Der Sinn des Lebens

SiebenSiegel

Nomael (Raphaelit)
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29. Januar 2004
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Was ist der Sinn des Lebens?
Das ist wohl eine, wenn nicht die Frage, die es für unser Leben zu beantworten gilt. Was ist es? Wofür sollen wir leben? Ich werde zuerst versuchen eine Antwort für mich zu finden, bevor ich versuche sie im Allgemeinen darzulegen, obwohl ich mir noch nicht sicher bin, ob das möglich ist. Aber versuchen kann ich es ja.
Wenn ich mir diese Frage stelle, so muss sie, und das wage ich als im Allgemeinen gültig anzusehen, unausweichlich mit einer zweiten wichtigen Frage verbunden sein, nämlich der wichtigsten Erkenntnisfrage:
Wer bin ich?
Eine Antwort auf die erste Fragestellung zu finden, ohne auf die zweite einzugehen ist vielleicht nicht möglich, zumindest, wenn man versucht, sie für sich genau und ohne naturwissenschaftliche Erklärungen auszukommen. Denn was nützt es einem, wenn ein Biologe sagt:
Der Sinn jedes Lebens ist Reproduktion.
Wer von uns könnte behaupten, dass dem nicht so ist, aber wer von uns ist nüchtern genug, seine Ansprüche auf das zu reduzieren. In diesem Zusammenhang komme ich stets früher oder später auf die feministischen Bewegungen. Versteht mich nicht falsch, ich finde es richtig, dass Frauen nicht nur gleich vor dem Recht, sondern auch in der Gesellschaft und in der Wirtschaft gleich wie Männer behandelt werden. Was mich an der ganzen Sache stört, das ist, wenn dann Mitglieder solcher Bewegungen anfangen, es als dumm oder verwerflich darzustellen, wenn eine Frau um ihres Kindes willen ihre Karriere aufgibt um ihrem Kind eine gute Mutter sein zu können. Der in meinen Augen größte Dienst, das beste und wertvollste, was jemand unserer Gesellschaft schenken kann ist doch ein neues Mitglied der selbigen oder? Dieser aufopferungsvolle Liebesdienst, den diese Menschen uns erweisen, denn wir alle profitieren davon, wenn ein neues Mitglied in unsere Gemeinschaft hineinwächst, wird von uns kaum wahrgenommen, schlimmer noch, einige Leute halten es sogar für dumm und lachen darüber. Es tut mir leid, ich finde nichts komisches daran. Abgesehen davon werden wir, das Volk von Österreich, wie auch das von Deutschland, Frankreich und aller anderen westlichen europäischen Industriestaaten sowieso bald aussterben. Es gibt einfach zu wenig Kinder. Es reicht bei weitem nicht mehr, um unseren jetzigen Bevölkerungsstand aufrecht zu erhalten. Wären da nicht Einwanderer, die unsere Statistik noch halbwegs zusammenhalten, wäre hier bald ein großer menschenleerer Raum. Nein. Die größter Gefahr für die Spezies Mensch sind nicht Kriege oder Terroristen oder Massenvernichtungswaffen oder Krankheiten, nein, vielmehr die von uns geschaffene "Single" Welt, die Welt der Rücksichtslosigkeit oder "Wurstigkeit" wie man es in unserem Landstrich auch nennt. Es ist uns schlichtweg egal. Wir haben uns von einer anfangs toleranten zu einer egalitären Gesellschaft entwickelt. Wir erkennen nicht andere Kulturen neben uns an und akzeptieren sie, vielmehr sind sie uns einfach oft gleichgültig. Wir interessieren uns nicht dafür. Es ist einfach uninteressant, oder es wird uns vermittelt, dass es so ist, was schon in der Schule beginnt. Warum melden sich haufenweise Kinder vom Religionsunterricht ab? Warum geben Eltern ihre Erlaubnis dazu? Weil es ihnen gleich ist.
Der Sinn des Lebens als Reproduktion haben wir nun glaube ich hinreichend diskutiert. Er existiert in unserer Gesellschaft nicht. Unser Nachwuchs ist uns nichts mehr wert. Weshalb sonst könnten wir im Bildungswesen unsere Ausgaben kürzen? Wie sonst könnten wir Mütter sozial dermaßen benachteiligen?

Der Sinn menschlicher Existenz ist Produktivität.
Dieser von Karl Marx geprägte Ausspruch ist vielleicht eine Spur, die es sich zu verfolgen lohnt. Produktivität. Ein unglaublich wichtiger Ausspruch in unserer Gesellschaft. Alles muss immer mehr werden und immer schneller gehen, langsam aber sicher verliert der Mensch an Bedeutung und an seine Stelle tritt schnellere und bessere Produktion. Irgendetwas an dem Gedanken stört mich. Ist wirklich das Produkt oder das Produzieren mehr wert als der Mensch dahinter? Ist uns das menschliche Leben so wenig wert? Es scheint fast so, und da kommen wir auf eine weitere Sache zu sprechen, die zu Erwähnen ich nicht umhin komme. Nämlich die Isolationsgesellschaft, die wir im Begriff sind zu schaffen, wo wir uns nurmehr über das Internet begegnen, und uns nicht mehr um die anderen zu kümmern brauchen. Denn je weniger Menschen wir kennen, umso weniger müssen wir uns Sorgen machen. Es ist weniger anstrengend, denn man muss sich nicht mehr kennenlernen. Es gibt keine Scheu, es ist doch um so viel einfacher dort jemanden kennen zu lernen, als in unserer realen Welt. Der Cyberspace als letzte Zufluchtsstätte für eine gescheiterte Spezies. Ich sehe diese Entwicklung und sie gefällt mir nicht.
Was allerdings ist schöner, als wenn man am Ende eines Tages etwas in den Händen hält und sagen kann: "Schaut her! Das habe ich gemacht!" voller Stolz über seine Schöpfung. Es gibt nur wenig, was mit diesem Erfolgsgefühl konkurieren kann. Dieses Gefühl etwas geschaffen zu haben. Je mehr Leute daran mitarbeiten umso besser. "Wir haben das geschaffen, gemeinsam haben wir das gemacht! Etwas, was wir alleine für sich niemals geschafft hätten!" Zusammenarbeit ist etwas, was uns zu genialen Leistungen bringen kann. Allerdings meine ich jetzt zusammen arbeiten, nicht bloß miteinander. Zusammenarbeiten, das heißt viel mehr als in dem selben Büro zu sitzen, oder am selben Teil herumzuschrauben, mehr als das, das heißt, sich umeinander zu kümmern, sich gegenseitig zuzuhören und zu neuen Höchstleistungen anzustacheln. Nichts ist wichtiger als Gemeinschaft und viele von uns verlieren ihren Halt in unserer. Die größte Gemeinschaft, die wir kennen ist das, was wir Staat nennen. Ja, ich bin ein Idealist, vielleicht sogar ein besonders naiver, denn ich glaube, dass wir alle als Staat gemeinsam für einander da sein sollten und versuchen sollten andere dazu zu bringen, es uns gleich zu tun. Unsere Sozialstaaten sind noch keine leere Hüllen, wie dieses Gebilde auf dem nordamerikanischen Kontinent, das das momentane Weltgeschehen zu großem Teil bestimmt. Sozial. Das heißt, dass wir auf unsere Gesellschaft achten, versuchen, die Dinge besser zu machen. Besser zu organisieren, besser zu verwalten, besser zu verteilen, sodass jeder hier leben kann. Völlig gleichgültig welcher Volksgruppe er angehört, wenn er sich entschlossen hat, bei uns und mit uns zu leben, so gehört er zu uns, so ist er unser Bruder oder unsere Schwester, wie jeder andere, der versucht etwas zu unserer Gemeinschaft beizutragen.
Wir stehen in dieser Welt des Lichts und wissen nicht, welchen Platz wir darin haben? Ja. Die Welt ist ein Ort des Lichts. Sie ist unglaublich schön und bietet soviele Wunder auf um uns staunen zu machen und mittlerweile seufzen wir oft nur mehr, wenn wir davon hören und sagen uns, dass das doch komplett egal ist. Wie wundersam alleine unser Körper ist, welch Wunderwerk, das die Natur oder wer auch immer hier hervorgebracht hat, voller Leben, voller Prozesse die mit gnadenloser Effizienz ablaufen. Immer wieder neue Geheimnisse gibt es in dieser Welt zu entdecken, neue Abgründe zu finden und zu erforschen, um uns herum, in unserem Körper, in unserem Geist. Gehe also hinaus, setz dich in einen garten und sieh einfach nur hin, schauf auf die vielen Dinge die um dich herum passieren, lerne neu zu staunen, denn wir alle haben das gekonnt, als wir Kinder waren, nur hat uns die Welt viel davon genommen. Versuchen wir, uns das wieder zurück zu holen. Wenn du einen Baum siehst, geh hin, sieh in dir genauer an, und erforsche deinen Geist und frag dich, warum du nicht staunst. Warum nicht? Verstehst du denn diesen Baum? Weißt du alles über ihn, oder ist er in Wirklichkeit ein Mysterium, dem du nichtmal einen Namen geben könntest, wenn du einen suchtest? Ein schwarzer Fleck, den du einfach so akzeptierst?
Versuch es. Wenn es dir nicht gefällt, dann lass es wieder. Aber wenn es dich nur einen Funken interessierst, dann bleib stehen, geh hin und sieh in dir an. versuch etwas über ihn herauszufinden. Befühle seine Rinde, zerreib ein Blatt zwischen den Händen und rieche daran. Versuche dieses Wunder zu erfassen und staune über seine Schönheit über seine Komplexität und Effizienz, über seinen ungebrochenen Willen und dann lache und geh weiter. Wenn du staunen konntest.
Der Sinn menschlichen Lebens liegt darin der Gemeinschaft zu dienen.
Auch etwas aus der sozialistischen Philosophie. Was ist besser als sich um einen anderen zu kümmern? Was ist schöner, als auf dem Gesicht des Menschen gegenüber ein Lächeln zu sehen? Was klingt besser als das helle Lachen eines glücklichen Menschen?
Gibt es etwas? Ich weiß es nicht, ich denke noch darüber nach. Vielleicht finde ich noch etwas darüber heraus.

Und warum weißt du nicht, warum du lebst? Mein Vater sagte mir einst, es gäbe zwei wichtige Dinge im Leben:
Das Erste ist genug Geld zu verdienen um so leben zu können, wie du willst, das Zweite und mindestens genau so wichtige ist, so zu leben, wie man will.
Mir ist das nicht genug glaube ich. Zufriedenheit und Bescheidenheit sind doch hohe Güter, die ich selbst nicht besitze. Es gibt so viele Menschen, die zu Arbeit gehen und wieder nach Hause und das ist ihnen genug, die nicht mehr darüber nachdenken, was sie tun, sondern einfach aus Gewohnheit heraus handeln und der Gedanke, dass ich einst so werden könnte oder es gar schon bin, erschreckt mich. Eine leere Hülle, ein Zombie, der noch immer funktioniert, was in unserer Zeit das wichtigste zu sein scheint, dass man funktioniert, dass alles funktioniert.
Aber vielleicht sind diese Menschen auch einen Schritt weiter als ich? Vielleicht haben sie erkannt, was ich noch suche, vielleicht ist ihnen ihre Existenz genug, vielleicht wollen sie nicht mehr und sind mit dem Zufrieden, was sie erreicht haben? Dann würde ich irren und wäre in Wirklichkeit ein Narr oder?
Ich trachte danach, mich über diese Leute zu erheben, ich bin ein Suchender, ich suche die Erkenntnis, über mich, meine Mitmenschen und die Welt selbst, suche sie zu erkennen und zu verstehen, warum Dinge so geschehen, wie sie geschehen, versuche, nie aufzuhören, zu staunen.
Die Welt bietet soviel Zauber auf um uns staunen zu lassen, also tun wir es doch.
Aber dann müssten wir zugeben, dass wir nicht für alles und für jeden eine Erklärung hätten, dass wir nicht alles wissen. Wir müssten unseren Gott, die Naturwissenschaften verleugnen. Oder nicht? Behaupten die Naturwissenschaften, exakte Wahrheiten zu besitzen? Oder glauben nur wir, dass sie das behaupten? Natürlich tun sie das nicht. Jeder Mathematiker wird dir das gerne sagen. Was wir machen, wir Naturwissenschafter ist zu versuchen diesen Zauber zu erkennen, und eigentlich nicht einmal das. Eigentlich ist unser Daseinszweck darin begründet, dass wir versuchen, die Zukunft vorauszusagen, Modelle und Erklärungen zu finden, wie etwas das jetzt ist sich in Zukunft entwickeln wird. Wenn ich A und B zusammenschütte, was wird passieren? Das ist die Fragestellung und die Anforderung an die Naturwissenschaft. Nicht mehr.

Der Sinn des Lebens ist die Liebe.
So sagen die Dichter oftmals. Liebe heißt Freude und Schmerz, die bedingungslose Akzeptanz des anderen, der perfekt ist in diesem Augenblick, wo man wirklich liebt. Da gibt es keine Zweifel am anderen, kein überlegen, und es gibt nichts, was so erfüllend ist, wie die Liebe, aber kann sie alleine getrennt besetehen? Ich glaube es nicht. Mit einigen anderen Dingen gemeinsam ja, aber für sich ist sie leer, wird sie immer leer bleiben und unvollständig. Liebe, Zuneigung und Rücksichtnahme sind Tugenden und Gefühle, die schnell vergessen werden, während man von Termin zu Termin hetzt. Schade oder? Haben wir da nicht vielleicht einen der größten Zauber schon verloren, den unser Leben zu bieten hat?

Viele sagen sich, dass sie arm dran sind, dass die Welt so böse und das Leben so ungerecht ist.
Überlegt euch mal, was wäre, wenn die Welt gerecht ist, und all die schlimmen und unangenehmen Dinge, die uns passieren, die haben wir verdient. Habt ihr diesen Gedanken schon gedacht? Nein? Ahh. Deshalb.
Also ich kann mit der Idee eines ungerechten Lebens ganz gut leben, seitdem ich diesen Gedanken gedacht habe.

Warum auch immer ich diesen Text geschrieben habe, weiß ich nicht mehr.
Ich hoffe er hat zum nachdenken angeregt, und euch vielleicht eine Perspektive gezeigt, die ihr noch nicht versucht habt zu sehen. Über legt euch, was ich geschrieben habe, lasst es euch durch den Kopf gehen. Ich werde das auch tun. Es hört sich nämlich nicht so dumm an. Oder? Doch?

Träume, als würdest du ewig leben.
Lebe, als wäre dies dein letzter Tag.






Ich wusste nicht, wohin ich das stellen sollte, denn ich habe in diesen Text zuviel Zeit investiert und eine Diskussion soll das eigentlich nicht werden. Ob er hier Platz findet hängt von euch ab. Hat solch ein Text hier Platz? Ich hoffe es. Und ich hoffe, es finden sich Leute, die für eine solche Sache ähnlich viel Zeit investieren wollen und einen weiteren solchen Text schreiben würden, sodass es nicht mit diesem hier endet. Vielleicht können wir über die Zeit gemeinsam versuchen nach Erkenntnis zu streben, ohne zu streiten, aber durch Dialog und den Versuch, die Sichtweisen des anderen zu verstehen.
Wie soll ich es nennen? Diskussion? Nunja. Fortsetzungstext wäre richtig...
Egal. Ein kleines Essay.

PS: Nur um derartigen Kommentaren vorzubeugen, ich bin ein naiver Idealist, der an das gute im Menschen und in der Welt glaubt und, dass andere Leute sowas interessiert..., also nicht böse sein bitte... ;)
 
wenn man etwas in ein öffentliches forum stellt, dann riskiert man natürlich, dass trotzdem darüber disskutiert wird ;)
in diesem zusammenhang nur die frage, ob es was mit deinem "bedeutungslosen brief" zu tun hat (nein, ich bin nicht neugierig :D )

um die sache zu vertiefen:

um und mit dieser thematik habe ich mich länger beschäftigt und ein paar seiten von den gedanken strukturiert und auch festgehalten, wenn interesse besteht, es zu lesen (sind schon einige mehr seiten) dann nimm doch kontakt mit mir auf (dieses angebot gilt auch für andere, die sich konzentriert und mit angemessenner ernsthaftigkeit damit auseinandersetzen wollen, heisst: lesen und reflektieren, rückmeldungen geben).

ob die disskussion darüber hierhin gehört vermögen uns vermutlich nur die mods in ihrer weisheit sagen.

@ p.s.: du bist nicht alleine :)
 
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