[22.08.2008]: Das Geschenk für den Prinzen

Der Aufforderung sich wieder zu erheben kam der Türke umgehend nach und es war ihm anzusehen, dass er sich über die positive Reaktion des Prinzen freute, allerdings bei der Erwähnung von Haus und Clan Tremere bildeten seine Lippen für einen Moment einen kurzen Strich von offener Abscheu. Doch dieser Moment ging schnell vorüber und so sprach er aufrichtig: »Es bereitet mir wirklich eine immense Freude, dass Sie an dem Geschenk der Fürstin Gefallen finden.«

Als Frau Dantz das verhüllte Gemälde in den Raum brachte, stellte er sich neben den immer noch sitzenden Prinzen. Das entsprach vielleicht nicht der traditionellen Etikette, signalisierte jedoch Vertrauen in das Gegenüber. Sollte Prinz Cruiz damit nicht einverstanden sein, würde eine einfache Bitte sich wieder zu setzen völlig ausreichen. Die Sekretärin verließ den Konferenzraum und der Bote blickte neugierig auf das mit weißer Seide bedeckte Portrait.

Was der Prinz über seine Wirkung erzählte erweckte den Vorwitz in dem Gesandten aus Turmstadt.

»Ein Schrecken der einem bis in die Knochen fährt, könnte man meinen? Das wird sicherlich amüsant. Nun, da Sie mich ja jetzt über die hinterhältige Natur des Bildnisses in Kenntnis gesetzt haben, sollte ich dieser irrationalen Furcht vis-à-vis hoffentlich gewappnet sein. Bitte tun Sie sich keinen Zwang an und lassen mich einen Blick auf das schreckliche Porträt von Herrn Buchet werfen!«
 
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"Sich zu wappnen dürfte nur einen äußerst kleinen Vorteil bringen, daher werde ich das verhüllende Tuch nur für einen kurzen Augenblick anheben."

Lena erhob sich von ihrem Platz und ging auf das Gemälde zu. Das Korutürk sich bereits erhoben und neben sie gestellt hatte, schien sie in keinser Weise zu interessieren. An dem Bild angekommen, griff sie das Tuch an beiden Ecken vorsichtig mit den Fingerspitzen, bevor sie es anhob blickte sie noch einmal zu ihrem Gast hinüber.

"Ich hoffe, Ihre Nerven sind tatsächlich so gut wie Sie behaupten. Noch haben wir die Möglichkeit, das Portrait ungesehen einzupacken?"

Sollte der Türke das Angebot nicht annehmen, würde Lena ihm einen Blick auf das Bild gewähren. Natürlich nicht ohne vorher an die eigene Sicherheit zu denken. Aus den Schatten des Raumes wanden sich tiefschwarze Wucherungen. Sechs an der Zahl. Noch waren sie nur klein und kaum zu erkennen, aber im Falle eines Kontrollverlusts des anderen Vampirs, würden sie erwachsen, aus der Dunkelheit hervorschnellen und Korutürk solange in Schach halten, bis er sich wieder beruhigt hatte.

Das Tuch hob sich...
 
Herr Korotürk starrte das Portrait an und die Aura der Furcht, welche von dem Gemälde ausging, erfasste den Abgesandten der Fürstin.

»Sie … Sie haben nicht übertrieben, mein Prinz. Der Anblick dieser … schrecklichen alten Frau ist entsetzlich!«

– † –

Out of Character
Für den Gesandten aus Turmstadt habe ich direkt einen Willenskraftwurf gemacht, weil im Prinzip hat er ja schon seine Entschlossenheit bewiesen das grauenerregende Bild aus eigenem Wunsch sehen zu wollen…
 
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Lena ließ das Tuch wieder sinken.

"Die alte Dame ist einfach nur eine alte Dame. Was Sie für entsetzlich halten, ist eine durch Oliver Buchet in dem Bild eingefangene Präsenz. Ein künstlerischer Kniff, mit beeindruckender Wirkung. Wir hier in der Kunstakademie schützen unsere Besitztümer schon seit sehr langer Zeit auf diese Weise."

Ein nicken.

"Zu Ihrem eigenen Wohl schlage ich vor, dass Sie auf einen weiteren Blick verzichten. Setzen Sie Frau Rosselini bitte detailiert über die Wirkung des Gemäldes in Kenntnis und richten Sie ihr meine besten Wünsche und Grüße aus. Soll der Austausch der beiden Präsente die Freundschaft zwischen Finstertal und Turmstadt besiegeln. Leider muss ich unser Gespräch nun beenden, Herr Korutürk. Der Ball steht an und ich muss mich dringend noch ein wenig mit meiner äußeren Erscheinung beschäftigen. Als Prinz will man doch Eindruck machen, nicht wahr?"
 
»Ein sehr erstaunlicher Kunstgriff in der Tat!«, pflichte er Prinz Cruiz bei. »Besser das Gemälde bleibt schön verhüllt, denn wenn mein Pilot nur einen winzigen Teil davon sieht, werde ich höchstwahrscheinlich nach Turmstadt laufen müssen…«

Der Mann aus Turmstadt sah sichtlich erleichtert aus und auch ein kleines bisschen stolz; er hatte seine Aufgabe wirklich gut gemacht. Den sechs schattenhaften Tentakel schien er hingegen überhaupt gar nicht gewahr zu sein.

»Sie können sich darauf verlassen, dass ich die Fürstin en détail vor der medusischen Natur des Buchet-Gemäldes warnen werde und sie alles über dessen erstaunliche Wirkung erfahren wird. Es wird mir ein Vergnügen sein, Fürstin Rosselini Ihre Wünsche und Grüße auszurichten und ich möchte mich in aller Form für die Gastfreundschaft bedanken, die Sie mir zuteilwerden ließen, mein Prinz.«

Er griff nach dem leeren Koffer und stellten ihn in der Nähe des Gemäldes ab. Freilich passte das Gemälde nicht in den Koffer, aber so stand wenigstens schon einmal alles zusammen an einer Stelle für einen zügigen Abschied bereit.

»Den Besuch in Finstertal habe ich außerordentlich genossen. Ich wünsche Ihnen Ihnen einen berauschenden Ball voller Esprit und ersprießlicher Konversationen sowie die Kraft Ihren Rivalen mit viel Gelassenheit entgegen zu treten.«

Es folgte eine tiefe Verbeugung.

»¡Buenas noches, mi príncipe!«
 
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Lena geleitete den Türken hinaus in den Flur.
Zum Abschied berührte sie ihn in einer vertrauten Geste an der Schulter, ein Zeichen der Einigkeit.

"Tamara wird Sie zurück zum Landeplatz führen. Haben Sie einen guten Flug. Buenas noches!""

Mit den Worten, schloss sich die Tür des Besprechungsraumes und Korutürk war mit der Sekretärin alleine.
 
Tamara nahm das verhüllte Bild und führte den Gesandten der Stadt Turmstadt zurück zum Landeplatz.

"Auch von mir ein herzliches Adieu, Herr Korutürk. Es war mir eine Freude Sie kennenzulernen. Vielleicht interessiert es Sie zu erfahren, dass Frau Cruiz sehr angetan war von Ihnen und Ihrem Geschenk. Selten habe ich sie derart erfreut gesehen."

Die Sekretärin wartete bis der Mann in den Hubschrauber gestiegen war und blieb noch auf dem Flugfeld bis ihr Gast vollkommen außer Sichtweite war. Dann erst spurtete sie zurück ins Innere des Hospitals und die Treppe hinunter. Es gab viel zu viel zu tun und es war nur noch wenig Zeit übrig...
 
Die letzte Bemerkung von Frau Dantz zauberte dem großen Mann noch einmal ein warmes Lächeln ins Gesicht, denn die Aufrichtigkeit ihrer Worte berrührte ihn sehr.

Auf dem Landeplatz drehte sich der Türke zu der Sekretärin um sich bei ihr zu verabschieden.

»Vielen Dank, Frau Dantz! Es war mir ebenso eine Freude Sie beide kennenlernen zu dürfen und ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.«

Dann verstaute er das verhüllte Gemälde sehr sorgfältig in einer großen schwarzen Plane hinter dem Beifahrersitz, während sein Pilot langsam die Rotorenblätter des Helikopters in Bewegung setzte. Beim Abheben des Helikopters entrichtete er Frau Dantz noch einen letzten militärischen Gruß mit einem Zwinkern und schließlich verschwand der Gesandte aus Turmstadt langsam am nächtlichen Horizont.
 
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