Skyrock
t. Sgeyerog :DDDDD
- Registriert
- 10. September 2003
- Beiträge
- 13.448
Vorab: Das folgende wird sehr lang, und konkrete Handlungsempfehlungen habe ich auch nicht zur Hand. Es sind einfach ein paar wirre Gedanken und Beobachtungen, die mir schon länger durch den Kopf gehen und die ich schon länger mal ausformulieren wollte, um meine Frustration über Entwicklungen im Hobby-Internet auszudrücken.
Ich bin schon lange dabei und kann mich noch an die Hobbyseiten um 2000 erinnern. Eine Menge persönlicher Homepages und Blogs wo Hobbyisten aus schierer Freude daran Content zu erschaffen und zu teilen Content geschaffen und verteilt haben, ohne Hintergedanken an Werbepartnerfreundlichkeit und Monetarisierbarkeit. Midgard-Digest, Blackjacks Shadowrun Page, Archetypes.de.vu, MU.ranter.net, die TTT-Rollenspielseiten, die DSA-Schatztruhe, das schwarze Ohr und viele andere, die inzwischen größtenteils ins digitale Nirvana eingegangen sind und nur noch in der Waybackmaschine zu finden sind (und das auch nur, wenn man die alte URL noch irgendwo her hat).
Ebenfalls um 2000 herum begann The Forge zu sprießen. Wenn auch hauptsächlich wegen der dortigen Rollenspieltheorien wahrgenommen und rezipiert, stand am Anfang etwas ganz anderes im Mittelpunkt: Die Schaffung freier Rollenspiele, komplett in der Hand ihres Autors statt in der eines Verlags, mit gutem Design anstatt optischer Blendung, abgeschlossen dargereicht in so vielen Bänden wie nötig anstatt einer endlosen Tretmühle von Ergänzungsbänden. Wer es noch nie getan hat, sollte das kurze Essay The Nuked Apple Cart von Ron Edwards lesen - vieles davon was er darin anschneidet ist relevant für meinen Rant.
Manche wie Clinton R. Nixon mit seinem TSOY/Solar System (oder in der OSR-Sphäre Basic Fantasy) gingen noch weiter und setzten ihre Spiele als Open Source unter Creative Commons und ähnlichen Lizenzen auf, die es anderen erlaubten kostenlos auf die Spiele zuzugreifen, sie in veränderter Form wiederzupublizieren und zu erweitern - Rollenspiel nicht als kommerzielles Produkt mit dem Ziel Geld zu verdienen, sondern als kulturelles Produkt das dazu da war von jedermann geteilt zu werden.
(In Deutschland hatten wir auch einen Abglanz davon mit der KUR, FERA und einer Unzahl nirgendwo angeschlossener freier Rollenspiele, und auch ein paar CC-Projekte wie das Weltenbuch.)
Ein paar Jahre lang konnte man hoffen, dass das die Zukunft des Hobby-Internets werden würde, Rollenspiel als frei verfügbare Kultur. Aber mit der Veränderung und Durchmonetarisierung des Internets ab den 2010ern begann auch die Veränderung des Hobby-Internets.
Das Internet der 1000 freien Geocities wurde zunehmend in einige wenige umzäunte Social-Media-Gärten gepfercht, wo man sich aufhalten muss wenn man wahrgenommen werden will - und wo man das Produkt ist, das zur Gewinnerzielung der Betreiber gemolken wird.
Blogs und persönliche Homepages, wo gutes Material umsonst verbreitet wird, findet man nur noch sporadisch und oft nur historisch. Vieles was früher ein kostenloser Blogartikel gewesen wäre ist heute ein Kauf-PDF, und vieles was früher einfach ein Kauf-PDF gewesen wäre ist ein Kickstarter.
Crowdfunding hat einen gegenteiligen Trend geschaffen zum genuketen Apfelkarren: Wer wahrgenommen werden will, muss vor allem optisch ansprechen durch hochwertige Illustrationen und Videos, und wer teilnehmen will muss löhnen. Crowdfunding belohnt hohle Gestelle, die vor allem gut aussehen, sich gut klicken und leicht verdaulich teilen lassen, aber bitte nicht mit zu viel Text.
Apropos zu viel Text: Viel Diskurs, der früher in Textform über Blogs, Foren und noch früher Newsgroups geführt wurde, hat sich ins Videoformat verschoben. Platzhirsch Youtube mit seinen Algos erzwingt da regelmäßiges Hochladen von Zehnminütern, wenn man Sichtbarkeit will. Wenn der Inhalt in effizienter Textform nur Material für zwei oder drei Minuten hergeben würde muss halt gestreckt werden. Und wenn man eigentlich nichts zu sagen hat, muss man halt alten Wein in einem neuen Schlauch darbieten nur um die Hochladefrequenz aufrecht zu erhalten. Mit der Monetarisierung und den Werbeeinnahmen ist da auch ein kommerzielles Interesse da, bei diesem Modell mitzumachen (im viel größeren englischsprachigen Hobby-Internet natürlich noch mehr als im kleinen provinziellen deutschen Hobby-Internet).
Es gibt sie noch, die kleinen Inseln des alten Hobby-Internets, wo aus schierer Freude daran erschaffen und geteilt wird, ohne kommerzielle Hintergedanken. (Meine jüngste Entdeckung war da das brasilianische Fandom von Street Fighter: The Storytelling Game, dessen Material sukzessive ins Englische übersetzt wird, und wo wegen der ungelösten Lizenzlage aus der Offlinezeit zwischen WW und Capcom kommerzielle Ausschlachtung auch gar nicht möglich ist.)
Aber diese Inseln werden immer seltener und kleiner, während das Wasser der Kommerzialisierung und Durchmonetarisierung des ganzen Internets steigt.
Ich bin schon lange dabei und kann mich noch an die Hobbyseiten um 2000 erinnern. Eine Menge persönlicher Homepages und Blogs wo Hobbyisten aus schierer Freude daran Content zu erschaffen und zu teilen Content geschaffen und verteilt haben, ohne Hintergedanken an Werbepartnerfreundlichkeit und Monetarisierbarkeit. Midgard-Digest, Blackjacks Shadowrun Page, Archetypes.de.vu, MU.ranter.net, die TTT-Rollenspielseiten, die DSA-Schatztruhe, das schwarze Ohr und viele andere, die inzwischen größtenteils ins digitale Nirvana eingegangen sind und nur noch in der Waybackmaschine zu finden sind (und das auch nur, wenn man die alte URL noch irgendwo her hat).
Ebenfalls um 2000 herum begann The Forge zu sprießen. Wenn auch hauptsächlich wegen der dortigen Rollenspieltheorien wahrgenommen und rezipiert, stand am Anfang etwas ganz anderes im Mittelpunkt: Die Schaffung freier Rollenspiele, komplett in der Hand ihres Autors statt in der eines Verlags, mit gutem Design anstatt optischer Blendung, abgeschlossen dargereicht in so vielen Bänden wie nötig anstatt einer endlosen Tretmühle von Ergänzungsbänden. Wer es noch nie getan hat, sollte das kurze Essay The Nuked Apple Cart von Ron Edwards lesen - vieles davon was er darin anschneidet ist relevant für meinen Rant.
Manche wie Clinton R. Nixon mit seinem TSOY/Solar System (oder in der OSR-Sphäre Basic Fantasy) gingen noch weiter und setzten ihre Spiele als Open Source unter Creative Commons und ähnlichen Lizenzen auf, die es anderen erlaubten kostenlos auf die Spiele zuzugreifen, sie in veränderter Form wiederzupublizieren und zu erweitern - Rollenspiel nicht als kommerzielles Produkt mit dem Ziel Geld zu verdienen, sondern als kulturelles Produkt das dazu da war von jedermann geteilt zu werden.
(In Deutschland hatten wir auch einen Abglanz davon mit der KUR, FERA und einer Unzahl nirgendwo angeschlossener freier Rollenspiele, und auch ein paar CC-Projekte wie das Weltenbuch.)
Ein paar Jahre lang konnte man hoffen, dass das die Zukunft des Hobby-Internets werden würde, Rollenspiel als frei verfügbare Kultur. Aber mit der Veränderung und Durchmonetarisierung des Internets ab den 2010ern begann auch die Veränderung des Hobby-Internets.
Das Internet der 1000 freien Geocities wurde zunehmend in einige wenige umzäunte Social-Media-Gärten gepfercht, wo man sich aufhalten muss wenn man wahrgenommen werden will - und wo man das Produkt ist, das zur Gewinnerzielung der Betreiber gemolken wird.
Blogs und persönliche Homepages, wo gutes Material umsonst verbreitet wird, findet man nur noch sporadisch und oft nur historisch. Vieles was früher ein kostenloser Blogartikel gewesen wäre ist heute ein Kauf-PDF, und vieles was früher einfach ein Kauf-PDF gewesen wäre ist ein Kickstarter.
Crowdfunding hat einen gegenteiligen Trend geschaffen zum genuketen Apfelkarren: Wer wahrgenommen werden will, muss vor allem optisch ansprechen durch hochwertige Illustrationen und Videos, und wer teilnehmen will muss löhnen. Crowdfunding belohnt hohle Gestelle, die vor allem gut aussehen, sich gut klicken und leicht verdaulich teilen lassen, aber bitte nicht mit zu viel Text.
Apropos zu viel Text: Viel Diskurs, der früher in Textform über Blogs, Foren und noch früher Newsgroups geführt wurde, hat sich ins Videoformat verschoben. Platzhirsch Youtube mit seinen Algos erzwingt da regelmäßiges Hochladen von Zehnminütern, wenn man Sichtbarkeit will. Wenn der Inhalt in effizienter Textform nur Material für zwei oder drei Minuten hergeben würde muss halt gestreckt werden. Und wenn man eigentlich nichts zu sagen hat, muss man halt alten Wein in einem neuen Schlauch darbieten nur um die Hochladefrequenz aufrecht zu erhalten. Mit der Monetarisierung und den Werbeeinnahmen ist da auch ein kommerzielles Interesse da, bei diesem Modell mitzumachen (im viel größeren englischsprachigen Hobby-Internet natürlich noch mehr als im kleinen provinziellen deutschen Hobby-Internet).
Es gibt sie noch, die kleinen Inseln des alten Hobby-Internets, wo aus schierer Freude daran erschaffen und geteilt wird, ohne kommerzielle Hintergedanken. (Meine jüngste Entdeckung war da das brasilianische Fandom von Street Fighter: The Storytelling Game, dessen Material sukzessive ins Englische übersetzt wird, und wo wegen der ungelösten Lizenzlage aus der Offlinezeit zwischen WW und Capcom kommerzielle Ausschlachtung auch gar nicht möglich ist.)
Aber diese Inseln werden immer seltener und kleiner, während das Wasser der Kommerzialisierung und Durchmonetarisierung des ganzen Internets steigt.