AW: [04.05.08] epikaste
Während die Seneschall sich entfehrnte, blieb der Brujah starr auf der Stelle stehen und blickte in die Ferne. Seine Blick war nicht in der Lage etwas zu fixieren und es gelang ihm nicht seine Gedanken in eine Richtung zu fokusieren. Sein Gehirn pulsierte und seine Ohren brannten. Bilder von Personen flogen vor seinem inneren Auge umher. Dani, Lady Noir und seine Mutter. 2/3 der Frauen hatte er bei einem Autounfall verloren, eine davon hatte er selbst umbringen wollen.
Oder hatte er die Seneschall töten wollen?
Langsam fuhr sein Kopf herum. Die Lasombra verschwand gerade in der Kanalisation. Doch der Pflock lag noch immer da, wo sie ihn zurück gelassen hatte. Und dieses phalische Stück Holz fing den Blick des Brujahs ein.
Er hatte die Seneschall nicht töten wollen.
Er hatte sie verzehren wollen. Das größte Verbrechen, die Diablerie hatte er an ihr begehen wollen.
Sein Körper begann sich zu drehen und dann ging er zurück zu dem Pflock und hob ihn auf, um ihn von allen Seiten zu betrachten. Immer noch drehte sich alles in seinem Kopf. Sein Verstand konnte nicht aktzeptieren, was sein Körper wollte. Und das die Seneschall ihm einen Teil von dem gegeben hatte, was er verlangte, half nicht sehr viel. Im Gegenteil, es verwirrte den Brujah nur noch mehr.
Er lies das Stück Holz achtlos fallen und ging wieder einige Schritte, zurück zum Gebäude. Der erhobene Arm stützte sich an der Mauer des Lagerhauses ab. Fabians Kopf war gesenkt und seine Augen halb geschlossen. Ohne wirklich etwas zu sehen, glitt der Blick immer wieder über die Rillen im Beton. Sein Brustkorb begann leicht zu zittern.
Der Arm knickte ein und der Kopf knallte gegen die Wand, der leere Blick immer noch auf den Boden gerichtet. Die andere Hand hob sich und schlug gegen die Betonmauer. Das Zittern im Brustkorb wurde schneller und inzwischen konnte er sein eigenes stoßartiges Atmen hören.
Ein leichter quengelnder Schluchzer trat aus der Kehle des Brujahs und die offene Hand schlug erneut auf den Beton. Mit einem Ruck schob er seinen Körper von der Wand weg und tapste ein paar Schritte, bis er mit der Schulter erneut an der Wand lehnte.
Langsam an dieser absackend, entfuhr ihm ein tiefer Atemzug. Seine Hände legten sich auf das Gesicht und verdeckten die Augen.
Knieend vor dem Gebäude schluchzte er ein weiteres Mal, das Zittern des Brustkorbs lies sich davon allerdings nicht beeindrucken.
Mit einem kurzen Schrei holte er mit den Armen aus und hieb sich selbst auf den Kopf, die Augen zusammen gepresst, die Lippen zu einer Schnute verzogen und eng aneinander gepresst.
Er war nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen, er spührte nur dieses Stechen bei den untersten Rippen. Sein Oberkörper war dazu übergegangen unrhythmisch zu zucken und bei jedem weiteren Mal sog er einen großen Schwall Luft ein.
Er wusste nicht wie lange er dort da saß, doch irgendwann wurde ihm bewusst, dass sich eine unsägliche Hitze ausbreitete. Er konnte es förmlich auf der Haut spühren. Er nahm die Hände vom Gesicht und sah den Tag erblühen.
Sofort hob er eine Hand an, um seine Augen vor der Helligkeit zu schützen. Zwar lag er noch im Schatten des Gebäudes, die Sonne hinter sich, doch schon bald würde der Feuerball ganz aufgegangen sein und dann war sein Ende gekommen.
Mit einer Hand auf dem Boden aufstützend, richtete sich der Brujah an der Wand auf.
Die Nacht war zu Ende, der Tag begann. Es gab nirgendwo einen Ort an den er hingehen konnte. Es gab nirgendwo eine Person, die auf ihn wartete und ihm Schutz bieten würde.
Es war vorbei. Er würde es hier und jetzt beenden. Seinen Sinn hatte er lange gesucht und nie gefunden, was sollte es daher noch?
Wozu im Schmerz weiter leben, wenn er jetzt einfach gehen konnte?
Er würde all seinen Henkern entkommen.
~
„Du schaust umher und siehst nicht, wo du stehst im Üblen,
Nicht wo du wohnst, und nicht, mit wem du lebst -
Weißt du von wem du bist? -, und im Verborgnen
Bist du ein Feind den Deinigen da unten
Und oben auf der Erd, und doppelt treffend
Wird von der Mutter und von deinem Vater her
Dich treiben aus diesem Land
Mit fürchterlichem Schritt der Eltern Fluch:
Jetzt richtig blickend, aber dann - Nur Dunkel!“
-
Prophezeiung des Sehers Teiresias-
~
Der Weg, den einzigen, den er mit vollem Bewusstsein begehen werden würde. Der letzte Schritt, seine einzige Tat, die er frei von Balast entscheiden würde.
Fabian tat einen Schritt nach vorne. Er konnte das Prickeln auf seiner Haut bereits spühren.
Es kam ihm vor als könne er ein zischen hören. Er schloss die Augen.
Ein weiterer Schritt, und er war sich sicher angebranntes Fleisch zu riechen.
Er spührte keinen Schmerz.
Und dann lief er dem Licht mit großen Schritten entgegen.
~
Er bleckte die Zähne. Immer wieder war er erstaunt über das sich fügende Schicksal. Er hatte nicht damit gerechnet schon so früh solche Ergebnisse erzielen zu können. Die Routine seit drei Nächten war es gewesen, die Finstertaler Kunstakademie im Auge zu behalten. Die Versammlung an sich war schon besonders gewesen, scheinbar schien die Stadt größere Schwierigkeiten zu haben. Was sich definitiv mit seinen Informationen deckte.
Doch als dann das Kind des Prinzen höchstpersönlich herausgestürmt kam und mit der teuren Karre losgedühst war, war er sich sicher, das da etwas nicht stimmte. Also hatte er seinen Wagen gestartet und war ihr hinter her gefahren. Kein einfaches Unternehmen, kannte er sich in der Stadt doch kaum aus und musste mit seiner Schrottkarre dem Mercedes folgen.
Als die Rose hier gehalten hatte, war er davon ausgegangen, dass es sich um irgendetwas handelte, dass sie schnellst möglich aus dem Weg schaffen wollte. Vielleicht lagerten Beweiße in dem Lager, die die Rose lieber vernichtet sah?
Doch dann war dieser Kerl heraus gestürmt. Wahrscheinlich ein Brujah. Was ihn jedoch überascht hatte, war die Tatsache, dass die vermeintliche Rose sich plötzlich als Lasombra herausgestellt hatte. Zwar hatte er -selbst mit seinen feinen Sinnen- den Monolog nicht verstehen können, aber die Handlungen sprachen für sich. Überhaupt war der ganze Kampf eine sehr seltsame Angelegenheit gewesen. Was die Hintergründe und Motivationen der Kämpfer waren, sollte sich noch heraus finden lassen. Hoffte er zumindest.
Der mittelgroße, muskulöse Mann fuhr sich mit der Hand übers Kinn und sah zu wie die Sonne sich langsam immer mehr zeigte. Er betrachtete wie das glatzköpfige Nervenbündel aufstand und ein paar Schritte vom Gebäude weg machte. Seine Augenbraue fuhr nach oben. Scheinbar wollte sich der Kerl jetzt das Leben nehmen. Immer mehr wollte er herausfinden, um was es bei dem Gespräch gegangen war.
Dann zuckte sein Arm nach vorne und drückte den anderen Glatzkopf zurück in den Sitz.
"Nicht! Lass ihn gehen..."
So wie er das verstand, hatt er hier den Ghul des Brujahs vor sich. Zwar bestand ein Blutsband, doch wozu gab es die wunderbare Kraft menschliche Gehirne zu verbiegen. Ein kurzes Schmunzeln zeigte sich auf dem Gesicht. Der Mann saß inzwishen auf dem Beifahrersitz des Vans, in dem Olaf, der Ghul von Fabian, saß. Der dümmliche Gesichtsausdruck und das sofortige Gehorchen, konnte nur bedeuten, dass jemand von seinem Gesit besitz ergriffen hatte.
Der muskulöse Mann auf dem Beifahrersitz hatte vor, den Ghul auszuquetschen. Vielleicht ergaben sich ja die benötigten Informationen. Wenn nicht konnte man den Saftbeutel immer noch benutzen oder beseitigen.
Doch jetzt wollte er ersteinmal die Show geniesen.
Er sah wie die Haut zu rauchen begann und das Fleisch sichtbar wurde.
Und dann setzten die Schreie ein.
Erneut musste er schmunzeln.
Am Ende der Show, lies er kurz die Gelenke knacken und öffnete dann die Beifahrertür.
"Bin gleich zurück..."
Er stiefelte in Richtung Lagerhalle.
Als er bei dem Kanaldeckel angekommen war blieb er kurz stehen und sah hinab. Sehen konnte man sowieso nichts, daher ging er weiter.
Beim Pflock lieb er erneut stehen und begab sich in die Hocke. Er hob den Gegenstand auf und betrachtete ihn. Dann hob sich sein Blick. Der Geruch von verbranntem Fleisch war überall und ein paar Fleischreste lagen in der Sonne.
Er warf den Kopf in den Nacken und zwinkerte der Sonne vergnügt entgegen.
Finstertal schien wirklich das zu halten, was es versprach.