Rezension Cthuloide Welten 16

Taysal

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Cthuloide Welten 16


Cthulhu Magazin


„H. P. Lovecrafts Cthuloide Welten 16“ ist mal wieder randvoll mit News, Artikeln und Abenteuern. Auf über einhundertvierzig Seiten packt die Chefredaktion - unter Führung von Frank Heller – ein dickes Paket an Spielmaterial.

Frank Hellers Vorwort fasst kurz die wichtigsten Artikel im Magazin zusammen, dann bekommt man in den News Neuigkeiten zum Nachdruck des „Spieler-Handbuch 2. Edition“, „Die Traumlande“, „Arkham – Hexenstadt am Miskatonic“, „Grauen in Arkham“, „Mittelalter – die dunklen Jahre“ und „Nocturnum“. Außerdem einen Hinweis auf die „Cthulhu-Convention 2009“, die auf Burg Rieneck in Franken stattfinden wird.

Den Auftakt der Artikelserie in der Ausgabe 16 macht „Düsseldorf in den 1920ern“ aus der Reihe „Cthulhu-Regionala“. Kaid Ramdani und Ralf Sandfuchs zeigen sich für diesen siebzehnseitigen Artikel in Wort und Bild verantwortlich. Laut Frank Heller dauerten die Arbeiten daran gefühlte fünf Jahre, was durchaus hinkommen kann, denn die Qualität des Beitrags ist mehr als hervorragend.

Es gibt geschichtliche und geografische Daten, unterstützt mit einer umfassenden Zeitleiste und Ausschnitten aus einem alten Stadtplan. Auf einen Abdruck des vollständigen Stadtplans wurde verzichtet, da er einfach zu groß ist. Er befindet sich allerdings auf der Website des Magazins zum Downloaden.

Größte Stärke des Artikels ist eindeutig die liebevolle und detaillierte Recherche, die in jedem Satz zu erkennen ist. In Verbindung mit der guten Schreibe der beiden Autoren, kann man problemlos ins Düsseldorf der 20er Jahre eintauchen und in faszinierendem Wissen schwelgen, das heute Großteils unbekannt ist. Ob nun das Verhalten des Düsseldorfers an sich, die ansässigen Brauhäuser, das Altbier, die Düsseldorfer Radschläger, besondere Orte oder Personen beschrieben werden, stets wird eine informative und sehr unterhaltsame Atmosphäre erzeugt. Vor allem die Masse an Details ist beinahe erschlagend und die Möglichkeiten, die sich fürs Spiel bieten, fast berauschend. Die sehr gute Bebilderung unterstützt gelungen den Text und auch der Bezug zum Mythos wird hervorragend umgesetzt.

Schon folgt der nächste Artikel, in dem sich alles um den Beruf des Privatdetektivs in den 1920ern dreht. Geschrieben von Thorsten Erker und bebildert von Sabrina Scheffer, steht „Die Arbeit des Privatdetektivs“ aus der Reihe „Berufe in den 1920ern“ dem vorherigen Artikel in Nichts nach. Im Gegenteil, spannend und informativ geschrieben, dient dieser Artikel beinahe schon als kleines Ausbildungsbuch. Vor allem die kleinen Details im Artikel sind oftmals überraschend und zeigen ganz gut, wie früher gelebt, gedacht und gehandelt wurde. Zugegeben, einiges wirkt merkwürdig und erinnert an alte Schwarz-Weiß-Kinofilme, doch es waren andere Zeiten, die hier nochmals belebt werden. Für Spieler eines Privatdetektivs ist dieser Artikel eigentlich Pflicht und spätestens nach der Lektüre wird jeder einen Privatdetektiv spielen wollen.

Ob es nun darum geht Informationen zu beschaffen, einen Verdächtigen zu beschatten oder sich die Eintrittskarte zu einem Ball zu besorgen – für alles gibt es hilfreiche Anleitungen. Natürlich beinhaltet das auch die eigentliche Aufklärung eines Verbrechens, wie man Spuren sichert und wo man, zum Beispiel, eine Adresse in Erfahrung bringen kann. Auch für den Umgang mit dem Mandaten gibt es nützliche Tipps und die Ausrüstung des Privatdetektivs ist ebenfalls Schwerpunkt des Artikels. Wer wissen möchte, ob eine karierte „Deerstalker“-Mütze wirklich wichtig ist und warum man Zigaretten und Würfelzucker mit sich führen muss, der sollte den Artikel unbedingt lesen.

Aus der Reihe „Personen in den 20ern“ stammt der Artikel über „Harry Houdini“, geschrieben von Sebastian Mangles. Die Bebilderung wurde vom Autoren selbst und Melanie Hamann vorgenommen. Spätestens jetzt wird deutlich, dass die „Cthuluoide Welten 16“ deutlich den Pfad eines Magazins verlässt und schon den Status eines Nachschlagewerks erreicht. Auch dieser Artikel ist faszinierend und detailliert geschrieben, fasst alle wichtigen Informationen zusammen und wirft einen lehrreichen Blick auf Harry Houdinis Leben. Natürlich wird auch hier die Verbindung zum Mythos hergestellt und gibt es auch Spielwerte.

Nach drei sehr starken Artikeln, geht es nun ein wenig schwächer weiter. „Die Gläubigen von Red Hook“ stammt aus der Feder von Daniel Harms, wurde von Frank Heller übersetzt und von Melanie Hamann bebildert. Es handelt sich dabei um einen von Qabiden gegründeten Kult, der die dunkle Mutter verehrt. Bei den Qabiden handelt es sich um die Untergruppierung einer kleinen religiösen Sekte aus Kurdistan, für die der Koran die Grundlage ihres Glaubens darstellt.

Im Artikel finden sich Informationen zur Geschichte des Kults, wie die Anwerbung aussieht, was für Ressourcen zur Verfügung stehen und natürlich auch Wissenswertes zu Ritualen, Schriften und Zaubern. Spielwerte wichtiger NSC und Kreaturen sind ebenfalls aufgeführt. Der Text liest sich flüssig und der Kult sorgt sicherlich für spannende Spielabend, doch fehlt ihm der nötige Kick, um sich von anderen Kultbeschreibungen abzuheben.

Diesen Kick findet man allerdings im Artikel „Das Germaine Institute“ zu „Cthulhu Now“, wie „Die Gläubigen von Red Hook“ auch eine Übersetzung aus dem Schwestermagazin „Worlds of Cthulhu“. Der Autor des Originals ist Christopher Smith Adair, die Illustrationen stammen von David Lee Ingersoll und die Übersetzung von Frank Heller.

Das Germaine Institute arbeitet aktiv gegen den Mythos, verfolgt satanischen Missbrauch und hat es sich auf die Fahne geschrieben, das Böse notfalls auch mit Waffengewalt zu bekämpfen. Der Text ist sehr gut geschrieben und die Illustration passen gut zum Artikel. Vor allem die Charakterporträts sind gelungen. Im Artikel selbst gibt es Zusammenfassungen von Hypnosesitzungen und die üblichen Spielwerte für die wichtigsten NSC. Das besondere am Artikel ist die dichte Atmosphäre und das greifbare Grauen, das sehr gut beschrieben wird. Vor allem die Charaktere und ihre Beschreibungen sind gelungen - allen voran Dr. Maria Alvarez.

Sehr informativ ist das Interview mit Julia Erdmann, der Cthulhu-Redakteurin. Sie gibt Einblicke zu ihren Projekten und Ausblicke auf zukünftige Publikationen, bei denen sie mitwirkt. Das macht vor allem eins: Neugierig. Das Interview wurde von Oliver Adam geführt, ist unterhaltsam und humorvoll - vor allem in Bezug auf die Fütterung von Frau Erdmanns Schlangen.

In „Mystery-Abenteuer“ wirft Marcus Johanus einen tiefen Blick in die Kunst der Mystery hinein und erklärt warum Lovecraft ein so genialer Erzähler von Mystery-Geschichten ist. Johanus geht dabei auf die wichtigsten Punkte des Genres ein und erklärt, was für Techniken dem Spielleiter zur Verfügung stehen und wie man diese gut einsetzen kann. Ein sehr interessanter, aber in einigen Bereichen auch subjektiver Artikel. Rollenspiel ist und bleibt Kunst – und diese kann keinesfalls in feste Formen gepresst werden. Trotz seiner Informationsfülle und wertvollem Inhalt, bleibt der ein oder andere Themenschwerpunkt noch immer Auslegungssache. Für den angehenden Spielleiter ist der Artikel allerdings Gold wert.

Der Artikel „Aus den Berufen eine Berufung machen“ von Thomas Michalski komplettiert das Regelvarianten-Trio und konzentriert sich diesmal auf den Beruf des Charakters. Dabei ist das Material keineswegs offiziell, sondern nur ein optionaler Zusatz. Allerdings überzeugen auch diesmal die vorgestellten Argumente und Gedankengänge davon, dass es sich um sehr nützliche Optionen handelt, die das Spiel beschleunigen, vereinfachen und trotzdem detailliert genug halten. Zusammen mit den Artikel aus der CW 14 und CW 15 ergibt sich somit ein erfrischend neues Konzept, das in sich nachvollziehbar und spielfördernd ist, ohne mit den Regeln tatsächlich zu brechen. Ein großes Kompliment an Thomas Michalski. Auf der Website gibt es übrigens einen ergänzenden Download zu dem Artikel.

Aus der Feder von Jens-Christian Seele stammt das Abenteuer „Blackout“, das 2005 beim Abenteuerwettbewerb den dritten Platz belegte.Die Illustrationen stammen von Samar Ertsey und sind recht durchwachsen, in ihrer Qualität schwankend von gut bis mittelmäßig. Das Abenteuer selbst ist als One-Shot gedacht und spielt auf der Internationalen Weltraumstation ISS (International Space Station). Um die Szenerie spannender zu gestalten, wurden einige erzählerische Anpassungen vorgenommen. Kartenmaterial und vorgefertigte Charaktere ergänzen das Abenteuer. Obwohl die Grundidee an sich recht spannend klingt, besitzt das Abenteuer doch die ein oder andere Länge. „Blackout“ ist gutes Mittelmaß, kann aber mit ein wenig dramaturgischer Arbeit von Seiten des Spielleiters aus verbessert werden, da es ausbaufähig ist.

Bereits vollständig ausgebaut und zur Ausgabe passend, ist das Abenteuer „Schwanengesang“, das im Düsseldorf der 20er Jahre spielt und somit eine direkte Verbindung zum ersten Artikel dieser Ausgabe besitzt. Kaid Ramdani und Ralf Sandfuchs zeigen sich für Text und Bebilderung zuständig, die schicken Handouts stammen von Anette und Uwe Matthes.

Im Abenteuer geht es um die Aufklärung eines mysteriösen Mordes im Neandertal. Passenderweise kann man hier auch gut den Artikel über den Privatdetektiv einfließen lassen, um den Mord aufzuklären. Besonders spannend ist die Vermischung von Realität, Mythos und dem aufkommenden Nationalsozialismus. Hier haben die Autoren ein gutes Händchen bewiesen und ein spannendes Szenario entworfen. „Schwanengesang“ ist ein sehr gelungenes Abenteuer und beendet als krönenden Abschluss das Heft.

„Cthuloide Welten 16“ ist ein hochwertig produziertes Magazin mit sehr vielen herausragenden Artikeln und selbst das Mittelmaß ist hier noch auf hohem Niveau zu nennen. Frank Heller hat erneut eine sehr gute Arbeit geleistet und dem Heft seinen Stempel aufgedrückt. Die Anschaffung dieser Ausgabe lohnt auf jeden Fall.

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net, Taysals Abenteuerland und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
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