"Oliver hat sich kurz nach unserer Ankunft, oben zur Ruhe begeben. Seit dem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Wie ich ihn kenne, wird er den morgigen Abend in kleinen Schritten und allen möglichen Verlaufsformen durchgehen und sich entsprechend vorbereiten. Was solche Dinge angeht, ist er Pefektionist. Er ist vollkommen darauf fixiert..."
Das schmale Lächeln blieb auf den Lippen der Toreador. Ihre Körpersprache wies auf Respekt und vorsichtigem Vertrauen hin, war möglicherweise aber auch vorgetäuscht. Magdalena Cruiz war eine der begabtesten Schauspielerinnen des letzten Jahrhunderts. An Oliver Buchet gebunden, bevor sie Karriere hätte machen können, trotzdem außerordentlich begabt. Lenas Körper tat nichts ohne ausdrückliche Erlaubnis, bei ihr gewann das Wort Körperbeherrschung eine vollkommen neue Bedeutung.
Dinge, die man ahnen jedoch niemals sehen oder spüren konnte.
Ihre Signale waren perfekt gesetzt und durchweg glaubwürdig.
"Vielen Dank übrigens für Ihre Sorge, ähnliche Gedanken hatte ich bereits selbst. Aber die Dunkelheit ist ein fester Bestandteil von mir geworden. Die Dunkelheit als Abwesenheit von Licht, nicht von charakterlicher Eignung, wie ich hinzufügen muss, ich bin wieder ganz die Alte. Lena Cruiz, die gute Seele der Elysien... aber das war lange bevor Sie hier eintrafen. Außerdem verliere ich mich in Nebensächlichkeiten. Was ich sagen wollte: Mir ist bewusst, dass ich unheimlich erscheine. Aber meinen Sie nicht, dass es noch verstärkt würde, wenn ich diesen besonderen Teil meines Seins verbergen würde? Das ich besessen war, von der Seele der Lasombra ist kein Geheimnis mehr, dass ich mittlerweile gesundet bin ebenfalls. Ich habe mich also dazu entscheiden so zu sein, wie ich jetzt bin. Ich habe eine große Vorliebe für Offenheit, besonders wenn es darum geht Vertrauen zu gewinnen."
Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und wirkte dabei fast mädchenhaft schüchtern.
"Sicherlich haben Sie recht! Lasombra erkennen, dass es etwas gibt das hinter der Dunkelheit lauert. Etwas das noch Schwärzer ist als die tiefste Nacht und das kälter ist als das All. Es ist verlockend, nach diesem mächtigen Etwas zu forschen und sich vollständig darin zu verlieren. Das ist wohl der Moment, in dem das Dunkel gewinnt und der Lasombra in Abhängigkeit fällt? Allerdings wird das auf mich niemals zutreffen. Ich bin keine Lasombra, ich bin als Toreador erzogen, eine Schauspielerin. Ich mag das Licht, ich mag die Welt. Die Natur, die Kunst, Bilder, Filme, das Leben auf den Straßen und alles was damit zusammenhängt. Ich gebe jedoch zu, dass der Schutz der Dunkelheit etwas ist, dass ich nicht mehr missen möchte. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich will mich nicht rechtfertigen, es ist nur alles so kompliziert geworden und ich muss zugeben, dass ich überall Abneigung und Misstrauen spüre. Es mag nur meinen Ängsten entspringen, aber ich wünsche mir nichts mehr, als einfach nur verstanden zu werden...."
Ein durch und durch aufrichtiges Lächeln trat auf ihre Lippen.
"Ich muss Sie langweilen, verzeihen Sie mir bitte!"