AW: Ein Gedanke zur XP-Vergabe
Kowalski schrieb:
Das ist aber besser in der Spielwelt mit positiven Ergebnissen zu quittieren.
Sicher. Die positiven Ergebnisse lassen aber möglicherweise Schlüsse auf anderes zu. Beispielsweise könnte der Spieler auf einen Zufall tippen oder dem Spielleiter unterstellen, dies diene lediglich der Fortführung des Abenteuers (es wurde also quasi inszeniert). Ich suche aber nach einer Möglichkeit, den Spieler direkt auf sein eigenes Verhalten aufmerksam zu machen. Ihm soll also bewusst werden, dass nur er mit diesem bestimmten Verhalten jene Folge induziert hat.
Oder auf einen der nächsten Würfe in bestimmten Fertigkeiten kriegt man einen Bonus.
Das wäre für mich zu schwammig, da erstens die Belohnung auf
unterschiedliche Weise erfolgte (d.h. unterschiedliche Boni auf unterschiedliche Fertigkeiten plus längeres Abwägen der Spielführung zur Entscheidungsfindung) und zweitens die zeitliche Nähe veriieren kann.
rust schrieb:
Von der Idee, Spieler zu "konditionieren", halte ich äußerst wenig, denn immerhin spiele
ich ja mit Erwachsenen, nicht mit "erziehungsbedürftigen" Kindern. Da riechen Strate-
gien zur "Konditionierung" oder "Steuerung" der Spieler für mich zu sehr nach Manipula-
tionsversuchen und Psychotricks. Außerdem würden "meine" Spieler solche Versuche
sehr schnell durchschauen und dann entweder höchst albern finden oder sehr übel neh-
men.
Ich verstehe nicht, warum diese Idee so verteufelt wird. Zu lernen, verschiedene Verhaltensweisen auszuspielen, kann in meinen Augen doch gar nicht nachteilhaft sein. Das System steigert bewusst die Motivation der Spieler,
neue Seiten ihrer Charaktere zu erforschen, und trägt dazu bei, dass die Spieler effizient über ihr Verhalten nachdenken. Man darf es nur nicht so zwanghaft verstehen, dass die Rollenspielrunde darunter leidet. Wenn Spielführung, Spieler x und die Gruppe damit einverstanden sind, dass Spieler x einen brutalen Macho spielt, dann ist es doch annehmbar, wenn
vorrangig dieses Verhalten verstärkt wird, aber zusätzlich Erfahrungspunkte gezielt ausgeschüttet werden, wenn Spieler x auch andere, charmantere Verhalten an sich selbst erforscht. Dass damit zusätzliche Vorteile ingame erspielt werden, ist eine Vorstellung, die neben diesem System durchaus noch Platz findet. Das System funktioniert natürlich nicht, wenn es stillschweigend angenommen und zwecklos angewendet wird. Eingestehen muss ich hingegen, dass es sehr konstruiert wirkt.
Dazu bedarf es jedenfalls in meinen Settings keiner gezielten Steuerung der Spieler über
Belohnungen ihrer Charaktere, die innere Logik der Spielwelt selbst "belohnt" oder "be-
straft" das Verhalten der Charaktere durch entsprechende Erfolge oder Mißerfolge, und
die Spieler ziehen daraus ihre Schlüsse.
Dem kann ich nicht zustimmen. Die Belohnung oder Bestrafung erfolgt immer durch die Spielführung. Ein brutaler Macho, der in den meisten Fällen damit weiterkommt, sich durchzuprügeln, wird darin verstärkt, dieses Verhalten als erste Option in allen anderen Situationen anzuwenden. Er denkt nicht unbedingt bewusst über sein Verhalten nach, denn es belohnt ihn meistens, da er eben damit weiterkommt. Nur die Spielführung kann dieses Verhalten stoppen, indem sie Situationen schafft, die es diesem Spieler unmöglich machen, sein Verhalten in eben solchen Situationen anzuwenden. Das kann aber durchaus auch zu Unmut führen, da sich der Spieler ungerecht behandelt fühlen könnte. Außerdem wird damit nicht grundlegend ein Überdenken der eigenen Handlungen erzielt, was schließlich zu einem Beharren des Spielers auf sein altes Verhalten führen kann. Wird hingegen das System angewendet, sucht der Spieler vor jeder Handlung nach einem
geeigneterem Verhalten, um daraus Erfahrung zu schöpfen. Der brutale Macho mag also auch sein herkömmliches Verhalten anwenden, wenn er in eine Situation kommt, die ihm sein herkömmliches Verhalten verbietet. Nun ist es aber wahrscheinlicher, dass er sofort sein Verhalten zu ändern versucht, um die Situation zu meistern. Er sucht folglich nach effizienteren Methoden der Konfliktbewältigung.
Wenn es bei dem Charakter in der Spielwelt "toll läuft", kommt die "Gehaltserhöhung"
ganz von selbst aus der Logik der Spielwelt heraus.
Jetzt verstehst du vielleicht auch, dass die Gehaltserhöhung eine Belohnung der Spielführung ist und nicht eine Folge aus der inneren Logik der Spielwelt. Denn auch wenn alles auf der Arbeit toll läuft, kann die Gehaltserhöhung einfach ausbleiben...
Der Erfolg einer Aktion ist ja schon die "Belohnung" für den Charakter, ich sehe nicht,
welchen Sinn es haben sollte, ihn noch mit einem "Sahnehäubchen" zu garnieren, das
sich üblicherweise wohl kaum plausibel im Rahmen des Settings erklären lassen würde.
Dieser Erfolg ist aber eine andere Art der Belohnung, die ein Bewusstmachen nicht unbedingt nach sich zieht.
Habe ich aber ein Problem mit dem Verhalten des Spielers, und nicht mit dem Verhal-
ten seines Charakters, dann regle ich das direkt und spreche den Spieler darauf an,
anstatt den komplizierten und unsicheren Umweg über seinen Charakter und das Set-
ting zu nehmen.
Das Verhalten des Spielers ist hier auch nicht Gegenstand der Diskussion, sondern das Problem der "kontrollierten" (oder kontrollierteren) Spielführung durch die Steuerung der Verhalten der Charaktere durch ihre Spieler, induziert durch die Erfahrungspunktevergabe der Spielführung nach Ermessen. Jeder Spieler soll also immer darüber bewusst sein, wie er seinen Charakter sich verhalten lässt.