Rezension Adventurer Conqueror King System

Belchion

Ghul
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2. März 2008
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Adventurer Conqueror King System (PDF)
ISBN 978-0-9849832-0-9
Verlag: Autarch LLC

Bei Adventurer Conqueror King System (kurz: ACKS) handelt es sich um einen Neoklon, also ein Spiel, das von einem Retroklon (wie Labyrinth Lord oder OSRIC) ausgeht und dort Neuerungen einbaut, die das Spielgefühl der alten Ausgaben bewahren. Ziel von ACKS ist es, das Lehensspiel, das alte D&D-Versionen für hochstufige Charaktere vorsahen, besser zu unterstützen und den Übergang vom Abenteuer zum Herrscher flüssiger zu gestalten.

Mir liegt nur das PDF vor, daher kann ich nichts zur Druckversion sagen. Meine Versuche, sie zu bestellen, scheiterten leider allesamt. Das PDF nutzt die Komfortfunktionen des Formats aus, man kann es also durchsuchen, Verweise lassen sich anklicken und öffnen dann automatisch die richtige Seite usw.

Es fängt mit der Beschreibung wirklich ganz vorne an und erklärt nicht nur, was W4 bedeutet, sondern auch, wie man ihn benutzt und wann sie warum welche Würfelsorte verwenden. Leider hält diese Anfängerfreundlichkeit nicht lange an, bereits bei der Vorstellung der Klassen werden Infos im Fließtext versteckt und über mehrere Kapitel verteilt.

Wie bei vielen Retroklonen vereinheitlichte ACKS diverse Subsysteme, man würfelt fast immer mit W20 gegen einen Zielwert. Zudem führt es Proficiencies ein, die den Talenten aus D&D3 ähneln und auf mich teilweise etwas unausgegoren wirken. Zauberer entsprechen nicht mehr wie dem Magier aus alten Versionen, sondern eher dem Hexenmeister aus D&D3. Auch einige Sprüche funktionieren anders als gewohnt, so wurden z.B. »Raise Dead« und »Restoration« in »Restore Life and Limb« zusammengefasst, dessen Anwendung zufällige Nebenwirkungen mit sich bringt. Zudem lassen sich diverse hochstufige Zauber (Wunsch, Dauerhaftigkeit) nur als Ritual einsetzen, die von den Regeln her eher denen zur Herstellung von magischen Gegenständen entsprechen.

Die Regeln fürs Abenteurerleben entsprechen einem gehobenen Standard und decken viel Bereiche ab. Die einzige Ausnahme stellen die Tabellen für »Mortal Wounds« und »Tampering with Mortality« dar, die man in dieser Weise sonst nur als Patzertabellen findet.

Nun aber zum Knackpunkt: Die Lehensverwaltung mit ihren knapp 20 Seiten plus 5 Seiten zum Handel. Hier finden sich ausführliche Angaben zu allem, was man gerne aus, oder aufbauen und verwalten möchte, wobei jede Klasse ein eigenes Spezialgebiet besitzt. Krieger erhalten einen Adelstitel und errichten eine Burg, Diebe führen eine Diebesgilde an, Kleriker einen Tempel und Magier bauen einen Dungeon, um Monster zu fleddern. (Magische Geheimgesellschaften wie die des Pythagoras gibt es leider nicht). Es gibt auch einige zufällige Veränderungen. Aus mir nicht erklärlichen Gründen wurden einige der Lehensverwaltungsregeln zum SL-Geheimnis erklärt und in einem anderen Kapitel versteckt. Dort findet man Interpretationshilfen, was die Werte für ein Lehen bedeuten.

Die Regeln enthalten übrigens einen üblen Schnitzer: Ein Dieb wird seine Untergebenen normalerweise immer zur Spionage schicken, weil das nicht nur Abenteuraufhänger, sondern auch am meisten Einkommen bringt. (Alternative Hijink-Regeln)

Was mich überrascht: Mit den Handelsregeln lassen sich Angebot und Nachfrage für verschiedene Märkte ermitteln. Zusätzlich bietet das Regelwerk die Möglichkeit, zufällige Handelswaren zu erbeuten. ACKS eignet sich daher nicht nur für Herrscherkampagnen, sondern auch für Händlerkampagnen.

Es folgen jede Menge Monster und Regeln, wie man Schätze zufällig ermittelt, Dungeons aufbaut, Fallen platziert usw. Abgesehen von den Handelswaren, die als mögliche Beute vorgestellt werden, nichts Ungewöhnliches.

Fazit: Einerseits bietet ACKS durchdachte Regeln für Lehensverwaltung und Handel. Andererseits finde ich das Buch unübersichtlich. Viele kleine Abweichungen erschweren es, die Regeln in andere OSR-Spiele zu übernehmen. Meiner Meinung nach wäre es fast sinnvoller gewesen, wenn das Spiel als Politik- und Handels-Erweiterung für ein bestehendes System erschienen wäre und nicht als eigenständiges Regelwerk. Trotzdem, es gehört für mich eindeutig zu den Favoriten, was diese Themen angeht.
 
Wie gut sind denn die Lehensregeln auf andere Retrospiele und D&D-artige Spiele übertragbar? Bauen sie stark auf den Eigenwilligkeiten von ACKS auf, oder ist es problemlos sie nach LabLord / DCC RPG / D&D 5e zu übertragen? (Um mal drei populäre Vertreter rauszugreifen.)
 
Die Lehensverwaltungsregeln sind lediglich lose mit dem Rest des Systems verknüpft, lediglich bei der Ausrüstung dürften die unterschiedlichen Preisniveaus und Kapazitäten für Unstimmigkeiten sorgen. Ich würde daher empfehlen, auch die entsprechenden Preislisten aus ACKS zu übernehmen. Wenn man das tut, sollte es bei AD&D (und Abkömmlingen) problemlos funktionieren, bei BD&D und Abkömmlingen (LabLord, LotFP) sowie D&D5 bedarf es unter Umständen kleinerer Anpassungen. Die größten Probleme dürfte D&D3 bereiten, da die Kosten für Ausrüstung dort ja mit der Charakterentwicklung verknüpft wurde.

Für Pathfinder gibt es zudem ein eigenes Lehenverwaltungssystem: Kingdoms and War (Regeltext im PRD) aus Ultimate Campaign. Das ist im Vergleich wesentlich kleinteiliger. Während du bei ACKS lediglich eine Schenke oder eine Burg baust, kannst du dir bei KaW Gebäude aus verschiedenen Modulen zusammenstellen. Man sollte allerdings auf gar keinen Fall die beiden Lehenverwaltungssystem mischen, die sind nämlich nicht miteinander kompatibel.
 
Ich bin halt auf der Suche nach einem nicht ganz so... gewichtiges Lehenssystem wie das aus Kingmaker / Ultimate Campaign, aber da werde ich wohl weitersuchen müssen. Danke dir.
 
Für ein kurzes und knackiges Lehenssystem würde ich die Rules Cyclopedia empfehlen, da gibt es auf 10 Seiten das wichtigste fürs eigene Lehen.

Und noch eine kleine Ergänzung: Die Regeln in ACKS enthalten bloß die Regeln für alltägliche Verwaltung. Wenn man Krieg führen will, braucht man zusätzlich Domains at War. Es gibt eine kostenlose Free Starter Edition, die Regeln für Belagerungen und Schlachten mit bis zu 3000 Beteiligten enthält, sowie das vollständige Domains at War.
 
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Ich habe spaßeshalber einmal die Schlacht an den Vallusischen Weiden aus der DSA-Kampagne "Die 7 Gezeichneten" durchgespielt. Ergebnis: Zu Beginn sah es nach einem sicheren Sieg für die Mittelreicher aus, doch nach drei Runden wendete sich das Blatt und nach fünf Runden war alles vorbei: Die mittelreichische Armee flieht, während Borbarad lediglich austauschbare Truppen und ein bißchen Landwehr verloren hatte.
 
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