AW: Wie gefällt Euch die Dicey Tales #1 ?
Ich möchte gerne spielfertige Abenteuer haben, die ich ohne große eigene Vorbereitung leiten kann.
Dann vergegenwärtige Dir aber, daß solche Abenteuer ausgesprochen simpel gestrickt sein werden. - Alles, was über ein geradliniges One-Sheet-Format hinaus geht, erfordert vom Spielleiter sinnvolle und verantwortungsbewußte Vorbereitung. Wer diesen Aufwand nicht leisten mag, der sollte halt nicht leiten.
Solche "Mikrowellen-60-Sekunden-Abenteuer-Durchblättern-Fertig"-Szenarien, wie Du sie Dir zu wünschen scheinst, kenne ich nicht. - Ich erwarte als Spieler auch bei einem One-Sheet oder One-Page-Dungeon eine wohlüberlegte Vorbereitung durch meinen Spielleiter. Will er das nicht oder kann er das nicht, können wir auch gerne was anderes spielen - bei einem anderen Spielleiter.
Ich möchte nicht selbst nach Ideen suchen, Material aus dem Internet zusammensuchen, Regeln anderer Systeme konvertieren. Ich könnte es machen, aber genau das möchte ich mir im Austausch gegen Geld sparen. Außerdem finde ich es nicht so einfach wie vielleicht andere, man eben die Dinge aus dem Ärmel zu schütteln, wenn ich noch kurz vorher in ganz anderen Fach-Welten unterwegs war.
Wie gut, finde ich, daß man NICHT ALLES KAUFEN KANN!
Die Abenteuer liegen kostenlos überall im Netz herum. Da haben viele Leute ihre teilweise sehr beeindruckenden, anregenden Ideen einfließen lassen. Gerade so etwas wie One-Sheet-Abenteuer (z.B. auch die für Beasts&Barbarians oder aus dem SW-One-Sheet-Wonder-Wettbewerb) oder One-Page-Dungeons (egal ob aus dem englischsprachigen oder dem deutschen Wettbewerb) oder die Dungeons-2-Go für DungeonSlayers sind richtig GUTE Quellen, mit denen ich schon viele BoL-Abenteuer gespielt habe.
Aber natürlich nur NACH VORBEREITUNG. - Also Lesen, sich überlegen, wie diese ins Lemuria-Setting passen könnten, die betreffenden Änderungen vornehmen, die Spielwerte an den Rand des Ausdrucks kritzeln, und dann spielen. - Ein solches Abenteuer auf BoL zu konvertieren macht man bei einer Tasse Kaffee mit dem Stift in der Hand. - Wem das noch zuviel "Arbeit" ist, der hat ein echtes, geradezu einzigartiges Problem.
Ich möchte, dass mich das Abenteuer inspiriert.
Klar. Wer möchte das nicht? - Aber: Inspirieren ZU WAS?
Mich inspirieren z.B. interessante Ideen in einem One-Page-Dungeon dazu mir einen RAHMEN für diesen Dungeon in einer Sword&Sorcery-Spielwelt wie Lemuria auszudenken. Dann ergeben sich aus meiner Kenntnis der Spielwelt schon die Änderungen, welche ich vornehmen werde, um aus einem typischen EDO-Fantasy-Dungeon etwas in ein Sword&Sorcery-Setting Passendes zu machen.
Ich möchte nicht erst 10 genre-typische Romane lesen müssen.
Aber das Genre grob KENNEN solltest Du als Spielleiter schon. - Sword&Sorcery ist halt ANDERS als EDO-Fantasy. Hier mit "D&D-ismen" anzutreten läßt BoL unter Wert auftreten. BoL kann RICHTIG GUT Sword&Sorcery. Andere Arten von Fantasy nicht so gut. - Aber BoL funktioniert NUR mit einem gewissen Bewußtsein über die typischen Sword&Sorcery-Genre-Konventionen bei Spielleiter und Spielern.
WIE Du Dir als BoL-Spielleiter dieses Bewußtsein verschaffst, ob durch Lesen von Romanen oder viel Mitspielen in Sword&Sorcery-Spielrunden oder ganz anders, ist egal. - Aber wenn eine BoL-Runde nicht den schalen Geschmack ausgelutscher D&D-like EDO-Fantasy haben soll, sondern sich nach Sword&Sorcery anfühlen soll, sollte der Spielleiter (mindestens der!) WISSEN, was das Sword&Sorcery-Untergenre der Fantasy ausmacht. - Wie sonst könnte er seine NSCs stimmig handeln lassen? Wie sonst könnte er den SCs stimmige Herausforderungen bieten?
Ich mir jetzt zwar mal zwei Thongor-Romane ersteigert und werde sie bei Gelegenheit lesen, doch diese Art der "Vorbereitung" ist eigentlich etwas, das ich von dem Abenteuerschreiber erwarte.
Ein Abenteuerautor soll Dir also all das an Stimmungsbildern vermitteln, was ein Romanautor kann? - Erwartest Du da nicht etwas zu viel von einem Abenteuer? Oder erwartest Du eher DSA-ähnliche "romanartige" Nicht-Abenteuer zum Vorlesen und Nachspielen?
Ich erwarte von einem Abenteuer, daß ich es mit den passenden VORKENNTNISSEN zu Regelsystem und Spielwelt verstehen und spielen kann. - Das ist eine Qualität, die manchmal auch nicht erreicht wird, aber jedenfalls viel weniger Volumen erfordert, als im Abenteuer jedem Setting-Neuling und Genre-Unerfahrenen erst einmal lang und breit erklären zu müssen, warum es hier keine Zwerge, Elfen oder Orks gibt.
Ich möchte außerdem gerne ein Abenteuer haben, das spannend und spielgetestet ist, damit der Spielabend auch für die Spieler ein Erfolg ist.
Spielgetestet hat NICHTS mit dem "Erfolg" einer Spielsitzung zu tun.
Was entscheidend ist: Ein GUT VORBEREITETER sich im Setting gut auskennender, mit den Genre-Versatzstücken wohlvertrauter Spielleiter und Spieler, die diese Genre-Konventionen kennen und im Spiel aktiv verwenden.
Bei den Daring Tales für SW war für meinen Geschmack noch zu viel eigene Arbeit zu leisten, als das ich diese spielfertig genannt hätte. Die Thrilling Tales hatte ich mir mal gekauft, als sie nur $1 pro Ausgabe gekostet haben, aber noch nie hineingeschaut. Wie gesagt, kaufen ist relativ einfach, doch ich mit dem Lesen komme ich kaum hinterher.
Die Daring Tales waren tatsächlich am aller nähesten dran an dem, was ich als SOFORT LOSSPIELFERTIG bezeichnen würde. - Da mußte man NICHTS mehr zu tun, nur einmal aufmerksam durchgelesen und schon konnte es mit den Daring Tales losgehen.
Wenn Du einerseits sagst, daß Du Dir lieber Abenteuer KAUFST, statt sie selbst auszudenken (etwas, das ich auch lieber mache), dann solltest Du sie vielleicht auch mal LESEN, denn vom ungelesen Herumliegen wird man sicher KEINE Spielrunde damit veranstalten können.
Der MINIMAL-AUFWAND beim Vorbereiten von egal was besteht im DURCHLESEN. - Noch weniger, und Du solltest Dich bei Spielen umschauen, die entweder gleich völlig spielleiterlos sind, oder bei denen Dir die Spieler gleich das Setting mit entwickeln und Du als Spielleiter nur den Input der Spieler "jonglieren" mußt, ohne irgendwas vorzubereiten.
Und ja, ich weiß, diese Erwartungshaltung ist nicht immer realistisch.
Nicht immer? - Das ist eine denkbar UNREALISTISCHE und fast schon weltfremde Erwartungshaltung.
Kaufabenteuer unters Kopfkissen legen und morgen kann ich das dann leiten? - So aufwandslos geht es nicht.
Zornhau, vielleicht publizierst du einfach mal ein paar Abenteuer als PDF. Ich bin dann dafür bestimmt ein dankbarer Abnehmer
Wenn ich irgendwas "publiziere", dann liest Du das genausowenig wie die Thrilling Tales, oder?
Ich finde es jedenfalls in der Regel einfacher, Abenteuer anderer zu halten (wenn sie mich inspirieren) als mir selbst etwas ausdenken zu müssen.
Ich auch. - Vor allem kann ich mit BoL wegen der so genial einfachen Regeln fertige Abenteuer anderer Rollenspielsysteme mit einer Leichtigkeit und Schnelligkeit konvertieren, daß es schon oft beim einfachen Durchlesen und Notizen mitten ins Originalabenteuer machen bleibt, und schon kann ich es leiten.
Eigene Szenarien sind bei mir nur mit den nötigsten Angaben auf einem oder zwei Zetteln versehen und werden dann gespielt. - Alles, was ich für eine "Publikation" ausarbeiten möchte, kostet mich ENORM VIEL ZEIT. - Zeit, in der ich ich locker schon die nächsten zwei oder drei Szenarien zum Spielen vorbereitet hätte.
Ich habe im BoL-Blog ein paar angefangene Artikel - auch mit Abenteuern, die ich allesamt schon ein oder mehrere Male gespielt habe. Aber ob ich auch nur eines davon so ausarbeite, daß jemand, der NICHT meine eigenen Vorüberlegungen kennt und meine Sword&Sorcery-Leseerfahrung hat, das auch leiten kann, das weiß ich nicht. - Denn das Ausarbeiten von schon Gespieltem kostet Zeit. VIEL Zeit. VIEL MEHR Zeit als sich ein spielfertiges Szenario für die eigene Runde vorzubereiten.
Daher wundert es mich auch nicht, daß die beiden Abenteuer im Dicey Tales #1 nur eher Durchschnittsware sind. Sie sind immerhin BESSER als die vielen schlechten Abenteuer, die man gerne als "Pulp-Abenteuer" so vorgesetzt bekommt, sie sind auch gut ausgestattet und ANREGEND (auch für eigene Erweiterungen). Aber eben nichts, was mich jetzt vom Hocker hauen würde. - Ich würde jedes von diesen gerne leiten oder spielen. Mit ein wenig eigener "Ausschmückung" könnte ich sicher noch mehr aus dem Gebotenen herausholen. Aber das kann ja jeder Spielleiter und jede Spielgruppe!
Ich bin mit DTA und Thrilling Tales und noch ein paar weiteren (Haufen) Pulp-Abenteuern gut genug eingedeckt, daß ich ziemlich sicher nie alle spielen werde, die ich schon gelesen habe. - Somit bräuchte es für mich weniger neue Abenteuer, sondern mehr knackige Settinginformation und Regeladaptionen (für Pulp-Western, Pulp-Sci-Fi, usw.).