[22.08.2008]: Das Geschenk für den Prinzen

Kappadozius

Vorsintflutlicher
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– † –

Die Silhouette des schwarzen Helikopters schob sich langsam vor dem Mond als dieser zum Landeanflug auf Finstertal ansetzte. Mit striktem Kurs auf die Stadtklinik steuerte dieser mit dem wertvollen Geschenk von Fürstin Alessandra Rosselini ins Herz der Stadt. An Bord der Maschine befanden sich lediglich zwei Passagiere: Der Gesandte der Fürstin von Turmstadt und sein blutgebundener Pilot.
 
Tamara Dantz hatte extra für diese Gelegenheit ihr hübsches weißes Sommerkleid übergezogen.
Nach allem was sie bisher über die Vampirgesellschaft erfahren konnte, legten der Clan Toreador großen Wert auf seine Außenwirkung, so dass sie im Büro der Akademie eine kleine Auswahl besonderer Outfits bereithielt, um für jede mögliche Gelegenheit stimmig gekleidet zu sein.

Artig wartete die Sekretärin, bis der Helikopter gelandet war und seine Rotoren so langsam geworden waren, dass man gefahrlos für Leib und Frisur herantreten konnte. Als der richtige Moment gekommen schien, trat sie vor um den gelandeten Gast zu begrüßen.
 
Aus dem Beifahrersitz des Helikopters stieg ein großer, dunkelhäutiger Schrank von einem Mann aus. Er trug einen maßgeschneiderten grauen Anzug mit schmalen Streifen. Der Besucher aus Turmstadt sah aus wie ein bulliger Wrestler, den man mit Gewalt in eine Uniform gequetscht hatte. An seinem linken Arm war ein metallenen Koffer mit Handschellen gekettet. Im Gegensatz zu dem imposanten Mann war die Silhouette des Piloten kaum auffällig. Vermutlich verblieb dieser im Hubschrauber, da Frau Dantz bereits das charakteristische Licht eines Smartphones in seinen Fingern sah und er keine Anstalten machte auszusteigen.

Der Hüne trat an die Sekretärin heran und begrüßte sie höflich: »Guten Abend, meine Dame! Mein Name lautet Mustafa Korutürk.«

Herr Korutürk wirkte durchaus galant für seine Statur und sein Deutsch war makellos.

»Sind Sie mein Begrüßungskomitee, schöne Frau?«, erkundigte er sich mit einer charmanten, angenehmen Stimme, die seinem grobschlächtigen Erscheinungsbild mit Lügen strafte.
 
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"Guten Abend, mein Name ist Tamara Dantz! Ich vertrete die Akademie zu Finstertal und damit den regierenden Prinzen Frau Magdalena Cruiz, richtig. Sie können mich gerne Silly nennen, das machen die meisten."

Entgegnete die Sekretärin ebenso höflich und schüttelte dem Türken die Hand.

"Wir sollten uns etwas von den Rotoren entfernen, das macht es leichter sich zu unterhalten. Dort drüben im Stadtkrankenhaus habe ich ein Besprechungszimmer für uns reservieren lassen. Wenn Sie mir bitte folgen wollen?"

Silly wies ihrem Gast mit der Hand den Weg, dann wandte sie sich ab und schritt auf das hochmoderne Krankenhaus zu. Finstertal hatte viele Katastrophen überstanden, was nicht nur dazu führte dass der Rettungsdienst der Stadt zu einem der besten des Landes zählte, sondern auch die Notfallmedizin.

Als sich die beiden ein wenig vom Lärm des Hubschraubers entfernt hatten, begann Tamara erneut das Gespräch.

"Wie war Ihr Flug, Herr Korutürk?"
 
»Aber gerne doch«, versicherte Herr Korutürk der Sekretärin des Prinzen, »nach Ihnen bitte!«

Im Inneren des Gebäudes antworte er: »Mein Flug war äußerst angenehm und ein Privileg meiner Stellung auf das ich mittlerweile nur ungern verzichten würde.«

Der Mann aus Turmstadt vertraute sich ganz Frau Dantz an und folgte ihr durch das Treppenhaus zu den Aufzugkabinen.

»Ihr Finstertal scheint mir ja eine charmante Ortschaft zu sein. Auf meinen Flug hierher war mir eine atemberaubende Aussicht auf die Lichter der Stadt vergönnt. Vielleicht habe ich ja noch die Möglichkeit das pulsierende Nachtleben von Finstertal irgendwann kennenzulernen? Sie müssen wissen, dass ich bisher noch nie das Vergnügen hatte Ihrer Stadt einen Besuch abzustatten. Die viele Arbeit stiehlt einem echt Tag und Nacht.«

Im Aufzug bemerkte Frau Dantz, dass der große Mann sie mit seinen dunklen Augen taxierte. Im hellen Fahrstuhllicht wirkte er noch ein bisschen beeindruckender und seine ausgelassene, beinahe unbekümmerte Stimmung hatte etwas ansteckendes. Jede Frau würde sich mit so einem Muskelprotz an ihrer Seite vollkommen sicher fühlen müssen.

»Darf ich Sie fragen, wie lange Sie schon in den Diensten von Frau Cruiz stehen, Frau Dantz?«, fragte er beiläufig.
 
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"Noch nicht sehr lange! Frau Cruiz hat erst vor kurzer Zeit die Geschäfte ihres Mannes übernommen und befindet sich noch in einer Phase der Neustrukturierung. Aber machen Sie sich keine Gedanken, ich bin umgehend informiert und bestens ausgebildet."

Die Worte mochten an eine Rechtfertigung erinnern, waren aber mit einer derart professionellen Gleichgültigkeit gesprochen, dass es einem tatsächlich nur als kurze Erklärung der gegebenen Umstände vorkam.

"Wenn Sie das Finstertaler Nachtleben genießen wollen, rate ich Ihnen zu einem Besuch des Stieed. Es gibt dort einer Vielzahl an Kneipen und Gasthäusern, meist sehr gemütlich und ansprechend. Viele Bürger dieser Stadt beginnen ihren Abend in dieser Gegend. Danach kann man ins Mexikan oder das Black Hammer. Beide Discotheken genießen einen hervorragenden Ruf."

Ein Ping ertönte, der Fahrstuhl hatte sein Ziel erreicht.
Tamara führte ihren Gast durch einen kurzen Flur in einen großen Besprechungsraum. Anscheinend konnte man ihn im Krankenhaus anmieten, denn die Küche der Klinik hatte einen Tisch hergerichtet auf dem diverse Getränke und Snacks vorbereitet waren.

"Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten, Herr Korutürk?"
 
Bei der kurzen Erläuterung, nickte der dunkelhäutige Mann lediglich, da er sich nicht ganz sicher sein konnte, vielleicht doch einen kleinen Faux pas begangen zu haben. Bei der Auflistung der Vergnügungsangebote lauschte er interessiert und kommentierte das Gehörte knapp: »Das klingt wirklich vielversprechend.« Der Türke schenkte Frau Dantz ein ehrliches Lächeln.

Auf dem Weg bis in das Besprechungszimmer sagte er nichts und dort angekommen antwortete er auch erst nach einer kurzen, aber irritierenden Pause. Vielleicht hatte er tatsächlich erwartet, den Prinz von Finstertal bereits hier anzutreffen?

»Entschuldigung! Nein danke, ich trinke niemals … Kaffee, Frau Dantz«, meinte er schmunzelnd. »Wenn Sie einen trinken wollen — nur zu! Ich für meinen Teil möchte im Moment nichts trinken, aber nehmen Sie bitte mein Lob für Ihre zuvorkommende Gastfreundschaft.«

Der Gesandte aus Turmstadt trat an den Tisch heran, doch bevorzugte er es wohl weiterhin zu stehen, statt einfach auf einem der Stühle Platz zu nehmen. Seine rechte Hand ergriff die Rückenlehne eines Stuhls nahe der Sekretärin und mit einem deutlich fordernden, an Frau Dantz adressierten, Blick fragte er freundlich: »Sagen Sie mir, wird das Treffen mit Ihrer Chefin hier stattfinden? Meine Auftraggeberin besteht darauf, dass ich ihr Geschenk an Frau Cruiz persönlich aushändige.«
 
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"Deswegen haben wir uns hierher begeben, Herr Korutürk."

Tamara goss sich einen Kaffee ein, süßte ihn mit Zucker und sehr viel Milch und trat ebenfalls an den Tisch.

"Setzen Sie sich doch bitte. Frau Cruiz wird gleich hier erscheinen. Wir stehen kurz vor Beginn eines größeren gesellschaftlichen Ereignisses, dem Ball zur Einführung von Frau Cruiz als Prinz dieser Stadt. Sie wird also, und dafür muss ich mich bereits hier an dieser Stelle bei Ihnen entschuldigen, nur wenig Zeit erübrigen können. Allerdings wird sie es sich natürlich nicht nehmen lassen, ein derart großzügiges Geschenk persönlich anzunehmen. Man kann die freundschaftliche Annäherung zwischen Turmstadt und Finstertal durchaus als politisch umfassenden Schritt bezeichnen."

Den Worten folgte ein aufrichtiges Lächeln.

"Prinz Cruiz wird jeden Augenblick hier sein!"
 
Bei der Erläuterung der Sekretärin legte sich ein zufriedener Ausdruck auf das Gesicht des Boten. Schon jetzt zeigte sich, dass Herr Korutürk durch und durch ein Stadtmensch sein musste; eigentlich ganz zivilisiert, aber unter der Oberfläche stets karrieregeil und dabei immer so furchtbar hektisch. Wenn man sich denn schon als Kainskind keine Zeit gönnen durfte, wie sollte man so die Ewigkeit überdauern?

»Vielen Dank!«, sagte er und nickte Frau Dantz freundlich zu um schließlich doch Platz zu nehmen. Entsprechend der Maßstäbe der umfangreichen Etikette in der Kainskindergesellschaft, setzte sich Herr Korutürk genau so hin, dass der Prinz von Finstertal bei seiner Ankunft keinerlei eklatanten Anstoß im Benehmen des Gastes aus Turmstadt nehmen würde. Dann hievte er den geheimnisvollen Koffer hoch und legten diesen auf die Tischplatte. Aus einer Tasche in der Innenseite seines feinen Anzuges fischte der bullige Riese einen, für seine Verhältnisse, geradezu winzigen filigranen Schlüssel und öffnete die Handschellen an seinem linken Arm sowie dem Griff des metallenen Koffers.

»So!«, verkündete er einfach nur, während die Handfesseln in einer Seitentasche seines Anzuges verschwanden und er sein linkes Handgelenk zu massierten begann.

»Sie planen also einen großen Ball für den denkwürdigen Ehrentag? Keine Sorge, ich möchte Ihnen und Frau Cruiz nicht zu Last fallen und Ihnen beiden nur ganz wenig Ihrer wertvollen Zeit stehlen. Hoffentlich gefällt Ihrer Chefin auch das kleine Präsent — jemand musste nämlich ordentlich bluten für den Inhalt dieses Koffers, das dürfen Sie mir glauben! Allerdings möchte ich betonen, dass ich überzeugt bin, dass sich das Geschenk in absehbarer Zukunft bezahlt machen wird…«

Dabei zwinkerte er Frau Dantz verschmitzt zu, enthielt sich aber einer weiteren Erklärung. Seine Hände bildeten nach der Massage des traktierten Handgelenks nun eine Raute und seine Fingerspitzen tippten rhythmisch aufeinander, während er auf die Ankunft des Prinzen wartete.

»Hatten Sie schon mal das Vergnügen in einem Hubschrauber fliegen zu dürfen, Frau Dantz?«, fragte er unvermittelt. »Sollte ich demnächst noch einmal in Finstertal zu Besuch sein, würde ich Sie gerne zu einem Ausflug über Ihre stolze, beeindruckende Stadt einladen. Selbstverständlich nur, wenn Sie Ihr Einverständnis dazu geben wollen!«

Sein Mund war ein breites Lächeln. Da war wieder die sympathische Seite vom Türken und wie alle Männer gab er mit seiner noblen Karosserie an, wie mit einem Sack Sülze — auch wenn diese zugegebenermaßen in der Lage war zu Fliegen.
 
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Bevor Tamara antworten konnte, öffnete sich die Tür des Besprechungsraumes und Lena Cruiz trat ein. Ihre Persönlichkeit flutete den Raum und brandete ungebremst, atemberaubend und mit ganzer Härte gegen den vollkommen unvorbereiteten Korutürk.

"Guten Abend!", sagte sie und schenkte dem Mann vor sich ein umwerfendes Lächeln.
Die Prinz von Finstertal war nicht nur schön, sie wirkte, und das auf eine vollkommen natürliche und äußerst ansprechende Art und Weise. Ihr Wesen nahm einen für sie ein, ohne das sie dazu auf irgendwelche kainitischen Tricks zurückgreifen musste. Schon zu Lebzeiten, vor mehr als einhundert Jahren im fernen Spanien, war Lena ein gefeierter Star gewesen. Ein wunderschöner Stern am neu erblühenden Himmel der frisch entstandenen Filmindustrie.

Seit dieser Zeit hatte sie ihr ohnehin schon beispielloses Charisma immer weiter perfektioniert. Der Prinz von Finstertal war Herr über jeden einzelnen Gesichtsmuskel, über jede ihrer Bewegungen und jeden einzelnen Glanz ihrer makellosen Schönheit. Natürlich hatte dieses Vorgehen etwas mit Manipulation zu tun, aber das hatte Schönheit immer. Es gab keinen einzigen gutaussehenden Menschen, der seine Äußeres nicht ständig als Werkzeug benutzte. Bewusst oder unbewusst. Lena hatte diese Art menschlichen Miteinanders nur perfektioniert und sich derart zu eigen gemacht, das ihr kein einziger Gesichtsausdruck mehr entglitt, der nicht vollkommen bewusst und zielgerichtet ausgeführt wurde.

"Es freut mich außerordentlich Sie kennen zu lernen, mein Freund. Ich bin Magdalena Cruiz, Prinz der Stadt Finstertal und Ahn des Clans der Toreador.", die Stimme des Prinzen war angenehm und voll aufrichtiger Freundlichkeit. Sie streckte Korutürk die Hand entgegen. "Wie geht es Ihrer Herrin, Frau Rosselini? ich hoffe, in Turmstadt steht alles zum Besten?"
 
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– † –

Das umwerfende Erscheinungsbild des Prinzen von Finstertal verfehlte seine Wirkung nicht, Herr Korutürk war im ersten Moment sprachlos. Erst langsam erinnerte er sich, dass der schöne Succubus etwas gesagt hatte und man von ihm wohl erwarte entsprechend darauf zu regieren, statt lethargisch auf die Manifestation von Anmut und Charisma wie ein vollkommen verblödeter Idiot zu starren.

Ein bisschen verlegen erhob er sich von seinem Stuhl und trat an den Prinzen heran.

»Ich … ich wünsche Ihnen ebenfalls einen guten Abend, Prinz Cruiz«, stotterte er die ersten Worte hervor, während er seine Fassung langsam aber sicher wiedererlangte, »Mustafa Korutürk zu Ihren Diensten!«

Ein angedeuteter Handkuss beendete die formelle Begrüßung.

»Die Freude ist ganz auf meiner Seite, mein Prinz«, was irgendwie auch kaum zu übersehen war. »Frau Rosselini lässt Ihnen ihre besten Grüße ausrichten und ich darf Ihnen versichern, dass Turmstadt den Kindern Kains eine ertragreiche und lohnenswerte Heimat bietet. Ja, ich denke mit Turmstadt steht alles zum Besten.«

Schließlich bewies der Gesandte aus Turmstadt seine auserlesenen Qualitäten und scheute auch nicht davor zurück, den direkten Augenkontakt mit dem Prinzen zu suchen.

»Erlauben Sie mir bitte, dass ich Ihnen ein Kompliment aus tiefstem Herzen machen darf, mein Prinz?« Jedoch warte der Türke nicht erst auf die Erlaubnis als er einfach fortfuhr: »Entschuldigen Sie bitte meine Manieren, allerdings muss ich Ihnen unbedingt sagen, dass Sie eine höchst bemerkenswerte und sehr attraktive Dame sind. Als Sandro Botticelli Die Geburt der Venus malte, hatter er bestimmt an jemanden von Ihrem Format gedacht, möchte ich meinen, mein Prinz!«

Das sympathische Lächeln des Türken war in diesem Augenblick wieder einmal überaus ansteckend.
 
Der angedeutete Handkuss wurde von Lena mit einem erfreuten Zucken der rechten Augenbraue quittiert.

"Es freut mich zu hören, dass mit Ihrer Heimstadt alles zum Besten steht. Freie Städte haben es immer etwas schwerer als jene, die sich noch immer an die Camarilla gebunden fühlen... Aber damit erzähle ich Ihnen sicherlich nichts Neues."

Lena setzte sich auf einen der freien Stühle und bat ihren Gast mit einer freundlichen Geste sich zu ihr zu setzen.
Ein Blick auf Tamara Dantz folgte, der diese dazu brachte den Raum zu verlassen. Natürlich nicht ohne sich mit einem freundlichen Kopfnicken von Korutürk zu verabschieden.

"Selbtverständlich dürfen Sie mir Komplimente machen! Welche Frau hört derlei Dinge nicht gerne? Unterstehen Sie sich also, damit aufzuhören!"

Anscheinend hatte Korutürk die richtigen Knöpfe gedrückt, denn Lena lachte fröhlich und geriet dann ein wenig ins Schwärmen. Mit einem veträumten Ausdruck in den Augen erzählte sie von der Vergangenheit.

"Botticelli war ein wundervoller Künstler. Leider lebte er lange Jahre vor meiner Zeit, mein verstorbener Gatte hat ihn noch gekannt. Ich selbst habe einst nur Salvatore Dali kennenlernen dürfen. Ein wundervoller Mann! Ich habe 1928 an seiner Seite einen Film gedreht. *Un chien andalou* hieß er, oder auf deutsch *Ein andalusicher Hund*. Man nennt den Film heute ein Meisterwerk des Surrealismus und genau das war er auch. Ich weiß nicht ob Sie den Film kennen, aber es war meine erste Rolle in der spanischen Heimat. Vorher drehte ich mit Fritz Lang und hatte sogar eine Nebenrolle in seinem Film Metropolis. Im Andalusischen Hund war ich allerdings nur als Filmdouble eingesetzt, in dem ich die damalige Hauptdarstellerin Simone Mareuil bei einer Nacktszene ersetzt habe. Wenn Sie wissen wollen, um welch besondere Nacktszene es sich dabei handelt, werden Sie sich den Film wohl ansehen müssen. Allerdings darf ich voller Stolz anfügen, dass Salvatore Dali derart von meinem Körper beeindruckt war, dass er 1959 mir zum Angedenk und aus der Erinnerung heraus das Bild *Jeune Vierge* malte. Wenn Sie denn Film sehen, sich das Gemälde anschauen und beides auf sich wirken lassen, werden Sie verstehen was ich meine, Herr Korutürk."

Ein aufrichtiges, beinahe seliges Lächeln hatte sich auf das Gesicht der Toreador gelegt, als sie von den guten alten Zeiten berichtete.

"Auch Herr Luis Buñuel, der Regisseur des Films, war damals zutiefst von mir beeindruckt. In den folgenden Zeiten habe ich noch einige Filme an seiner Seite gedreht. Dieses Mal allerdings überwiegend in der Hauptrolle. *Das Goldene Zeitalter* dürfte wohl der bekannteste unter ihnen sein. Das war 1930 und wieder spielte ich an der Seite von Salvatore. In dem Jahr drehte ich noch *Soyons gai* und einige andere Werke. Ich arbeitete damals unter dem Namen Lya Lys, vielleicht haben Sie schon von mir gehört? Ich wäre Ihnen nicht böse, wenn dem nicht so gewesen sein sollte, es ist sehr lange her. Nur wenig später verließ ich ohnehin das Filmgeschäft, um 1931 tatkräftig beim Aufbau der zweiten spanischen Republik mitzuwirken. Ich übergab mein Pseudonym an eine Frau namens Natalia Margoulies und beendete meine Karriere. Damals war ich bereits der Ghul Oliver Buchets, wenig später brach in Spanien der Bürgerkrieg aus und ich erhob meine Waffen gegen Franco und seine Schergen..."

Ein fröhliches Lachen erklang, als sich Lena darüber bewusst wurde dass sie sich hatte hinreißen lassen.

"Verzeihen Sie, Herr Korutürk! Ich bin ein wenig ins Schwärmen geraten aber so ist das wohl, wenn man mit einem Toreador spricht und das Thema Kunst ins Spiel bringt."
 
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Herr Korutürk setzte sich wieder und lauschte der nostalgischen Schwärmerei des Prinzen aufmerksam.

»Es beschämt mich zugeben zu müssen, dass der Surrealismus von Salvador Dalí sich meines Kunstverständnisses gänzlich entzieht, jedoch vermag ich mich allein an der Ästhetik einer bildhübschen Frau erfreuen — so ein hinreißendes Wesen wie Sie, meine Teuerste: Sinnlich und verführisch. Da Sie meine Contenance mit Ihrem betörenden Anmut dermaßen erschüttert haben, werde ich Sie zudem ab jetzt wohl auch eine gefährliche Frau heißen müssen und mich davor hüten, mein Herz von Ihnen einfach in Ketten legen zu lassen, mein Prinz!«

Der Türke lächelte anzüglich und offensichtlich genoss er das Gespräch.

»Wo Sie gerade Spanien und diesen abscheulichen Diktator Francisco Franco erwähnen, interessiert es Sie vielleicht zu hören, dass wir eine gemeinsame Vergangenheit teilen, denn ich habe damals ebenfalls Jagd auf die dreckigen Faschisten des Franco-Regimes gemacht. Nicht ganz ohne Stolz, darf ich Ihnen im Vertrauen verraten, dass ich einige dieser faschistischen Schweinehunden persönlich eliminiert habe — sie alle sind hoffentlich direkt in der Hölle gelandet. Mit Herrn Buchet habe ich in dieser Epoche übrigens auch einmal zu tun gehabt, wenn ich mich noch recht entsinne…«

Der Gesandte aus Turmstadt machte eine wegwerfende Geste: »Wie dem auch sei, es war eine grässliche Zeit und ich möchte Sie beileibe nicht mit alten Kriegsgeschichten langweilen.«

Er drehte den metallenen Koffer zu sich und ließ seine Finger spielerisch darüber gleiten.

»Sind Sie denn gar nicht neugierig, was Ihnen Frau Rosselini für eine Überraschung zukommen lässt, mein Prinz?«

Die Szene hatte mit einem Mal einen leichten Touch wie aus dem Teleshopping-Programm: Ein charmanter Mann im Anzug mit dem vertrauenerweckenden Grinsen eines Haifisches und dazu ein sagenhaftes Angebot…
 
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"Zu den Eigenschaften eines Prinzen gehört ein großes Mass an Selbstdisziplin. So ich mich denn neugierig wüsste, wäre es ein fast sachon frevlerische Verfehlung meinerseits, wenn ich Sie dies spüren ließe. Glücklicherweise kann ich davon ausgehen, dass Sie mir das Geschenk Ihrer Herrin kaum vorenthalten werden. Nicht wahr...?"

Für den Bruchteil einer Sekunde flatterte ein wölfischer Ausdruck durch den Blick des Prinzen.

"Aber lassen Sie mich die Spannung in diesem Raum noch ein wenig erhöhen. Auch ich habe natürlich ein Geschenk für Frau Rosselini. Es stellt sich in der Übergabe ein wenig kompliziert dar... Wie ich fürchte in besonderm Maße für Sie, Herr Korutürk. Aber es wird sich im Anschluss an die Übergabe für Ihre Herrin als außerordentlich praktisch erweisen, davon bin ich überzeugt."

Die Worte des Prinzen bekamen etwas lauerndes. Der Art des professionellen Verkäufers schien Lena nur ausgesprochen wenig abgewinnen zu können. Vielleicht sollte Korutürk sich nicht zu weit über seine Grenzen hinauswagen und sich daran erinnern wo er sich derzeit befand? Der Prinz von Finstertal war wunderschön, ausgesprochen freundlich und mit einem Wesen ausgestattet das einen innerhalb von Sekunden für sie einnehmen konnte. Trotzdem war sie Prinz einer Stadt. Zudem einer der gefährlichsten des gesamten Kontinents...

Die unterschwellige Warnung war jedoch so filigran, dass sie schon im nächsten Satz nicht mehr zu hören war.
Dafür schien es in dem Zimmer ein klein wenig dunkler geworden zu sein.

"Wenn wir mal etwas mehr Zeit haben, müssen Sie mir unbedingt von Ihrer Zeit im Spanischen Bürgerkrieg berichten. Für mich ist es ein Thema von größter Tragweite, habe ich doch viele meiner engsten Freunde und einmal sogar beinahe mein Leben verloren. Der Kampf meiner Heimat gegen den ekelerregenden Einfluss der Faschisten und seiner Anhänger hat sich für immer tief in meine Seele gebrannt. Jeder der in dieser Zeit an meiner Seite stand, verdient meinen tiefsten Respekt..."
 
Der Prinz von Finstertal beherrschte seine Domäne absolut und vermochte sogar das Reich der Schatten in den großen Besprechungsraum herbeizurufen. Prinz Cruiz würde der ehrfurchtsvolle und verunsicherte Blick des Gesandten unmöglich entgangen sein und doch musste man dem Mann aus Turmstadt zugestehen, dass er zumindestens sein Tier eisern im Griff hatte. Sicherlich würde Magdalena Cruiz keine Provokation mit der Fürstin riskieren wollen, indem sie deren Abgesandten aus Turmstadt in irgendeiner Form Schaden zufügte.

Der hünenhafte Mann schluckte unmerklich als er wieder zu seiner Stimme fand: »Wie … wie könnte ich einer so mächtigen und überaus bezaubernden Dame jemals einen Wunsch ausschlagen?«

Dann sprach Prinz Cruiz ihrerseits von einem Geschenk und der Türke versicherte ihr: »In der Tat bin ich sehr gespannt, was Sie der Fürstin schenken möchten und ich werde selbstverständlich mein bestes geben, es ihr persönlich zu überreichen. Mein Wort darauf, mein Prinz!«, dabei nickte er dem Prinzen respektvoll zu.

Herr Korutürk fand langsam sogar zu seinem unbeschwerten Humor zurück. Vielleicht sollte das auch nur seine unterschwellige Angst vor dem Prinzen von Finstertal überspielen?

»Prinz Cruiz, mich dünkt, dass Sie ein besonders pechschwarzes Fragment der Nacht aus Ihrer spanischen Heimat mit nach Finstertal genommen haben. Eine düstere Korona so faszinierend schön und gefährlich wie eine Sonnenfinsternis.«

Kaum waren die Worte gesprochen, hielt der Bote den intensiven Augenkontakt mit dem Prinzen nicht länger stand und senkte seinen Blick, bevor er fortfuhr: »Möchten Sie das Geschenk von Fürstin Rosselini nun sehen, mein Prinz?«
 
"So könnte man meinen und doch gestaltet es sich ganz anders!", da Korutürk als Vertreter des Prinzen Rosselini nach Finstertal entsandt wurde, entschied Lena ihm ein klein wenig reinen Wein einzuschenken. Das meiste kursierte eh bereits als getuscheltes Gerücht durch die Gassen der Nachbarstädte.

"Ich weiß nicht, in wie weit Sie in die Auferstehung Zachariis involviert sind, aber im Zuge seiner Bekämpfung verschmolz mein Geist mit dem einer uralten Lasombra. Durch meine eigene Dummheit, wie ich eingestehen muss. Die Angreiferin überwältigte meine Seele und übernahm meinen Körper. Vollkommen hilflos musste ich mit Ansehen, wie die Fremde in meinem Namen ein Verbrechen nach dem anderen beging. Natürlich bekämpfte ich die Seele der Lasombra nach Kräften und tatsächlich gelang es mir nach einigen Nächten mich von ihr zu befreien."

Ein verlegens Lächeln zwängte sich zwischen die Worte.

"Zumindest rede ich mir das gerne ein... Die Wahrheit wird wohl sein, dass ich für die Lasombra irgendwann keinen Wert mehr hatte. Andere Kainiten hier in der Stadt waren zudem misstrauisch geworden. Jedenfalls.... sofort als ich wieder Herr meiner Sinne war, schloss ich mich dem Widerstand der Finstertaler Vampire an und bekämpfte sowohl die Namenlose Lasombra, als auch Zacharii selbst, nach Kräften. Schlussendlich siegten wir und beide konnten vernichtet werden. Seit dieser Zeit allerdings wohnt etwas Dunkles in mir. Es bestimmt weder meine Person, noch mein Handeln oder denken, aber es ist eindeutig vorhanden. Ich gebiete den Schatten, befehle der Nacht und kontrolliere die Dunkelheit. Aber ich bin trotz allem nur eine junge Toreador mit den besten Absichten!"

Die Prinz blickte zu Boden.

"Sie verstehen nun sicher, warum mich die meisten Prinz aus dem Umland mit äußerst kritischen Blicken betrachten. Hier in der Stadt habe ich das Vertrauen aller zurück gewinnen können. Die Annährung zu Turmstadt und zu Prinz Rosselini ist der nächste Schritt meiner Rehabilitation. Etwas das mir, wie Sie sich vorstellen können, äußerst wichtig ist."

Nun sah Lena Korutürk direkt in die Augen.

"Machen Sie die verfluchte Kiste jetzt auch mal auf?"

Sie lachte vergnügt
 
Herr Korutürk war ein guter Zuhörer, weder wagte er den Prinzen zu unterbrechen, noch verriet seine Mimik welche Gerüchte ihm womöglich zu Ohren gekommen sein mochten.

»Die Kreatur namens Zacharii ist mir geläufig, allerdings nur flüchtig — sie ist also tatsächlich vom Antlitz dieser Welt getilgt, ja? Das sind wirklich erfreuliche Neuigkeiten! Es gibt wohl keine größere Freude als ein Triumph über einen verhassten Feind. Sie haben dieses Schattengewürm zurück in den Staub geworfen und ich zolle Ihnen dafür meinen größten Respekt, Prinz Cruiz.«

Der Gesandte aus Turmstadt erhob sich von seinem Stuhl und verbeugt sich ehrerbietig.

»Verzeihung!«, entschuldigte er sich kurz daraufhin und wandte sich dem geheimnisvollen Koffer zu, während er weitersprach.

»Diese Lasombra mag zwar das Geheimnis ihrer Identität mit in den Abgrund genommen haben, Sie hingegen sollten das dunkle Erbe willkommen heißen, welches aus der Verschmelzung Ihrer beiden Geister geboren wurde. Nach der Tortur, welche Sie mir hier gerade geschildert haben, steht Ihnen die Macht über den Schatten rechtmäßig zu, würde ich meinen.«

Der metallene Koffer war schließlich offen und der Türke hob eine edle Schatulle mit einer hochglanzlackierten Mahagonifurnier daraus hervor.

»So, wie dies hier — eine Insigne der Autorität — das den Anspruch auf die uneingeschränkte Souveränität über Ihre Domäne im besonderen Maß unterstreichen wird.«

Der Bote trat um den Tisch herum und schritt direkt auf den Prinzen zu, wo er vor diesem sein Knie beugte. Mit beiden Händen streckte er Magdalena Cruiz, Prinz der Stadt Finstertal und Ahn des Clans der Toreador, das Geschenk der Fürstin entgegen und warte gespannt auf ihre Reaktion. Was würde sie wohl von dem menschlichen Oberschenkelknochen halten, der auf einem roten Samtkissen im Inneren der Schatulle ruhte?
 
Vorsichtig nahm sie das Präsent entgegen.
Ein schwaches Lächeln und ein leichtes Nicken mit dem Kopf unterstrichen die Dankbarkeit für Korutürks Geste während der Überreichung des Geschenks. Rosselini hatte mit diesem Mann einen Glücksgriff getan, hoffentlich wusste sie dies entsprechend zu würdigen. Gutes Personal war so kostbar wie selten.

Vorsichtig ließ Lena den Deckel des kleinen Mahagoniekästchens nach hinten gleiten und sah hinein. Sie erkannte sofort worum es sich bei dem Knochen handelte. Vor Jahren hatte ihr Mann etwas ähnliches besessen. Es war ebenfalls ein Geschenk gewesen. Von Professor Johardo an den Prinzen der Stadt. Die Macht des damaligen Knochens hatte sich im Laufe der Zeit verbraucht, daher war diesesn Geschenk nicht nur kostbar sondern auch äußerst willkommen.

Lena lächelte erfreut, dann blickte sie Korutürk fragend in die Augen.
Auch wenn sie bereits wusste um was es sich handelte, geboten die Regeln der Etikette und des guten Benehmens, dass sie dem Mann die Möglichkeit gab, dass Geschenk entsprechend seiner hohen Bedeutung anzupreisen.

"Vielen Dank!"
 
»Dieser Oberschenkelknochen stammt aus den Gebeinen eines Mörders. Zu seinen Lebzeiten, vor mehr als zweihundert Jahren, erschlug er in Grohnde bei Niedersachsen einen Amtsboten aus reiner Habgier. Bereits vierundzwanzig Stunden nach der Tat hatte man den Mörder, einen Schneider namens Johann Jürgen Sporleder, am 7. Februar 1741 um 8:00 Uhr abends in seiner Wohnung in Polle verhaftet. Eine Hausdurchsuchung förderte auch das geraubte Geld zu Tage und zwei Monate nach seinem Prozess wurde er am 21. April 1741 auf dem Ilseberg bei Latferde hingerichtet. Wenn man seinen Oberschenkelknochen als Maß nimmt, muss es wohl tatsächlich stimmen, dass Lügen kurze Beine haben.«

Er legte eine kurze Pause ein, damit der Prinz die Pointe am Ende verdauen konnte.

»Warum sollte Ihnen Fürstin Rosselini denn den Oberschenkelknochen eines Mörders schenken, werden Sie sich vielleicht fragen, mein Prinz?«, und mit einer beschwichtigende Geste gab der Bote zu verstehen, dass der rhetorischen Frage noch eine Erklärung folgen würde. »Die Fürstin gab mir zu verstehen, dass an diesen Knochen der rastlose Geist des Herrn Sporleder gebunden ist und er erst zu Ruhe kommen wird, sobald er seinen Dienst verrichtet hat. Solange eine Person diesen Knochen in Händen hält, werden ihre Lügen aufgedeckt und sie wird gezwungen, die Wahrheit zu sprechen. Wann immer der Inquisit gelogen hat, verfärbt sich der Knochen dunkler und dunkler. Es werden etwa ein Dutzend Wahrheiten hervorgebracht. Ist er tiefschwarz verfärbt, wird die Seele des Mörders seine Freiheit zurück erlangen.«

Herr Korutürk verharrte immer noch mit dem gebeugten Knie vor der Souveränin von Finstertal geduldig.
 
"Traditionsgemäß unterhalten wir hier in Finstertal eine sehr enge Beziehung zu den Tremere, von daher ist mir dieser Zauber nicht unbekannt. Mein Mann hatte einst einen ähnlichen Gegenstand. Bitte richten Sie Ihrer Herrin meinen Dank aus. Mit diesem Präsent hat sie mir eine außerordentlich große Freude bereitet."

Anscheinend schien Lena tatsächlich begeistert, ihre Augen leuchteten freudig und ein fröhliches Lächeln umspielte ihre Lippen. Vorsichtig stellte sie das Präsent beiseite und gab Korutürk mit einer Geste zu verstehen, dass er sich nun erheben durfte. Ihr Blick richtete sich auf die Zugangstür des Besprechungsraumes.

"Tamara, wenn Sie bitte so freundlich wären?", sagte sie. Nur einen Augenblick später betrat die Sekretärin erneut den Raum. In ihren Händen hielt sie einen rechteckigen Gegenstand der ungefähr der größe A3 entsprach. Korutürk konnte allerdings nicht erkennen um was genau es sich handelte, denn ein Tuch aus reinster weißer Seide bedeckte den Gegenstand.

Lena wandte sich wieder an ihren Gast.

"Dies ist ein Original Oliver Buchet. Ein Gemälde, wie Sie bereits erkannt haben dürften. Um genau zu sein, handelt es sich um ein Portrait. Die Dame, die auf der Leinwand verewigt wurde, ist unbedeutend und bereits vor mehr als hundert Jahren verstorben. Niemand erinnert sich mehr an sie, was aber auch unerheblich ist. Bei dem Kunstwerk dreht es sich nicht um die darauf dargestellte Person, sondern allein um die auf dem Gemälde festgehaltene Emotion."

Mit einer knappen Geste deutete die Prinz auf eine vorbereitete Stelle auf der das Bild abgestellt werden sollte. Tamara tat wie ihr geheißen, dann verbeugte sie sich freundlich vor Korutürk und verließ den Raum wieder.

"Und damit kommen wir zu Ihrem Problem, mein Freund. Das Gemälde wirkt auf recht extreme Art und Weise. Jede Person, die einen Blick in das Gesicht der hier dargestellten Frau wirft, wird von einem tiefgehenden Grauen erfüllt. Bei sterblichen Wesen kann dieser Effekt recht drastische Auswirkungen haben. Mindestens jedoch endet die Betrachtung in heilloser Panik und einer damit zusammenhängenden, sofortigen Flucht. Bei Kainiten fällt die Wirkung etwas milder aus, aber auch hier kann sich der Geist des Vampirs der Wirkung nur schwerlich entziehen. Angstzustände, Konzentrationsmängel und eine nur sehr schwer zu kontrollierende Gewissheit einer vorhandenen Bedrohung sind noch das mindeste, was dieses Bild hervorruft. Dabei hat es den großen Vorteil, dass sich das Opfer des Ursprungs für dieses Gefühl nicht bewusst ist. Das Gemälde ist als Auslöser der Angst nicht zu identifizieren. Im Gegenteil, die Angst und das Gefühl der Bedrohung wird als absolut real und unmittelbar wahr genommen. Die einzige Möglichkeit sich gegen das Gefühl der Panik zu erwehren ist hingegen relativ einfach. Zuerst muss man wissen, dass es das Gemälde ist, dass wirkt. Dann muss man sich der Angst absichtlich und in vollem Umfang aussetzen, solange bis sich Geist, Verstand und Seele mit der Bedrohung durch das Bild abgefunden haben. In der Regel bedarf diese Gewöhnung zwischen zwei und sechs Stunden ärgster Betrachtung. Eine Zeit die nur außerordentlich schwer zu durchstehen ist, die sich jedoch lohnt. Sofern Miss Rosselini einige besondere Schätze in ihrem Eigentum weiß, kann dieses Bild einen nicht zu unterschätzenden Schutz darstellen."

Ein mildes Lächeln trat auf die Lippen der Prinz.

"Ich würde Ihnen das Gemälde gerne zeigen, Herr Korutürk! Allerdings muss ich Sie warnen, Sie werden kaum immun gegen die Wirkung sein und die Reaktion kann mitunter... recht extrem ausfallen!"


Out of Character
Siehe Clanbuch Toreador! Oliver Buchet hat diese Disziplin im Laufe seiner Jahrhunderte andauernden Erforschung pefektioniert. Derzeit gibt es nur sehr wenige Toreadorahnen die diese Kunst überhaupt beherrschen.
Wer das Bild betrachten will, muss pro Szene eine Mutprobe gegen acht bestehen. Besteht er sie ist alles gut und die Szene vergeht ohne Wirkung. Da sich der Betrachter nicht bewusst ist, dass ein Gemälde derart wirken kann, ist es ihm nicht möglich der Wirkung auf andere Weise zu entgehen. Auch der Einsatz von Willenskraft ist nicht gestattet! Scheitert die Probe ist ein Wurf auf Willenskraft gegen acht fällig:

Scheitert der Betrachter, sucht er sein Heil -panikartig- in der Flucht.
Ein Erfolg:
Man ist sich sicher, dass man in allergrößter Gefahr schwebt und schon in den nächsten Augenblicken getötet werden könnte. Ein geordneter Rückzug ist die Folge.
Zwei Erfolge: Man fühlt sich von einer starken aber nicht näher zu beziffernden Bedrohung beobachtet. Ein baldiger Angriff erscheint sicher... Starker Konzentrationsverlust.
Drei Erfolge: Man fühlt sich beobachtet, bedroht, kann aber nicht bestimmen warum. Konzentrationsmangel!
Vier und mehr Erfolge: Irgendetwas stimmt nicht, sonst keine Auswirkung!



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