AW: Champions, (un)holly Warriors und neutrale Götter
Die Spirituelle Seite der Spielwelt modellieren
Erst sollte geklärt sein, OB es überhaupt in Deinem Setting ein KLARES Konzept für Gut und Böse samt der zugehörigen Anhängerschaften gibt. Konzept heißt NICHT, daß man hier D&D-Alignment-Irrungen und Wirrungen kopiert, sondern nur hinsichtlich der spirituellen Seite der Spielwelt festlegt, wie es "auf der anderen Seite" so aussieht, welche Machthaber, Einflußgebiete, Feindschaften, Bündnisse existieren.
So etwas wie das typische Gut-gegen-Böse gibt es z.B. bei Sword&Sorcery-Settings NICHT, weshalb man da auch mit Champion und Holy Warrior in der "Grundausstattung" nicht viel anfangen kann. Eventuell gibt es dort noch einen Konflikt von Ordnung und Chaos, so daß man hier nach einer Drehung um 90° die Grundvariante immer noch verwenden kann. Meist existiert da aber KEINERLEI KLARE und im Setting auch "wirkmächtige" Unterscheidung zwischen Gut und Böse.
Die Einflußmöglichkeiten, die Einflußträger, die beeinflußten Elemente der Spielwelt festlegen
Existiert ein Gut und ein Böse, dann sollte geklärt sein, worin sich dieses jeweils eigentlich darstellt. (Ich kann nur empfehlen mindestens EINMAL
GURPS Religion gelesen zu haben - die meisten bescheuerten Götterhimmel in Spielwelten könnte man so vermeiden und zu wirklich interessanten und für das Spiel selbst bedeutsamen Götterhimmeln machen.)
Schreib mal auf WAS in Deinem Setting alles unter "Supernaturally Evil" fällt. - Gib dazu doch bitte mal ein paar Beispiele an (Klassiker: Vampire, Geister, Zombies, Priester von Übelkulten, Dämonen usw.).
Was haben diese allesamt gemein, daß man sie als Böse identifizieren kann? - Worauf springt also ein Detect Arcana mit Evil-Trapping an? Was macht den "Spidersense" eines Holy Warrior oder Champions die Alarmstufe Blutrot setzen?
Neutrale Götter. - Was soll das denn überhaupt sein?
Eigentlich KANN ein Gott NICHT neutral sein! Sonst wäre es ein nicht vermenschlichbares, nüchternes Naturprinzip wie die Vier Elemente, oder das Dao oder so etwas.
Die typischen, vermenschlichten, personifizierten Gottheiten stehen ja NIE ALLEINE, außer es handelt sich um Monotheismus (und selbst der wird ja bekanntlich aufgebrochen - siehe Katholische oder Schiitische Heilige).
Ein echter monotheistischer Über-Alles-Gott, steht in Opposition zu ALLEN ANDEREN! Holy Warrior wirkt gegen JEDEN Priester anderer, nicht diesem Einen Wahren Gott dienenden Kulte.
Andere Götterhimmel sind meist in keiner Konkurrenz zueinander. Sie machen ihr Ding, die anderen machen ein anderes Ding. Auch wenn Funktionsbereiche überlappen sollten (siehe die ägyptischen Gottheiten, die im antiken Rom verehrt wurden), macht das bei einer spirituell-materialistischen Einstellung der Gläubigen keine Grund hier in "Religionskriege" zu verfallen. Normalerweise haben Götter aus anderen Kulturkreisen keinen Platz im Götterhimmel anderer Kulturen. Es kann zu "Migrationen" und "Umwidmungen" kommen, aber ursprünglich sind diese Götter rein kulturbezogen einzigartig (nicht deren Funktion! - diese greift die im Alltagsleben relevanten gesellschaftlichen Faktoren auf und spiegelt sie nur in den Götterhimmel).
Konflikte zweier Götterhimmel - Konflikte innerhalb desselben Götterhimmels
Was soll es sein? - Und warum?
Konflikte zwischen zwei Götterhimmeln
Zwischen zwei Götterhimmeln gibt es Konflikte, wenn die Gottheiten dieselben Funktionsbereiche beanspruchen, aber ein jeweils radikal unterschiedliches gesellschaftliches Bild spiegeln. - Sehr schönes Beispiel: Die Rote Göttin (der Rote Mond) auf Glorantha und der alteingesessene Sturmgott Orlanth beanspruchen die "Mitte der Luft" als ihren Herrschaftsbereich. Die Kulturen beider Religionen sind ganz grundsätzlich auf massivem Konfrontationskurs, da die Lebensweise der einen nicht mit der der anderen vereinbar ist. Es findet aggressives Missionieren, religiös-fanatisches Abwehren, und subversives Unterminieren der Glaubensbasis statt. - Dieser Konflikt zwischen zwei Götterhimmeln ist DER KERNKONFLIKT der Spielwelt (zumindest des wichtigsten Teils der Spielwelt).
Und trotzdem bekommt dort KEINER den Holy Warrior!
Denn Supernatural Evil ist dort NICHT der Grund für den blutigen Konflikt zwischen den Götterhimmeln und den Gläubigen, sondern die Unvereinbarkeit der Kulturen!
Hingegen existieren durchaus Elemente, die von BEIDEN Seiten als "Evil" angesehen werden (von einer etwas weniger, was in ihrer alles assimilierenden Kultur begründet ist). - Untote z.B. und Chaosmutanten. - Damit ist für dieses Setting klar, daß es eine Ausprägung Champion und Holy Warrior für einzelne Subkulte geben wird, die gegen Untote vorgehen. Und daß es eine SEPARATE Ausprägung Champion und Holy Warrior geben wird für Subkulte, die gegen Chaos vorgehen.
Untoten => Ausprägung im Orlanthi-Pantheon: Schwert von Humakt (Champion), Humakts Bannklinge (Holy Warrior)
Chaosmutanten => Ausprägung im Orlanthi-Pantheon: Zorn des Urox (Champion), Fluch des Sturmbullen (Holy Warrior)
Konflikte innerhalb desselben Götterhimmels
So richtig "gekracht" hatte es ja historisch immer bei Vertretern DESSELBEN Glaubens, nur in leicht anderer Auslegung. Katharer, Ostrogoten, Ostkirche, Reformation - alles eigentlich DERSELBE Glaube, nur leicht anders ausgelegt und gelebt. - Folge: Die anderen machen alles falsch und müssen sterben!
Wie bildete man in solch einer Religionslage nun "Gut und Böse" ab? Wer bekommt welche Form von Holy bzw. Unholy Warrior?
Mein Ansatz: Wenn in der Welt nicht nur genau EIN Götterhimmel für ALLE Völker existiert (und das ist in den meisten meiner Spielwelten einfach nicht der Fall - normalerweise entwickeln separate Völker auch eigenständige Religionen), dann gibt es Holy Warrior und Champion eben NICHT.
Ist es nicht klar, was nun "supernaturally evil" sein soll, dann gibt es das auch nicht. Und das weltlich-natürliche "evil" reicht halt nicht aus, damit solch ein Edge überhaupt "zündet".
Warum überhaupt Holy Warrior und Champion für Neutrale?
Die Idee, daß es eine Art D&D-Paladine nicht mehr klassisch nur für Awful Good geben soll, sondern für alle Alignments irgendetwas in der Art verfügbar sein soll, ist egalitärer Mist. Ein idiotische Idee der späteren D&D-Niedergangsjahre, in denen so etwas aufgekommen ist. - Ein Anti-Paladin paßt schon nicht mehr so richtig ins Bild, stellt aber wenigstens noch ein ausgeprägtes Extremum dar. Aber wie ausgeprägt extrem neutral soll sich denn ein "Was schert's mich, ich bin neutral"-Neutral-Paladin-Neutrum nun verhalten? Das funktioniert so nicht.
Wer so einen Lame-Ass-Kult verehrt, der sich in einem vorhandenen Spannungsfeld zwischen Gut und Böse so schwanzlos darstellt, daß er nicht ordentlich Stellung bezieht (Neutral Gut und Neutral Böse ist ja auch schon mal was), der VERDIENT KEINE MACHT über "supernaturally evil" (bzw. "good")!
Neutral bedeutet als VORTEIL, daß man nicht vom Unholy Warrior spirituell eins übergebraten bekommt und auch nicht vom Holy Warrior! - Als NACHTEIL bedeutet das, daß man auch KEINEM "supernaturally evil" oder "good" Gegner eins spirituell überbraten kann, weil man so ein Lame-Ass-Neutrum ist.
Hören wir dazu eine
kompetente Expertenmeinung zum Thema Neutral.