhändler nicht erst seit kurzem. Mignight Syndicate liefert zum Beispiel bereits seit über 10 Jahren atmosphärische Hintergrundmusik. Aber als eifriger Spieler und vor allem Spielleiter ist man natürlich ständig auf der Suche nach neuer, unverbrauchter Musik um die eigenen Geschichten angemessen zu vertonen. Daher ließ es sich ein hamburgisches Trio, das unter dem Namen Erdenstern auftritt, nicht nehmen ihren eigenen Beitrag zur Mehrung der "Soundtracks ohne Film" abzuliefern, und brachte 2005 das Album "Into the Green" heraus. Scheinbar hatten sie damit Erfolg, denn mit "Into the Red" liegt der offizielle Nachfolger vor. Während "Into the Green" sich mit mystischen Klängen beschäftigte, die vor allem Reisen und Landschaften untermalen sollten, konzentriert sich "Into the Red" auf einen anderen Aspekt, der ebenfalls fest mit dem Fantasy-Genre verbunden ist: Krieg. Und ich schreibe bewußt "Krieg" - nicht "Kampf".
Rollenspiel
Was "Into the Red" nicht liefert ist reine Action-Musik. Man greift tatsächlich das ganze Thema "Krieg" auf und nimmt dessen Verlauf als Konzept für das Album. Es beginnt mit dem Auslöser ("Invasion"), geht über die letzte Feier ("Dances") und den Abschied der Truppen ("Farewell"), zum Kampf ("Crossing Swords with the Evil") und schließlich Finale ("Victory" & "Defeat"). Dieser Ablauf legt schon nahe, daß dieser Soundtrack nicht unbedingt dafür gedacht ist das Erforschen des Elfenwaldes durch irgendwelche Möchtegernhelden, oder gar einen x-beliebigen Dungeon Crawl zu schmücken - hier geht es episch zu. Man sollte also wie gesagt nicht generische Kampfmusik erwarten.
Soviel zum Konzept. Doch eignet sich die Musik dann auch wirklich fürs Rollenspiel? Um das zu testen habe ich die CD heute Abend genutzt um unser Evernight-Finale zu unterstreichen. Obwohl es zugegebenermaßen Situationen gab, an denen actionreichere Stellen im Rollenspiel auf ruhigere Passagen in der Musik trafen, gab es mindestens genauso viele Stellen wo es paßte. Vor allem der letzte Track ("Long Live the King") spielte genau zum richtigen Zeitpunkt, passend zum glorreichen Sieg über die Invasoren und damit dem Abschluß der Kampagne. (Ich möchte ja das Abenteuer hier nicht spoilern. )
"Into the Red" liefert primär Instrumentalmusik, wobei "das epischere Drittel", wie ich es mal nenne, zusätzlich von Chorgesang verstärkt wird. Der Chor bleibt dabei durchweg sehr hintergründig, und singt unverständliches Pseudo-Latein (oder zumindest etwas, das danach klingt) - insofern wirkt das ganze nicht wirklich störend und ist settingübergreifend einzusetzen.
Eine fatale Ausnahme gibt es jedoch - die letzten 30 Sekunden des letzten Tracks. Es scheint bei Erdenstern Markenzeichen zu sein in diesem letzten Teil unverhofft mit englischem Gesang einzusetzen, der das ganze Album nochmal rekapituliert. Und das paßt für meinen Geschmack hier überhaupt nicht. Hier der Originaltext wie er dem Booklet zu entnehmen ist:
So brave we have been / We have fought, we have fled / And we stand and we live / To remember those who went into the red.
Dem ist hinzuzufügen, daß ich das "fled" vor der Booklet-Lektüre als "failed" wahrgenommen habe - nicht unbedingt die Schlußnote, auf die der Großteil der Fantasykampgnen üblicherweise endet. So oder so: der unvermittelt einsetzende Gesang auf Englisch, der nochmal ordentlich Pathos zum Nachtisch reicht ist für mich einen Minuspunkt wert.
Abgesehen davon? Sauber produziert. Die Musik ist ziemlich ziemlich offensichtlich fürs Fantasy-Genre gedacht, kann allerdings vielleicht noch für historische Szenarios bis ins 19. Jahrhundert recyclet werden, wenn man die mittelalterlichen Festivitäten ("Dances" & "The Tournament") überspringt. Das gebotene Spektrum dürfte alle Wünsche im gegebenen Themenbereich abdecken, der Klang ist voll und rund, und die CD ist mit 22 Tracks, die insgesamt 79 Minuten und 45 Sekunden Spielzeit ergeben, proppevoll. Preis-Leistungshältnis: hervorragend.
Inspiration
Wichtig ist für mich auch immer inwieweit Rollenspielmusik mich für meine Runden inspiriert. Schließlich muß ich die Situation, die die Musik am besten unterstützt, auch erst einmal konzipieren. Und auch hier kann "Into the Red" punkten: durch die Ungebundenheit und inhärente Epik bildet sich schnell ein völlig individueller Bilderteppich vor dem geistigen Auge, aus dem man viele Ideen für das nächste Abenteuer ziehen kann. Das vorgegebene Thema schränkt die "geistigen Reisewege" zwar etwas ein, aber das ist in diesem Fall vorteilhaft, da man so gezielt ein Konzept in seine Kampagne einbauen kann.
Tabletop
Ein weiterer Aspekt, der sich bei "Into the Red" aufdrängt, ist die Verwendung beim Tabletop-Spiel. In dieser Hinsicht staubt "Into the Red" bei mir wieder Pluspunkte ab, da es wohl kaum ein passenderes Album für eine Fantasyschlacht geben kann (außer natürlich Soundtracks zu einer großen Fantasy-Trilogie, die inzwischen jeder hundertmal gehört hat *gähn*). Durch die vielfältigen Tonstücke wird es nicht langweilig am Tisch, und die Schlachtenmusik spielt nie zum falschen Zeitpunkt. Hiermit möchte ich Tabletoppern dieses Album nochmal gesondert ans Herz legen.
Konkurrenz
Soweit kann ich das Album - mit Ausnahme der letzten 30 Sekunden - nur loben. Doch wie hält es sich im direkten Vergleich zur Konkurrenz? Midnight Syndicate bietet sich in diesem Fall nicht als direkte Konkurrenz an, da ihr Themenbereich durchweg ein völlig anderer ist. Mit dem "Eberron"-Soundtrack, der dem Quellenbuch "Sharn: City of Towers" beiliegt ist jedoch ein thematisch ähnlich gesinntes Album gegeben. Mein Eindruck ist, daß "Eberron" mehr actionreiche Musik bietet, die entsprechende Kampfsituationen gegebenfalls besser unterstreicht. Dafür bleibt es auch dabei - "Into the Red" erzählt einfach eine größere Geschichte, und eignet sich somit besser einen gesamten Rollenspielabend zu unterstreichen, während "Eberron" sich primär auf D&D-typische Kampfsituationen beschränkt. Ein weiterer eklatanter Unterschied: die Klangqualität. Während Erdenstern zwar auch nicht über ein Orchester verfügen und auf digitale Komposition zurückgreifen, merkt man ihnen das nicht an, während bei "Eberron" der Synthesizer an der ein oder anderen Stelle überstrapaziert wurde und einfach nicht mehr "echt" klingt. Und ganz am Rande: "Into the Red" bietet als dediziertes Album auch die wesentlich größere Menge an Material als ein kleines Werbe-Gimmick, das einem Quellenbuch beiliegt (was ich aber nichtsdestotrotz für eine wunderbare Idee halte).
Fazit
Wer beabsichtigt größere Schlachten in seine Kampagnen einzubauen: unbedingt kaufen! Erdenstern bieten hier hervorragende Qualität zu einem vernünftigen Preis, und soetwas kann man in meinen Augen nur unterstützen.Den Artikel im Blog lesen