Der Dieb und die Nacht (Fantasy)

Lou

reality bites. get an axe
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26. Juni 2004
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Diese Geschichte habe ich eigentlich für diesen Thread geschrieben, dann ist mir aber aufgefallen, dass sie auch hier herein passen würde.
Was haltet ihr von ihr?

greetz lou


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Es ist Nacht.
Dunkle Gewitterwolken hängen unheilsverheißend über der Stadt. Aus dem Sumpf, oberhalb der Stadt gelegen, zieht feuchter Dunst auf, schlängelt sich an der schlammigen Straße entlang, hinunter zur Stadt.
Dort liegt sie: Melvmvnd.
Es ist eine stattliche Stadt. Direkt an der Sumpfstrasse gelegen, der einzigen Möglichkeit den Großen Sumpf zu durchqueren und das in 10 Tagesreisen Umkreis. Ihre Zöllner und Händler haben die Stadt, mitsamt ihrer 5000 Einwohner reich gemacht.
Der Nebel wabert gegen die Stadtmauer, feuchte Finger tasten sanft über das stattliche Mauerwerk. Die Mauer ist hoch und fest und selbst nachts kann man von unten die Spitzen der Arquebusen und Hellebarden der Nachtwache patroullieren sehen. Schon häufig musste Melvmvund sich gegen Neider behaupten.
Der Nebel verdichtet sich, bäumt sich auf und verlangt Einlass. Er findet ihn. Im Moment herrscht Frieden. Die Wachen haben das Tor in dieser Nacht offen gelassen und nur das Gatter gesenkt.
Allzu häufig kommt einer der reichen Kaufleute, meistens dazu noch Mitglied im Rat der Stadt, verspätet an. Wie so häufig von der Gier beseelt, versuchen sie doch noch binnen eines Tages ihre Reise abzuschließen, wurden dann aber im Sumpf aufgehalten und verbringen dann die letzte Stunde ihrer Reise im wilden Ritt durch den düsternen Sumpf: Gehetzt und immer mit dem Gefühl des nackten Grauens im Nacken. Das Grauen vor dem Unbekannten im Sumpf. Nachts soll es hervorkriechen. Man hört so manch düstere Geschichte.
Nun da ihm Einlass gewährt wurde, verweilt der Nebel, als ob er unschlüssig sei. Aber schon bald schickt der Sumpf seinem Kind Verstärkung. Dies macht er immer.
Mit neuer Kraft schickt der Nebel tastende Finger aus. Als ob er suchen würde. Wie ein luftiger Strom zieht er weiter. Hinab zur Unterstadt. Die schlichten Fachwerkhäuser der einfachen Bürger flankieren die schmale Kopfsteinpflasterstraße, die ihm als Flussbett dient. Unrat und die Exkremente von Mensch und Tier sind Zeugnis für die rege Betriebsamkeit der Stadt. Davon weiß der Nebel aber nichts. Er kennt die Stadt nur nachts.
Mittlerweile ist der Nebel im reichen Viertel der Händler angelangt. Bunte Fassaden haben die weiß getünchten Wände abgelöst, Holzvertäfelungen verkleiden die Grob gezimmerten Türen.
Dem Nebel ist es Egal. Er zieht weiter. Sich nach allen Seiten streckend sucht er nach einem Eingang.
So kommt er zum Haus des fremden Händlers. Dieser ist wohl bekannt in der Stadt. Vor nicht allzu langer Zeit kam er in diese Stadt. Ein Fremder aus dem Süden. Nur kurze Zeit sperrte man sich gegen ihn. Sein Einfluss und sein Ruf als Scholar und nicht zuletzt sein unglaubliches Vermögen, brachten ihm schnell sein Recht, Mitglied in der Zunft der Händler zu werden, ein.
Vorsichtig tastet sich der Nebel vorwärts. Quillt unter der Türe durch und versucht sich im Haus aufzubäumen. Da stößt er auf Wiederstand. Das Feuer in der Stube schickt Boten. Warme Luft begrüßt den Nebel unfreundlich, stellt sich in den Weg. Nicht wütend, aber bestimmend treibt es den Nebel zurück, dämmt seine Ausbreitung ein.
Nicht jeder ist so leicht zu vertreiben.

Gewand zwängt sich ein weiterer Gast ins Haus. Die Fensterläden hatte er kurz zuvor mit einem dünnen Stück Draht entriegelt. Die teuren, importierten Glasfenster waren erst gar nicht verriegelt und sind zudem frisch geölt. Die Magd hatte wortgetreu ausgeführt, wofür sie bezahlt worden war.
Zufrieden lächelnd lässt sich der Gast ins Haus gleiten.
Schnell findet er sich zurecht. Schließlich hatte er gut für den Plan des Hauses bezahlt.
Leise schleicht er die Holztreppe hinauf, immer am Rand, nahe der Wand bleibend.
Auf Samtpfoten schleich er den schmalen Korridor entlang mit einem klaren Ziel: Dem Arbeitszimmer.
DA! Ein Geräusch! Hinter ihm!
Ein Rascheln und Knarren verrät ihm, dass der Hausherr aus dem Bett gestiegen ist. Da öffnet sich auch schon die Tür zu dessen Schlafgemach. Nach außen! Das ist des Gastes Chance! Schnell stellt er sich hinter die Tür. Der Hausherr tritt in einem Nachtgewand bekleidet und eine Kerze in der Hand, auf den Flur.
Nun braucht er Glück. Er weiß, dass er sich in seinem Beruf oft auf dieses verlassen musste und hasste es jedes mal.
Nun gut. Fortuna ist ihm auch dieses mal hold. Wie so oft.
Leise vor sich hin murmelnd geht der Hausherr in sein Arbeitszimmer und nicht hinunter zur Küche, was eine sichere Entdeckung des Gastes nach sich gezogen hätte.
Dort entzündet er eine weitere Kerze und setzt sich an das schwere Pult. Ein dickes Buch liegt bereits aufgeschlagen auf dem Pult. Geduldig hatte es auf seinen Herren gewartet.
Anscheinend hatte die Lektüre den Hausherren keine Ruhe gelassen. Was es wohl sein mag? Ein Buch der alten lateinischen Weisen? Seine Geschäftsunterlagen? Das Buch mit den frivolen Geschichten und Abbildungen, von dessen Existenz man sich hinter vorgehaltener Hand erzählt? Dem Gast ist es egal.
Wichtiger ist das Bündel mit den Wechsel. Wie jeden Samstag wird er morgen dieses Bündel seinem Schatzmeister übergeben, der alle notwendigen Schritte für ihn einleitet.
Das Bündel liegt schon fertig auf einer Kommode, gar nicht so weit vom Eingang des Raumes entfernt. Der Hausherr ist in seiner Lektüre vertieft.
Vorsichtig lugt der Gast in das mit Regalen, Pergament und Büchern gefüllte Arbeitszimmer des Hausherren.
Soll er es wagen?
Binnen sieben Herzschlägen fasst er seinen Entschluss. Es ist das Risiko wert.
Vorsichtig schleicht er sich hinein. Bedacht keinen einzigen Laut zu machen. Fast ein Ding der Unmöglichkeit bei diesem Holzboden. Er muss darauf vertrauen, dass die Lektüre den Hausherren vollständig in ihren Bann gezogen hat.
Plötzlich gibt es ein leises Knarschen. Abrupt hält der Gast inne. Da schon wieder! Das kann er nicht gewesen sein. Der Hausherr hat selber dieses Geräusch verursacht. Unruhig rutscht er auf seinen knackenden Stuhl hin und her.
Diese Chance nutzend schleicht der Gast, im Takt des knirschens, behände zum Stapel der Wechsel. Dort schiebt er vorsichtig seinen eigenen Wechsel unter denen des Hausherren. Er hat Wochen gebraucht um eine fast perfekte Fälschung anzufertigen. Zumal er nur wenige Originale vom Hausherren auftreiben konnte. Er ist, was Geldgeschäfte angeht, immer sehr diskret.
Nun, da ihm das gelungen ist, macht er sich verstohlen auf den Rückweg, zieht das Glasfenster hinter sich zu und benutzt erneut den Draht, um mit den Haken der Fensteläden wieder einrasten zu lassen.

Draußen erwartet ihn nur der Nebel, freundlich nimmt er ihn wie einen alten, verschwiegenen Freund auf und nur dieser, sein einziger Freund sieht, wie Greebo seine wahre Gestalt annimmt und sich von der Nacht verschlucken lässt.










© lou

Der Name „Greebo“ und dessen ursprüngliches Charakterkonzept gehören Terry Pratched.
 
ALSO:

ich finde sie ein wenig lang und verwirrend geschrieben, aber der vergleich greebo und der nebel ist unschlagbar.
und du könntest auch vielleicht besser herausarbeiten was der eigentlich sinn des ganzen ist.
ich habe auch als pratchett leser einige zeitlang gebraucht um dahinter zu kommen was du meintest, vorallem da sich deine beschreibung des nebels 1x im kreis dreht...

ansonsten finde ich sie sehr schön ausformuliert*daumenhoch*

edit:
ach ja und ich würde gerne mehr von dir lesen...
 
von pratchett stammt nur der name und das konzept des gestaltwandelnen katers. mehr nicht.
der sinn der geschichte war khalam einen grund zu liefern meinem petz greebo bis zu 100000 creds für seine Kriegskasse zu überweisen, daher habe ich diese geschichte als begründung geschrieben (nachzulesen im link ganz oben).
 
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