A
Arlecchino
Guest
Einzelne Disziplinen sind doof. Ich suche eher ein stimmiges Gesamtbild.
Dann gehst du aber in deinem Eingangsposting sehr einseitig von der psychologischen bzw. kommunikationswissenschaftlichen Perspektive aus.
Aus theatraler Sicht kann die Wiedergabe einer Geschichte eine in Stellvertreterschaft erfolgte Teilnahme an einem Ritus sein, der durch Durchlebung von ekstatischen Seinszuständen und elementaren Gefühlen (Freude, Leid, Schrecken, Furcht) eine Reinigung von durch diese hervorgerufenen Affekten hervorbringen kann (Katharsis).
Geschichten dienen in diesem Fall dann dazu, die mit der Wildheit und Ursprünglichkeit unserer Natur in Verbindung stehenden Affekte, die von unserer geordneten und gesellschaftlich normierten, sozialen Struktur unterdrückt werden, auszuleben und zu durchleben, in Kontakt mit Aspekten unserer Natur zu treten, die anders nicht zum Ausdruck gebracht werden können (weshalb eine Reinigung überhaupt notwendig ist). Jenseits des reinen, logischen Informationshaushalts einer solchen Geschichte zu evolutionären Zwecken liefert das zum Beispiel auch Hinweise darauf, warum Gewalt bereits bei den ältesten, bekannten Geschichten (Gilgamesh, Illias) so eine große Rolle spielte und warum es heute immer noch so einen großen Stellenwert einnimmt. Rein psychologisch aus der Perspektive sich entwickelnder Problemlösungsstrategien, andernfalls womöglich einfach als Spiegel nicht ausgelebten Gewaltpotentials.
Die Darstellung einer solchen Geschichte spielt dann obendrein noch einmal eine Rolle. Das Durchleben der Affekte ist bereits im Zuhören gegeben, im re-enactment, also im bildlichen und lebendigen Nachspielen der Ereignisse verstärkt sich das erfahrungsgemäß noch einmal mehr. In Schriftform sieht das vermutlich dann nochmal anders aus.