Brainstorming Was macht für euch einen guten Dungeon aus?

Infernal Teddy

mag Caninchen
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Ich gehe erstmal davon aus das wir uns alle einig sind das es in fast jedem Rollenspiel Dungeons gibt, auch wenn sie nicht so heißen - bei Shadowrun nennt man sie zum Beispiel Konzerneinrichtungen, bei Deathwatch Space Hulks, und so weiter. Da sind wir aber sonst auf einer Linie, oder?

Meine Frage wäre jetzt folgende: Was macht für euch einen guten Dungeon aus? Wie muss der denn beschaffen sein, worauf muss man bei der Erstellung achten, was ist euch da denn wichtig? Und habt ihr dafür auch beispiele?
 
Thema:
Ein Dungeon braucht ein Thema, das sich in Architektur, Materialien, Bewohnern, usw. durchzieht. Gute Dungeons haben mehr als ein Thema aufgrund ihrer Geschichte (siehe dort).
Thema ist das, was die Spieler in den Beschreibungen des Dungeons sehen, riechen, hören, fühlen, schmecken können. Das Thema ist die sinnliche Ausgestaltung des Dungeons.

Geschichte:
Ein Dungeon hat eine Geschichte, die man entdecken kann. Eine oder mehrere vorherige "Besiedelungsperioden" hinterlassen ihre Spuren und machen klar, was für eine Funktion (siehe dort) früher mal hatte.
Die Geschichte ist das narrative Element eines Dungeons, das allein durch seine Existenz und seine Vorgeschichte abseits der aktuellen Handlungen der Spieler getragen wird. Die Geschichte ist immer eine reine In-Game-Geschichte, während das durch die Spieler(charakter)handlungen Erspielte ja primär die out-game-erlebbare Geschichte ist.

Funktion:
Ein Dungeon hatte zumindest irgendwann in seiner Geschichte (siehe dort) eine klare Funktion, die nichts damit zu tun hat, daß er heute als "Abenteuerspielplatz" dient. Diese Funktion hält die innere Logik (siehe dort) eines Dungeons stimmig und läßt die Spieler rationale Überlegungen zur Einschätzung des Dungeons machen.
Die Funktion eines Dungeons ist ausschlaggebend für - Form follows Function - all das, was in dem Dungeon zu finden ist, was NICHT "deplaziert" wirkt. Das ist die solide Basis der gesamten Dungeon-Anlage. Im Laufe der Geschichte mag es (nein, WIRD es) da Änderungen, Zerstörungen, Eindringlinge, usw. gegeben haben, aber die Funktion sollte immer (dem Spielleiter) klar sein und von den Spielern (nach etwas explorativer Vorgehensweise) logisch nachvollziehbar sein.

Innere Logik:
Funktion, Geschichte, Thema/Ausgestaltung greifen alle ineinander und werden von der inneren Logik des Dungeons zusammengehalten.
Die Innere Logik ist das A und O eines Dungeons. Hier entscheidet es sich, ob der Dungeon als stimmig, glaubwürdig, "real genug" wahrgenommen wird, daß die Spieler darin eintauchen können und ihn als Umgebung mit EIGENEM CHARAKTER (siehe dort) wahrnehmen können, statt nur als "Bühne" oder "Kampfarena".

Charakter:
Ein guter Dungeon hat einen eigenen Charakter. Er hat so viel "Eigenleben", so viel Persönlichkeit wie "Der eine Ring" oder wie "Sturmbringer", die schwarze Runenklinge. Ein Dungeon IST ein Charakter. Und so sollte er auch vom SL gespielt werden!



Ein guter Dungeon ist KEINE zufällige Aneinanderreihung von Räumen und Gängen, bei denen die "Erstbewohner" drin rumsitzen, bis die Abenteurer kommen, um sie zu metzeln. - Genauer gesagt ist so etwas ein ZERRBILD eines Dungeons, über das man schon zu frühesten Zeiten des Hobbys gelacht hat, was man aber so nie wirklich als Spielinhalt wahrgenommen hat. Für solche Spielformen gabe es damals schon "Deathmaze" oder später "Munchkin", nicht Rollenspiele.
 
Ein Dungeon kann ja dreierlei sein: Ein Schauplatz, ein Abenteuer oder ein Setting. Je nachdem, wie man ihn einsetzt, gibt es daher auch unterschiedliche Anforderungen.

Als Schauplatz gibt es die gleichen Anforderungen wie an jeden Schauplatz: Man muss dort etwas tun können und er muss logisch sowohl ins Abenteuer, die Kampagne als auch in die Welt passen. Die Details hat Zornhau bereits genannt, sie bilden die Grundlage für alle guten Dungeons.

Wenn man den Dungeon aber nicht nur als Schauplatz, sondern als Abenteuer oder gar Setting einsetzen will, braucht es noch etwas mehr. Im Gegenzug darf der Dungeon dann auch von den Gesetzen der Spielwelt abweichen, indem er eine Anderwelt (Globule) bildet. Die unterliegt zwar ebenfalls eigenen Gesetzen, sie können aber von denen der restlichen Spielwelt abweichen.

In dem Fall muss der Dungeon nur so von Querverbindungen und gegenseitigen Abhängigkeiten wimmeln, damit die Spieler auf vollkommen unterschiedlichen Wegen zum Ziel gelangen können. (Für Karten gibt es unter Dungeon layout, map flow and old school game design eine sehr gute Rezension verschiedener Dungeons zu dem Thema.) Hier sollte es verschieden Gruppen von Bewohnern geben, die einander nicht grün sind und deren Zwistigkeiten den Spielern die Möglichkeit geben, sie gegeneinander auszuspielen oder sich mit einer gegen die anderen zu verbünden.

Der Megadungeon schließlich ist ein ganzes Setting in Form eines großen Dungeons, der seinerseits wieder Unter-Dungeons enthalten kann. Hier gelten also die Maßstäbe einer Welt, man braucht nicht nur zerstrittene Fraktionen und viele Wege, sondern auch verfeindete Reiche, Transportwege, Logistik usw. Während man es bei den anderen Dungeons unter Umständen verschmerzen kann, wenn es nur einen Ein- und Ausgang gibt, benötigt ein Megadungeon viele davon. Auch muss jede Ebene auf vielfältige Weise mit anderen Ebenen verbunden sein. Wie auch bei einem Setting müssen sehr viele verschiedene Landschaften sinnvoll miteinander verbunden werden.
 
Hmm. Dungeons.
Feste, begrenzte, Räume wo die SC der Spieler entweder rein oder raus wollen um eine Aufgabe zu erledigen.

Das, was D&D am Anfang draus gemacht hat kulminiert im Random Dungeon Generator des Game Masters Guide.
Brrr.
Historisch eigentlich nur als Gefängnis (auch für den Minotaurus), Begräbnisstätte, Bergwerk, Kanalisation oder Aufbewahrungsraum vorhanden.
Bei Tolkien die Wohnstätte der lichtscheuen Orks und der erdverbundenen Zwerge.

Wenn man konsistent und im Sinne der Suspension of Disbelief die Fragen Wer, Wie, Warum für der Dungeon beantworten kann, kann man von einem guten Dungeon ausgehen.
Von einer guten Box, für die Sandbox.
 
Ja, ein Dungeon muss in sich stimmig und passig sein.
Es muss glaubhaft sein, was darin herumkreucht; wenn man sofort anfängt sich zu fragen: "Warum haben die jetzt genau hier auf uns gewartet? Wo leben die? Was essen die?" und es keinerlei Anhaltspunkte für entsprechende Antworten hat, ist das eher suboptimal.
Den schon genannten Dingen würde ich so voll und ganz zustimmen!

Ansonsten, was für mich persönlich auch zu einem Dungeon dazugehört (auch wenn das gewiss Ansichtssache ist), sind fiese Fallen und gerne auch mal Rätsel.
Was nett sein kann, aber nicht immer sein muss, ist es Gefühle wie Enge, Eingeschlossenheit, Verlorenheit anzusprechen.
Das passt nicht zu jedem Dungeon, aber das Gefühl als kleine Lebewesen durch eine unermesslich alte, zyklopische, unterirdische Stadt zu irren, ständig bedroht und ohne ersichtlichen Ausweg, das kann was haben.
Oder eben in einem engen Stollensystem festzusitzen, und einen Weg zurück ans Licht zu suchen, während man von obskuren Kreaturen gejagt wird.

Fallen müssen auch nicht immer die klassische Speerfalle an der Wand sein. Gerade bei Shadowrun gibt es so viele nette Spielereien mit denen man agieren kann, herrlich.
Und auch dort kann man in U-Bahnschächten und alten Teilen der Kanalisation einen relativ klassischen Dungeoncrawl machen, wenn einem Hightech-Labore und Konzernanlagen irgendwann zu langweilig werden.
Oder man baut einen Dungeon, der ein wenig an die Saw-Filme erinnert - das muss in der Gewalt nicht mal so drastisch sein, aber Ausgeliefert sein, Verzweiflung und unerfreuliche Entscheidungen können darin recht interessant verwoben werden, wenn Gruppe und Setting dazu passen. Bei Hunter oder Shadowrun beispielsweise sehr gut möglich.
 
Der Stimmigkeit von Dungeons stimmig stimme ich im Prinzip zu - aber: Obacht! Wenn die hochgelobte Stimmigkeit darin ausartet, dass der Dungeon jedes Flair und die Abwechslung verliert, dann würde ich da Abstriche für den Spielspaß machen.
Das Motto muss dann lauten:
Könnte es hier eine Falle geben? Spricht mehr dafür als dagegen? - Wenn dafür, dann ist sie da!
Was spricht gegen einen Geist in der Besenkammer? - Wäre der denkbar - dann isser da!
Natürlich immer im Rahmen des Gewünschten und Machbaren/ Schaffbaren, damit es nicht so aussieht, als hätte man sich in den Pausenraum des Tiergartens von Heinrich dem Löwen verirrt.
 
Der Stimmigkeit von Dungeons stimmig stimme ich im Prinzip zu - aber: Obacht! Wenn die hochgelobte Stimmigkeit darin ausartet, dass der Dungeon jedes Flair und die Abwechslung verliert, dann würde ich da Abstriche für den Spielspaß machen.
Das Motto muss dann lauten:
Könnte es hier eine Falle geben? Spricht mehr dafür als dagegen? - Wenn dafür, dann ist sie da!

Bei "Jäger des Verlorenen Schatzes" PASST die funktionsfähige Falle in der 4000 Jahre alten Pyramide zum Flair.
In einem realistischeren Setting halt nicht. Da mußt Du halt die Kammer 2 Wochen lang lüften sonst gehen die Schatzsucher nach ein paar Jährchen am Fluch des Pharaoh ein.
Stimmigkeit ist hier nicht absolut, sondern jeweils passend zu den Grundannahmen des Settings zu sehen.

Was spricht gegen einen Geist in der Besenkammer? - Wäre der denkbar - dann isser da!
Natürlich immer im Rahmen des Gewünschten und Machbaren/ Schaffbaren, damit es nicht so aussieht, als hätte man sich in den Pausenraum des Tiergartens von Heinrich dem Löwen verirrt.


Wenn es nicht nach Handwedeln und Willkür ausschaut, warum nicht.
Und wenn man im Panoptikum des verrückten Doktor Willkürgalli der mit Hypnose, hallizynogenen Drogen, Zeitmaschine, Stasis, etc. hantiert, rumgurkt, na, dann wird es halt Seltsamst. Und das ist dann gut so.

In sich Stimmig!, das ist hier das Kriterium. Nicht realistisch!
Realistisch halt nur wenn es ein realistisches Setting ist. Und man kann auch X-Files realistisch machen. Halt aus Scully, nicht aus Moulder Sicht.
Oder umgekehrt. Und das entscheidet sich halt welches Setting man spielt.

Und da denke ich mal gehen wir beide D'Accord.
 
Ein guter Dungeon für mich ist entweder kein Dungeon oder aber klein. Also ja, unterirdische Gewölbe, Konzerneinrichtungen und Space Hulks sind super. Aber das macht noch keinen Dungeon.

Dungeon bedeutet, dass der Spielmodus auf eine eindeutige Karte wechselt. Während man üblicher Weise "Da lang!" geht und "Dort hinten!" etwas sieht, ist in einem Dungeon langfristig klar, wo eine jede Sache sich befindet, wie lange man von A nach B braucht usw.

Ich hab nichts gegen eine kurze Visualisierung der Szenerie. Ich hab nichts gegen Baddelmadden zum Figurenschubsen. Ich hab nichts gegen Übersichtskarten. Aber großflächige Dungeons: NE.
 
Dungeon bedeutet, dass der Spielmodus auf eine eindeutige Karte wechselt. [...]
Ich hab nichts gegen eine kurze Visualisierung der Szenerie. Ich hab nichts gegen Baddelmadden zum Figurenschubsen. Ich hab nichts gegen Übersichtskarten. Aber großflächige Dungeons: NE.
Spannend. Ich betrachte Dungeons in der praktischen Anwendung als "Netzwerk" von i.d.R. durch Battlemap visualisierter Szenen.
Schon wegen Platzmangels würde ich nicht auf die Idee kommen, jede Reise von Raum 1 nach Raum 102 mit Figuren zu Visualisieren, wenn das nicht irgendwie durch eine seperate Szene begründet wäre. Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass je irgendwer ohne Rechnerunterstützung mit Minis und Bodenplänen einen Megadungeon zu 100 % aufgestellt haben soll.
 
Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass je irgendwer ohne Rechnerunterstützung mit Minis und Bodenplänen einen Megadungeon zu 100 % aufgestellt haben soll.
Ich schon :D .

Natürlich sind auch meine Dungeons begrenzt, aber durch den Spieltisch lassen sich schon so manche riesige Dungeon darstellen... natürlich zur Freude *lüg* meiner Spieler. Je nach laune (und ich hab immer gute laune *sowas von fieß grinst*) kann das durchschreiten schonmal einige Stunden dauern.
Zurzeit durchgqueren sie meine alten Zwergenbinnen... dauer für einen Absschnitt (allerdings mit Rätseln, Fallen und Monster) ca. 8 Std. Zwei haben sie bereits erfolgreich hinter sich gebracht und sind guter dinge auch die letzen zwei zu schaffen.

Wäre doch genau das richtige für dich "1of3" oder... :D
 
Das Wichtigste wurde denke ich schon genannt. Die "Dungeon als Charakter der Geschichte"-Definition finde ich mitunter am Wichtigsten. Die besten Geschichten schaffen es, ihre locations wie diese und nicht nur wie Kulissen zu behandeln, dadurch schafft man einen ungleich höheren Grad der Konsistenz und fördert für mich ungemein die Immersion.

Ich möchte nochmal kurz was hervorheben, das für mich eigentlich Hauptkriterium dafür ist, ob ich einen Dungeon als gelungen betrachte oder nicht: Abwechslung. Es ist nicht immer leicht nach Jahren des gemeinsamen Spiels und des Aufladens durch pop cultural knowledge innovativ zu bleiben. Umso wichtiger ist es für mich (auch als Anspruch an mich als Spielleiter), dass das Konzerngebäude, die Katakomben oder der Magierturm Alleinstellungmerkmale aufweist. Das geht ungefähr in die gleiche Richtung wie "soll ein Charakter sein", weil die für mich auch nur dann funktionieren, wenn sie nicht zu schablonenhaft und nicht zu nahe an bereits benutzten Konzepten dran sind.

Es ist klar, dass Grundstrukturen oft die Gleichen sind. Für mich gibt es aber kaum etwas Schlimmeres als in einem Spiel, in dem Dungeons eine zentrale Rolle einnehmen (Shadowrun z. B.), im Bezug auf ihr Design kreativlos zu sein. Das geht soweit, dass bei diesen Settings das designen oft den größten Platz der Rundenvorbereitung einnimmt und ich auch ein Sammelsurium von Alternativen parat habe, falls es spontan in sowas geht. Ich kann das zwar auch improvisieren und krieg das meistens ganz zufriedenstellend hin, die Anfälligkeit dafür, bereits benutzte themes wieder zu verwenden ist mir aber in der Regel zu groß.
 
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