Rezension Emergenz - Digitales Erwachen (I) [T-Rezi]

Taysal

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Emergenz - Digitales Erwachen (I)


Shadowrun Kampagnenband [T-Rezi]


Die vierte Edition des Rollenspiels „Shadowrun“ katapultierte die Spielergemeinde in das Jahr 2070 und offenbarte neue Möglichkeiten, um tief in die erwachte Welt einzutauchen. Viele Neuerungen basierten dabei auf dem großen Matrix-Crash im Jahre 2064, der die Geburtsstunde von etwas Neuem war, etwas Einzigartigem. Im Laufe der nächsten Jahre gewannen Künstliche Intelligenzen an Einfluss in der Matrix und waren Menschen plötzlich in der Lage, nur mittels ihrer Gedanken die neu aufgebaute Matrix zu nutze und zu manipulieren. Sechs Jahre nach dem großen Crash offenbaren sich die KIs der Öffentlichkeit und erfährt die Welt von den Technomancern, die nur mit der Kraft ihres Geistes Dinge vollbringen, die an Magie grenzen.

Doch wie genau sahen die Anfänge aus? Wie reagierte die Menschheit auf die neuen Phänomene? Was wollten die KIs? Was sind Technomancer überhaupt? Und wie können Runner ihren Profit daraus ziehen? Viele Fragen, die natürlich im Regelwerk ihre Antwort finden. Aber hey, Chummer, spannender ist es doch dabei zu sein!

Genau an diesem Punkt setzt „Emergenz – Digitales Erwachen“ an. Es handelt sich um ein Kampagnenbuch, dass genau diese spannende Ära der Spielwelt unter die Lupe und detailverliebt auseinander nimmt. Die Spieler sind nicht nur dabei, sondern mittendrin. Zu was für einem Zeitpunkt es genau losgeht, dass kann jede Spielgruppe selbst entscheiden. Um den zeitlichen Einstieg zu vereinfachen, wurden die Ereignisse in drei zeitliche Etappen gegliedert.

Zuerst gibt es den typischen „Jack Point“, der auf das folgende Material einstimmt. Dabei handelt es sich um einen Punkt in der Matrix, den Runner anspringen können. Die Seite ist wie ein Kommlink gestaltet, mit dem man Zugriff auf die Matrix hat. Das sieht sehr schick aus und erzeugt sofort die richtige Stimmung, um in die Welt von „Shadowrun“ einzutauchen.

Das Kapitel „Systemanomalien“ enthält sämtliche Spielinformationen, die zum Verständnis von „Emergenz – Digitales Erwachen“ nötig sind. Hier wird offenbart, was es mit den KIs und den Technomancers auf sich hat und wie man das Team langsam mit dieser neuen Art von Hackern bekannt macht. Dann geht es auch schon weiter mit „Enthüllungen“.

„Enthüllungen“ beinhaltet die ersten Anzeichen, das etwas Neues passiert, berichtet über mysteriöse Fehlfunktionen im System und über die ersten Technomancer, die von sich Reden machten. Auch hier stehen die passenden Spielinformationen zu den Hintergründen und drei Abenteuervorschläge: „Heißes Eisen“, „Ein wenig Ablenkung“ und „Aufstieg und Fall der Joey D.“. Außerdem gibt es noch drei kurze Abenteuerideen. Die Vorschläge selbst gestalten sich derart, dass nach einem kurzen Überblick das Setup folgt, dann einige Szenen und schlussendlich die sogenannten Nachwirkungen, um die Auswirkungen bei Erfolg oder Misserfolg festlegen zu können. Fixe Werte oder Bodenpläne gibt es leider keine.

Flugs geht es mit „Hexenjagd“ weiter. Die Technomancer sind nun ein bekanntes Phänomen, aber niemand weiß genau wer oder was sie sind. Also reagiert die Welt panisch und beginnt die „neue Bedrohung“ auszuschalten. Auch hier gibt es die passenden Spielinformationen, die Klarheit bringen. Immerhin sind die grundlegenden Ereignisse in jedem Kapitel als leicht verwirrender Shadowtalk aufgemacht, der Protokolle von Audioaufzeichnungen präsentiert, Meinungen darstellt, Mitschnitte von Trideo-Shows zeigt oder Kopien von Matrixmeldungen. Dazu die unterschiedlichen Meinungen der Hacker und Runner der sechsten Welt. Natürlich hat das Medium Buch seine Grenzen, trotzdem wirken in „Emergenz – Digitales Erwachen“ selbst die protokollierten Audio-Mitschnitte sehr stimmig. Spielleiter die keine Arbeit scheuen, können die Dialoge ja selbst vertonen. Das ganze Material eignet sich jedenfalls hervorragend, um stimmige Handouts zu präsentieren. Manche Texte ähneln schon kleinen Drehbüchern.

Nach den Spielinformationen kommen drei weitere Abenteuervorschläge („Zwei Wochen Kündigungsfrist“, „Verdrehte Liebe“ und „Tlalocs Pocken“) und eine paar Abenteuerideen, in der bekannten Aufmachung. Dabei sticht übrigens der Abenteuervorschlag „Verdrehte Liebe“ besonders hervor. Ein kleines Mädchen, ein MMORPG in das auch Charaktere eintauchen können - die eigentlich keine Affinität zur Matrix haben - sich selbstständig machende Reinigungsdrohnen, ein Konzern-Sicherheitsteam und vieles mehr, sorgen für viel Spaß und Spannung. Allerdings ist es ziemlich knifflig, die Mission erfolgreich zu beenden.

Weiter geht es mit dem Kapitel „Die Seele einer neuen Maschine“. Innerhalb kurzer Zeit hat sich die Menschheit halbwegs mit den Technomancern abgefunden. Man kann sie nicht vernichten, also muss die Welt besonders wachsam sein und diese dubiosen Gesellen gut im Auge behalten. Zwangsregistrierung heißt das Zauberwort. Im Abschnitt mit den Spielinformationen erfährt man natürlich, was genau vor sich geht und jetzt ist vielleicht der richtige Zeitpunkt, dass ein Technomancer ins Team einsteigt oder sich dem Team offenbart. Und natürlich gibt es wieder drei schicke Abenteuervorschläge, um auch die passenden Abenteuer zu bieten: „Willkommen in der Maschine“, „Extraktion“ und „Wiederbeschaffung“. Die Abenteuerideen runden auch diesmal das Kapitel ab.

Im Kapitel „Nachwehen“ gibt es nun einen abschließenden Bericht über die aktuelle Situation im Jahre 2070, der gleichzeitig auch einen guten Überblick gibt. Hier wird offengelegt wer die Fäden im Hintergrund und seinen Nutzen aus der Situation zieht, wie das Schicksal der Technomancer aussieht und was wirklich vor sich geht. Denn auch dieses Kapitel platzt vor Shadowtalk und der kann schnell mal in die Irre führen. Doch die Autoren sorgen dafür, dass Spielleiter immer wieder in die richtige Richtung geführt werden.

Leser des deutschen Kampagnenbuchs haben an dieser Stelle den Hauptgewinn gezogen, denn Pegasus Press hat es sich nicht nehmen lassen und mal wieder Bonusinhalt gestaltet. Somit dreht sich im Kapitel „Vogelscheuchen und schwarze Männer“ alles um die Technomancer und KIs in der ADL. Aufgemacht wie die vorangegangenen Kapitel, mit den passenden Spielinformationen und einigen kurzen Abenteuerideen, bekommt man alles in die Hand, um auch in der ADL mit den Neuentwicklungen Schritt zu halten. Die Texte fügen sich dabei harmonisch in das Gesamtbild ein.

„Emergenz – Digitales Erwachen“ ist ein schickes Kampagnenbuch. Das Hardcover ist hervorragend verarbeitet, die Gestaltung durch die deutsche Chefredaktion um Tobias Hamelmann erstklassig. Das saubere Layout überzeugt auf der ganzen Linie und die etlichen Schwarzweiß-Illustrationen sind stets passend und sehen gut aus. Das gilt auch für das Coverbild von Arndt Drechsler, der mal wieder erstklassige Arbeit geleistet hat. „Emergenz – Digitales Erwachen“ ist eine gelungene „Shadowrun“-Lektüre zum Thema Matrix, künstliche Intelligenz und Technomancer, die man ruhig als Kampagne umsetzen sollte, aber keineswegs muss. Ein klasse Produkt!

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.

Pegasus Press, 136 Seiten, Hardcover
ISBN 978-3-939794-79-0
Redaktion: Rob Boyle, Peter Taylor
Deutsche Chefredaktion: Tobias Hamelmann
Coverbild: Arndt Drechsler
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