Das geschändete Land [Talaganuindale]

Freako

Der Kriegerpoet
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4. April 2004
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'Dreckswetter' dachte Maherius Thelkor, während er versuchte, sein Pferd auf dem schmalen, matschigen Waldpfad zu halten, auf dem er mit seinem knapp dreihundert Krieger zählenden Trupp entlangritt. Die Reiter bildeten eine lange Kolonne, da sie nur zu zweit nebeneinander reiten konnten, doch sie waren zu wenige. Viel zu wenige.

Vor zwei Stunden hatten sie den Marschbefehl von Fürst Freako Lainvendil höchstpersönlich erhalten. Ein weiser Mann, dachte Maherius. Er war eine Bereicherung für den jungen Orden der Aphadrim, seinem Wissen und seiner Erfahrung kam keiner gleich, obwohl die Waldläufer der Nachkommen selbst älter als die übrigen Menschen wurden, stammten sie doch aus einer edlen, uralten Linie.

Dennoch zweifelte er an dem Erfolg der Mission. In normalen Zeiten hätten sie dieses verdammte Dorf mit mindestens doppelt so vielen Kämpfern angegriffen. Doch die Zeiten waren nicht normal. Alle Truppen der Aphadrim in Freakos Reich befanden sich auf dem Feldzug gegen die Orks im Osten. Maherius und seine Männer waren nur durch einen Zufall in Harfenburg, Freakos Haupstadt, gewesen. Gerade von einer Mission zurückgekehrt, war er sofort zu Freako zitiert worden.

Ein Zwergenfürst in der Nähe hatte eine Siedlung mitten in Freakos Reich gegründet. Trotz intensiver Verhandlungen war es nicht gelungen ihn zur Aufgabe des Dorfes zu bringen. Nun bauten die zwergischen Bergleute mitten in Freakos Reich in aller Seelenruhe wertvolle Rohstoffe ab.

Freako Lainvendils Erlass war simpel: Diese Siedlung musste so schnell wie möglich vom Antlitz New Hopes getilgt werden. Und die einzigen Krieger in der Nähe, die dazu fähig waren, waren Maherius und seine erfahrenen Söldner.

Wie viele Kämpfe hatten sie schon ausgefochten? Ganz gleich ob gegen Dunkelelfen, Zwerge, Orks oder gar die dunklen Menschen, es gab keinen unter ihnen, der noch genau wusste, wie viel Blut bereits an seiner Klinge klebte.

Ein Blitz zuckte über den Himmel und erhellte den dunklen Waldweg. Unmittelbar darauf folgte ein Krachen, so laut, als käme es aus einer zwergischen Dampfkanone. Sein Pferd scheute und versuchte mitten im Galopp auszubrechen, so dass er seine gesamte Kraft und Aufmerksamkeit brauchte, um es unter Kontrolle zu halten.

Vielleicht machte er sich zu viele Gedanken. Die Siedlung war nur durch eine einfache Palisade geschützt, deren Tore sie mit ihren schwer gepanzerten Pferden einfach einrennen würden. Die Zwerge waren zwar gute Kämpfer, aber gegen von oben kommende Lanzenstöße nur durch ihre geringe Größe geschützt. Seine Männer wussten, wie sie zu kämpfen hatten.

Und sie würden nicht erwartet werden.

Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl bei der Sache, und es verstärkte sich noch, als sie den Wald verließen und auf die freie Ebene vor der Stadt hinausritten. Das Dorf lag dunkel vor ihnen, alles schien zu schlafen. Ohne innezuhalten fächerte der Trupp auf, und die Reiter bildeten eine enge Linie zum Dorf hin. Die Schilde wurden fester gepackt, die Lanzen ausgerichtet, und so stürmte die Reihe der Krieger wie eine unaufhaltsame Walze aus Stahl auf die Siedlung zu.

Maherius verlor alle Zweifel. Der Söldner in ihm übernahm die Oberhand, und jetzt konzentrierte er sich vollkommen auf seine Aufgabe.

Hinter der Schlachtreihe hatten sich ungefähr zwanzig Krieger formiert, die keine Lanzen trugen. Stattdessen führten sie kurze Bögen, deren Pfeile sie just in diesem Moment entzündeten. Die berittenen Bogenschützen führten ihre Pferde auch ohne Hände meisterlich, und schon waren sie in Schussweite der Stadt. Die brennenden Geschosse zischten los, und die Schlachtreihe formierte sich zu einem Keil zur Stadt hin.

Immer noch zeigte sich kein Widerstand, als die Pfeile in die strohgedeckten Hausdächer einschlugen und die Dunkelheit erhellten. Dann krachten die Hufe von Maherius' Pferd gegen das Palisadentor und schlugen es kurzerhand ein. Schweigend wie böse Geister ritten die Krieger in die Stadt hinein und schwärmten aus, um jeden Widerstand im Keim ersticken zu lassen.

Und dann kamen die Zwerge.

Es waren zuerst nur einzelne Krieger, die aus dunklen Ecken oder Gässchen hervorsprangen und ihre Äxte schwangen, und die ersten wurden einfach niedergeritten; doch es wurden rasch mehr, und schon stürzten die ersten Menschenkrieger aus ihren Sätteln.

Maherius hatte den Hinterhalt nicht erkannt. Doch seine Leute stellten sich unglaublich schnell auf die neue Lage ein. Sie kamen aus den Gassen zurückgeritten und stießen zum Hauptkeil, der unter Maherius' Führung auf den Stadtkern zuhielt. Von außen schossen die Bogenschützen immer noch ihre brennenden Pfeile auf die Hausdächer; sie umkreisten das Dorf auf ihren Pferden, um möglichst viel Schaden anrichten zu können. Das würde die Feinde bald aus ihren Löchern treiben.

Als sie in der Mitte des Dorfes angekommen waren war es ihnen ein leichtes, sich gegen den Feind zu wehren. Er war ihnen zahlenmäßig unterlegen, und obwohl er aus allen Richtungen herbeiströmte wehrten sie ihn ab, mit den Pferden einen kompakten Kreis bildend. Schon ließ der Strom der Zwergenkrieger nach, als die Pfeilschüsse von außerhalb versiegten. Kurz darauf wurden erschrockene Rufe von außen laut, und dann erscholl ein hässlicher, quäkender Ton, der Maherius durch Mark und Bein ging.

Ein Orkhorn.

Die Zwergenkrieger hatten es plötzlich sehr eilig zurückzuweichen, um die Reiter zu umzingeln. Sie blieben außerhalb der Reichweite der Lanzen und griffen selbst nicht an, doch der Sinn dieser Taktik war klar: Sie versuchten Zeit zu gewinnen.

Er konnte es nicht glauben, doch es hatte den Anschein dass die Grünhäute mit den Zwergen gemeinsame Sache machten. Und auch wenn er nicht wusste, wie viele Orks da draußen waren, so war ihm doch klar, dass dieser Hinterhalt sorgfältig geplant worden war. Es würden genug sein, um mit ihnen fertig zu werden, sollte es ihnen gelingen Maherius' Reiter einzukesseln.

"Ausfall!!" rief er, ohne weiter nachzudenken. Es war ihre einzige Chance, hier lebend herauszukommen.

Seine Männer reagierten präzise. Sie formierten sich hinter ihm, und wie eine geballte eiserne Faust sprengten sie los. Ihr Ansturm fegte die Barriere, die die Zwerge mit ihren Körpern errichtet hatten, einfach beiseite. Niemand hielt der Walze aus Metall stand, auch wenn die eine oder andere Wurfaxt ihr Ziel fand und einen der Krieger in den Tod riss.

Schon war das rettende Tor in Sicht, und der Trupp sprengte in vollem Galopp hindurch.

Und vor ihnen waren Orks. Hunderte von Orks mit dicken Stahlrüstungen und langen Lanzen. Bevor sie wussten wie ihnen geschah ging der erste Hagel schwarzer Pfeile auf sie nieder. Maherius riss im letzten Moment sein Schild hoch und rettete so sein Leben. Gleich zwei Pfeile prallten gegen den Stahl und flogen klappernd in verschiedene Richtungen davon.

"Weiter!! Reitet weiter!!" brüllte er. Sie waren umzingelt. Aus dem hohen Gras vor dem Stadttor erhoben sich zahllose Goblins und eröffneten aus ihren kleinen Armbrüsten sofort das Feuer.
Die letzte Rettung für Maherius' Krieger bestand darin auch den zweiten Ring zu durchbrechen. Doch tief in sich wusste der erfahrene Söldner, dass es sinnlos war.

Keine Zeit für Gedanken. Schon hatten sie die Orks erreicht, und der Keil krachte mit ungeheurer Wucht in die schwer gepanzerten Uruks hinein. Auf beiden Seiten fielen schon im ersten Augenblick viele Kämpfer, denn die Orks hatten einen Speerwall errichtet um die Reiter zu stoppen. Nach wenigen Augenblicken geriet ihr Vormarsch ins Stocken und erlahmte dann schließlich ganz. Die Krieger mussten ausfächern und wurden in viele kleine Kämpfe verwickelt, und von hinten nahten schon weitere Orks, Seite an Seite mit Zwergen heran, um sie völlig einzukesseln. Ein Axthieb traf Maherius' Pferd und brachte es zu Fall. Er wurde nach vorne geschleudert und prallte mit unheheurer Wucht auf den matschigen, zertrampelten Boden auf. Direkt neben ihm stürzte sein sterbendes Pferd und begrub den Ork, der es gefällt hatte unter sich.

Er versuchte sich aufzurichten, schaffte dies jedoch erst beim zweiten Anlauf. Er wusste, dass alles nun verloren war. Sie waren umzingelt und kamen nicht mehr heraus. Keiner von ihnen würde diese Nacht überleben. Doch er verdrängte den Gedanken. Sollten die Goblinfresser ihren Preis in Blut zahlen. Mit einem Schrei warf er seine durch den Sturz zerbrochene Lanze fort und riss sein Schwert aus der Scheide. Der erste Ork, der ihn erblickt hatte und ungestüm auf ihn zurannte bezahlte seinen Fehler mit dem Leben.

Maherius' Soldaten in der Nähe sprangen von den Pferden und schlossen sich um ihren Herren zusammen; doch sie waren viel zu wenige, um gegen diese Übermacht zu bestehen. Einer nach dem Anderen wurde niedergerungen, und obwohl sie wie die Götter kämpften unter dem strömenden Regen und dem Donnern des Gewitters schwand ihre Zahl nach und nach. Schließlich war es Maherius allein, der noch stand, und er rächte den Tod seines letzten Gefährten mit einem weit ausholenden Hieb, der gleich zwei seiner Feinde niederstreckte.

Doch er konnte nicht bestehen. Wie ein Berserker wütete er unter den Orks, die ihn nun eingekreist hatten, und als sein Schild zersplittert war, warf er es fort und führte sein Schwert beidhändig. Eine Axt streifte ihn an der Schulter und warf ihn herum. Er tötete den Angreifer im selben Augenblick, doch den Hieb, der von hinten kam sah er nicht kommen. Ein dumper Schlag traf seinen Kopf und löschte sein Bewusstsein aus.



Zwei Tage später fand er sich selbst langsam auf seinem Pferd in Richtung Harfenburg zurücktrotten. Er hatte es nicht eilig. Und er hätte nicht schneller reiten können.

Lebendig war er zum Zwergenfürsten gebracht worden, der zitternd in seiner Zitadelle nicht weit vom Schlachtfeld saß. Die Orks hatten Maherius vor ihn hingeworfen, doch es hatte den Anschein, dass nicht er der Herr in seiner eigenen Burg war. Ein Uruk- Hauptmann übergab ihm eine in Blut geschrieben Schriftrolle für seinen Herren Freako Lainvendil, die den Elfen verspottete und in höhnischen Worten verkündete, dass er doch ruhig weitere Truppen senden könne.

Maherius wusste, dass Fürst Lainvendil dies nicht auf sich beruhen lassen würde. In spätestens einer Woche würde sowohl der Zwerg als auch das dreckige Orkgesochs nicht mehr existieren, wenn eine ernsthafte Streitmacht der Aphadrim dieses Gebiet schleifen würde.

Doch ihm selbst würde es nichts mehr nutzen. Er würde seinem Herren die Botschaft überbringen und dann... er wusste es nicht. Die Schriftrolle musste reichen. Was hätte er schon sagen können. Die Orks hatten ihm die Zunge herausgeschnitten.

Wenige Tage, nachdem Maherius Harfenburg erreicht und seinen Auftrag erfüllt hatte besetzten die Orks das Reich des Zwergenfürsten. Sie hatten ihn nur benutzt, um in der Gegend Fuß zu fassen und vertrieben ihn, verspottet und verhöhnt, mit ausgestochenen Augen, aus seinem eigenen Reich, während sie sein Volk grausam abschlachteten. Die Erde um die wenigen Zwergenstädte färbte sich rot von Blut, und der Gestank der Verwesung hing schwer über der Luft.

Zwei Wochen später wurden die Orkstädte von einem großen Heereszug unter Freako Lainvendils General Tellur Réthan geschleift und die Brut bis auf den letzten ausgerottet, bevor sie sich zum Angriff gegen das Reich der Menschen formieren konnten. Die verdorbene Zitadelle und alle Gebäude wurden bis auf die Grundmauern niedergebrannt und anschließend der Natur überlassen, auf dass sie die Wunden und das Leid, das dieser Landstrich erfahren hatte vergessen machen könnte.

Maherius Thelkor verließ Harfenburg und wurde in diesem Alter nicht mehr gesehen; es heißt, er habe sich auf einen einsamen Berg zurückgezogen und dort seinem Leben ein Ende bereitet. Andere behaupten jedoch, er würde alleine durch die Lande ziehen, jeden Kontakt mit Lebenden scheuend, und auf der Jagd nach allen Feinden der Menschheit. Niemand weiß, welche dieser Geschichten wahr ist, doch blieb der stumme Söldner stets eine Legende in den Büchern der Aphadrim, und jene grausame Nacht wurde niemals vergessen.
 
Gefällt mir sehr gut.

Bin neidisch auf deine Fantasy.

Schreib weiter so viel und du erhälst von mir Postverbot hrhrhr
 
danke für das lob ;)

ich werde mich dann doch mal etwas zurückhalten mit dem schreiben gg
 
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