Aber es ist ja ein Spiel. Und ein Faktor, der viel zu wenig bespielt wird, um ihm diese Aufmerksamkeit einzuräumen.
Die suspension of disbelief sollte das hier übernehmen. Eine Änderung des Hintergrundes ist nicht nötig.
Und genau hier liegt die KOLLISION.
Wenn man sich überlegt, welche FUNKTION Hunger- und Durst-Regeln eigentlich haben, dann wird das ganze Problem - meine ich - klarer:
1. Solche Regeln können die PHYSIOLOGIE der jeweiligen Rassen und die individuellen Ausprägungen einzelner Vertreter SIMULIEREN.
Hier muß man auf jeden Fall erwarten, daß Hunger- und Durst-Regeln bei allen FREMDRASSEN wie Zwerge, Elfen, Orks usw. UNTERSCHEIDEN.
Und man muß auch auf jeden Fall erwarten, daß es bestimmte VERANLAGUNGEN in den einzelnen Vertretern dieser Rassen gibt, nach denen ein Individuum
empfindlicher oder weniger empfindlich auf solche Notlagen reagiert.
Zudem muß man nach VÖLKERN bzw. HERKUNFTSREGIONEN (abseits der Rassen) und SOZIALEM STAND unterscheiden. Manche Regionen sind karge Ernährung von klein auf gewohnt und alle Individuen dort können besser haushalten als die Leute, welche aus Regionen oder einem sozialen Stand des steten Überflusses kommen.
Damit kann man mit der Absicht eine "realistische" SIMULATION umzusetzen, nicht so übersimplifiziert einfach ohne Ansehen von Rasse, Herkunft, Volksgruppe, sozialem Stand sowie individueller Veranlagungsunterschiede alles über denselben Kamm (KO) scheren.
Wenn die DSA-Regeln derartige Unterscheidungen NICHT vornehmen, dann ist offenbar NICHT das Ziel eine "phantastisch-realistische" Simulation umzusetzen!
2. Solche Regeln können die DRAMATURGIE von NOTSITUATIONEN ins Spiel bringen.
Hier ist NICHT die "realistische" und schon gleich überhaupt NICHT die an irdischen Gegebenheiten orientierte Simulation von physiologischen Gegebenheiten das Ziel. Das wäre auch völliger Unsinn, da irdische Humanbiologie kein Stück weit hilft, die Physiologie von Elfen oder Zwergen wirklich akkurat zu beschreiben - somit als irdisch-realistische Blickwinkel für das Abbilden von Hunger- und Durst-Situationen auf Fremdrassen einfach untauglich sind.
Ziel ist hier einfach eine SPANNENDE SZENE zu liefern.
Bei Durst, der auch irdisch-realistischerweise nach nur kurzer Zeit lebensbedrohlich ist, kann man somit binnen weniger Tage Spielzeit echte Notsituationen, echte Herausforderungen an die Charaktere erzeugen, indem man sie Durst erleiden läßt.
Bei Hunger ist das unter einer "realistischen" Simulationsabsicht einfach nicht so schnell und so einfach möglich. Wenn man SIMULATION WILL, dann lebt man damit, daß zumindest Menschen MONATELANG mit minmaler oder auch ganz ohne Nahrung auskommen können. - Das Problem ist hierbei die DRAMATURGISCHE ABSICHT, die offenbar immer noch trotz Simulationswillen mitschwingt.
Wenn man dramaturgisch motivierte Hunger-Szenen haben will, die im Spiel auch in NICHT LANGWEILIGER Umsetzung, weil über Monate erstreckende Zeit erfolgend, möglich sein sollen, dann ist geradezu ZWINGEND notwendig, die ZEITRÄUME, in denen sich eine Hunger-Notsituation für einen Charakter einstellt, so drastisch zu verkürzen, daß es SPIELBAR und dramaturgisch handhabbar eingesetzt werden kann.
Simulation/Realismus-Wille ist (längst nicht nur) in puncto Hunger einfach der GEGENSATZ von dramaturgisch handhabbaren, nicht-langweiligen Not-Szenen mit Hunger-Motivation.
Wenn ein DSA-Charakter, selbst mit hochdetaillierter simulativer Abbildung von Rasse, Herkunft, sozialem Umfeld, individueller Veranlagung und Gewöhnung, nun mit ausreichend Wasser und Atemluft versorgt in eine HUNGER-Notsituation gebracht werden soll, dann tritt diese bei "phantastisch-realistischer" Simulation eben erst nach einigen Monaten dergestalt bedrohlich ein, daß der Charakter (und auch sein Spieler!) die NOT, die LEBENSBEDROHUNG verspürt.
Idealerweise gibt es dann im Regelsystem auch klare Regeln für das Abnehmen und Zunehmen. So daß sich Charaktere ein wenig Fettpolster anfressen können, wenn sie gut versorgt sind, und dann in kargen Zeiten ihrer Abenteuer eben etwas Gewicht abnehmen.
Wenn man anfängt irdisch-realistische humanbiologisch-physiologische Simulations-Elemente einzuführen, warum dann UNVOLLSTÄNDIG? Warum nur die Zeit bis zum Verhungern ausdehnen, aber nicht gleich in die Hausregeln eben grundsätzlich eine Simulation des Körpergewichts-Wandels aufnehmen, inklusive individueller Veranlagungen, Gewöhnungen, rassenspezifischer Unterschiede usw.
Und selbst dann ist das VERHUNGERN als BEDROHUNG der SCs eher eine "Schwache Herausforderung". Verhungern wirkt so langsam, daß man sich meist wirklich überlegen sollte, ob man die nächsten 90 oder 100 Tage WIRKLICH durchspielen möchte, bis so langsam mal eine lebensbedrohliche Situation bei einem ehemals durchtrainierten Charakter eintritt.
Und was das anbetrifft: Muskelmasse wird schnell abgebaut! - Die Charaktere, welche länger (und langweiliger) unter Unterernährung leiden (dazu müssen sie nicht einmal verhungern! Mangel reicht auch schon aus!), sollten eigentlich in ihrer Körperkraft usw. deutliche Einbußen verzeichen müssen. Sie müßte massiv Attributswerte, Lebensenergie und manche ihrer Fähigkeiten verlieren!
Ich habe NICHT den Eindruck, daß DSA wirklich auf eine auch nur halbwegs plausible Simulation irgendeinen Wert legt.
Dazu fehlt viel zu viel an für einen Simulationsinteressieren ESSENTIELLEN Modellierungen.
DSA möchte - leider mit dafür untauglichen Mitteln - eigentlich eine DRAMATURGISCHE DARSTELLUNG der Spielwelt Aventurien liefern.
Und dazu gehört, daß eine Hunger-Notsituation einfach schneller als irdisch-realistisch eintritt. So kann man schneller mal eine Belagerung oder einen Gefangenenausbruch als Umfeld ansetzen, bei dem nicht erst nach vielen Monaten oder Jahren Not eintritt, sondern nach wenigen Tagen. Das ist bei all den sonstigen Verkürzungen in Aventurien durchaus in sich stimmig.
Es erlaubt nämlich die Charaktere schneller und weniger langweilig unter eine Herausforderung ihr Überleben zu sichern zu stellen.
Und genau DAS sollen diese Hunger-Regeln leisten. - Simulation wäre viel aufwendiger und viel, viel, VIEL langweiliger.