AW: 11.05.2008 A Walk in the Park
"Einnisten... das klingt so nach einem Schädling...
Vielleicht stimmt das ja, wenn man bedenkt, dass wir Vampire so etwas wie Schmarotzer sind...
Trotzdem ziehe ich es irgendwie vor, es als 'niederlassen' zu bezeichnen. Ich glaube tatsächlich, dass Finstertal in letzter Zeit einiges erleiden musste. Und ich möchte hier... arbeiten...
Ich weiß nicht, ob Du verstehst, was ich meine, aber hier gibt es tatsächlich so viel zu tun. Und hier können wir noch etwas bewirken...
Sicherlich: Es gibt hier auch etablierte Ahnen. Aber hier haben wir noch Aufgaben... Wir haben hier mehr Spielraum als in anderen, gefestigten Domänen wie Berlin, München, Frankfurt... und ich glaube tatsächlich, dass wir hier so etwas wie Stabilität bringen können... vielleicht können wir sogar ein paar größere Arbeitgeber nach Finstertal holen.
Stabilität wird oft als Stillstand bezeichnet, als einengendes Korsett.. aber ich glaube tatsächlich, dass die Menschen in Finstertal auch davon provitieren könnten, wenn wir hier endlich mal so etwas wie ein geregeltes Leben der Übernatürlichen bewirken... Und nein: Ich bin nicht so naiv vorzugeben, dass ich das alles nur aus reiner Selbstlosigkeit mache. Natürlich nicht.
Aber je mehr man hier erreicht, je höher die Position ist, die man sich schafft, um so mehr Spielraum hat man für seine eigenen Überzeugungen.
So lange man das Spiel mitspielt, ohne sich von seinen Regeln zu sehr vereinnahmen zu lassen, heißt das natürlich..."
Iain schwieg. Relativ lange sogar. Vielleicht hätte Steven sogar gerade zu sprechen anfangen wollen, aber dann war Iain doch schneller.
"Ich glaube wir 'jungen' hier vor Ort können uns dabei gegenseitig helfen. Und wenn es nur darin besteht, dass wir uns gegenseitig auf so etwas wie ... ... "
Lange Pause.
"Frieden? Vertrauen? Mann! Ausgerechnet jetzt fehlen mir die Worte!
Das trifft es alles noch nicht genau...
Je älter Kainskinder werden, um so paranoider scheinen sie zu werden. Und das wahrscheinlich sogar aus gutem Grund. Wir sind irgendwo Raubtiere, und ein paar von diesen Raubtieren sind nicht nur schweinegefährlich, sondern tatsächlich böse, nicht nur selbstsüchtig...
Lass es mich so ausdrücken:
Mein Clansbruder Moishe, bei ihm habe ich das Gefühl, ihm vertrauen zu können. Und da spielt nicht einmal unser gemeinsames Ventrue-Blut eine Rolle. Ich glaube, er hat es geschafft irgendwo ein moralisches Wesen zu bleiben, das Grundsätze hat. Grundsätze, die ihm vielleicht gerade deswegen so wert und teuer sind, weil er sie in der Vergangenheit irgendwann schon einmal brechen musste... und daran gemerkt hat, was sie ihm bedeuten, und was aus ihm wird, wenn er sie bricht. Und dass er sie genau deswegen nicht aufgeben will...
Wie gesagt... ich glaube ich kann ihm vertrauen... und deswegen tue ich das auch."
Pause. Unbewusst atmete Iain durch, obwohl sein Stoffwechsel den Sauerstoff nicht mehr brauchte, gar nicht mehr aufnehmen konnte.
"Ich glaube, Dir kann ich auf eine ähnliche Weise vertrauen. Du wirkst..." 'anständig'? Nein... das trifft es nicht ganz... "... verlässlich... moralisch..."
Das Achselzucken wirkte irgendwie fehl am Platz.
"Wie auch immer... irgendwer muss ja immer den ersten Schritt tun...
Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich hier in Finstertal auch weiterhin dunkle Wolken am Horizont abzeichnen... Ich glaube nicht, dass hier schon alles vorbei ist...
Jedenfalls...
Wenn Du etwas brauchst, Steven, zögere nicht, mich zu fragen. Und das ist kein Versuch, Dich in das komplizierte, verzweigte und unübersichtliche Netz aus Gefallen und Gegengefallen einzuwickeln. Frag mich einfach."
Im schlimmsten Fall werde ich Dir sagen, dass ich Deine Bitte nicht ohne Gegengefallen erfülllen kann.
"Ich glaube, auf lange Sicht kommen wir hier nur weiter, wenn wir zusammenhalten..."