[12.05.2008] Ein alter Weg endet, ein neuer beginnt

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The Fnord

Guest
Nachdem Jack sich mit Doktor Thürmer im Stadtteil Burgh traf und einige essentielle Informationen über die Stadt erlangen konnte, begab er sich zielstrebig zur Kunstakademie. Er wollte die Anmeldung möglichst schnell und in aller Form über die Bühne bringen. Jack respektierte diese Regel seitens der Camarilla. Außerdem legte er wenig Wert auf eine all zu frühe Bekanntschaft mit der hiesigen Geißel.

Bevor er jedoch aus seinem SUV ausstieg, wechselte er seine Garderobe von Freizeitkleidung auf Galakleidung. Er trug nun einen schwarzen Anzug mit weißem Nadelstreifenhemd. Die obersten zwei Knöpfe ließ er offen. Es betonte seinen legeren Stil und war dennoch elegant. Nur auf die unpassenden Cowboystiefel mit dem rotbraunen Leder konnte er nicht verzichten. Zum Glück sah man unter den Hosenbeinen nur die Schuhspitzen und deren winzige Metallbeschläge.

Die Kunstakademie war dank des im Geländewagens eingebauten Navigationsgeräts nicht schwer zu finden; der von Doktor Thürmer erwähnte Seiteneingang hingegen schon.

Jack musste erst zwei Mal um das ganze Gebäude umzu gehen, bis er sich einigermaßen sicher sein konnte vor der richtigen Tür zu stehen. Er klopfte dezent und doch hörbar an die Eingangspforte.
 
Die Kameras über der Tür hatten den Mann schon lange entdeckt und sich surrend auf ihn eingestellt, so dass klopfen eigentlich überflüssig war, doch dennoch klickte das Schloss erst als er dies tat, jemand schien darauf gewartet zu haben.
Dieser Jemand war eine Frau mit blonden Haaren, einem gewinnenden Lächeln und einem Etuikleid, das kaum an reizt zu überbieten war, überhaupt würde das Sexappeal jeden Mann umwerfen, der nicht ganz abgestumpft war.

Sie sah ihm gespannt entgegen. Was hier doch ständig für Leute reinschneiten.
 
Jack trat entschlossen durch die Eingangstür. Entweder konnte er die Kameras nicht entdecken oder er interessierte sich schlichtweg nicht für die Überwachungsgeräte. So umwerfend die blonde Frau auch aussehen mochte, Jack ließ dies ziemlich kalt. Zu Lebzeiten war er homosexuell, was er als Mensch jedoch stets verheimlichte. Die konservativen Südstaaten waren kein guter Ort für einen offenen Umgang mit der eigenen Sexualität und als Katholik machte man solche Dinge ohnehin nicht publik. Bis heute hatte dieses Relikt einer religiösen Institution nichts dazugelernt und diffamierte gleichgeschlechtliche Liebe energisch als Krankheit, die es zu heilen galt.

Die Warnung des Herrn Doktor Thürmer bahnte sich erneut einen Weg in Jacks Gedanken. Sollte er einer blonden Frau in der Kunstakademie begegnen, so würde es sich dabei aller Wahrscheinlichkeit nach um die Archontin handeln. Standesgemäß verbeugte er sich tief vor ihr. Jack versuchte sich zu erinnern, wie man den Nachnamen der Archontin korrekt aussprach. Er versuchte trotz fehlender Französischkenntnisse sein Bestes. Er hoffte nur, dass die Aussprache des Doktors möglichst authentisch war.

"Guten Abend, Madame d'Auvergne. Es ist mir eine Ehre, Sie kennenlernen zu dürfen. Mein Name ist Jack Cunningham, Neugeborener des Clans der Gelehrten."
 
Eigentlich war die Aussprache eine Beleidigung der französischen Sprache, denn selbst wenn es Thürmer richtig ausgesprochen hatte, da er es bestimmt in den Südstaaten mit französisch sprechenden Leuten (gut, sie sprachen bestimmt nicht korrekt, aber immerhin) zu tun gehabt hatte, so klang es aus Jacks Mund als hätte er vergessen, den Kaugummi oder die Zigarre aus dem Mund zu nehmen.

"Guten Abend, Herr Cunningham, was führt sie denn in diese Stadt?" erkundigte sich Sybille und deutete auf einen Stuhl. "Bitte setzen sie sich doch."

Man merkte ihr nicht an, dass es sie doch schon sehr irritierte, dass er ihren Namen überhaupt kannte.
 
Mit einem respektvollen Nicken setzte sich Jack auf den ihm angebotenen Stuhl und strich sich beiläufig die Haare zur Seite.

"Gemäß der fünften Tradition der Camarilla möchte ich einen Antrag auf Gastrecht stellen. Mich führen einzig berufliche Angelegenheiten in Ihre Domäne. Seien Sie sich jedoch versichert, dass diese keineswegs in Konflikt mit den Bedürfnissen und Belangen der Kainskinder Finstertals stehen. Ich bewege mich als Musiker ohnehin zum Großteil in der Gesellschaft von Sterblichen. Die künstlerische Unterhaltung der Menschen ist mein täglich Brot."
 
"Ich hoffe, sie sind sich dessen bewußt, wie sensibel der Umgang mit den Sterblichen ist", meinte die Ventrue. "Haben sie hier schon Engagements?" Nun schien sie wirklich interessiert.
"Wie lange gedenken sie denn in dieser Stadt zu bleiben? Das hat schließlich Einfluss auf das Verfahren das für ihre Aufnahme in die ansässige Gesellschaft notwendig ist."
 
Jack hatte solche Aufnahmegespräche schon unzählige Male geführt. Mit Amtsinhabern der Camarilla, mit Anarchen in den Freistaaten und auch nicht selten mit den völlig abgefahrenen Vertretern des Sabbat. Er wusste, welche Geschichten seine Gesprächspartner dabei hören wollten.

"Natürlich bin ich mir der Verantwortung im Umgang mit den Menschen bewusst. Meinen jetzigen Beruf übe ich bereits seit meiner Freisprechung in den 80er Jahren aus. Mein Verhalten obliegt einer selbstverständlichen Professionalität innerhalb des Gewerbes. Auch wenn ich Ihre Sorgen durchaus verstehe, kann ich diese besten Gewissens als unbegründet zurückweisen. Wie Sie selbst sehen, bereite ich mich vor der Ankunft in einer neuen Stadt stets vor. Mein Agent sicherte mir in den nächsten Nächten einen Auftritt in der Lokalität Black Hammer zu. Weitere Konzerte können spontan natürlich immer anfallen. Das hängt ganz von der städtischen Musikkultur Finstertals ab. Ich beschränke mich schließlich nicht nur auf eine einzelne Art von Genre. Sobald sich in der Stadt herumspricht, dass ich hier bin, könnten weitere Lokalbesitzer Interesse an einer Zusammenarbeit bekunden. Zudem hat mir mein Agent die Möglichkeit offenbart, neue Lieder im örtlichen Tonstudio Klangfabrik aufzunehmen. Desweiteren könnte ich mich mit Sicherheit für einige Jamsessions mit anderen Musikern begeistern lassen.
Aktuell gehe ich jedoch nicht von einem längeren Zeitraum als zwei bis drei Wochen aus. Zwar endet meine aktuelle Tournee in Finstertal, doch ich möchte die Gastfreundschaft keinesfalls überstrapazieren. Anhand des Tourneeplans auf meiner Internetseite können Sie zudem verfolgen, in welchen Domänen ich zuletzt gastierte. Dies kann für Ihre Überprüfung meiner Person sicherlich hilfreich sein. So gastfreundlich man auch sein mag, einen völlig Fremden möchte sich niemand in sein Zuhause einladen."
 
"Haben sie denn bei den verantwortlichen Stellen für Medien erkundigt und die Erlaubnis eingeholt?" kam die Gegnfrage von Sybille. "Was das Black Hammer angeht, so ist zu sagen, dass Herr Pareto im Moment nicht in der Stadt ist und somit für mich nicht klar ist, ob mit ihrerm Auftritt dort alles klargeht. Haben sie einen Vertrag oder eine andere Bestättigung. Um wen handelt es sich denn bei ihrem Agenten?"

Sie hatte von ihm noch nichts gehört, aber das was er machte, war schließlich auch keine Musik. Dennoch nahm sie eine Mappe aus der Schublade und reichte sie Jack an.

"Ich möchte sie bitten, diese Unterlagen auszufüllen und an mich möglichst umgehend zurück zureichen. Sie finden darin auch eine Liste über alles wissenswerte und alles was sie beachten müssen. Eine Unterkunft finden sie im Hotel "El Privilego". Wenn sie gedenken, länger in der Stadt zubleiben und das Bürgerrecht erworben haben, können sie sich selbstverständlich auch eine feste Unterkunft suchen."
 
"Eine Erlaubnis der verantwortlichen Stelle für Medien?", fragte Jack leicht verblüfft. "Ist dies eine Sonderregelung in Ihrer Stadt von der mir selbst die besten Informationsbeschaffer nichts berichten konnten? Oder spielen Sie gerade bloß mit mir und wollen dem Neuen ein wenig auf den Zahn fühlen?"

Jack setzte bei den Fragen sein charmantestes Lächeln auf und lehnte sich interessiert nach vorne in Richtung seiner Gesprächspartnerin. Seine grünen Augen strahlten direkt in Sybilles Blick während er sich mit der Hand beiläufig durch das lange Haar fuhr. Auch wenn er kein echtes Interesse an ihr hatte, konnte er dieses zumindest gut vortäuschen.

"Mein Manager heißt Jürgen Spilles. Er lebt und arbeitet bei der berliner Musikagentur Bluesky. Soweit ich weiß hat er sämtliche Rahmenbedingungen um den kommenden Auftritt im Black Hammer mit dessen Geschäftsführer besprochen. An dessen Namen erinnere ich mich nicht mehr genau, doch es war keinesfalls Enio Pareto. Dabei muss es sich um den Eigentümer handeln. Einen entsprechenden Vertrag über den Auftritt gibt es definitiv. Mein Agent und ich besprachen die einzelnen Konditionen erst gestern Abend am Telefon. Ich werde Ihnen gern eine seiner Karten für entsprechende Rückfragen Ihrerseits überreichen."

Jack zog seine Brieftasche hervor und übergab Sybille im Austausch mit der Mappe die Visitenkarte seines Agenten.

Wie kann die Archontin wissen, dass sie Jacks Musik nicht als Musik bezeichnen würde, wenn sie diese noch nie gehört hat und auch über Jacks Musikerdasein selbst nichts weiß? ;)
 
Out of Character
naja, er sieht nicht so aus, als ob es ihr gefallen könnte, außerdem Brujah und ich denke echt nicht, dass das Black Hammer was für sie wäre.


"Ist es denn in Berlin nicht so, dass Kainskinder Einfluss auf die Menschenwelt nehmen?" fragte Sybille zurück und lächelte. "Und zu welchem Clan gehört ihr Agent?" Sei blickte auf die Karte, der Name sagte ihr zumindest garnichts. Er würde wohl schon deutlicher werden müssen, wenn es sein Guhl war. Die Vorstellung, dass er sich hinter einem Menschen versteckte und dann annahm, dass er deswegen tun und lassen könnte, was er wollte schien ihr amüsant. Eine Agentur Bluesky sagte ihr jedenfalls nichts. Nun, sie würde wohl etwas nachforschen müssen, wenn sie die Mappe zurück hatte.
 
"Ich gehe stark davon aus, dass die Kainskinder Berlins oder anderer Domänen ebenfalls Einfluss auf die Menschen ausüben. Aber wie sie das tun und ob sie dafür extra Institutionen haben ist mir nicht bekannt. Ich bin nie besonders lange an ein und dem selben Ort. Ich komme in eine Domäne, melde mich an, respektiere die Traditionen und kümmere mich danach um meine eigenen Angelegenheiten. Meine Zeitfenster gestatten mir in den meisten fällen keine langen Aufenthalte. Bisher gab es damit keine Probleme. Wie gesagt, Sie können gern die Stadtführung der Domänen auf meinem Tourneeplan kontaktieren. Es würde mich sehr wundern, wenn jemand Schlechtes über meine Person zu berichten hätte."

Jack schien äußerst verwundert, als Sybille nach dem Clan seines Agenten fragte. Ebenso überrascht wirkte auch seine Antwort.

"Herr Spilles ist keiner der unseren Art. Er ist ein freier Mensch und hat von unserer Daseinsform nicht die geringste Ahnung. Die Agentur Bluesky nahm mich unter Vertrag, als ich ihnen einige meiner Blues-Rock Aufnahmen zukommen ließ. Zwar spiele ich auch andere Stilrichtungen, doch ihre Marketingabteilung fand Mittel und Wege diese ebenfalls gewinnbringend zu unterstützen. In den Augen meines Agenten bin ich lediglich ein extravaganter Musiker, der lange schläft und sich während der späten Abendstunden ins Nachtleben stürzt. Sofern Sie sich die Frage stellen warum ich ihn nicht an mich gebunden und eingeweiht habe, so muss ich Ihnen mitteilen, dass ich nichts von Sklaverei halte. Die Existenz als Mensch ist schon schwer genug. Da muss ich die Situation für den Einzelnen nicht auch noch verschlimmern. Leben und leben lassen. Ich mag diese Philosophie. Sie mag sehr simpel wirken, doch für mich hat sie immer gut funktioniert."

Stimmt, Black Hammer - da war ja was. ;) Pardon!
 
"Jaja, und wenn sie könnten würden sie vermutlich, jetzt lieber ohne alle Kräfte und ohne Jugend würdelos in einem Altenheim rumliegen und warten bis ihnen jemand den Hintern abwischt." Immer diese Scheinheiligkeit von manchen Kainskindern, wenn man Guhle gut behandelte und ihren Wert richtig schätzte, war es nicht wirklich so schlimm. So sah es jedenfalls Sybille und Abhängigkeiten gab es doch zu Hauf, ob es jetzt Zigaretten, Alkohol oder Fernsehen war ... Also was für ein blödes Gerede.
"Wenn sie sich einen Sterblichen suchen, der in nichts eingeweiht ist, dann müssen sie sich eben um solche Sachen im Vorhinein kümmern, ist viel Arbeit, aber Desinteresse, Unwissenheit und Ignoranz schützt vor Strafe nicht."

Sie sah ihn streng an, für was hielt sich dieser schlechte Abklatsch von John Lenon denn? Es fiel ihr wirklich etwas auf, damit würde sie ihn vielleicht dran kriegen, mal sehen, was die Nachforschungen ergaben.

"Aber wie schon gesagt, bringen sie mir möglichst schnell die Mappe zurück."
 
Jack nahm seine Brille ab. Nachdem er ein kleines Tuch aus seiner Hosentasche gezogen hatte, putzte er die Gläser seiner Brille. Er folgte jedoch aufmerksam den Ausführungen der Archontin und ließ auch den Blickkontakt nicht abbrechen. Trotz ihrer offenen Ablehnung seiner Person reagierte er sehr ruhig und immer noch freundlich.

"Wer sagt, dass ich meiner jetzigen Existenzform nichts abgewinnen kann? Es ist lediglich nicht in meinem Interesse andere Individuen durch meine Angelegenheiten zu beeinflussen. Ich verstehe ihren Argwohn gegenüber dieser Einstellung nicht. Aber auf der anderen Seite ist dies auch nichts, das mich persönlich zu interessieren hätte. Ich habe stets die Traditionen der Camarilla eingehalten, vielleicht sogar direkter als manch anderer, wenn man die Risiken von Maskeradebrüchen durch die Erschaffung von Ghulen genauer überdenkt. Doch wir müssen dieses Thema nicht unnötig lange ausführen. Jeder von uns hat seine entsprechende Meinung und dies ist auch gut so."

Jack setzte seine Brille wieder auf warf erneut einen prüfenden Blick auf die Mappe, welche derzeit auf seinem Schoß lag.

"Madame d'Auvergne, ich werde Ihnen die Unterlagen zur Anmeldung schnellstmöglich und sorgsam ausgefüllt zurückgeben. Gibt es noch weitere Punkte, die wir besprechen müssten? Ich möchte Ihre wertvolle Zeit nicht unnötig lange in Anspruch nehmen. Die organisatorische Führung der Domäne erfordert sicherlich viel Arbeit."

Gedanklich hatte Jack diese Unterhaltung schon längst beendet. Er war wenig begeistert von der Präsenz solch hochrangiger Camarillamitglieder innerhalb der Domäne. Andererseits hatte er sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen und vertraute seinen Instinkten. Für diese Nacht hatte er sich noch einiges vorgenommen und so wäre ihm ein baldiger Aufbruch mehr als gelegen gewesen.
 
Also einer derjenigen, dachte Sybille über die Ausführungen, dass ihm der Zustand ja wohl doch gefiel, aber ging dann nicht weiter drauf ein.

"Nun gut, dann kümmern sie sich um gewisse Dinge und verstecken sie sich nicht hinter uneingeweihten Menschen", sagte sie dann. "Sollten sie etwas aus der Mappe nicht verstehen, wird sie derjenige, der ihnen meinen Namen genannt hat bestimmt darüber aufklären und bringen sie die korrekt ausgefüllte Mappe innerhalb von 2 Nächten zurück."

Nein, sie berichtete ihm nicht davon, was hier in der Stadt gerade los war.
 
"Ich werde mich bereits gleich in die Unterlagen einarbeiten.", versichte Jack der Archontin.

Tatsächlich erweckte er den Eindruck, dass es sich dabei um eine wahrheitsgemäße Aussage handelte. Jack wollte sich die Unterlagen im Wagen genauer ansehen. Hier in der Kunstakademie fühlte er sich unwohl. Es war das Wissen um dieses Büro, das ihm Unbehagen bereitete. Das Wissen, er könne jederzeit ohne Probleme von der Archontin vernichtet werden. Die alten Wesen besaßen unvorstellbare Kräfte. Bereits in den Staaten sah Jack den ein oder anderen Ahn während seiner Reisen. Doch die Kräfte einer Archontin wagte er sich nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen auszumalen. Ohne seine sozialen Fähigkeiten wäre er hier wohl nicht sehr weit gekommen. In anderen Städten Deutschlands hatte er weniger Probleme. Die Stadt musste sich tatsächlich sehr im Aufruhr befinden, wenn die Camarilla so ranghohe Vertreter aussandte...
Jack stand auf und verbeugte sich zum Abschied respektvoll vor Sybille.

"Ich bedanke mich vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen noch eine angenehme Nacht."

Mit diesen Worten verließ Jack die Akademie und begab sich zügig, jedoch nicht auffällig schnell, zu seinem Wagen. Er lehnte an der Fahrertür des massigen Geländewagens und blickte gedankenverloren in den Nachthimmel.

Wo bin ich hier hinein geraten?, dachte er. Sein Blick fiel auf die Mappe, die er noch immer in der linken Hand hielt. Er schloss den Wagen auf, schaltete das Licht dauerhaft ein und zog die Tür hinter sich zu. Mit dem Zündschlüssel aktivierte er das Autoradio mit integriertem CD- und MP3-Spieler. Aus den Lautsprechern ertönte ein live aufgenommener Blues Rock Song. Der Gitarrist Michael Doke überzeugte dabei gekonnt mit einem flotten Slide Solo. Jack mochte solche Musik sehr gern. Sie erinnerte ihn an seine Heimat, die trotz all ihrer Unzulänglichkeiten immer einen festen Platz in seinem Herzen fand.

Aus dem Handschuhfach griff sich Jack einen College Block als Unterlage für die Mappe und einen Tintenfüller. Anfangs las er sich die allgemeinen Information zur Stadt und über die Lokalitäten durch. Konzentriert füllte er danach die Lücken im Fragebogen aus, die er problemlos beantworten konnte. Er hatte keine Probleme damit seine Abstammung und seine Erzeugerin zu nennen. Amy Gibson mochte ihn für sein früheres Verhalten und seine Entscheidungen nach der Freisprechung hassen, aber das interessierte Jack nicht besonders.

Die Aufenthaltsorte der letzten 5 Jahre? Wollte ihn die Stadtführung bei dieser Frage etwa auf den Arm nehmen? Jack war ein Nomade und nie länger als wenige Tage oder Wochen in ein und der selben Stadt. Als Antwort notierte er die Internetadresse seiner Homepage mit einem Verweis auf das Archiv mit den bisherigen Tourneedaten. Wer auch immer die Angaben zu überprüfen hatte würde anhand der vielen Daten sofort zu fluchen anfangen. Pro Jahr absolvierte Jack Deutschlandweit zwischen achtzig und einhundert Auftritte. Er spielte in so vielen großen und kleineren Städten, dass man als Besucher der Seite regelrecht von der Informationsflut gepackt und fortgespült wurde. Andererseits war dies jedoch nicht Jacks Problem. Die Angaben waren sehr präzise samt Datum aufgelistet. Man konnte ihm also nicht vorwerfen ungenaue Angaben zu machen.
Zudem notierte Jack, dass er im Januar 2006 einen kurzen Aufenthalt in Alexandria, Louisiana hatte. Wie er dem Doktor bereits berichtete, war Jack zu dieser Zeit bei der Beerdigung seines ehemaligen Warrant Officer Hugh Thompson aus dem Vietnamkrieg.

Zur Aufenthaltsdauer schrieb Jack zwei bis drei Wochen auf. Als Gründe gab er wie zuvor im Gespräch seine beruflichen Interessen an.

Es folgte die Nennung von zwei Leumundszeugen. Dies gestaltete sich äußerst schwierig, da es sich bei den einzigen zwei ihm bekannten Vampiren der Stadt um die Archontin und Doktor Thürmer handelte. Frustriert legte Jack den Hefter zwischen einen Stapel Musikzeitschriften im eingebauten Regal des hinteren Wagenbereichs wo sich auch eine Isomatte und Halterungen für seine Intrumente und das Zubehör befanden. Jacks Geländewagen war weder besonders schön, komfortabel oder kostensparend, doch er besaß unglaublich viel Stauraum und genau aus diesem Grund besaß er das Fahrzeug auch schon so lange.

Jack beschloss sich die Stadt genauer anzusehen und fuhr guter Dinge in die Nacht hinaus.
 
Sybille wartete bis er draußen war, dann schrieb sie eine Mail und erkundigte sich nach Jack, aber nach der Person mit dem Namen, den sie auf seiner Hundemarke gesehen hatte.
 
Chris Brown war er ein bekannter Country, Folk- und Blues-Rock-Musiker. Geboren wurde er in Montgomery, Alabama. Die Karriere als Musiker begann erst einige Jahre nach seinem Militärdienst in Vietnam, wo er 7 Jahre lang diente (mit 19-26 Jahren). Nach der Entlassung aus der US-Army im Jahre 1972 hatte Chris Brown starke Probleme während seiner Wiedereingliederung in die bürgerliche Gesellschaft aufgrund einer Rauschmittelsucht, die vermutlich durch traumatische Ereignisse in Vietnam ausgelöst wurde. Aufgrund von Beschaffungskriminalität hat er anderthalb Jahre im County Gefängnis von Alabama verbracht. Wieder auf freiem Fuß schlug er sich bis zu seinem musikalischen Durchbruch im Herbst 1974 mit Gelegenheitsjobs durch. 1978 starb Chris Brown laut Polizeibericht offiziell an einer Überdosis Heroin im Alter von 32. Als Veteran des Vietnamkriegs stand ihm ein von der US-Army finanziertes Grab zu. Die Inschrift lautete: May the bridges I burned light your way. Seine letzte Ruhestätte befindet sich noch heute auf dem Lincoln Memorial Friedhof des Montgomery County in Alabama.
Besonders sein virtuoses Gitarrenspiel im Blues-Rock gilt noch heute als eine der größten Revolutionen innerhalb des Genres. Nicht wenige Szene-Musiker geben an, dass sie stark von Chris Browns Stil inspiriert wurden. Er galt als Spezialist für das Spiel mit dem Bottleneck und war vor allem wegen seiner aufwendigen Slide Soli auf der Gitarre berühmt geworden. Zudem kombinierte er den klassischen Blues-Klang seiner Fender Telecaster mit starker Verzerrung und weiteren Effekten. Innovative Bendings und Pickings gehörten zu seinem Standardrepertoire. Neben der Gitarre spielte er auch Bass und Banjo.
 
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