Rezension Wargods of Aegyptus [B!-Rezi]

Infernal Teddy

mag Caninchen
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Wargods of Aegyptus


Grundregelwerk [A!-Rezi] von Infernal Teddy


Es muss jetzt ein oder zwei Jahre her sein, da hatten wir die Jungs von Truant als Händler auf der KaRoTa, richtig freundliche Leute, mit denen man sich blendend unterhalten konnte. Von den netten Sachen die sie im Gepäck hatten war das interessanteste eine Demorunde eines Tabletops, Wargods of Aegyptus. Ich fragte ob mir jemand das Spiel mal erklären könnte und ob ich ein Demospiel mitmachen könnte, und wurde darüber informiert das es keinen Sinn machen würde, für eine Person eine Demo zu starten. So weit okay, ich bin los um ein Yugioh-Kid zu suchen, dessen Mutter an der Kasse stand, habe dann von jemanden eine Stunde lang das Ohr abgekaut bekommen, der mir unbedingt erklären musste warum keiner bei meiner nWoD-Runde mitspielen würde (Just for the record: die Runde war voll an dem Abend), und als ich wieder in der Nähe vom Truant-Stand war, waren ziemlich viele Leute damit beschäftigt, sich das Spiel erklären zu lassen. Ich bin also nie dazu gekommen, das Spiel zu spielen, sehr zu meinem Leidwesen. Aber es scheint doch Gerechtigkeit zu geben im Universum, denn Skar sei dank liegt hier die Aktuelle Fassung des Regelwerks von Ulisses Games auf meinem Schreibtisch. Schauen wir also mal, ob ich wirklich was verpasst habe...[/LEFT]

Äußerlich gibt sich das Buch ganz hübsch. 288 Seiten in Softcover, wobei die Pappe, die für den Einband verwendet wurde recht stabil zu sein scheint. Das Cover zeigt einige Anubi im Kampf gegen die Untoten, allerdings ohne gleich in solche Megaschlachtszenen zu verfallen wie man es von Games Workshop gewohnt ist. Das Layout ist recht sauber, und zum großen Teil bestehen die Illustrationen aus Schwarz-Weiß Zeichnungen, die zum großen Teil mit Bleistift gemacht zu sein scheinen. In der heutigen Zeit, wo jeder auf Hochlanz S/W setzt, oder gar auf Vollfarbe, finde ich diese Zeichnungen richtig nostalgisch. Auf den Farbseiten, auf denen die Kinder der Götter vorgestellt werden, kommen sie nicht so gut zur Geltung. Ebenfalls auf den Farbseiten finden wir einige Photos von Miniaturen und Gelände. Von beidem ist es zu wenig. Zu wenige Photos von zu wenigen Miniaturen. Hier wäre es besser gewesen, mehr Platz für die Miniaturengalerie aufzubringen, und dann auch mehr Miniaturen in direkter Draufsicht vorzustellen, statt in irgendwelchen Kampfszenen, damit der Leser sich auch einen Eindruck von den Figuren machen kann. Jedes Kapitel beginnt mit einer vollseitigen Illustration und einer Seite Game Fiction, die ich mir zugegebenermaßen nicht durchgelesen habe.

Das Buch beginnt mit der üblichen knappen Zusammenfassung worum es überhaupt geht: Ein Tabletop, welches in einem quasi-altertümlichen Ägypten angesiedelt ist, und in dem die Diener der Götter, die sogenannten Harbinger, ihre Armeen zum Sieg gegen die Armeen anderer Götter führen. Direkt im Anschluss werden die Regeln vorgestellt, beginnend mit der Auflistung, was man für das Spiel braucht (Auch wenn ich das eher in die Einführung eingebaut hätte, ehrlich gesagt). Interessanterweise verwendet das Spiel w10 statt w6, aber dazu habe ich eine Vermutung, die ich euch im Fazit erklären werde. Nach einer Erklärung der verschiedenen Einheitentypen wird erstmal das Profil vorgestellt, welches ein wenig an ein anderes, in Deutschland recht verbreitetes Spiel erinnert. Direkt im Anschluß werden Waffen und Rüstungen vorgestellt, mit allgemeingültigen Punktekosten.

Die Innovationen – aus der Sicht von Jemanden, der eher Warhammer gewohnt ist – beginnen im nächsten Abschnitt, in dem nämlich Formationen vorgestellt werden, und ihre regeltechnischen Auswirkungen auf die Einheit. Wir finden hier Kolonnen, Meuten, Blöcke, und einige Weitere, die alle ihre eigenen Auswirkungen auf das Spiel haben. Anschließend wird eine Rund aufgeschlüsselt: Zunächst folgt die Kommandophase, bei der jeder Spieler so viele Kommandomarker verdeckt ausspielen kann, wie sein Harbinger Kommandopunkte hat, wobei jede Einheit nur eine Marke erhalten kann. Danach wird Initiative gewürfelt, um zu bestimmen, welcher Spieler in dieser Runde zuerst zieht. Der gewinnende Spieler darf eine Anzahl an Einheiten gemäß ihrer Kommandomarker aktivieren, und zwar in Höhe der Differenz bei der Initiative – und er darf entscheiden ob es eigene oder gegnerische Einheiten sind. Wenn der erste Spieler diese Aktivierungen abgehandelt hat darf sein Gegener eine Einheit aktivieren, dann der erste Spieler wieder, usw., bis alle Einheiten aktiviert wurden – wobei es jedem Spieler frei steht, wessen Einheit aktiviert wird. Am Ende der Runde kommt eine Sammelphase, bei der fliehende Einheiten versuchen dürfen, sich zusammenzureißen.

Der darauf folgende Abschnitt erklärt die einzelnen Kommandomarker, und beschreibt welche Auswirkungen sie bei Einheiten haben, welche bei Streitwagen, und welche bei Einzelmodelle, wobei mache Marker sich für manche Einheiten entweder nicht lohnen, oder gar nicht vergeben werden dürfen. Die Blickwinkelregeln sind relativ selbsterklärend für jeden, der mal ein Tabletop mit quadratischen Bases gespielt hat. Interessant wird es wieder bei den Regeln zu Tests und Rettungswürfe. Diese verwenden eine allgemeingültige Tabelle, bei der Verteidigungswert und Angriffswert verglichen werden müssen, um den Mindestwurf zu bestimmen – wieder mal etwas, das vielen leuten da draußen bekannt vorkommen könnte. Auch die Nah- und Fernkampfregeln sind recht einfach gehalten, und sollten jeden, der schon mal ein oder zwei Tabletops gespielt hat schnell verständlich sein. Nach den Regeln für Flüchtende Einheiten und Wunden folgen noch die Spezialregeln für Streitwgen und Fliegende Einheiten.

Das nächste große Kapitel beschäftigt sich mit den Kindern der Götter, also den Einheiten, die im Spiel geführt werden können. Jeder der zehn hier aufgeführten Götter kann Einheiten aufstellen, die aus seinen „Kindern“ bestehen, also aus einem Volk, das ihm nachempfunden ist. Ebenso hat jeder Gott die Möglichkeit auf die „Kinder des Osiris“ zurückzugreifen, also auf Menschen. Menschen sind Fremde in Aegyptus, und wurden vom mittlerweile verstorbenen Osiris als seine Kinder adoptiert. Ein oder zwei Völker haben eine Sonderreglen, z.B. haben die Kinder des Seth keine Abzüge in unwegsamen Gelände, aber im Großen und Ganzen unterscheiden sich die einzelnen Völker nur durch ihr Profil. Nach den Volksbeschreibungen und den Farbseiten mit Miniaturen folgen die Regeln für die Harbinger, den Generälen und Anführern der Armeen. Im Gegensatz zu den meisten Tabletops stellt bei Wargods jeder Spieler seinen Harbinger selbst zusammen in dem er das Basisprofil nimmt, und für seinen General Fertigkeiten aus der Liste seines Gottes aussucht. Jeder Harbinger hat außerdem eine Stufe, die bis zu 10 geht, wobei diese Stufe abhängig ist von der Anzahl von harbingern ist, die er bereits besiegt hat – was sich in die späteren Kampagneregeln einfügt. Im prinzip definiert sich eine Armee bei Wargods weniger über die Volkssonderregeln der Einheiten, sondern eher über die Fähigkeiten der Harbinger, was für viele ein Paradigmenwechseln darstellen dürfte.

Die Zusammenstellung einer Armee ist das nächste große Thema, hier wird erklärt, welche Völker zusammenarbeiten können, welche allen zur Verfügung stehenden „Spezialeinheiten“ gewählt werden können, und wie Magie funktioniert – da hier die Magier beschrieben werden macht das durchaus Sinn. Es gibt drei Arten von Magiern: Meister der Worte, Hexenmeister und Totenbeschwörer. Jeder von ihnen hat zugriff auf eine eigene Spruchliste, mit eigenen Effekten und Ausrichtungen, wobei der Totenbeschwörer nur den Armeen des Seelenfressers zugeteilt werden kann, und im nächsten Kapitel beschrieben wird. Dieses witmet sich nämlich eben diesem „Seelenfresser“, eine Macht des Bösen, die überall in Aegyptus Armeen von Untoten erzeugt, für die es in diesem Kapitel eine Armeenliste gibt, zusammen mit Regeln für untote Harbinger.

Die Regeln für die Untoten fügen sich ähnlich wie die Weiterentwicklungsreglen für Harbinger recht gut ein in das nächste Kapitel – die Kampagnenregeln, die Szenarien vorweisen, vorschläge zur Entwicklung einer losen Handlung und zum Ausbau einer Armee im Laufe einer Kampagne. Das letzte Kapitel beschreibt dann die „Vorsintflutliche Welt“, in der Wargods spielt. Hier wird nicht nur Aegyptus beschrieben, sondern auch andere Regionen, in denen Spiele dieser Reihe angesiedelt werden sollten. Abgerundet wird der Band durch drei Seiten Kopiervorlagen, einer zweiseitigen Kurzreferenz, und zwei farbige Bögen mit Kommoandomarken.

Fazit:
Wenn ich rein von diesem Buch ausgehe gefällt mir das Spiel. Eigentlich. Ein schöner Hintergrund, solide Regeln, was will man mehr? Wargods geht in direkter Konkurrenz zu Games Workshop und Warhammer, und orientiert sich sowohl was die Größe der Armeen angeht, als auch an der Struktur des Systems. Das hat seine Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist sicherlich das Umsteiger von Warhammer sich hier wunderbar zurecht finden werden: Gleicher Maßstab, ähnliche Regeln, und den Vorteil, sich die Charaktermodelle selbst bauen zu können. Allerdings wiegen die Nachteile schwer auf: An manchen Stellen wirkt Wargods, als hätte man die regeln von Warhammer abgeschrieben, und auf w10 umgestellt. Die Armeen bieten weder eine besondere Vielfalt an Einheiten, noch einen besonderen eigenen Charakter, sondern leben und sterben mit den Harbingern. Wenn ich da mit einem anderen Tabletop vergleiche, das im selben Zeitraum erschien, nämlich Warmachine, so hatte dieses zwar auch eine eingeschränkte Figurenauswahl, aber dennoch Fraktionen, die niemand miteinander verwechseln würde. Wargods hat seine Innovationen, hinterläßt aber dennoch einen faden Beigeschmack, als hätte jemand ein Warhammer mit seinen eigenen Hausregeln veröffentlicht.

Geht man über das Buch hinaus, so wird es noch düsterer. Ich habe im Zuge dieser Rezension mal ein paar deutsche Webshops abgeklappert, um Miniaturen für dieses Spiel zu suchen – und nur Nieten gezogen, selbst im mittlerweile zu Ulisses Spiele gehörende F-Shop, weswegen sich mir die Frage stellt, warum dieses Spiel überhaupt erscheint, wenn der Verlag nicht bereit ist, es zu unterstützen, billig ist es bestimmt nicht, dieses Regelwerk zu veröffentlichen. Schaut man über den großen Teich, so scheint auch dort die Begeisterung für dieses Spiel eher verhalten zu sein, weswegen die Frage noch mehr Gewicht bekommt, warum dieses Spiel überhaupt auf Deutsch erschienen ist, zumal Ulisses mit Warmachine bereits ein zugkräftiges Tabletop im Stall hat. Ich würde gerne sagen, ich hätte hier eine schöne Alternative zu Warhammer gefunden, und von den Regeln her könnte man das bestimmt machen, aber dafür ist der Zug schon längst abgefahren. Wer unbedingt eine Alternative zu Warhammer sucht soll sich anderweitig umsehen. Schön ist das Spiel, doch ohne Unterstützung chancenlos – und das ist schade.Den Artikel im Blog lesen
 
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