Kalliope
Kainit
- Registriert
- 27. Februar 2012
- Beiträge
- 930
Eine lange Nacht voller ärgerlichem Immobilien-Tant ging zu Ende. Doch noch hatte sich die silberne Scheibe am Himmelszelt, und sei sie auch zuweilen von düsteren Schwaden verborgen, nicht zur Ruhe gebettet. Es galt noch etwas ungleich Bedeutsameres zu klären als die schnöde Frage nach dauerhaftem Verbleib.
Lenore lenkte den Van Richtung Akademie während Ligeia nachdenklich auf dem Beifahrersitz verharrte, die in schwarze Overknee-Stiefel gehüllten Beine überkreuzt, den Blick, leer und alle visuellen Impulse übersehend, nach draußen gerichtet.
Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Psychiaterin in diesem Moment zwar körperlich, in keinem Falle jedoch geistig als anwesend zu bezeichnen war.
Mental ließ sie noch einmal jenes eine, höchst bedeutsame Gespräch Revue geschehen. Inhalte wurden ein letztes Mal erwogen und eingeordnet, Anliegen priorisiert, Worte auf die Goldwaage gelegt, Optionen selektiert. Man hatte sich soweit entschieden und war einig. Vorerst waren die getroffenen Beschlüsse bindend und mussten bloß noch überbracht werden. Dazu war sie nun hier.
Aas also. Nun, kein Novum für einen Raben. Nichtsdestotrotz existierten doch auch Formen fleischlichen Verfalls, welche selbst den Corvus Corax anzuwidern taugten. Nicht dass sie eine Wahl gehabt hätte. Allein stand es in ihrer Macht einen bescheidenen Vorschlag zu unterbreiten und in seinem treuen, aber ganz und gar possierlichen, erheiternden Wesen war selbiger vorläufig angenommen worden.
War sie für diese Sache die rechte Wahl? Mitnichten! Niemals! Nimmermehr! Ein Factum von keinerlei Relevanz. Selbiges dürfte bloß niemandem sonst gewahr werden. Dazu jenes zu gewährleisten wiederum war die Doktorin geradezu prädestiniert. Darüber hinaus konnten dergleichen Dinge durchaus zur Unterhaltung taugen. Doch hatte die Mondtochter nicht bedeutsameres, gravierenderes, ungleich gewichtigeres zu verrichten als dem eigenen Amüsement zu frönen?
Vehementes Negieren. Sie hatte einen Auftrag zu erfüllen. Nicht umsonst hatte Selene die nicht-Tote in ihren Schein getaucht, durch den heiligen Ägidius taufen lassen, sie vom Lager des Pluto hinfort gerissen, dem Anubis gehöhnt und die Nephtys beschworen. Alle Dinge gingen den ihnen vorbestimmten Gang.
Natürlich taten sie dies. So keimte auch kein Zweifeln oder Zaudern in der Brünetten. Dennoch entsprach es ihrem Charakter zu hinterfragen.
Die Anliegen wurden erörtert. Erhebendste Gnade der Einsicht! Dafür ganz ohne Aussichten.
Doch thronte dort, auf dem verborgenen, tiefen Hügel nicht jene Schlange am Quell? Geflügelt der lange, obszöne Leib des Lindwurms, bereit jene wie diese Seite zu ereilen?
"In the sea without lees
Standeth the bird of Hermes
Eating his wings variable
And maketh himself yet full stable…
The bird of Hermes is my name, eating my wings to make me tame."
Schärfe trat erneut in die verklärten Smaragde des ausdruckslosen Alabastergesichts. Allmählich hob Ligeia ihr Haupt und die sinnenden, beinahe bald prophetisch anmutenden, gehauchten Worte verstummten. Contenance. Die Zeit der Besinnung war vorbei.
Der Wagen war zum Stillstand gekommen, der Motor verstummt. Vor ihr erhob sich die majestätische Kulisse jener Kunstakademie zu Finstertal.
"Warte hier auf mich, Lenore. Ich schätze es wird nicht all zu lange dauern."
Mehr sprach die Malkavianerin nicht zu ihrer Ghulin ehe sie nach ihrer Tasche griff, die Tür öffnete und in fließender Bewegung aus der Fahrerkabine entfleuchte. Beiläufig, wie sie die Beifahrertür wieder schloss, blieb ein lauter Knall aus.
Stand das Portal offen oder nicht, tat es diese Nacht doch nichts zur Sache. Raven betrat das Toreador-Refugium mit aller ihrem Sinnen angemessenen respektvoller Würde, adrett gekleidet in eine schwarze, durchaus weiblich-elegante Kombination aus Bleistiftrock und Blazer. Der glänzende Seidenstoff kontrastierte deutlich mit der schneeweißen Haut der Untoten, welche jeden noch so kleinen Strahl des Mondlichts förmlich zu reflektieren schien.
Den Weg zum Büro des Prinzen -oder eher: dem entsprechenden Vorzimmer- hatte sie sich eine Nacht zuvor eingeprägt und fand ihn entsprechend auch ohne größere Anstrengung.
So kam sie dort schließlich an, vor der großen, ehrwürdigen Tür zum Herzen der kainitschen Bürokratie innerhalb der Stadt der Düsternis. Nicht allein. Ein Funke ward entfacht.
Einmalig, entschlossen, jedoch nicht brachial betätigte Ligeia den beeindruckenden, kunstvoll gearbeiteten Türklopfer und wartete folgend, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, ob man sie zu solch fortgeschrittener Morgenstunde wohl noch hereinbitten würde.
Lenore lenkte den Van Richtung Akademie während Ligeia nachdenklich auf dem Beifahrersitz verharrte, die in schwarze Overknee-Stiefel gehüllten Beine überkreuzt, den Blick, leer und alle visuellen Impulse übersehend, nach draußen gerichtet.
Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Psychiaterin in diesem Moment zwar körperlich, in keinem Falle jedoch geistig als anwesend zu bezeichnen war.
Mental ließ sie noch einmal jenes eine, höchst bedeutsame Gespräch Revue geschehen. Inhalte wurden ein letztes Mal erwogen und eingeordnet, Anliegen priorisiert, Worte auf die Goldwaage gelegt, Optionen selektiert. Man hatte sich soweit entschieden und war einig. Vorerst waren die getroffenen Beschlüsse bindend und mussten bloß noch überbracht werden. Dazu war sie nun hier.
Aas also. Nun, kein Novum für einen Raben. Nichtsdestotrotz existierten doch auch Formen fleischlichen Verfalls, welche selbst den Corvus Corax anzuwidern taugten. Nicht dass sie eine Wahl gehabt hätte. Allein stand es in ihrer Macht einen bescheidenen Vorschlag zu unterbreiten und in seinem treuen, aber ganz und gar possierlichen, erheiternden Wesen war selbiger vorläufig angenommen worden.
War sie für diese Sache die rechte Wahl? Mitnichten! Niemals! Nimmermehr! Ein Factum von keinerlei Relevanz. Selbiges dürfte bloß niemandem sonst gewahr werden. Dazu jenes zu gewährleisten wiederum war die Doktorin geradezu prädestiniert. Darüber hinaus konnten dergleichen Dinge durchaus zur Unterhaltung taugen. Doch hatte die Mondtochter nicht bedeutsameres, gravierenderes, ungleich gewichtigeres zu verrichten als dem eigenen Amüsement zu frönen?
Vehementes Negieren. Sie hatte einen Auftrag zu erfüllen. Nicht umsonst hatte Selene die nicht-Tote in ihren Schein getaucht, durch den heiligen Ägidius taufen lassen, sie vom Lager des Pluto hinfort gerissen, dem Anubis gehöhnt und die Nephtys beschworen. Alle Dinge gingen den ihnen vorbestimmten Gang.
Natürlich taten sie dies. So keimte auch kein Zweifeln oder Zaudern in der Brünetten. Dennoch entsprach es ihrem Charakter zu hinterfragen.
Die Anliegen wurden erörtert. Erhebendste Gnade der Einsicht! Dafür ganz ohne Aussichten.
Doch thronte dort, auf dem verborgenen, tiefen Hügel nicht jene Schlange am Quell? Geflügelt der lange, obszöne Leib des Lindwurms, bereit jene wie diese Seite zu ereilen?
"In the sea without lees
Standeth the bird of Hermes
Eating his wings variable
And maketh himself yet full stable…
The bird of Hermes is my name, eating my wings to make me tame."
Schärfe trat erneut in die verklärten Smaragde des ausdruckslosen Alabastergesichts. Allmählich hob Ligeia ihr Haupt und die sinnenden, beinahe bald prophetisch anmutenden, gehauchten Worte verstummten. Contenance. Die Zeit der Besinnung war vorbei.
Der Wagen war zum Stillstand gekommen, der Motor verstummt. Vor ihr erhob sich die majestätische Kulisse jener Kunstakademie zu Finstertal.
"Warte hier auf mich, Lenore. Ich schätze es wird nicht all zu lange dauern."
Mehr sprach die Malkavianerin nicht zu ihrer Ghulin ehe sie nach ihrer Tasche griff, die Tür öffnete und in fließender Bewegung aus der Fahrerkabine entfleuchte. Beiläufig, wie sie die Beifahrertür wieder schloss, blieb ein lauter Knall aus.
Stand das Portal offen oder nicht, tat es diese Nacht doch nichts zur Sache. Raven betrat das Toreador-Refugium mit aller ihrem Sinnen angemessenen respektvoller Würde, adrett gekleidet in eine schwarze, durchaus weiblich-elegante Kombination aus Bleistiftrock und Blazer. Der glänzende Seidenstoff kontrastierte deutlich mit der schneeweißen Haut der Untoten, welche jeden noch so kleinen Strahl des Mondlichts förmlich zu reflektieren schien.
Den Weg zum Büro des Prinzen -oder eher: dem entsprechenden Vorzimmer- hatte sie sich eine Nacht zuvor eingeprägt und fand ihn entsprechend auch ohne größere Anstrengung.
So kam sie dort schließlich an, vor der großen, ehrwürdigen Tür zum Herzen der kainitschen Bürokratie innerhalb der Stadt der Düsternis. Nicht allein. Ein Funke ward entfacht.
Einmalig, entschlossen, jedoch nicht brachial betätigte Ligeia den beeindruckenden, kunstvoll gearbeiteten Türklopfer und wartete folgend, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, ob man sie zu solch fortgeschrittener Morgenstunde wohl noch hereinbitten würde.