AW: Epische Kämpfe ohne Bescheißen durch den SL?
Ich wollte eher etwas systemunabhängiges hören, aber wo wir gerade dabei sind. Wie stellst du die Gegner auf, das sozusagen, jeder deiner Spieler etwas zu tun bekommt?
Gegneraufstellung
Zum einen ist hier "systemunabhängig" schon eher schwer etwas Konkretes zu empfehlen, da ja das verwendete Regelsystem SEHR STARK bestimmt, was sich ein SC so alles "erlauben" kann.
Das REGELSYSTEM hat einen entscheidenden Einfluß darauf, wie hier taktisch vorzugehen ist, da es ja die "Realität" der jeweiligen Spielwelt modelliert.
Wenn man ein System mit kritischen Treffern und diversen Zuständen psychischer und physischer Schädigung spielt, welches üblicherweise SCs auch schnell mal durch einen einzigen glücklichen Treffer eines minderkompetenten NSCs aus dem Kampf nehmen kann, dann ist die Vorgehensweise seitens der SCs (und seitens überlebensgewillter NSCs) deutlich anders, als wenn man nach einem Regelsystem spielt, in welchem die SCs deutlich zäher, härter im Nehmen und gewaltiger im Geben sind als die meisten Normalbewohner/Normalgegner in der Spielwelt.
Spielt man mit RuneQuest-Regeln müssen sich die SCs selbst bei sehr hoher Kompetenz (Erfahrung) schon wirklich vorsehen, daß sie nicht einfach von der schieren Masse der Gegner weggefegt werden. Spielt man mit Barbarians-of-Lemuria-Regeln, dann können es sich die SCs erlauben mitten rein in die brodelnde Horde der heranbrandenden Angriffswellen zu springen und dort die Gesindel-NSCs wegzuhauen, ohne mehr als einen Kratzer abzubekommen.
Weniger "weltsimulatorisch" ausgerichtete Regelsysteme erlauben da sogar noch mehr "Heldentum". - So sind reine Erzählsysteme wie HeroQuest 2.0 oder Everway bzw. Idee! (oder auch Engel, das aber nur für eine bestimmte Spielwelt) vorzüglich in der Lage epische Schlachten abzubilden, ohne daß der Spielleiter bescheißen müßte. Nur. Hier ist zu KEINEM Zeitpunkt eine "Spielweltphysiksimulation" am Laufen, sondern Entscheidungen werden nur bezüglich der gemeinsam fortgesetzten Erzählung ÜBER die Spielwelt (im Gegensatz zur fortgespielten Handlung IN der Spielwelt) getroffen. - Daher kann man mit den Arkana-Karten in Engel wunderbar eine Schar himmlischer Streiter gegen eine üble, nicht enden wollende Horde Traumsaat antreten lassen und die Spieler ihren epischen Kampf, ihre Verluste, ihre Glanzmomente selbst erzählen lassen.
Das Regelsystem hat einen ENTSCHEIDENDEN Einfluß! Systemunabhängig ist diese Frage eher müßig. Da lies mal lieber historische Schlachtenbeschreibungen, in denen solche ""-Unterzahl siegt gegen Übermacht"-Schlachten dargelegt sind. Mehr "systemunabhängiges" kann man dazu auch nicht sagen.
Dann ist die "Aufstellung" der Gegner auch SEHR von spielweltbezogenen Faktoren abhängig. Spielt man Space Marines, die sich einer wimmelnden Horde Tyranniden entgegenstellen, oder spielt man Elfen-Kavalleristen, die durch Zombie-Schlachtreihen ins Lager einer Nekromantenarmee durchbrechen sollen?
Somit ist zum anderen neben dem verwendeten Regelsystem auch noch die konkrete SPIELWELT entscheidend.
Spielwelten treffen schon starke Beschränkungen der möglichen Vorgehensweisen von Gegnern und SCs (Genre-Beschränkungen gibt es auch noch, aber die Spielweltbeschränkungen sind meist stärker, weil unmittelbarer am konkreten Spielinhalt).
So ist in Hellfrost bei den meisten menschlichen Völkern der Schildwall, die Schlachtreihe der Fyrd-Krieger, einfach die übliche Kampfformation. Und das auch bei vielen der Gegner. - Somit wird man in vielen Schlachten einfach mit klassischen Schildwall-Taktiken konfrontiert werden. Das ist nicht etwas, was immer die "optimale" Taktik darstellt, sondern etwas, das aus der SPIELWELT heraus die NSCs, die man dort in seine Truppe integriert hat, können und erwarten. Und ein paar tausend Fyrd-Krieger, die von Jugend auf den Schildwall gewohnt sind, wird man nicht auf die Schnelle zu einer anderen Art an Truppe "umtrainieren" können. - Daher haben diese Truppen auch die klassischen Schwierigkeiten gegen z.B. berittene Bogenschützen, die mit Hit&Run-Taktik einfach immer wieder Leute aus der Schlachtreihe auf Distanz rausschießen und sich nie zum üblichen Kampf Schildreihe gegen Schildreihe stellen. - Mit solchen Spielwelt-Verhältnissen müssen die SCs (egal auf welcher Seite sie mitkämpfen) umgehen können.
Und neben solchen generellen Beschränkungen wie Regelsystem und Spielweltvorgaben ist noch die KONKRETE SITUATION entscheidend.
Sind die SCs in einer befestigten Anlage eingekesselt worden und werden sie belagert? - Sind die SCs mit ein paar hundert Galeeren auf See unterwegs, um die feindliche Flotte der Zaubererkönige an der Landung in der Bucht von Satarla zu hindern? - Greifen die SCs einen voranmarschierenden Heerwurm einer gegnerischen Armee in einem Waldstück aus dem Hinterhalt an?
Die Spielregeln geben die Handlungsmöglichkeiten und die Zähigkeit der Charaktere (SCs wie NSCs) im Rahmen der "Physiksimulation" an.
Die Spielwelt gibt die verfügbare Palette an kulturell stimmigen Truppengattungen und generellen Taktiken vor.
Die Situation schränkt all das auf sehr, sehr konkrete Weise ein und reduziert somit die Zahl der sinnvollen Möglichkeiten deutlich.
Und mehr kann man eigentlich systemunabhängig, spielweltübergreifend und ohne konkrete Situationsvorgabe nicht dazu sagen.
Wie stellst du die Gegner auf, das sozusagen, jeder deiner Spieler etwas zu tun bekommt?
Spielerbeteiligung
Das sind ja Erwägungen, die erst einmal von "in-game"-Überlegungen unabhängig sind. - Spielen in einer SC-Gruppe ein Kräuterhändler, eine Hure, ein Schreiber, eine Schneiderin und ein Huscarl des Thanes von Helsgate mit, dann kann nur der Huscarl überhaupt mit Kompetenz im eigentlichen Schlachtgeschehen aufwarten. Der Rest sind Non-Kombattanten, die so oder so ihr Leben in die Hände der Krieger legen müssen.
In solchen Fällen können die SCs oft wirklich ÜBERHAUPT NICHTS zur Beeinflussung der Schlacht beitragen. - Alles andere wäre auch nicht plausibel!
Hier ist natürlich das Regelsystem wieder gefragt: Barbarians of Lemuria läßt JEDEN SC einen sehr kompetenten Kämpfer abgeben. Da ist der Kräuterhändler und die Hure durchaus im individuellen Kampfvermögen dem Krieger ebenbürtig. Es sind halt alles HELDEN, die sich nichts gefallen lassen! Der Krieger hat nur durch seinen Hintergrund mehr Möglichkeiten auch andere Truppen, Verbündete, Untergebene herumzukommandieren und wird von diesen auch als Offizier akzeptiert werden. Aber JEDER kämpft! Keiner drückt sich! Das ist BoL.
In anderen Regelsystemen kann es wirklich sein, daß die "Zivilisten-SCs" keine Chance gegen einen auch nur mäßig kompetenten NSC-Krieger hätten. Dann sollten sie sich besser auch aus Kampfhandlungen heraushalten. - Bei den Savage Worlds Massenkampfregeln ist es ja so, daß diese SCs weit hinter der Front immer noch auf den Ausgang der Schlacht SPÜRBAREN Einfluß nehmen können, indem sie "moralischen Beistand" leisten können und dadurch Boni für die eigentlichen Schlachtenwürfe erspielen können.
Der Kräuterhändler unterstützt mit seinen Kenntnissen die Heiler beim Verarzten der Verwundeten, die Hure sorgt für das "Aufrichten" des Kampfgeistes der Truppe, der Schreiber hilft den Kommandeuren Nachrichten an die einzelnen Frontabschnitte abzufassen und neues Kartenmaterial zu recherchieren, die Schneiderin produziert mit freiwilligen Hausfrauen Unmengen von neuen Kriegsbannern in den Farben der eigenen Truppe, um die Moral der eigenen Seite zu stärken und den Feinden zu zeigen, daß die SC-Seite noch lange nicht geschlagen ist. All das kann nach den dortigen Regeln in einem Massenkampf unterstützenden Einfluß nehmen - inklusive den SCs einem RISIKO aussetzen! Der Kräuterhändler ist gerade beim Durchforsten seines Lagers, als ein Brandgeschoß einer Wurfmaschine mitten in seinem Lagergebäude einschlägt. Die Hure ist gerade mit einem Unteroffizier zugange, als genau in diesem Abschnitt die Befestigungen von einem überraschenden Angriff schier überrannt zu werden drohen. Der Schreiber findet in der Bibliothek eine alte Karte, in der ein bislang unbekannter ehemaliger Fluchtgang unter der Mauer hindurch eingezeichnet ist, welcher sich für einen Angriff hinter den feindlichen Linien eigenen würde, als er von einem Spion der Feinde niedergestochen wird. Die Frauen, welche die neu genähten Banner den Truppen an der Stadtmauer bringen wollen, geraten mitten in die vorbereitenden Pfeilsalven der feindlichen Bogenschützen, die einen weiteren Ansturm auf die Mauern decken. - Bei allen diesen Unterstützungshandlungen können die SCs, welche nicht direkt das Kommando über Truppenteile oder gar den Oberbefehl haben, etwas positiv zum Ausgang der Schlacht beitragen, riskieren aber ihren Hals dabei!
Und wenn es wirklich keinerlei sinnvolle Betätigigung für die Zivilisten-SCs gibt, dann gibt man den SPIELERN eben NSCs, denen Truppenteile unterstellt sind.
Bei einer Verteidigung einer kleinen Befestigungsanlage in Hellfrost hatte mein SC als Spezialist im Kommandieren von Truppen (Paladin des Kriegsgottes) dem dortigen Festungskommandanten das Kommando abgenommen und die Gesamtkoordination der Truppen übernommen. Ein anderer SC, ein kriegerischer Skalde, hatte als "Springer" unterschiedliche Abschnitte der Festungsanlage gegen magische Angriffe dort verteidgen geholfen. Ein dritter SC, eine Nomadenkriegerin, war vor dem Schluß des Belagerungsrings mit einem Trupp Frostzwergenkrieger aus der Anlage gezogen und hatte sich zwei Tage lang "eingegraben", um dann hinter den feindlichen Linien die Wurfmaschinen der Gegner gezielt angreifen und ausschalten zu können, welche der Skalde, der mit den Kundschaftern der gegnerischen Armee entgegen geritten ist, bereits frühzeitig im Heerwurm der Feinde ausmachen konnte. Damit war die Spielerin aber während der Kampfhandlungen direkt an der Festung ohne Charakter. Deshalb hat sie einen der Offiziere samt dessen Truppen für einen bestimmten Frontabschnitt zum Führen bekommen. Und während sie ihren "Special Ops"-Einsatz hinter den Linien gemacht hat, hatten die anderen Spieler einen der Frostzwerge zum Führen bekommen. Somit hatte JEDER SPIELER immer etwas zu tun und immer einen Charakter zu spielen, auch wenn nicht immer der eigentlichen Spielercharakter des Spielers in der Situation anwesend war.
So geht das Sicherstellen der Spielerbeteiligung auch ziemlich gut. (Bei Savage Worlds führt man sowieso ständig NSCs auf Spielerseite mit, daß die SW-Spieler das eh gewohnt sind. Und auch in ausgespielten "Cut-Scenes", in denen ja KEIN EINZIGER SC auftaucht, sind es die SW-Spieler gewohnt für eine Szene mal vollständig eine Seite an NSCs zu übernehmen und diese nach kurzen Vorgaben der Zielsetzungen auszuspielen, bevor wieder zurück zur eigentlichen SC-Gruppe geschnitten wird.)
Macht ihr Schlachtreihen, wo die Softtargets hinten stehen?
Siehe oben. Das ist wirklich viel zu einschränkend gedacht.
Wenn die SCs eine epische Raumschlacht mit Megakreuzern unter dem Kommando eines SCs plus deren Unterstützungsschiffen ausspielen, dann sind ja wohl "Schlachtreihen" und "hinten stehende Softtargets" ziemlich unsinnig.
Du machst somit schon IMPLIZITE Annahmen auf Spielweltvorgaben (die Völker dort kennen und benutzen Schlachtreihen - deren Technologie ist also in einem bestimmten Rahmen angesiedelt und deren Kultur hat diese Art der taktischen Positionierung entwickelt), Charakterkompetenz (Softtargets = nach dem verwendeten Regelsystem weniger zähe Charaktere), und die Situation (hinten - das impliziert eine ganz bestimmte Art von Situation, da z.B. bei einem Seegefecht oder einer Belagerung einer Hochmotte ein "hinten stehen" irgendwie nicht angezeigt ist).
Somit die einzige mögliche Antwort: Das kommt darauf an.
Bzw. Wer würde überhaupt nur die Frontline angreifen, eine Attacke von der Seite oder von hinten ist doch genau das was einen Kampf episch macht, meine Ich.
Das ist QUARK!
Du machst hier schon wieder viel zu viele Annahme zu einer einzigen konkreten taktischen Situation!
Wenn zwei Heere sich im Schildwall gegenüber stehen, diese auch keine schnell beweglichen Truppen wie Kavallerie besitzen und auch kaum effektive Fernkampfeinheiten aufweisen, sondern z.B. reine Fyrd-Krieger-Fußsoldaten sind, dann gehen diese Schlachtreihen direkt aufeinander zu und erzwingen den Sieg über Schildwall-Taktiken wie den Eberkopf (zum Durchbrechen eines Schildwalls) oder "durchlässige" Schildwallbereiche mit nachgestaffelten "schwer Waffen" tragenden Kriegern, die sich die nicht mehr im Schildwall von der Seite geschützten durchgelassenen Gegner einzeln herauspicken und niedermachen.
Also hier genau EINE EINZIGE Taktik als "episch" darzustellen, das ist ja wohl völlig daneben!
Hier mal was "Episches" als Beispiel:
Spielwelt: Tarth, die Spielwelt der Evernight-Kampagne.
Ort: Ein selbstgestricktes Tempeldorf mit Palisadenbefestigung und Tempelwachen als Vollzeitkrieger.
Situation: Das Tempeldorf erstickt unter Flüchtlingen, nachdem die Sonne "ausgegangen" ist und feindliche, fremdartige Kreaturen in riesigen Horden über das Land ziehen und Leute umbringen bzw. in die Sklaverei verschleppen.
Die SCs treffen in dem Dorf ein, reden mit den dortigen einflußreichen Personen, als das Dorf von einer kleinen Armee von Orks überfallen wird, die sich die Notlage der Menschen für einen lukrativen Raubzug zu nutze machen wollen. Die SCs helfen die Flüchtlinge zu organisieren, übernehmen das Kommando der Verteidiger, wehren den Angriff der Orkübermacht erfolgreich ab, als plötzlich das gesamte Dorf aus der Luft bombardiert wird und eine HORDE an fremdartigen Kreaturen BEIDE Seiten, Orks wie Menschen, angreift und zu überwältigen droht.
Hier finden mitten im Kampfgeschehen hektische Gespräche mit dem Kommandeur der Orks statt, es gibt schnell über den Kampflärm gebrüllte Schwüre und Zusicherungen und die Orks werden in die Befestigung eingelassen und helfen die Palisaden zu bemannen. In einem harten, verlustreichen Kampf werden die fremdartigen Angreifer zurückgeschlagen, auch wenn ein paar Gebäude im Dorf durch Brandbomben aus der Luft zerstört wurden.
Die Orks halten sich an ihre Schwüre und ziehen mit dem Versprechen ab, bei ihren Stämmen die Kunde vom Generalangriff auf alles Leben auf dieser Welt zu verbreiten. (Priesterinnen mit hohem Charisma und guten Sozialfertigkeiten sind wirklich mächtige Charaktere, wenn es nicht nur ums Prügeln, sondern um diplomatische Findigkeit geht.)
Die SCs schicken Kundschafter rund um das Dorf aus, um die Lage zu erkunden und herauszufinden, ob es noch mehr von diesen fremdartigen Gegnern geben mag. Eine mit ein paar SCs bestückte Gruppe macht Feindkontakt und kann einem Kampf nicht ausweichen. Das ohne günstige Position stattfindende Gefecht ist brutal hart, doch können die Kundschafter sich solange einigeln, bis Entsatz vom Dorf kommt und sie freigekämpft werden. Dabei unterstützt eine überraschend auftretende Gruppe die Kundschafter.
Diese neue Gruppe stellt sich als königliche Waldläufergruppe heraus, welche Kenntnis von Widerstandsnestern gegen die Fremdartigen hat. Sie bieten an die Überlebenden im Dorf solch einer sicheren Zuflucht zuzuführen, doch wissen sie um weitere Horden der Fremdartigen, die sich auf das Dorf zubewegen. Da hört die Entsatzgruppe erneut Bombeneinschläge im Dorf.
Ins Dorf zurückgekehrt finden sie die Palisade durch Sprengbomben durchlöchert vor. Es gibt zwei Breschen darin, welche nur sehr notdürftig zugeschüttet werden konnten, welche aber sicher keinen weiteren Ansturm halten werden. Das Dorf ist dem Untergang geweiht.
Die SCs beratschlagen, was sie tun können, und kommen auf folgenden Plan:
Die Dörfler werden in zwei Gruppen (damit wenigstens vielleicht eine ankommt!) auf unterschiedlichen Wegen zu der Zuflucht geleitet. Sie nehmen alles Notwendige mit und werden von ein paar SCs begleitet.
Damit aber die Truppen der Fremdartigen nicht den Flüchtlingszügen unterwegs leicht ein Ende bereiten können, muß das Dorf als Widerstandsnest längere Zeit gehalten werden!
So bleiben drei SCs und ein wichtiger NSC des Dorfes sowie eine knappe Zahl Wachen zurück, um die Palisade notdürftig zu bemannen.
Allen SPIELERN war klar, daß sie sich jetzt von ihren SCs verabschieden müssen, denn diese werden UNMÖGLICH diese letzte Stellung halten können. Ich kann nicht wirklich beschreiben, was für ein Gefühl da am Spieltisch aufkam. Da hatte jeder einen Kloß im Hals, weil es wirklich schon länger gespielte Charaktere waren, die allseits geschätzt waren. Diejenigen, die mit den beiden Flüchtlingszügen gingen, waren sichtlich gerührt. Und die im Dorf verbliebenen waren grimmig entschlossen sich so teuer wie möglich zu verkaufen.
Dann kam, wie erwartet, die nächste Angriffswelle - und die SCs (und die von Spielern der nicht anwesenden SCs gespielten NSCs) HIELTEN! Dabei wurde ein Turm eingeäschert, es gab eine weitere Bresche, die nicht mehr zu halten war.
Die kurz darauf folgende Welle quoll durch die Bresche mitten ins Dorf, wo im Häuserkampf alles im Chaos unterging.
Jedoch (hier kommt etwas sehr Kampagnenspezifisches) hatte der Oberkommandierende der Fremdartigen ein großes Interesse daran, kompetentere Einwohner dieser Welt zu Studien- und sonstigen Zwecken zu versklaven. Im Kampf gingen alle SCs der letzten Verteidiger außer Gefecht (aber bei SW stirbt man nicht so schnell), bis auf einen. Diesem gelang sogar beinahe noch die Flucht in die Freiheit, wenn er nicht durch psionische Beherrschung durch einen gegnerischen Offizier eingefangen worden wäre.
Nun hatte ich drei Gruppen: Zwei voneinander weit getrennte Gruppen aus fast nur Nicht-Kämpfern, Zivilisten, Verwundeten, usw. Und die tapfersten und aufopferungsbereitesten Charaktere alle schwerst verwundet und in der Hand der fremdartigen Invasoren.
Das war genau EINE Spielsitzung von ca. 6-7 Stunden Dauer. Bei SW gehen derartige Kampfszenen mit mehreren Hundert Beteiligten ja glücklicherweise so flott, daß eben für das Zusammenspiel der Charaktere viel Zeit bleibt. - Diese obige Situation und deren Verlauf hatte ich so nicht geplant, sondern nur der Ork-Angriff auf das Flüchtlingsdorf war beabsichtigt. Der Rest kam durch "simulatives" Behandeln gegnerischer Truppenbewegungen und durch deren Kundschafter-Kreaturen (die anfangs den SCs noch nicht bekannt waren, weshalb die Gegner immer recht gut informiert waren und punktgenau zuschlagen konnten - das änderte sich aber später, als die SCs erkannten, wie die Invasoren ihre taktische Lageinformation einholten) zustande.
Vorgeplant war da sehr wenig.
Aber das "gefühlte epische Element" war definitiv da!
Woher kam die "Epik" hier?
Zum einen kam sie aus den SPIELERENTSCHEIDUNGEN. Da wurde nichts von mir irgendwie beeinflußt, sondern sie hatten dieses "die Stellung halten bis zum letzten Mann" selbst als Möglichkeit gesehen von den beiden Flüchtlingszügen abzulenken.
Zum anderen kam sie aus den RESULTATEN. Hier also aus der wirksamen, langdauernden Verteidigung des Dorfes mit der dünnen Truppe Freiwilliger, die angesichts der erdrückenden Übermacht länger aushielten, als ich gedacht hätte.
Aber das wichtigste für die EPIK der Situation war das MITFÜHLEN am Spieltisch. Da gehen geschätzte SCs sehenden Auges in den sicheren Tod. Sie können unmöglich gewinnen. Sie können unmöglich überleben. Aber sie MÜSSEN ihr Bestes geben, um mehr Zeit für die anderen herauszuschinden.
Wie gesagt, ich kann das GEFÜHL am Spieltisch nicht ausreichend in Worte fassen, weil es eine ganz besondere Situation war.
Epische Schlachten
Und das ist es eben, was "epische Schlachten" ausmacht. Sie sind etwas BESONDERES!
Egal ob Sieg oder Niederlage, ob vorgeplant oder spontan ergebend, ob mit Unmengen Beteiligter oder nur wenigen Dutzend Akteuren -
nur wenn es die Spielenden am Tisch so BERÜHRT, daß allen das EINZIGARTIGE dieser Situation bewußt ist, dann bekommt man etwas Episches.
"Epik nach Kochrezept" funktioniert nicht. - Daher sind auch Fragestellungen nach KONKRETEN "Rezepten" für epische Schlachten eher unsinnig, da
der wirklich ENTSCHEIDENDE Faktor hier die SPIELGRUPPE selbst ist.
Es gibt Spieler, die sind so losgelöst von ihren Charakteren, daß sie schier nichts bei noch so ans Herz rührenden Szenen empfinden. Mit diesen geht Epik nicht.
Es gibt Spieler, die sind so passiv, daß sie nicht mittels ihrer Charaktere bereit sind Verantwortung zu übernehmen, koste es, was es wolle. Mit diesen geht Epik nicht.
Es gibt Spieler, die sind so auf Absicherung und "in Watte verpacken" ihrer Charaktere ausgerichtet, daß sie keine Opferbereitschaft, keinen MUT aufbringen ihren Charakter für eine gute Sache (und eine epische Kampfszene) zu riskieren. Mit diesen geht Epik nicht.
Mit den Spielern, die ein Gefühl für Epik haben, mit dem passenden Regelsystem und einer Spielwelt, in der sich epische Heldengeschichten wirklich ansiedeln lassen, kann man epische Schlachten im Rollenspiel erleben.
Und was ist mit dem Bescheißen?
Spielleiter, die meinen durch BESCHEISSEN ein "Schlachtgemälde" zu pinseln, in das dann die SCs irgendwie reinplaziert werden, die haben nicht einmal eine Vorstellung davon, was überhaupt episch sein mag.
Epische Szenen im Rollenspiel MÜSSEN die Spieler direkt berühren. Und das bekommt man durch BESCHEISSEN und damit das Entwerten all der Liebe und des Engagements der Spieler, die sie in das Spiel stecken, NICHT hin! - Mittels BESCHISS trampelt ein Spielleiter auf all den Emotionen der Spieler herum, verwehrt den Spielern jeglichen RESPEKT und jede FAIRNESS und macht aus einer möglicherweise "epischen Situation" ein hohles Gestell, eine Mogelpackung, die schal ist, nach Asche schmeckt und nach Betrug stinkt!
Epische Kämpfe ohne Bescheißen - das ist die EINZIGE Art, auf die man überhaupt epische Schlachten bekommen kann!
"Episch mittels Bescheißen" - das geht nicht.
Das epische Moment ist die Wahrhaftigkeit des Erlebens und aktiven Mitgestaltens einer einzigartigen, unwiederholbaren, besonderen, die Spieler wirklich innerlich berührenden, ja aufwühlenden Situation, welche aus den freien Entscheidungen der Spieler selbst erwachsen ist.
Das bekommt man mit unlauteren Mitteln wie dem respektlosen Bescheißen seiner Spieler nie und nimmer hin!