[11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Renard

Blutsauger für Blutsauger
Registriert
13. Februar 2009
Beiträge
1.807
Thürmer saß auf einer Bank in der Nähe des Friedhofes. Irgendwie war es zwar etwas stereotyp, sich an einem Ort mit einer Caitiff auseinanderzusetzen, an dem man eine andere kennengelernt hatte, aber letzten Endes hatte er sich dann doch gegen die anderen Orte entschieden. Er fühlte sich einfach sicherer, wenn geweihter Boiden in der Nähe war, eine Vorliebe, die nicht jeder teilen mochte, aber zumindest für ihn ein wichtiger Bestandteil dessen, was bevorstand. So wie er die Tochter vom Boss kannte, würde es sicher lustig werden, wenn auch eher unlustig-lustig als unterhaltsam-lustig.

Der Mond schien hell durch die wenigen Wolken, die sich an das Firmament verirrt hatten und erleuchtete die Szene, da die flackernde, altersschwache Laterne wohl nicht wirklich zählte. Ein leiser Windhauch trieb eine Zeitung durch die leere Straße, die jedem, der es wissen wollte unwichtigen Kleinkram verkündete. Menschen hatten sich erst wenige in die Gegend verirrt. Ein oder zwei waren wohl vorbeigekommen, aber ansonsten schien die Atmosphäre, die über dem Ort hing, ihm viel Ruhe zu bescheren. Nicht jeder ging nachts auf einen Friedhof, richtig ?

Eine wichtige Frage bliebe, ob Jenny die Nachricht erhalten hatte. Immerhin wußte er nicht wirklich, wie tief sie in den toten Briefkästen der Verborgenen steckte und welche sie kannte und welche nicht. Aber das würde er im Laufe der Zeit wohl herausfinden. Viel wichtiger war doch, was bei ihrem Gespräch herauskam und vor allem, ob es ihm gelang, den richtigen Ton zu treffen. Es mochte zwar etwas ungewöhnlich sein, wenn ein Angehöriger seines Clans für deren Verhältnisse 'offen und ehrlich' auf jemanden wartete, aber konnte man einen Anwalt andererseits wirklich mit 'normalsterblichen' Katogorien bemessen ? Wollte man das überhaupt ?
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Vollkommen unverhofft trat Jenny aus den Schatten heraus. Offensichtlich beherrschte sie die Kunst des Sich Verbergens auch einigermaßen. Vielleicht nicht in dem Ausmaß in dem es die Nosferatu einsetzen konnten, aber doch genügend um einen für den Clan typischen Auftritte hinzulegen.

"Hey Gevatter!", sagte sie und legte zur Begrüßung zwei Finger an den Kopf. "Du wolltest mich sprechen? Hast Glück, ich bin die ganze Nacht schon seltsam unruhig und umtriebig. Kann an keinem Ort lange bleiben und bin ständig in Bewegung. Keine Ahnung ob's daran liegt das ich gestern Nacht einmal mehr an den ewigen Jagdgründen vorbeigeschrabbt bin oder einfach viel zu lange nicht mehr zugedröhnt war..."

Sie unterbrach sich um sich eine Zigarette anzustecken.

"Wie auch immer! Du wolltest mich sprechen, Onkel?"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Guten Abend."
Zugedröhnt, in Starre... Es gab da auch noch andere Möglichkeiten, aber die wollte er nicht gesondert erwähnen, nicht, daß man Jenny noch auf Gedanken brachte. Konnte man bei ihr schließlich nie wissen...

"Ja, das wollte ich. Ich weiß nicht, inwiefern du über die momentane Lage der Domäne im Bilde bist, beziehungsweise, was der Boß dir erzählt hat. Fakt bleibt, daß wir jetzt ein paar Archonten in der Stadt haben, wie mir ein Vertreter des Clans Ventrue freundlicherweise bestätigt hat. Die Implikationen die daraus folgen machen die Lage für uns damit ziemlich bedrohlich. Darüber wollte ich mich kurz unterhalten. Aber zunächst hoffe ich, daß du dich einigermaßen wieder erholt hast, war ja doch schon eine etwas haarige Sache vor dem Museum." Von den Konsequenzen ganz zu schweigen.
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Häh? Was issn ein Archont?

"Egal welche Krankheit sich die Stadt auch immer geholt haben mag, wir wussten das es irgendwann gefährlich werden kann. Die heutige Nacht ist da ebenso gut wie die Morgen oder irgendeine in der nächsten Woche."

Jenny zuckte unbeeindruckt mit den Schultern.

"Aber ich danke dir, dass du mir bescheid sagst! Nach dem was gestern Nacht geschehen ist, sind wohl einige der hohen Herren auf mich aufmerksam geworden. Wenn die also Ärger mit uns wollen, werden sie bei mir anfangen. Ich schlage vor, ihr zieht den Kopf ein bis wir wissen was diese Artischocken eigentlich genau von uns wollen. Hmm, vielleicht sorge ich noch für ein wenig Rabatz damit die nicht versehentlich einem von euch über die Füße stolpern? Nur um sicher zu gehen. Außerdem stelle ich es mir ganz spaßig vor...."

Es war klar, das Thürmer Jennys Standpunkt weder gutheißen, noch schweigend hinnehmen würde. Sie kannte den alten Advokaten und wusste das er eine vollkommen andere Meinung hatte als sie. Nicht das er ihren Standpunkt damit auch nur um einen Millimeter verrücken konnte. Aber der Versuch stand ihm zu und sie hatte entschieden ihm eine Chance zu geben sie zu erläutern. Was sonst hätte dieses Treffen für einen Zweck?
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Archonten. Sagen wir einfach die Art von Leuten, die in der Lage sind in der Stadt aufzutauchen und einen Prinzen rumzuscheuchen wie diese Prinzen ihr Fußvolk - in diesem Falle uns."

Zugegebenerweise etwas überspitzt, aber vielleicht wurde Jenny so klar, mit was für 'üblen' Typen sie es jetzt zu tun hatte. Hauptsache sie nahm es nicht als Herausforderung, was auch sehr gut möglich war. Und schon bereute er seine Worte wieder, nur, daß er sie schon gebraucht hatte.

"Jedenfalls käme jetzt wohl der Teil, in dem ich dich bitte, dich etwas zurückzuhalten, es ruhig anzugehen zu lassen und dich nicht allzustark ins Rampenlicht zu drängen. Aber da wir beide wissen, daß ich das genausogut der Laterne da drüben erzählen könnte, überspringe ich das und komme zum Eingemachten: Da die Archonten neu in der Stadt sind, werden sie vermutlich erst einmal versuchen, ihre Position zu zementieren, indem sie auf den Busch klopfen und das, was rauskommt entweder einspannen oder eben... plattmachen, wie man so schön sagt."

Das wäre jedenfalls das, was er täte, wenn er Archont wäre... Beziehungsweise was man eben so tat, wenn man in eine potentiell feindliche Umgebung kam, das hatte er ja nun schon mehrfach hinter sich.

"Da ich weiß, daß du erwähnte Predigt eher als Aufforderung verstehen würdest, wenn du es nicht schon hast, wollte ich nur folgende Dinge kurz anführen. Zuerst einmal denke ich ist es ganz gut, wenn du weißt, wie ich schon gestern dargestellt habe, jetzt Leute im Boot hast. 'Jenny Färber' war hier, wenn ich das richtig verstanden habe, eine ziemlich lange Zeit gleichbedeutend mit 'Anarchen der Stadt'. Daß dies nicht mehr so ist, bedeutet nämlich zunächst, daß du jetzt sozusagen eine Vorbildfunktion hast, aber auch, daß du deine Kollegen mit in deine Überlegungen einbeziehen solltest. Denn als Galionsfigur der Anarchen in dieser Stadt wird dein Verhalten auf alle Anarchen zurückfallen. Im Ernstfall hängt also nicht nur dein Hals in der Schlinge, damit kannst du denke ich leben, wir sind ja schließlich alle erwachsen, aber eben auch der von jedem, der sich dir angeschlossen hat. Das bitte ich dich zu bedenken.

Weiterhin weiß ich zwar nicht, wie genau sich das Verhältnis von dir und dem Boß darstellt, aber überleg mal, wie der vermutlich reagieren würde, wenn du der neuen Führung einen Grund gibst, dich zu erledigen. Ich weiß nicht, ob du schonmal eine dir nahestehende Person verloren hast, aber zumindest ich stelle es mir ungefähr so vor. Das war der erste Teil dessen, was ich heute ansprechen wollte. Mach damit was du willst, nimm es dir zu Herzen, lach drüber oder vergiß es einfach, das ist vollkommen dir überlassen. Aber ich wäre dir persönlich dankbar, wenn du dich bereitfinden würdest, zumindest darüber nachzudenken."

Thürmer streckte sich etwas und faltete die Hände vor dem Bauch. Wie würde die Caitiff wohl auf seinen kleinen Vortrag reagieren ?
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Blah, blah, blah...

Mehr verstand Jenny nicht von der Einleitung die Thürmer hielt. Aber dann nahm sein Vortrag eine Wendung der sich die Caitiff nicht mehr entziehen konnte. Anfangs ging es in dem Monolog nur um die Machenschaften der hohen Herren und die vollkommen abgefuckten Strukturen der Camarilla. Kümmert keinen toten Sauger. Plötzlich aber packte er sie bei ihre Verantwortungsgefühl. Und damit nicht genug, er musste der ganzen Sache noch einen drauf setzen.

Ich weiß nicht, ob du schonmal eine dir nahestehende Person verloren hast...

Jedes Wort war wie ein Dolchstich in ihrem Herzen. Eine geliebte Person verloren. Warum nicht gleich die Liebe ihres Lebens? Oder wie wäre es mit: Hast du je eine geliebte Person in Stücke gerissen? oder Ich weiß ja nicht ob du dich je im Blut eines geliebten Menschen gesuhlt hast. Weil du tot warst und keine Ahnung hattest was die neue Art zu leben aus dir gemacht hat.... In Jennys Kehle stieg ein Würgen empor. Sie konnte es so eben noch nieder kämpfen. Eine Flut von Gedanken durchspülten ihr Hirn. Toms Tod war der eigentliche Grund, warum sie eine derartige Todesehnsucht hatte. Sie hatte ihn getötet, weil sie ihre Gier nach Blut nicht im Griff gehabt hatte. Gut sie hatte überhaupt nicht gewusst, was in ihr vorging. Aber das war nunmal keine Entschuldigung.

Mühsam vertrieb sie die dunklen Gedanken.

"Heißt das, du denkst ich soll mit den Bonzen verhandeln? Du, echt mal, ich weiß nicht ob ich das kann. Ich will eigentlich auch gar keine Anführerin sein. Kann das nicht einer der anderen machen? Richard versteht sich auf das gehabe dieser Schlipsträger. Wesentlich besser als ich..."
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Ich denke, wir sollten es zumindest versuchen. Wer genau dort auftritt können wir noch in Ruhe ausdiskutieren, wichtig ist, daß wir als was das angeht zusammenhalten. Egal was wir machen, es kann nur was werden, wenn alle mitziehen." Ja, plötzlich Anführer zu sein war nichts, was man sich wünschte. Auch das kannte er gut, zu einem gewissen Grad konnte er sich also durchaus in Jenny hineinversetzen.

"Soweit ich das mitbekommen habe, hast du von uns allen die meiste Erfahrung, was Finstertal angeht. Du lebst am längsten hier und hast das meiste miterlebt und dir dabei auch Ansehen und Respekt einiger anderer verdient. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, daß es jetzt Gleichgesinnte gibt, die zu dir aufblicken und bereit sind, dir zu folgen. Sie wissen, daß du am besten von uns weißt, wie der Hase hier läuft und sie vertrauen darauf, daß du dein Bestes gibst, um sie durchzubringen. Sie sind aber auch bereit, dir zu helfen, wo sie sich besser auskennen, beispielsweise eben bei Verhandlungssachen oder eben was Etikette und so etwas angeht. Allerdings können sie dich zu nichts zwingen, sie können es nur anbieten, ob du es annimmst, liegt ganz bei dir. Am Ende schaffen wir es nur zusammen, und wenn nicht, dann gehen wir zusammen über die Klinge."

Thürmer stand auf und begann, sich die Beine etwas zu vertreten.
"Natürlich können wir die ganze Affaire mit Führung und Verhandlung und dem Rest zur Debatte stellen, dafür haben wir uns schließlich demokratisch organisiert. Wenn ich oder Richard dort hingehen sollen, bekommen wir das hin. Wir müssen uns nur einig sein und dabei bleiben. Und wie gesagt: Sollten sie zum Beispiel nur mit dir reden wollen, können wir dir immer noch bei den Vorbereitungen und Planungen helfen. Dafür sind wir da und deshalb machen wir mit."
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Hmm, du hast schon recht..."

Um etwas Zeit heraus zu schinden, steckte sich Jenny eine Zigarette an und blies den Rauch in die Luft. Dann setzte sie sich auf die Bank und legte die ausgebreiteten Arme auf die Lehne. Sie seufzte kaum hörbar und blickte in den klaren Sternenhimmel.

"Ich muss darüber nachdenken. Wie wäre es, wenn wir uns treffen? Morgen Nacht? In der Fabrik? Ich denke, dass wir soviel Zeit haben dürften?"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Solange keiner was anderes sagt, sollte das wohl kein großes Problem sein. Da könnten wir dann auch gleich festlegen, wie wir weiter vorgehen... Daher brauchen wir dann wohl auch nichts zu überstürzen und können es einfach mal etwas ruhiger angehen lassen, sofern die Umstände das erlauben."

Eine Vorstellung, die dem Anwalt zu gefallen schien, auch wenn er nicht den Eindruck machte, daß er davon ausging, daß es auch so lief, wie er sagte. Jedenfalls war das die gute Nachricht gewesen. Vielleicht hätte er doch mit den schlechten anfangen sollen, denn diese waren wohl ziemlich in der Lage, ihre derzeitige Stimmung ganz schnell wieder zu verhageln. Zumal er sich mit seiner Ansprache selber ein Loch gegraben hatte, das um sich daraus zu befreien das einzige in Massen verschlingen würde, was in dieser Stadt niemand im Überfluß besaß: Zeit.

Er seufzte leicht. Deshalb hatte er sich immer in zweiter oder besser noch dritter Reihe gehalten. Und jetzt ?
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Ok! Sagst du den anderen Bescheid? Ich weiß nicht ob ich heute noch dazu komme?"

Ohne zu wissen was Thürmer dachte, bewegten sich ihre eigenen Gedanken in genau die gleiche Richtung. Irgendwie schien die ganz Stadt in Aufruhr. Jeder wollte was, alle schienen ihren eigenen Plänen nachzujagen überall wurden Pläne geschmiedet. Jenny kannte so etwas nicht. War dies die normale Reaktion der untoten Gesellschaft auf ein plötzliches Chaos? Wenn ja, wäre das äußerst interessant für die Zukunft. Warum sollte nicht auch die Anarchenbewegung seine Vorteile aus diesem scheinbaren Reflex ziehen? In diesem Fall war es vielleicht zu spät dafür, anderer waren bereits schneller gewesen, aber dies war Finstertal und damit lag die nächste Katastrophe sicher nur einen Steinwurf entfernt...
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Sicher. Zumindest Herrn Stein kann ich Bescheid sagen, er kann das ja dann weitergeben. Schwebt dir eine bestimmte Uhrzeit vor ?"

Wer wußte, wen der noch alles ohne Ankündigung anschleppen würde ? Irgendwie lief es Thürmer kalt den Rücken runter, beziwhungsweise er bildete sich ein, daß es sich für einen winzigen Augenblick so anfühlte.
Zum Glück ließ sich das leicht abschütteln. Blieb nur zu hoffen, daß die Führung der Stadt ihnen diese Zeit auch ließ und nicht heute noch alles zusammenmoppte !
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Es sollte nicht allzu spät sein. Ansonsten passe ich mich euch an, ich bin da flexibel. Ruf mich einfach an, wenn ihr euch geenigt habt und ich komme dan dorthin."

Mehr gab es zu dieser Sache im Moment nicht zu sagen. Jenny freute sich darauf, die anderen wiederzusehen und im gegensatz zu ihrem Gesprächspartner wäre es ihr durchaus recht ein paar der anderen wiederzusehen. Da waren dieser junge Vampir, der aus Unerfahrenheit den alten Penner getötet hatte, oder Marta die kleine Einzelgängerin, die ihr vor ein paar Nächten am Bahnhof über die Füße gelaufen war. Alles gute Kandidaten für eine Mitgliedschaft im Club der Anarchen oder einfach auch nur ein paar nette Sauger mit denen es sich lohnte etwas Zeit zu verbringen.

"Wie geht es dir eigentlich sonst? Hast du den Kampf und all das gut überstanden?"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Dürfte kein Problem sein. Ich werde mich entsprechend melden. Hast du eine Telefonnummer ? Das sollte die Dinge vereinfachen, besonders, wenn es einmal dringend sein sollte."

Thürmer nahm den Hut ab und fuhr sich mit der Hand ein paar Mal über die Stirn, wie er es oft tat, wenn er nachdachte oder nervös wurde.

"Nun, ich lebe noch und bin in meiner Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt. Das ist für die hiesigen Verhältnisse wohl schon recht viel, auch wenn ich zugeben muß, daß mir das ohne Frau Buchet nicht so leicht gelungen wäre. Hätte sie mich nicht aus der Starre geholt, hätte es wohl noch etwas gedauert, bis es jemand anderes getan hätte. Davon abgesehen... Ich war schon froh, daß Herr Trapper nachdem er mit dir und dem mir namentlich nicht bekannten Herren fertig war, darauf verzichtet hat, sich an mich zu wenden, allerdings wird das Ganze wohl noch ein Nachspiel haben, wie ich hörte. Ansonsten, nun, sagen wir diese Stadt geht dem geneigten Bewohner schon ziemlich an die Substanz, besonders in meinem Alter. In Zeiten wie denen bin ich fast neidisch auf diese ganzen jungen Spunde, die man mit 20 oder 30 in die Nacht geholt hat."

Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

"Aber genug von mir, obwohl ich mich natürlich für die Nachfrage bedanke. Bist du schon wieder sowet auf dem Damm ?"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Ich bin es gewohnt mit der Nase im Dreck zu landen. Zum Glück hat sich Vater um mich gekümmert, als ich weggetreten war. Und die Geißel hat mich nicht endgültig vernichtet, was zumindest bedeutet dass er so etwas wie moralische Grenzen kennt. Bei ihm ist also noch nicht Hopfen und Malz verloren, was mir wiederum Anlass zur Hoffnung gibt. Vielleicht haben wir mit diesem Malik ja einen nicht ganz so nutzlosen Kettenhund in der Stadt."

Jenny unterbrach sich.

"Was meinst du mit Nachspiel?"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Moralische Grenzen ? Thürmer hätte das dann doch eher unter 'mangelnde Multitaskingfähigkeit im Umgang mit mehreren bewaffneten Gegnern' eingeordnet. Aber gut, er sah es dann doch eher als kontraproduktiv an, der Caitiff diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, vielleicht war es ja sogar besser, wenn sie die Geißel im Moment nicht kategorisch unter 'nicht erziehbar' einstufte.

"Ich habe läuten hören, daß die kleine Veranstaltung, die du und Herr Trapper da aufs Parkett gelegt habt, durchaus als Maskeradebruch angesehen werden kann, und daß jeder von euch da wohl noch eine entsprechende Untersuchung bekommt."

Wobei 'Untersuchung' das Synonym für 'Verhandlung' war. Zumindest der Nosferatu ging davon aus, daß neue Besen ja bekanntlich am besten kehrten und die neue Führung daher erst einmal in dieser Angelegenheit durchgreifen würden. Die einzig interessante Frage war nur noch, in welchem Ausmaß das geschehen würde, und wie das Ganze ablief. Immerhin hing von einer eventuellen Bestrafung viel ab: Herr Trapper war Amtsinhaber, hatte also unter Umständen durch diese Position erhebliche Vorteile. Andererseits konnten die Archonten auch versuchen, möglichst objektiv zu handeln, oder man verwendete das Amt als zusätzlichen Belastungspunkt. Bei Jenny galt ähnliches, nur eben ohne Amt. Auch hier würde es darauf ankommen, ob die Führung sich Freunde machen oder ein Exempel statuieren wollte, oder irgendetwas dazwischen. Daß er die Archonten nicht kannte, und daher nicht einschätzen konnte, vereinfachte die Situation nicht !
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Jenny Blick war so aufrichtig verständnislos, das man fast hätte auflachen können.

"Mann kann unsere Prügelei als was ansehen? Ich hatte doch gar keine Maske auf. Echt, ich habe mich ihm in meinem normalen Anlitz gestellt. Wer sagt ich hätte mich feige hinter einem gefälschten Äußeren verborgen? Das ist doch Quatsch! Es gibt jede Menge Zeugen die aussagen können wie ich ausgesehen habe. So wie immer! Mach dir keine Gedanken, die Anschuldigungen sind nicht haltbar!"

Ein mißtrauisches Grübel zog über ihr Gesicht. Wie kam Thürmer auf etwas Derartiges und wie konnte er ernsthaft annehmen, dass eine solche Nichtigkeit zu Problemen führen konnte?
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

Scheinbar hatte er sich mißverständlich ausgedrückt. Jenny schien wirklich nicht viele 'Fachausdrücke', wie er es gerne nannte, zu kennen. Manchmal wünschte er sich dann aber doch, daß die Dinge zumindest teilweise derart eindfach waren, wie sie es im Weltbild der Caitiff zu sein schienen. Aber es erklärte einiges !

"Da hast du natürlich recht, aber das meinte ich auch nicht. Das Problem ist, daß sowohl du als auch Herr Trapper während des Kampfes offensichtlich Blutkräfte angewandt habt. Wäre ein normaler Mensch, der keine Ahnung von Vampiren und dem ganzen Zeug hat, vorbeigekommen und hätte es gesehen, dann hätte das ziemlich üble Folgen haben können. Darum ist es die wichtigste Aufgabe von uns allen, dafür zu sorgen, daß möglichst kein Mensch mit dem wir Umgang haben erfährt, was wir wirklich sind. Und weil wir alle uns hinter der Maske eines Menschen verstecken, wird das Maskerade genannt."

Er flocht eine rhetorische Pause ein, um Nachfragen oder ein Zeichen des Verstehens zuzulassen, bevor er fortfuhr.

"Das ist die Maskerade, gegen die ihr verstoßen habt. Von jetzt aus gesehen vielleicht etwas streng ausgelegt, da ja nichts passiert ist, aber Prinzen oder auch Archonten mögen es nicht, wenn sie hinter unvorsichtigen Saugern aufräumen müssen, zumal die betroffenen Menschen dabei entweder gehirngewaschen oder ganz aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Möglicherweise gibts nur einen Klaps auf die Hand oder es gibt was Härteres, aber ich gehe auf jedenfall davon aus, daß da noch etwas kommen wird. Hat dirt nie einer was von den Traditionen erzählt ?"

Sollte das ganze sich so entwickeln, wie er sich das dachte, wußte er zumindest, was er die nächsten Tage zu tun hatte... Richards Fang war anscheinend ja auch noch recht unbeleckt, was ihre Gesellschaft anging.
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Keine Ahnung? Ich interessiere mich nicht sonderlich dafür und höre meistens nicht zu, wenn das Thema diese Richtung einschlägt. Ich habe es bei dir gerade schon nicht getan. Aber nein, richtig ausgebildet wurde ich in dieser Beziehung nie. Der Kainit, der mich erzogen hat, war Anarch. So wie ich!"

Jenny wurde erstaunlich offen.

"Weißt du, ich fürchte mich ein wenig davor alle Regeln und Gesetze zu lernen. Es sind so viele und sie nehmen deine gesamte Existenz für sich in Anspruch. Meiner Meinung nach, nimmt einen die Camarilla endgültig für sich gefangen wenn man ersteinmal begonnen hat nach deren Gesetzen zu leben. Hältst du dich an ihre Regeln verflechten sie dich so eng in ihrem Sumpf, dass es kein Entkommen mehr gibt. Außerdem sind es keine guten Regeln! Die Geißel darf einen Clanlosen wie mich vor laufender Kamera hinrichten und niemand hindert ihn oder stört sich daran. Viele der Zuschauer im Cafe waren entsetzt, ich habe es in ihren Gesichtern gesehen, trotzdem griff keiner von ihnen ein. Selbst als ich mich dagegen auflehnte und ihnen die Abartigkeit ihres Handelns vor Augen hielt, wagten sie es nicht sich dazu zu äußern oder sich mir anzuschließen."

Jenny wurde sichtlich ärgerlich als sie an diese früchterliche Szene zurückdachte.

"Nein! Lerne die Regeln und du wirst Camarilla. Sei Camarilla und du verlierst deine Freiheit, deine Eigenständigkeit und -in meinem Fall wohl der bedeutendste Punkt- deine Selbstachtung. Ich gehöre nicht zu euch, weil ich nicht dazu gehören will. Und ich werde auch nicht so tun als ob! Lach mich ruhig aus, aber ich habe mich längst entschieden. Ich werde friedlich sein und ich werde mich benehmen, wenn man mich lässt. Nach meinen Regeln!! Aber ich werde nicht nach ihren Gesetzen spielen. Wenn sie mich deswegen bestrafen, soll es so sein. Und selbst wenn sie mich dafür töten, ändert dies nichts an meiner Entscheidung!"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Eine ganze Menge ist entweder selbsterklärend oder nicht verständlich, stimmt schon, aber eigentlich nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, warum und woher es kommt."

Da Jenny soeben gesagt hatte, daß sie bei solchen Dingen recht schnell abschaltete, sparte Thürmer die weiteren Ausführungen aus. Im Ernstfall würde sie schon nachfragen, und sich selber Monologe halten war nun nicht gerade eins seiner bevorzugten Hobbies, auch wenn ihm das wohl nicht unbedingt jeder abnahm, der ihn kannte.

"Wer kann schon alle Regeln behalten ?" fragte er rhetorisch nach. Zwar war er meist bemüht, aber auch er kannte längst nicht alle Formalitäten und Regularien, nur hatte er das Glück, eben dies auch zu wissen.

"Sich um Dinge wie den exakten Abstand bei Gesprächen in Zentimeter oder die Frage, wieviel Grad die ideale Verbeugung hat zu kümmern kann man getrost den Rosen überlassen, wie ich finde. Ich meine, du bist bestimmt auch ohne die korrekte Anrede für jeden... 'Oberhoncho'"

Man konnte hören, daß es den Nosferatu einiges an Überwindung kostete, den Begriff zu gebrauchen,

"durchs Leben gekommen, wie man sieht. Für uns, das gemeine Fußvolk, gibt es meiner Meinung nach genau 3 Regeln: Halte dich an die Traditionen, benutze deinen gesunden Menschenverstand und laß dich nicht erwischen, wenn du eins von den ersten beiden mal nicht geschafft hast. Sowas ähnliches dürfte... man dir ja auch damals irgendwann erzählt haben."
Fast hätte er 'dein Erzeuger' gesagt, aber da die wenigsten Clanlosen, die er kannte auch ihren Erzeuger kannten, hatte er schnell umformuliert. Vielleicht fiel es Jenny trotzdem auf. Auch ihr Alter kannte er nicht, daher hielt er die Aussage bewußt vage. Auf den Cafevorfall ging er dann auch nicht näher ein. "Ja, ich erinnere mich." war so ziemlich alles, was er dazu beizutragen hatte. Thürmer gewann langsam den Eindruck, daß Jenny's Opposition zum 'Establishment' tiefer ging als die rein politische Ebene, möglicherweise war es etwas Persönliches... Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann war die Lage potentiell mehr als kritisch.

"Wie du sagtest, es ist dein Leben und deine Entscheidung. Mach was draus, wirf es weg, oder mach dir eine hübsche Mischung aus beidem zurecht. Das wichtigste an solchen Entscheidungen ist nur, sich so gut es geht über die Folgen im Klaren zu sein. Das ist allerdings auch das schwierigste. Hast du mal versucht, dich mit dem ganzen Kram auseinanderzusetzen oder wußtest du schon immer, daß du nicht zu... uns gehören willst bzw. wirst ?"
 
AW: [11.Mai 2008] Eine Oktave tiefer bitte, wenn sie so nett wären...

"Weder noch würde ich sagen! Man hat mir nie eine Wahl gelassen. Nach meiner Ermordung habe ich eine schwere Zeit durchgemacht. Das war in Hamburg, vor etwas mehr als zehn Jahren. Alleine war ich, verängstigt und vollkommen unwissend. Ein Nosferatu, Cockroach nannte er sich, hat mich gefunden und aufgenommen. Er hat mir erklärt, was geschehen ist und damit begonnen mich zu erziehen. Er war, wie ich bereits sagte ein überzeugter Anarchist, ein Rebell gegen die Camarilla. Aber er hat versucht nicht einseitig zu sein. Er kannte zwar auch nur die wichtigsten Regeln und er war mit Sicherheit auch voreingenommen. Aber er hat die Camarilla und ihre Anhänger nie übertrieben schlecht gemacht und sogar versucht mir die wenigen guten Seiten dieses Vereins aufzuzeigen. Leider hielt die ganze Geschichte nicht lange vor. In den ersten Stunden meines Todes habe ich aus Hunger und Unwissenheit getötet -Menschen- und damit das Interesse der Geißel für mich geweckt. Kennst das ja, wenn die Cammis eins nicht leiden können, dann ist es jemand der die Sterblichen auf sie aufmerksam macht. Ich wurde also geschnappt, als ich mich gerade auf der Jagd befand. Sie erwischten mich im Hafengelände, dort wo die großen Überseefrachter anlegen. Hafenarbeiter sind leicht zu einer schnellen Nummer zu überreden..."

Jenny lächelte, doch in ihren Augen spiegelte sich der Schmerz wieder der in ihrem Inneren loderte.

"Auf jeden Fall erwischte mich die Geißel dort. Er und seine Handlanger. Sie waren zu dritt und sie schlugen mit Eisenstangen auf mich ein. Noch heute spüre ich, wie meine Knochen brechen. Arme, Beine, Rippen... Das Rückrad, mein Becken und sogar mein Schädelknochen... Ich weiß nicht mehr wie lange das ging. Irgendwann wollte ich nur noch sterben. Als mein Körper soweit zertrümmert war, dass ich keinen Finger mehr rühren konnte, hielt mir der Chef der Bande nen langen Vortrag über die Sünden die ich begangen hatte, über die abstoßende Gesellschaft in der ich lebte und dir Wertlosigkeit meines clanlosen Blutes. Dann nahm er mich und schmiss mich ins Hafenbecken. Er dachte wohl das die Sonne den Rest erledigen würde. Glücklicherweise war es wieder Cockroach, der mich fand und rechtzeitig in Sicherheit zog. Es geschahen noch einige Dinge mehr in dieser Art, man hat es nicht leicht als Caitiff, aber in dieser Nacht brach ich mit der Camarilla, denn sie hatte mir ihr wahres Gesicht gezeigt."

Ihr Blick wurde finster.

"Die Camarilla hat mehr von einem Nosferatu als man meinen möchte. Auch sie verbirgt eine Fratze hinter künstlich erzeugter Schönheit. Doch im Gegensatz zu uns (bekanntermaßen zählte sich Jenny als Teil des Clans) ist sie auch innerlich zerfressen. Sie ist böse, besitzergreifend und brutal. Nichts um dessen Überleben man kämpfen sollte..."
 
Zurück
Oben Unten