AW: Fantasy Heartbreaker: Eine Frage der Sprache.
Carsultyal. - So etwas klingt für mich besser als irgendwelche "Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen"-Deutschtümelei in den Benennungen von phantastischen Welten.
Entweder total "unhistorische" Buchstabenansammlungen, die aber immer noch AUSSPRECHBAR sein müssen (man will ja schließlich am Spieltisch beim Versuch S'h'gròqc'htt zu sprechen nicht scheitern müssen), oder gleich an historisch-irdischen Vorbildern angelehnte Namen verwenden.
Midgard macht letzteres ganz gut vor. Die Namen wie Cuanscadan oder Mokattam gehen gut über die Zunge, wirken dabei immer noch phantastisch-fremdartig genug, um die Phantasie anzuregen.
In Sword&Sorcery-Fantasy-Settings sind Buchstabenansammlungen ohne erkennbaren irdischen Bezug eher üblich. Lankhmar, Carsultyal, Ashertiri, Lenortis, Melniboné, Imrryr, usw. - Das sind Namen, die sich einprägen, die fremdartig, die exotisch wirken, und dennoch auf archetypische Art vertraut.
Rabenhorst, Zweibrücken, Mützenheim, Entenhausen - das ist eher Kinderbuch-Stil, aber nichts, was für das ENTDECKEN geheimnisvoller, fremdartiger, phantastischer Welten geeignet ist.
Will man absichtsvoll eine "Gartenzwerg-Idylle" in seiner Phantasiewelt haben, dann ist das ja gut und schön. Nur ist das Spielen in solchen "Nett und Niedlich"-Settings meist wenig attraktiv.
Hier ist natürlich die Frage an sich: WAS FÜR EINE ART FANTASY, will ich denn in meiner Spielwelt überhaupt spielen?
Bei Sword&Sorcery als Antwort auf die obige Frage kommen natürlich gleich die Anforderungen nach Exotik, Mysterien, uralten Geheimnissen, kruden, ungeschliffenen Diamanten an Städten, Regionen, Personen auf. - Diese gilt es abzubilden.
Wenn ich mir unter diesen Gesichtspunkten mal das Zitat aus dem Eingangsbeitrag anschaue:
Zur Kernfrage: Normalerweise versuche ich immer für alles mögliche deutsche Begriffe zu verwenden. Sowas wie Adlerhort, Greifenstein, Geistermoor, etc. Ich persönlich bin der Ansicht, dass man sich unter solchen Begriffen schneller etwas vorstellen kann, als unter Kunstbegriffen, sowas wie Moor von Usagoran, Kelmar, etc.
... dann frage ich mich, was es denn BRINGT, wenn sich ein Leser statt eines exotischen, phantasievoll-fremdartigen Namens wie Carsultyal so etwas mundanes, minderbegeisterndes, und NORMALES wie Klippenhafen, Weststrand, Tiefwasser einverleibt?
Ja, man versteht sofort, was mit Tiefwasser gemeint ist. - Damit hat man ein GEHEIMNIS WENIGER! Damit ist alle Exotik FUTSCH! - Es bleibt eine zwar vielleicht in allen Namensteilen nachvollziehbare Benennung, die komplett verstanden wird, aber die KEINE BEGEISTERUNG zu wecken vermag.
Wenn schon, dann Cuanscadan (was sich Nerds auch übersetzen können, wenn sie mögen) oder gleich Carsultyal (wo man sich jegliche Analyse und Übersetzung gleich sparen kann).
Mein Problem ist, dass die Welt meinem Empfinden nach sehr schnell sehr kitschig oder sehr düster wird, wenn man durchgängig deutsche Begriffe benutzt (was vielleicht auch einfach an meiner Schreibart liegt).
Düster? - Weniger. - Kitschig? - JA.
Warum wird bei durchgängiger deutscher Bezeichnung eine Welt NICHT düster? - Weil das GEHEIMNISVOLLE bei durchgängig vollverständlichen Begriffen FEHLT.
Das Graugeistermoor, die Frau in Weiß, der Leichensee - oje. Das ist eher Heftroman-Stil, der mit einem Augenzwinkern absichtsvoll kitischige Formulierungen zelebriert. (Oder halt typisch deutsche Fantasy-Ware, die sprachlich leider nicht einmal die Klasse von Heftromanen erreicht, weil das Augenzwinkern fehlt, da sich deutsche Rollenspiel-"Autoren" leider zu ernst nehmen.)
Eine Welt namens Enwor. Eine Stadt namens Combat. - DAS ist packende deutsche Fantasy. - Hier ist Bekanntes mit dem Unbekannten und UNERKLÄRTEN! verbunden und ohne sich selbst allzu ernst zu nehmen dargeboten.
An sich sollte das einem Autoren, der über ein reiches Sprachvermögen verfügen sollte, wenn er sich denn als Autor bezeichnen möchte, NICHT SCHWERFALLEN. - Warum dann trotzdem sprachliche Tapsigkeit deutsche Fantasy-Welten (egal ob Roman oder Rollenspiel oder Übersetzung) bestimmt, entzieht sich meinem Verständnis - und meiner Toleranz.
Langweilig ist halt nur eines: LANGWEILIG.
Und daß es besser geht, daß es manche Autoren tatsächlich besser hinbekommen, zeigt nur, daß die tapsigen Langweiler sich halt einfach mal mehr anstrengen sollten, ihr Sprachvermögen mehren sollten, und vom hohen Roß des "Künstlers" mal auf den Boden der Sprachgestaltung für UNTERHALTUNGSZWECKE kommen sollten.
Zur Sprache bei Spielwelt-Entwicklungen kann ich nur bekräftigen, daß aus den Benennungen der Spielwelt-Elemente bereits hervorgeht, was das zugehörige Rollenspiel zu bieten hat. - Langeweile, Gartenzwerg-Idylle, Hartwurst mit Spielerkleinhalten und Möterplot-Kandarre, oder EXOTIK, ENTDECKUNGEN, GEHEIMNISSE, SPANNUNG, NEUGIER und PHANTASIE.