Kalliope
Kainit
- Registriert
- 27. Februar 2012
- Beiträge
- 930
Die Brünette brachte den Wagen zum Stillstand. Es war kein weiter bemerkenswertes Automobil. Nicht sonderlich schön, nicht nagelneu, aber auch nicht veraltet.
Van war wohl die adäquate Bezeichnung für diese Art Gefährt, bei der die Fahrerkabine unmittelbar mit einem durchaus beachtlichen Laderaum verbunden war. Vollkommen blick- und damit auch lichtdicht barg der sitzlose Bereich neben einigen persönlichen Gegenständen und Gepäck auch eine durchaus annehmbare Reiseunterkunft für die Beifahrerin.
Deren regelrecht kränklich blasse Haut suggerierte einem potentiellen Betrachter alles andere als eine Sonnenanbeterin vor sich zu haben.
Dennoch sah sie modest aus in ihrem kurzen schwarzen Rock und dem tief ausgeschnittenen, sehr figurbetonten schwarzen Seidenblazer. Das lange, dunkel braune Haar hatte sie in einen Zopf gebunden.
Mit einem Klaken öffnete sie die Tür und setzte die in schwarze Overkneestiefel gehüllten Füße auf den Asphalt. Um sie herum Grün. Kühle Nachtluft empfing die Kainitin vor allen anderen hier in dieser fremden und doch so unleugbar bekannten Stadt.
Finstertal also.
Dr. Raven ließ den Blick stechend grüner Augen über die Umgebung schweifen. Ihre schneeweiße Stirn legte sich in Falten. Etwas an diesem Ort...
Sie schlug die Lider nieder. Ein seichtes, jedoch fraglos zufriedenes Schmunzeln kräuselte die vollen, rot geschminkten Lippen.
Sie konnte ihn spüren. Es war nicht lange her, dass der Mond über diesen Gefilden geschienen hatte. Höchstens 24 Stunden.
Sie war nicht allein. Wie könnte sie auch? Hier in der Hämisphere jener längst erkalteten Glut?
Und die Nacht war noch so jung! Ob es ratsam wäre der dringlichen Sehnsucht umgehend nachzugeben? So nah... Doch waren organisatorische Fragen zumeist unabdingbare Notwendigkeiten der ersten Nacht in einer neuen Domäne - obgleich es sich hierbei für die Untote stets um eine unliebe Bürde handelte. Die Aufwartung machen, den Hof kehren, die entscheidenden Formalien und Bräuche der Stadt erfragen. Und Unmengen an neuen Bekanntschaften machen.
Ein Gedanke, welcher der schönen Bleichen nach wie vor ein Gräuel war.
//Wir sollten gehen... Ich glaube sie kreuzen unseren Weg ja doch und das steht ja auch in unserem Interesse. Nicht, dass sie nicht stets bei uns wären... doch Gesichter sind dem Geiste zuweilen fremd.//
Eine Tatsache, welche die Psychiaterin nicht zu leugnen vermochte.
"Nicht zu vergessen, dass für eine behaglichere Unterkunft gesorgt sein will..." entgegnete die Kainitin der schalllosen Stimme sinnend.
Dr. Raven sah nachdenklich auf und lehnte sich ein Stück weit an den Wagen hinter ihrem Rücken an.
Was war von diesem Ort zu erwarten? Montresor oder Morella? Oder sollten es gar Geieraugen sein, deren Bann sie sich nicht würde entziehen können?
Doch blieb ihr Anliegen in jedem Falle identisch. Und um dessen Erfolg zu gewährleisten würde sie zunächst den formalen Ansprüche Genüge tun müssen.
Ihre Geschwister würden sie finden, fraglos. Und wenn nicht diese sie, dann doch umgekehrt.
Formalien... Allein das Wort bereitete ihr Ungemach denn es beinhaltete auf der Sinnebene so viele kleine Widerlichkeiten der kainitischen Gesellschaft. Nicht, dass das Reglement als solches der Untoten nicht behagt hätte. Es war eher die Ausgestaltung der konkreten Instanzen, welche erfahrungsgemäß selten ihrem Gusto gerecht wurde.
Und doch kam sie nicht darum herum. Das Aas gehörte nuneinmal zum Alltag des Raben - und bereitete diesem nicht selten auch einen schlichten Genuss.
Aas...Verwesung, Vergangenes.
Nein, es half ja doch nichts. Ihre Gedanken, getragen von lieblichem Flüstern kehrten stetig wieder zu jener einen Stelle zurück. Es war nicht bloß die schiere Neugierde auf das, was man hier und da als den "Engelsmacher der Kainskinder" oder "ein Himmelfahrtskomando im Gewande einer Stadt" bezeichnete, die sie hier her getrieben hatte.
Manche Geschichte nahm nuneinmal unangenehme Wendungen. Aber deren mangelnder Komfort entließ den im Strom der Finsternis vom Mond geführten Wanderer nicht des ihm vorbestimmten Weges.
Und als renomierte Psychiaterin musste Dr. Raven trotz allem gestehen, dass es auch in gewissem Maße einer Art Deformation Professional geschuldet sein musste, dass ausgerechnet Finstertal ihr Interesse geweckt hatte.
Wo sonst ließen sich wohl ganz außerordentliche Feldstudien die eigene Art betreffend durchführen wenn nicht hier? Aber dafür müsste sie zunächst der Gesellschaft als solcher vorstellig werden.
Die Untote gönnte sich die Illusion eines Seufzers.
Van war wohl die adäquate Bezeichnung für diese Art Gefährt, bei der die Fahrerkabine unmittelbar mit einem durchaus beachtlichen Laderaum verbunden war. Vollkommen blick- und damit auch lichtdicht barg der sitzlose Bereich neben einigen persönlichen Gegenständen und Gepäck auch eine durchaus annehmbare Reiseunterkunft für die Beifahrerin.
Deren regelrecht kränklich blasse Haut suggerierte einem potentiellen Betrachter alles andere als eine Sonnenanbeterin vor sich zu haben.
Dennoch sah sie modest aus in ihrem kurzen schwarzen Rock und dem tief ausgeschnittenen, sehr figurbetonten schwarzen Seidenblazer. Das lange, dunkel braune Haar hatte sie in einen Zopf gebunden.
Mit einem Klaken öffnete sie die Tür und setzte die in schwarze Overkneestiefel gehüllten Füße auf den Asphalt. Um sie herum Grün. Kühle Nachtluft empfing die Kainitin vor allen anderen hier in dieser fremden und doch so unleugbar bekannten Stadt.
Finstertal also.
Dr. Raven ließ den Blick stechend grüner Augen über die Umgebung schweifen. Ihre schneeweiße Stirn legte sich in Falten. Etwas an diesem Ort...
Sie schlug die Lider nieder. Ein seichtes, jedoch fraglos zufriedenes Schmunzeln kräuselte die vollen, rot geschminkten Lippen.
Sie konnte ihn spüren. Es war nicht lange her, dass der Mond über diesen Gefilden geschienen hatte. Höchstens 24 Stunden.
Sie war nicht allein. Wie könnte sie auch? Hier in der Hämisphere jener längst erkalteten Glut?
Und die Nacht war noch so jung! Ob es ratsam wäre der dringlichen Sehnsucht umgehend nachzugeben? So nah... Doch waren organisatorische Fragen zumeist unabdingbare Notwendigkeiten der ersten Nacht in einer neuen Domäne - obgleich es sich hierbei für die Untote stets um eine unliebe Bürde handelte. Die Aufwartung machen, den Hof kehren, die entscheidenden Formalien und Bräuche der Stadt erfragen. Und Unmengen an neuen Bekanntschaften machen.
Ein Gedanke, welcher der schönen Bleichen nach wie vor ein Gräuel war.
//Wir sollten gehen... Ich glaube sie kreuzen unseren Weg ja doch und das steht ja auch in unserem Interesse. Nicht, dass sie nicht stets bei uns wären... doch Gesichter sind dem Geiste zuweilen fremd.//
Eine Tatsache, welche die Psychiaterin nicht zu leugnen vermochte.
"Nicht zu vergessen, dass für eine behaglichere Unterkunft gesorgt sein will..." entgegnete die Kainitin der schalllosen Stimme sinnend.
Dr. Raven sah nachdenklich auf und lehnte sich ein Stück weit an den Wagen hinter ihrem Rücken an.
Was war von diesem Ort zu erwarten? Montresor oder Morella? Oder sollten es gar Geieraugen sein, deren Bann sie sich nicht würde entziehen können?
Doch blieb ihr Anliegen in jedem Falle identisch. Und um dessen Erfolg zu gewährleisten würde sie zunächst den formalen Ansprüche Genüge tun müssen.
Ihre Geschwister würden sie finden, fraglos. Und wenn nicht diese sie, dann doch umgekehrt.
Formalien... Allein das Wort bereitete ihr Ungemach denn es beinhaltete auf der Sinnebene so viele kleine Widerlichkeiten der kainitischen Gesellschaft. Nicht, dass das Reglement als solches der Untoten nicht behagt hätte. Es war eher die Ausgestaltung der konkreten Instanzen, welche erfahrungsgemäß selten ihrem Gusto gerecht wurde.
Und doch kam sie nicht darum herum. Das Aas gehörte nuneinmal zum Alltag des Raben - und bereitete diesem nicht selten auch einen schlichten Genuss.
Aas...Verwesung, Vergangenes.
Nein, es half ja doch nichts. Ihre Gedanken, getragen von lieblichem Flüstern kehrten stetig wieder zu jener einen Stelle zurück. Es war nicht bloß die schiere Neugierde auf das, was man hier und da als den "Engelsmacher der Kainskinder" oder "ein Himmelfahrtskomando im Gewande einer Stadt" bezeichnete, die sie hier her getrieben hatte.
Manche Geschichte nahm nuneinmal unangenehme Wendungen. Aber deren mangelnder Komfort entließ den im Strom der Finsternis vom Mond geführten Wanderer nicht des ihm vorbestimmten Weges.
Und als renomierte Psychiaterin musste Dr. Raven trotz allem gestehen, dass es auch in gewissem Maße einer Art Deformation Professional geschuldet sein musste, dass ausgerechnet Finstertal ihr Interesse geweckt hatte.
Wo sonst ließen sich wohl ganz außerordentliche Feldstudien die eigene Art betreffend durchführen wenn nicht hier? Aber dafür müsste sie zunächst der Gesellschaft als solcher vorstellig werden.
Die Untote gönnte sich die Illusion eines Seufzers.