[06.06.06] Warum bin ich so fröhlich...

Grinsekind

Antonin Philippe Tesnos
Registriert
22. Juni 2005
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Nicht das die Decke besonders interessant gewesen wäre. Oder ihm besonders langweilig. Trotzdem verbrachte Fabian jetzt schon geraume Zeit damit auf dem Bett zu liegen und sich so wenig wie möglich zu bewegen. Gut, das unglaublich weiche Bett lud gerade dazu ein herumzuliegen, aber es war etwas anderes, was Fabian durch den Kopf ging.
Warum zum Teufel hat er das gemacht. Ging es ihm um seinen Arsch? Nein, Edward war nie wirklich in Gefahr, oder? Er hat doch nur die Kleine... Und außerdem...
Ein weiteres Mal schloss er kurz die Augen. Er musste unwillkürlich lächeln, und es war ein ehrliches Lächeln, das sich von seinem sonstigen Gegrinse unterschied. Die meißten würden keinen Unterschied erkennen, doch Fabian-Experten -die es nicht gab- würden die leichten Falten um die Augen und die leicht angehobene Augenbraue erkennen und deuten können. Nur warum war er so gut gelaunt. Die einzige Erklärung, die er hatte, war, dass es ihm verdammt nochmal gut ging. Er hatte gestern einen unglaublichen Abend gehabt. Er hatte die Nacht ausgekostet und wiedereinmal wirklich spüren können. Und er musste jetzt noch über das Gesicht von diesem Stahl grinsen. Nur eins lies ihn in seiner Freude immer wieder stocken und überlegen. Warum hatte Edward seinen Kopf hingehalten und ihn in Schutz genommen. Gut, es war eher eine Bagatelle gewesen und jede andere Person würde es als Schadensbegrenzung sehen, aber Fabian kannte so etwas nicht. Er kannte es schon, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass ein Vampir sich freiwillig für einen anderen einsetzte.
Ein Kainskind...geradezu lächerlich. Irgendetwas will er als Rückzahlung. Soll er nur kommen...

Auch wenn er die Motivationen von Edward nicht wirklich verstehen konnte, hatte er definitiv genug davon, sich mit Gedankenkonstrukten herumzuschlagen. Fabian sprang vom Bett auf und ging recht zügig nach unten. Kein Blick ging auf die geschlossene Tür mit dem Zettel, in der sich ein weiterer untoter Bewohner dieser Stadt befand. Unten angekommen ging er in die Küche und sah sich um.
Was wollte ich hier? Essen?
Er ging ein paar Schritte und sah sich erneut um. Wegen irgendetwas war er hinunter gegangen, aber er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Also zuckte er mit den Schultern und stapfte weiter ins Fehrnsehzimmer. Irgendwann hatte er vor, die Einrichtung in ein anderes Zimmer zu verfrachten und ein hier Tonstudio einzurichten. Aber er hatte Zeit, man wollte nichts überstürzen und schließlich würde das Zimmer nicht weglaufen. Irgendwo im Unbewusstsein war Fabian klar, das er prokrastinierte, aber wer wollte schon ernsthaft über das eigene Wesen nachdenken. Zumindest wenn es um die schlechten Seiten ging.

Im Zimmer angekommen schaltete er den großen Flachbildschirm an, setzte sich mit einem Seufzer aufs Sofa und durchwühlte die Kiste mit dem Demomaterial.
"...genau sehen... das werd ich mein Lebtag nicht vergessen... der Typ von dem Tanzschuppen..."
Irgendwo musste doch schon ein zusammengestellter Ordner sein. Das würde Fabian jede Menge Arbeit ersparen. Er kramte etwas tiefer.
"...ganz vorne, so´n schwarzhaariger Rocker Anfang dreißig..."
Er hatte nicht vor mit leeren Händen bei Herrn Stahl aufzutauchen, aber eine komplett neue Demoakte zu erstellen kostete Zeit, die Fabian nicht opfern wollte. Er schob die Kiste ein wenig zur Seite und beugte sich tiefer in den großen Schlund. Das schwarze Ledersofa knarzte ein bischen und er war fast mit dem ganzen Kopf in dem Umzugskarton.
"...das vorstellen, der ist vor meinen Augen explodiert! Ein Mensch!!! Grauenhaft! Ich sag ihnen..."
Ruckartig ging der Kopf des jungen Kainskindes nach oben. Ungläubig das was er gerade gehört hatte, wirklich gehört zu haben, starrte er mit gerunzelter Stirn auf den Fernseher. Es war scheinbar ein Interview mit einem total verzweifelten Mann, der irgendetwas über ein Lokal berichtete. Zumindest stand in der Fußzeile etwas von einem Terroranschlag auf ein neueröffnetes Tanzlokal. Immernoch in gebeugter Haltung und starrem Blick verfolgte Fabian die Berichterstattung weiter. Als dann auch noch von ähnlichen Fällen, über die wohl bereits berichtet wurde und die ein weiteres Mal zusammengefasst wurden, gesprochen wurde, lehnte er sich zurück und verfolgte sehr aufmerksam die Nachrichten.

Einige Zeit verging, bevor sich der Mann auf dem Sofa wieder bewegte. Fabian fuhr sich durch die Haare und blickte mit leerem Blick an die Wand. Es war klar gewesen, dass irgendwann der Terror überschwappte, aber jetzt und vor allem hier? Und überhaupt, was war das für Terrror? RAF? Er musste leise und verbittert auflachen. Er hatte sich während seiner Musikkarriere mit dieser Grupierung beschäftigt, schließlich konnte man damit einiges anfangen, und er hielt sie definitiv nicht mehr für gefährlich. Zu absurd war die Annahme dass...oder etwa doch nicht?
Wirr kreisten seine Gedanken in seinem Kopf herum und trotz allem war da dieses gute Gefühl. Dieses Gefühl gestern noch einmal richtig gelebt zu haben, egal was passiert war und was passieren würde. Er fühlte sich gut und unglaublich vor den Kopf gestoßen zu gleich. Was würde er tun? Er konnte sich nicht verkriechen, dass wusste er. Und was wenn es weitere Kreise ziehen würde. Kreise in denen man für gewöhnlich Blut trank und die Sonne mied. Hektisch sprang er auf und raste aus dem Zimmer. Noch im Türrahmen bemerkte er, dass er mit seiner Hand etwas umklammerte und musste breit grinsend feststellen, dass es die gesuchte Demomappe war.
Dann runzelte er wieder die Stirn und dachte angestrengt nach, was genau jetzt das bestmöglichst ansteuerbare Ziel wäre. Die Kunstakademie war angegriffen worden, aber das Elysium? Nein, es war zumindest nicht davon berichtet worden. Aber würden dort nicht alle zuerst hinstürmen. Er überlegte weiter und Schritt in Richtung Telefon. Er wollte diese Akte überbringen und er wollte den Kontakt zur den Unlebenden aufbauen. Was lag also näher als das Mexican. Am Telefon angekommen suchte er eine Weile nach einem Taxiunternehmen, bestellte sich einen der gelben Wägen und wartete dann ungeduldig in einem bequemen schwarzen Ledersessel auf dessen Ankunft.

Out of Character
Ich nehme mal nicht an, dass die Geschehnisse den Alltag ausknipsen können ;)
 
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