Rezension BARBAREN! - Das ultimative Macho-Rollenspiel [B!-Rezi]

T.Dorst

THE BIG RED GOD OF ANGER
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BARBAREN


Das ultimative Macho-Rollenspiel


Ein kleiner Appetizer zum Einstieg:
Bei diesem Spiel geht es vor allem ums Ficken und Metzeln, „aber es kommt darauf an, WEN Du fickst und WEN Du abmetzelst“.

Dies ist der allgemeine Tenor des Spiels.

Bei BARBAREN! handelt es sich um ein weiteres, im Prometheus Games Verlag erschienenes Pocket RPG.

Für alle Nichteingeweihten:
Ein Pocket RPG ist ein kleines handliches DIN A5 Rollenspiel, das zumeist rund 100 Seiten und häufig einen recht unkonventionellen Hintergrund hat (siehe auch 1W6 Freunde, Opus Anima Investigation, 3:16 – Carnage Amongst the Stars etc.). Im anglo-amerikanischen Raum hat sich hierfür auch der Begriff Indie-RPG durchgesetzt. (Eine riesige Auswahl an englischsprachigen Indie-RPGs findet sich u.a. auf www.indiepressrevolution.com.)

BARBAREN! kann zumindest rein optisch durchaus überzeugen. Wie auch die anderen Bücher die Pocket RPG Reihe hat es ein Hochglanz Cover sowie eine sehr ansprechende Aufmachung des Innenteils. Das Buch ist von vorne bis hinten durchgelayoutet. Ein paar Runen am Rand einer jeden Seite sowie ein paar andere stimmige Verzierungen sorgen für die richtige Atmosphäre, insbesondere, da alle Hochglanzseiten vollfarbig sind. Die Illustrationen innerhalb des Buches reichen von satirisch bis äußerst cool, fügen sich aber immer hervorragend in das jeweilige Kapitel ein und sind von hoher Qualität. Besonders das Drachenjagd-Bild hat mich fasziniert. Das Buch besitzt keinen Index, aber den braucht es auch nicht, da das Inhaltsverzeichnis sehr detailliert ist und im Anhang des Buches noch einmal alle systemrelevanten Tabellen und Informationen zusammengefasst wurden. Ebenfalls im Anhang findet sich der BARBAREN! Charakterbogen, welcher in recht übersichtlicher Form alle relevanten Charakterinformationen zusammenfasst.

Wie die ersten Sätze bereits gezeigt haben sollten, nimmt sich das Spiel selber nicht so ganz ernst. Soll heißen bei BARBAREN! handelt es sich um ein satirisches Rollenspiel. Hier wird geslasht, hier werden chauvinistische Witze gemacht und hier werden Perlen flachgelegt, daher kann ich es guten Gewissens nicht für Spieler unter 16 Jahren empfehlen. Da ich diese Altersgrenze aber schon deutlich überschritten habe, kann ich mich ins Getümmel stürzen.

Das Buch ist in 3 Teile unterteilt, welche jeweils noch in weitere Abschnitte unterteilt sind.
Der erste Teil des Buchs nennt sich „Das eherne Gesetz“ und umfasst bereits den größten Teil des Buches. Hier erfährt man einiges über das day-to-day Leben eines Barbaren. Außerdem findet man hier die Charaktererschaffungsregeln inkl. der Vorstellung der verschiedenen Barbaren-Sippen, die in den wilden Landen (hierbei handelt es sich um den Lebensraum der Barbaren. Teil 3 des Buches beschäftigt sich eingehender mit der Vorstellung der wilden Lande und seiner (nichtbarbarischen) Bewohner) leben. Des Weiteren erfährt man in diesem Teil bereits wie man fickt, metzelt und auch sonst alles andere als Barbar tut. Kurz und gut: der erste Teil enthält hauptsächlich die Regeln des Spiels, wobei jedoch ein deutlicher Fokus auf den Kampf und das Werben gelegt wird.

Bei BARBAREN! gibt es ein Haupteigenschaft, ohne die eigentlich gar nichts läuft und das ist die „Männlichkeit“. Der Männlichkeitswert bestimmt den Grundpool der Würfel, die man bei Proben, im Kampf oder beim Werben würfelt. BARBAREN spielt man mit sechsseitigen Würfeln. Jede gewürfelte 4, 5 oder 6 stellt einen Erfolg dar. Mit „Aggro“ bzw. „Geil“ kann man sich im Kampf bzw. beim Werben Zusatzwürfel erkaufen. Aggropunkte bekommt man, vereinfacht ausgedrückt, wenn man so richtig schön pimpert (bzw. versucht das Pimpern klar zu machen), Geilpunkte, wenn man mal wieder ne Horde Shuarischer Elitekrieger umholzt (und dabei verwundet wird). Ist ja auch logisch, durchs Werben wird das Selbstbewusstsein des Barbars natürlich noch größer und er kann im Kampf noch mal ein Schüppchen drauflegen. Andererseits wird der Barbar durch die Zurschaustellung von Stärke wiederum interessant für das andere Geschlecht. Quasi ein nie enden wollender Kreislauf.

Das Kampfsystem von BARBAREN! ist relativ einfach, kann aber überzeugen. Erst wird bestimmt wer die Initiative hat (nur derjenige, der die Initiative hat kann wirklichen Schaden verursachen, der Andere ist in der Defensive und muss erst die Initiative an sich reißen bevor er seinen Gegner erledigen kann) und anschließend eine vergleichende Probe ausgeführt (beide werfen die Anzahl Würfel, die sie in „Männlichkeit“ besitzen und vergleichen die Erfolge). Anschließend kann anhand einer einfachen Tabelle abgelesen werden, was das Ergebnis dieser Runde ist und ob der Angreifer Schaden machen konnte. Wenn dem so ist, wird wieder anhand einer Tabelle festgestellt, um welche Art von Wunde es sich handelt, wer wie viel „Gefährlich“ Punkte verloren hat (Gefährlich Punkte gibt man automatisch für jede Kampfhandlung aus, man verliert sie aber bspw. auch, wenn man verwundet wird. Diese Punkte bestimmen sozusagen die Ausdauer des Charakters. Sinkt der Wert auf Null, bricht man völlig erschöpft zusammen und ist besiegt) und ob der Kampf ggf. schon vorbei ist. Normale Kämpfer stellen für einen Barbaren normalerweise keine Gefahr dar. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten die Anzahl der Würfel, die man im Kampf wirft zu modifizieren. Hier sind unter anderem die oben beschriebenen Aggropunkte, aber auch die soggenannten „Kniffe“ zu nennen, welche man für Erfahrungspunkte kaufen kann und welche in verschiedenen Situationen einen ungeheuren Vorteil darstellen können. Sollte man allerdings einen erworbenen Kniff einsetzen, so ist dieser verbraucht und muss neu gekauft werden. Dies ist auch während einer Spielsitzung, allerdings nicht im Kampf möglich. Erfahrungspunkte bekommt man, wenn man Aggro oder Geil Punkte einsetzt oder eines der eigenen Bande auflöst. Bande bestimmen den Hintergrund eines Charakters. Ein Band kann bspw. ein Erzfeind sein. Falls dieser schließlich zu Tode kommt, so würde man das Band auflösen und hierfür die entsprechenden Erfahrungspunkte bekommen. Bande können unterschiedliche Punktwerte haben, je nach dem wie wichtig das Band für den Charakter ist.

Wer die ganze Geschichte noch ein wenig komplexer machen möchte, für den hat der Autor erweiterte Kampfregeln bereitgestellt (Ja, der Kampf ist ein wirklich, wirklich wichtiger Aspekt bei BARBAREN! ) Hier werden bspw. Regeln für den Kampf gegen mehrere Gegner oder gegen Drachen dargestellt. Der Drachenjagd dürfen sich jedes Jahr nur die mutigsten Barbaren stellen. Sollte ein Spieler einen Drachen besiegen können winkt ihm unendlicher Ruhm und Ehre (und viele Frauen natürlich).

Eine Besonderheit bei BARBAREN! dürfte sein, dass das in der Tabelle abzulesende Ergebnis einer Kampfrunde oder eine Kampfes vom Gewinner der jeweiligen Runde beschrieben wird. Sollte dies kein NSC sein, so beschreibt der Spieler, was er seinem Gegner genau angetan hat.

Das Werben funktioniert bei BARBAREN! völlig analog zum Kampf. Es wurden lediglich die zu verwendenden Werte und Begriffe ausgetauscht und man verwendet logischerweise andere Tabellen. Ansonsten bleibt alles bei der oben beschriebenen Systematik. Natürlich gibt es auch hier Regeln für Fortgeschrittene: Diese umfassen zum Beispiel die Regeln für Orgien, falls man es mal wieder so richtig dick braucht.

Der zweite Teil des Buches „Des Schicksals Ruf“ umfasst größtenteils Tipps für den Spielleiter und enthält außerdem einen Leitfaden für die Erstellung von BARBAREN! Abenteuern. In diesem Kapitel ist lediglich eine Besonderheit zu finden und das ist die Regel für „den Schädel“. Den Schädel (Hierbei sollte es sich übrigens um einen echten (Resin-) Schädel handeln. Das trägt deutlich zur Stimmung bei.) kann derjenige Spieler beanspruchen, der sich besonders machomäßig verhalten hat. Sollten die anderen Spieler zustimmend grunzen, wenn er den Schädel einfordert, kann er den Schädel an sich nehmen. Die anderen Spieler müssen von nun dafür sorgen, dass das Glas des Schädelbesitzers immer voll ist, sich Chips und andere Snacks sich stets in seiner Reichweite befinden und in grundsätzlich wie den Rudelführer behandeln. Dies müssen sie so lange tun, bis sich der Schädelbesitzer wie ein Weichei verhält oder jemand anders den Schädel aufgrund äußert machohaften Verhaltens für sich beanspruchen kann.

Der dritte und letzte Teil „Die Wilden Lande“ beschreibt den Lebensraum der Barbaren etwas genauer. In diesem Kapitel findet sich u.a. eine Beschreibung der Flora und Fauna sowie eine Karte der wilden Lande einschließlich der Ländereien (und seiner Bewohner), die die wilden Lande umgeben.

Des Weiteren wird noch einmal genauer auf die Lebensart der Barbaren als Gesellschaftsform eingegangen. Hier wird u.a. kurz der große Kriegsrat sowie das Brauchtum der Barbaren angesprochen.

Zur Abrundung des Kapitels finden sich hier außerdem Informationen über die Amazonen (ein Stamm von Barbaren-Frauen, die den männlichen Barbaren ebenbürtig sind und die gleiche Abstammung besitzen). Die Amazonen bilden den fünften, in BARBAREN! nicht spielbaren Thigra Stamm. In diesem Stamm werden Männer nur zur Befruchtung der Frauen benötigt. Sollte eine Amazone einen Jungen gebären wird dieser ausgesetzt und u.U. von einem anderen Stamm aufgezogen, falls er rechtzeitig gefunden wird. Nur Mädchen werden von den Amazonen aufgezogen.

Für jeden Barbaren ist es ein großes Abenteuer um eine Amazone zu werben, auch wenn es sich um ein selbstmörderisches Abenteuer handelt, denn Amazonen haben die Eigenart ihre Geschlechtspartner normalerweise nach dem eigentlichen Akt zu töten. Sollte es jedoch ein Barbar schaffen eine Amazone zu vögeln und danach davon zu kommen, wird er ein Leben lang hierfür von seinen Barbaren-Kumpanen gefeiert werden. FUCK YEAH!

Ein kurzer Abriss über die Geschichte der Barbaren, ihre Götterwelt und ihren Aberglauben ist ebenfalls Bestandteil des dritten Teils. Der Abriss ist allerdings wirklich recht kurz und bietet eine Menge Raum um ihn weiter auszuschmücken. Eine weitergehender Abriss ist für das eigentliche Spiel aber auch nicht von Nöten gewesen, da nur kurz darauf hingewiesen werden sollte, dass es noch dieses und jenes im BARBAREN!-Universum gibt und Spielleiter und Spieler diese Informationen nach Gutdünken verwenden können oder auch nicht.

Der dritte Teil schließt mit einem Abenteuer-Vorschlag („Goldwasser“), welcher für meine Verhältnisse hätte ruhig noch ein wenig weiter ausgearbeitet werden können, denn eigentlich werden an dieser Stelle nur die Signature-Character und ihre Intentionen vorgestellt, ohne auf den genauen Handlungsstrang einzugehen. Man kann zwar herauslesen, wie sich das Abenteuer entwickeln soll, hier hätte man den Spielleiter aber deutlich mehr Informationen mit an die Hand geben können. Im Prinzip handelt es sich bei Goldwasser also eigentlich nur um ausführlichere Adventure Seeds.

Abschließendes Fazit:
BARBAREN! macht einfach rundum Spaß. Jedem, der bereit ist sich auf eine machomäßige Grenzerfahrung einzulassen sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt. Das Buch ist sehr gut lektoriert und bis auf einen Copy-Paste-Error in einer der Tabellen nahezu fehlerfrei.
Eines sei vielleicht noch anzumerken. Der Autor weist an mehreren Stellen darauf hin, dass BARBAREN! auch etwas ernsthafter als Kampagne gespielt werden könne. Dies möchte ich an dieser Stelle anzweifeln. Bei BARBAREN! handelt es sich wirklich um ein gutes, rundes Produkt, aber das Spiel ist doch deutlich One-Shot lastig und weniger als Kampagnen-Spiel geeignet.
Besonders positiv sind mir die farblich abgesetzten Tipp-Kästchen aufgefallen, die immer mal wieder aus dem eigentlichen Fleißtext hervorstechen. Hier finden sich wichtige Informationen oder auch einfach nur Spieltipps noch einmal kurz und knapp zusammengefasst.
Wem auch die Tipp-Kästchen nicht weiterhelfen konnten, für den steht noch ein fortgeführtes Regelbeispiel mit dem Barbaren Xev zur Verfügung. Anhand dieses Charakters wird man durch alle wichtigen Regelmechanismen geführt, so dass eigentlich nichts mehr schief gehen und man sofort mit dem Ficken und Metzeln beginnen kann.
Von mir gibt´s für BARBAREN! eine klare Kaufempfehlung, vor allem da man hier für 14,95 Euro alles bekommt was man benötigt um tief ins Barbaren-Leben eintauchen zu können.
Lediglich in Sachen Abenteuer hätte ich mir ein wenig mehr als 2,5 Seiten gewünscht.
BARBAREN! bekommt 4,1 von 5 möglichen Sternen.Den Artikel im Blog lesen
 
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