@Ioelet
Ich habe deinen post geliked - weil mir deine Weltsicht gefällt. Ich persönlich halte sie für ein wenig naiv, das soll aber weder wertend noch herablassend klingen. Ich sehs nur ein wenig schwärzer, auch wenn ich prinzipiell Befürworter positiver Sichtweisen bin und ungerne schwarzmale.
Freut mich zu lesen. Finde deine Beiträge zum Thema auch sehr interessant.
Tatsache ist aber denke ich persönlich, dass in großen Teilen unserer Weltwirtschaft das finanzielle Wohl weniger und vor allem der Fortschritt und Wachstum der Wirtschaft selbst im Vordergrund steht und Konsumenten und Verbraucher in erster Linie nicht ob ihrer menschlichen Lebensqualitäten beurteilen werden. Das sieht man unter anderem schon daran, dass auch viele westliche Firmen Billigware in fremden Ländern produzieren und ihre Arbeiter dort teilweise unter unmenschlichen Bedingungen und natürlich mit lachhaften Löhnen schuften lassen. Unter anderem.
Aber auch hier denke ich, dass es nur eine absoulte Minderheit ist, die tatsächlich kolonialistisch grinsend die Sklaven in die Arbeit treibt und sich zu bereichern, eine weitere wohl sicher größere Gruppe, die tatsächlich das Leid anderer in Kauf nimmt um "ihren Job gut zu machen".
Aber ich denke auch, dass die meisten Menschen doch lieber auch den für sie selbst gerne moralisch bequemsten Weg gehen, dh. nicht zwanghaft versuchen ein Arschloch zu sein, weil sie das nochmal extra kickt, sondern eine Abwägung zwischen ihren Interessen und verschiedenen anderen Gruppen suchen.
Wenn der Konkurrent sein Produkt von unterbezahlten Afrikanern unter Lebensgefahr aus der Erde kratzen lässt, dann steht der Manger vor der Situation:
Entweder ich lasse mir auch etwas einfallen was wenigstens ansatzweise ähnlich billig ist oder die Endverbraucher greifen zum deutlcih billigeren Produkt der Konkurrenz, wir gehen pleite, die Markanteile gehen in die Hände dieses Konkurrenten über und er "versklavt" noch mehr Afrikaner. Dazu ist meine menschenunwürdige Arbeit auch noch eine (oh ja mir ist bewusst wie böse das klingt) reizvolle Alternative gegenüber verhungern.
Vielleicht werde ich auch vor der Pleite entlassen und durch jemanden ersetzt, der dann direkt vor Pest oder Cholera steht und eine noch aggressivere Unternehmenslinie fahren muss, wenn er noch was retten will.
Da stecken zum Teil durchaus Zwickmühlen dahinter, wenn Hühner in Legebatterien gestapelt werden, Kinder die Kleidungsstücke zusammennähen, Menschen sich in Bergwerken in Lebensgefahr bringen...
Mal so ganz auf die Schnelle:
In einem Markt, der komplett durch unterbezahlte Kinderarbeit zugeliefert wird, würde ich auch nicht einfach so faire Löhne und perfekte Arbeitsbedingungen einführen. Ich würde zuerst testen ob die Kunden die gestiegenen Kosten tragen würden, wenn ich ihnen den Grund gut vermittle (schwierig...), mich selbst dafür einsetzen, dass die Politik weltweit ein Bewusstsein dafür entwickelt
*, dass man gewisse menschenwürdige mindeststandards absichern könnte - die dann eben aber auch für meine Konkurrenz gelten und mir das wirtschaftliche Überleben sichern - und solang das nicht gegeben wäre, könnte ich meinen Kindersklaven 10% mehr Lohn zuschießen... mehr geht einfach mittelfristig nicht bzw. würde in meinem Ruin enden und in einer Situation, wo sie nichtmal die 10% extra bekommen.
Oder ums anders zu sagen:
Einen solchen Job würde ich nicht machen wollen, weshalb ich ganz froh bin, dass wenn alles gut läuft mein späterer Arbeitgeber mit sowas garantiert nichts zu tun hat, weil im Rückversicherungsgeschäft Ausbeutung und Kinderarbeit nicht so wirklcih sinnvoll ist.
Natürlich gibt es auch genügend Fälle, wo die Marktmacht es durchaus hergeben würde, eigene Vorstellungen durchzusetzen, sei es gegen Zulieferer oder die eigenen Aktionäre. Ganz so einfach kommt man mir mit solchen Entscheidungen dann auch nicht davon.
Ich will nur sagen, dass es genügend Möglichkeiten gibt, selbst scheinbar offensichtlich asoziale Entscheidungen irgendwie vor sich selbst zu rechtfertigen.
Ich bin durchaus der Meinung, dass man sich dann auch dahinterklemmen sollte um eben doch Alternativen zu finden - ich möchte nur eben wieder darauf hinaus, dass ich hier keine besondere menschliche Verdorbenheit erkenne, auf die die Oberschicht ein Monopol hätte.
Ich glaube es nicht, wenn der durchschnittliche Willi Wichtig am Stammtisch über unmenschliche Arbeitsbedingungen meckert, dass er in dieser Situation eine Lösung parat hätte.
Da darf man gerne fordern "Aber es ist dessen verdammter Job, das Unternehmen wirtschftlich und dennoch sozial arbeiten zu lassen." (ich mein, dass die meisten großen Unternehmen sowas irgendwie in ihrer Unternehmensphilosophie beinhalten) und kann kritisieren, dass er das nicht hinbekommt. Ihn aber zwangsläufig als Arschloch abzustempeln ist mir dann doch auch zu einfach.
Das ist die selbe Schiene wie "Soldaten sind Mörder".
Verständlich, irgendwie ja auch offensichtlich nicht ganz falsch - aber extrem vereinfacht und schwarz
-weiß gezeichnet.
Prinzipiell bin ich auch der Meinung "mit harter Arbeit geht alles" aber man muss sich da ein bisschen vor sozialdarwinistischen Tendenzen schützen, denke ich.
Da stimme ich dir voll zu. Es ist für mich kein "entweder oder". Ich wünsche mir vom Staat Unterstützung von talentierten und motvierten Personen, aber ich erwarte eben auch vom einzelnen, dass er sich auch reinhängt, wenns mal nicht so leicht ist - oder zumindest danach nicht nur über die anderen meckert.
Studienbedingt war ich doch schon einige Male da und auch in anderen "in-Theatern". Die so genannten "Abos" der Schickeria, die da hauptsächlich hingehen, weils schick is, sind tatsächlich so, wie es das Vorurteil glauben lässt. Zumindest die, mit denen ich bisher so das Vergnügen hatte. Das ist deutlich mehr Imagepflege als wirkliches Interesse. Ganz abgesehen von den kruden Wertvorstellungen, die die so mit sich rumtragen.
Hmmm, seltsam, so viel Schickeria hab ich da nie gesehen... aber vielleicht sitzen die auch alle irgendwo im Innenraum, während ich bei den wahren Fans
in der Südkurve auf der Tribühne stehen muss.
Gegen "weils schick ist" hab ich allerdings auch nix. Ich hab schon auch mal Spaß dran nen schicken Abend zu zelebrieren.
Und genauso wie ich im Backstage über völlig klischeehaften Punk-Style und -attitüde schmunzeln muss und mir manche damit auf den Sack gehen, nervt mich die Schickeria mal mehr mal weniger. Selbstdarsteller gibts auch in allen Schichten.
Und zum Teil lohnt es sich mMn durchaus doch mal ein paar Worte mit so nem Wichtigtuer zu wechseln - das sind auch meist nur Menschen, die irgendwelche Schwächen, Ängste und Unsicherheiten überspielen.
Richtig, aber Eltern schlüpfen ja auch nicht aus Eiern. Wenn die Gesellschaft anderen Prinzipien folgen würde, würden auch Menschen frührerer Generationen leichter umdenken können.
Naja, aber "Die Gesellschaft", "die Eltern", "ich", "du", "die Elite", "die Kinder" sind ja alle schwer voneinander abzugrenzen. Forderungen an "die Gesellschaft" haben für mich immer was von
"TEAM = Toll Ein Anderer Machts".
Wir brauchen allerdings auch noch eine ganze Menge Pflege- und Servicepersonal, die nicht durch Maschinen ersetzt werden können (und ich glaube das dauert auch noch ein wenig). Aber gerade da sprichst du ja ein ganz anderes Problem an, das auch weit davon entfernt führt - das kann man gerne auch anderswo diskutieren - der Wunsch und die Notdurft nach hochqualifiziertem, am bestem studiertem Personal lässt ja wieder einem ganzen Teil der Bevölkerung keine anderen Möglichkeiten und verwässert letztlich sogar die universitäre Bildung. Plump gesagt: wenn ich ein Diplom brauche, um einen Steineschlepper zu bedienen läuft in meinen Augen etwas falsch. Es muss eigentlich auch möglich sein, dass Jeder seinen Weg findet, auch ohne höhere Bildung.
Ja und nein. Ja, wir haben auch noch Bedarf an gezielt ausgeildeten Fachkräften in Bereichen, für die man nichts studieren muss.
Nein, ich denke nicht dass es möglich sein muss, dass grundsätzlich jeder seinen Weg ohne höhere Bildung finden kann - zumindest nicht, wenn dieser Weg eine klassische geregelte Festeinstellung einschließen soll.
Ich halte nichts von "Recht auf Arbeit". Der Begriff an sich ist in meinen Augen Bullshit.
Niemand beschwert sich über Kinderarbeitslosigkeit.
Niemand beschwert sich, dass er zu Hause gar keine Arbeit mehr vor sich hat, weil die Wohnung leider schon aufgeräumt ist.
Aber als Gesellschaft soll es ein Problem sein, dass wir zu wenig zu tun haben und blöderweise so effizient produzieren, dass auch problemlos 10% heimgehen können und der Laden läuft immer noch?
Arbeit soll vor allem dazu dienen, dass irgendwas erledigt wird, was die Gesellschaft erledigen muss. Und wenns nichts zu tun gibt, was auch ein ungebildeter einbeiniger Blinder erledigen kann, dann gibts für den eben nix zu tun. Dann kann man sich überlegen, wie die Gesellschaft jetzt mit ihm deswegen umgehen soll - ich bin ja persönlich ein Fan des BGE - und gut ist...
Ich verstehe ja, dass Erwerbslosigkeit ein Problem ist... aber
Arbeitslosigkeit ist doch eigentlich ne geniale Errungenschaft.
Wenn man nix zu tun hat, kann man sich neuen Aufgaben und Zielen zuwenden. Ist doch super.
Das sehe ich anders und ich glaube es auch nicht. Das hat aber auch nicht viel mit Böswilligkeit zu tun, wohl aber mit Systematik. Da Wachstum der Wirtschaft und das Wohlergehen der Wirtschaft prinzipiell über dem Allgemeinwohl steht, oder als Allgemeinwohl verkauft wird, ist ihnen in erster Linie an einer möglichst flüssigen, produktiven und im Wachstum begriffenen Wirtschaft gelegen. Der Irrglaube ist ja, dass das gleichbedeutend mit Wohlstand ist.
So ein Irrglaube ist das nicht, denn
1. Ist das Problem "denen da oben" ja durchaus bewusst und im Moment wird/wurde ja gerade ein neuer Wohlstandsindikator entwickelt, der das BIP als Maß aller Dinge ablösen soll.
2. Bleibt es dennoch fakt, dass Wirtschaftswachstum tendenziell schonmal als Orientierung auch ne ganz brauchbare Sache ist, da zumindest echtes nachhaltiges Wachstum den Wohlstandskuchen erzeugt, der dann überhaupt erst verteilt werden kann.
* Übrigens auch der Grund, warum mich Panikmache wegen Lobbyismus, Treffen zwischen Politikern und Managern oder die Bilderberger ziemlich kalt lassen. Das sind alles einflussreiche Menschen. Ich HOFFE, dass sie sich hin und wieder zusammensetzen und über ihre Weltsicht, Pläne, Interessen und Ideen austauschen und gemeinsame Ziele verfolgen. Ich fände es gruselig, wenns anders wäre...