Übelklischees...

Silvermane

Wahnsinniger
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22. Februar 2004
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Werft mal einen Blick auf die folgenden Kurzbeschreibungen und ratet einfach mal spontan, aus welchem Rollenspiel die stammen könnten...


Germans
Germans tend to be direct and to the point about everything. Their demeanour, like their language itself, is perceived as gruff and harsh. Perhaps not surprisingly, they can also be extremely passionate in their beliefs and actions. Their skills in battle and industry are also a matter of great personal pride. A German will readily fight for what he believes in, or to defend himself against an insult, real or imagined. They make excellent allies and implacable enemies.

Names: Guenther, Adolf, Wilhelm, Brunhilde, Elsa, Gretchen.

Canadians
Canadians are generally quiet people who appreciate solitude. They do not mind cold weather, and in many cases prefer it. Canadians tend to be hardy and can swim, hike, and hunt for extended periods of time. They speak English with a noticeable French accent and a few of their own special pronunciations (ow sounds as oo for example). Canadians drink more beer per capita than any other nation-state on Earth.

Names: Denise, Harriet, Jacqueline, Darcy, Louis, Jean-Paul

French
Where the Spanish are open-minded and tolerant, the French are very much the opposite. They tend to see their way as the best and everyone else’s as unimportant or just plain wrong. They rarely admit they are mistaken about anything, and even when faced with undeniable proof that they made an error, their response is to shrug it off and change the subject. Frenchmen are often seen as arrogant and self absorbed, although frequently this is simply a misinterpretation of their own vanity. When he puts his mind to it, a Frenchman can be just as friendly and outgoing as the next human, if not more so.

Colombians
Colombians like mining and spelunking and are accustomed to underground settings. Because of the constant threat from the drug cartels, Colombians live in one of the most dangerous countries on Earth, and are accustomed to violence. A typical Colombian considers force as the solution to a problem before a more peaceful solution. Associating with an impulsive Colombian is a dangerous proposition!

Swiss
The Swiss are, in general, used to a life of peace and calm, and do not stand up to stress or hard work very well. They are smart, but do not lord their intelligence over others. They consider their country the best on Earth and consider those who believe otherwise to be merely jealous. This attitude often leads their neighbours to think of them as lazy, hedonistic snobs, although this is rarly a fair assessment.

Italians
Italians are commensurate gamblers in every sense of the word. They tend to be impulsive, preferring action to thoughtful contemplation. Faced with two seemingly identical choices, they will select one at random and proceed without hesitation rather than gather information and consider all their options. In other words, they tend to 'look before they leap.' Italians love to wager and enjoy the thrill of a good race or sporting event, but they are also generally honest and do not appreciate being tricked or lied to. Bad choices sometimes lead unlucky Italians to a life of crime, where they frequently build Mafia-style 'families' based on a single activity, such as smuggling or drug trafficking. Even in this they remain honest in all dealings, even amongst themselves. Of course, the very act of performing these criminal acts as a risk in itself.


Na? Es ist im übrigen kein WK2-RPG....oh nein...es ist:

Babylon Five Earthforce Fact Book, von Mongoose Publishing

Ich geh dann mal wieder. Brunhilde ruft.


-Silver
 
Ich weiß. Ich hatte mich, als das Earthforce Fact Book herauskam auch in gewohnter Art im Mongoose Forum geäußert.[Edit]Verwarnung akzeptiert. Beitrag editiert.[/Edit]

Mongoose hat natürlich nicht nur von mir eine gewisse Entrüstung über die doch sehr aus einer "Hogans Heroes"-Sicht kommenden Klischees über Deutschland und andere Nationen hinnehmen dürfen. Da hatte man recht gut sehen können, wie international doch Babylon 5 Fans sind - nachdem sich Fans aus zwei Dutzend Nationen beschwert hatten, äußerte Mongoose als Verlag Bedauern - und die Sache war beigelegt.

[Edit]Verwarnung akzeptiert. Beitrag editiert.[/Edit]
 
Canadians drink more beer per capita than any other nation-state on Earth.
Hm... ich hätte jetzt eigentlich erwartet, das diese Lorbeeren an uns gehen... :rolleyes:

Kann man mal sehen wie sehr man sich täuschen kann.

freundlichst,
Kelenas
 
Kelenas schrieb:
Hm... ich hätte jetzt eigentlich erwartet, das diese Lorbeeren an uns gehen...
Auch wenn sich diese Nationen-Klischees lesen, als wären sich um 1960 von einem US-Hinterwäldler abgefaßt worden, so sollen sie ja eigentlich die Nationen der Erde im Jahre 2258 charakterisieren. Da ist das dann schon plausibel: "Nachdem in Deutschland aufgrund der Beschlüsse zu Hartz XXXIV der für den Bierkonsum pro Kopf durchschnittlich pro Jahr noch verfügbare Anteil unter 1 Cent sank, fiel Deutschland bei den 287 Nationen im Jahre 2019 auf Platz 276 im Bierkonsum. Alle Länder auf den Plätzen 277 bis 287 verfügen über überhaupt keinen Bierkonsum. Dagegen scheinen die Sozialmaßnahmen in Kanada zu greifen, nachdem die dortige Regierung im Jahre 2006 eine kostenlose Austeilung von 2,4 Gallonen Bier pro Woche an jeden Kanadier über 6 Jahren angeordnet hatte. Dieses Programm senkte die Arbeitslosigkeit auf nie geahnte Tiefststände und verdreißigfachte die Zahl der Beschäftigten in der Brauerei-Industrie."

So richtig erstrebenswert erscheint mir aber ein solcher erster Platz ohnehin nicht. Den kann - jetzt oder in 254 Jahren - gerne eine andere Nation belegen.
 
Die Betitelung, des Status' als die Nation mit den meisten BpK, "Lorbeeren" war auch eher ironisch/sarkastisch gemeint. :)

Ich persönlich halte nämlich nicht gerade viel von übermäßigem Bier-(oder auch sonstigem Alkohol-)konsum. In diesem Sinne sind alle paar Wochen ein paar Fläschen Bier am Wochenende mit Freunden auch das einzige was ich tue um diesen 'Status' aufrecht zu erhalten ;) .

freundlichst,
Kelenas
 
Mit einem hohen "pro Kopf"-Konsum muß ja nicht gleich "über"-mäßig verbunden sein Man denke an die US-Biere - schwach schäumende Harnproben! (Ja, das ist Bier-Nationalismus! Dazu stehe ich!) Von den Dünnstbieren kann man ja Gallonen trinken, ohne damit dem Alkoholmißbrauch zu frönen.

In diesem Sinne werde ich mir auch gleich noch ein leckeres "Eiszäpfle" zischen. :alc:
 
Hier mal die B5-Earthforce-Fact-Book-Deutschland-Passage - nicht als Zitat, sondern in kruder Übersetzung:

Deutschland

Die Nation, welche als Deutschland bekannt ist, ist eines der militaristischsten Länder, das je ihre Truppen über seine Grenzen entsandt hat. Wenn die Einwohner nicht in Kriegen als Söldner kämpften, oder ihre Nachbarländer überfielen und sich deren Ländereien aneigneten, dann zogen sie aus, andere Nationen komplett zu erobern. Der erste und der zweite Weltkrieg waren dominiert von riesigen, mächtigen deutschen Armeen, und während des zweiten Weltkrieges übernahm Nazi-Deutschland fast ganz Europa. Nur der entschlossene Widerstand Großbritanniens, Russlands und (später) der Vereinigten Staaten führte letztendlich zur Niederlage Deutschlands. Unglücklicherweise konnten sich die Siegermächte nicht einigen, was mit dem eroberten Agressor zu tun sein, so daß Deutschland in zwei Hälften geteilt wurde, die während der Jahrzehnte des Kalten Krieges Bestand hatten.

Mit dem Sturz des Kommunismus wurde Deutschland wiedervereinigt, trotz der Ängste vor einer eventuellen Wiederbewaffnung. Der neue demokratische Staat zeigte sich völlig uninteressiert an weiteren Militäraktionen und konzentrierte sich statt dessen darauf, sich als ein Wirtschafts- und Industriezentrum zu etablieren. Die Vereinigung Europas zur Europäischen Union erlebte die Entwicklung Deutschlands als einer der führenden Industrienationen der Gemeinschaft. Deutschland war Europas Führer in der Produktion einer Vielzahl mechanischer und elektronischer Geräte und Anlagen, unter anderem Computer, Automobile, Stahlerzeugnisse, Baustoffe und - vielleicht nicht überraschend - Waffen. Aus Deutschlands Fabriken kamen die Panzer, Lastwagen und sonstige Fahrzeuge, und die Munition, die Europa in die Lage versetzten so effektiv im dritten Weltkrieg zu kämpfen und so während der ersten Tage der Erd-Allianz letztendlich den Kern der Earthforce Polizeitruppen zu formen.

Obwohl Deutschland durchaus eine gewisse Vielfalt an Einwohnertypen aufweist, ist doch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Produktion oder im Militär beschäftigt. Es gibt mehr deutsche Angehörige der Earthforce Armee als solche anderer Nationen oder Kolonien der Erd-Allianz. Die Deutschen sind sehr geschäftig und hart arbeitend und geben sehr fähige Arbeiter ab, sind aber nicht besonders geeignet für andere Berufe. Sie kennen ihre Geschichte und der größte Teil der Deutschen bedauert die Verbreitung des Faschismus in der Mitte des 20. Jahrhunderts und betrachtet dies aufrichtig als den dunkelsten Flecken ihres Ansehens. Aus diesen Gründen stellen die Deutschen in der Europäischen Union die vehementeste Anti-Imperialisten-Fraktion dar. Sie waren zum Beispiel heftigst gegen die Beteiligung am Dilgar-Krieg, bis der Botschafter der "Liga Nicht Alliierter Welten" die Dilgar als Nazis darstellte, was Europas Einstellung praktisch über Nacht änderte und die Tore für eine militärische Intervention von Earthforce-Truppen im Dilgar-Konflikt öffnete.

Deutschlands Hauptstadt, Berlin, ist eines der größten Industriezentren Europas. Die Stadt war den Kalten Krieg über geteilt und trägt heutzutage (Anm. d. Übers.: im Jahre 2258) immer noch die Narben der Teilung. Einige der schlimmsten Slums der Europäischen Union sind in Ost-Berlin und einige der reichsten und einflußreichsten Bürger wohnen in West-Berlin. Obwohl die Stadt stark von den modernen Umweltschutztechnologien profitiert, ist Berlin immer noch ein dunkeler, schmutziger Ort verglichen mit den meisten anderen europäischen Hauptstädten. Andere deutsche Städte haben die gleiche graue, funktionale Ästhetik: nur rechte Winkel und strenge Geometrien mit nur geringen Versuchen Schönheit oder Charme zu entwickeln. Besucher erleben in Deutschland den Eindruck, daß die Bevölkerung wie die Städte ist: kalt, hart, unpersönlich - aber das muß natürlich nicht überall so sein. Deutsche arbeiten hart, aber sie spielen auch hart. Sie mögen Sport und Unterhaltung, wo immer sie zu finden sind. Vielleicht sogar mehr als jene Völker, deren Leben weniger aus harter Arbeit besteht - die Deutschen lassen ihren Enthusiasmus nur weniger nach außen sehen.

Österreich und Ungarn sind Nachbarstaaten von Deutschland und hatten schon immer enge Bindungen zu Deutschland. Vor dem zweiten Weltkrieg waren sie ab und an Teil der Großdeutschen Nation. Österreich-Ungarn war sogar einmal ein eigenständiges Land, wurde aber geteilt aufgrund religiöser und anderer Gründe. Beide Länder gehörten zu den Sowjet-Satellitenstaaten während des Kalten Krieges, doch kehrten sie danach letztendlich zur Unabhängigkeit zurück, nachdem die Sowjet-Union zerfallen war. Sowohl Österreich als auch Ungarn behielten viele Eigenschaften von Deutschland. Charaktere aus diesen Nationen können die gleichen Werte benutzen, die für die deutschen Charaktere angegeben sind. Österreichs Hauptstadt ist Wien, Ungarns Hauptstadt ist Budapest.

Deutsche Rassen-Eigenschaften:
* Bonus-Sprache: Deutsch oder Ungarisch. Ein Charakter aus einer dieser Nationen, der eine dieser Sprachen kennt, erhält einen Synergie-Bonus von +2 auf die andere Sprache. Österreicher sprechen Deutsch.
* Zusätzliche Feats (D&D 3rd): Militaristic, Industrious
* Vorschläge zum Rollenspielen: Deutsche sind in allen Lebenslagen sehr direkt und ohne Umschweife. Ihr Gehabe wird ebenso empfunden wie ihre Sprache: rauh und harsch. Vielleicht nicht überraschend können Deutsche auch sehr leidenschaftlich ihre Überzeugungen und Handlungen vertreten. Ihre Fertigkeiten im Krieg und in der Industrie sind für Deutsche Gegenstände ihres persönlichen Stolzes. Ein Deutscher wird ohne Zögern für seine Überzeugungen kämpfen oder um sich gegen eine Beleidigung, egal ob real oder bloß vorgestellt, zu verteidigen. Deutsche geben exzellente Verbündete und unversöhnliche Feinde ab.
* Namen: Günther, Adolf, Wilhelm, Brunhilde, Elsa, Gretchen.
Soviel zu der Darstellung des fiktiven Deutschlands im Jahre 2258 im B5-Earthforce-Fact-Book.

Als ich das letztes Jahr kaufte, war ich ziemlich vor den Kopf geschlagen, ob der offensichtlich krassesten Klischees, mit der - in meinen Augen "mal wieder" - auf Deutschland als Militär-Staat herumgeritten wurde. Das ist tatsächlich etwas, was keinem, der hier aufgewachsen ist, oder der hier eine Weile gelebt hat, als akzeptabele Beschreibung des aktuellen (damals 2003) Deutschlands je einfallen würde. Ich stand, als ich diese Passage damals übersetzt und in Foren zur Diskussion gestellt hatte, noch unter dem Ärger, daß Deutschland und Frankreich als das "alte Europa", welches nicht am Golf-Krieg II teilnehmen wollte, von den US-Politikern und -Medien dargestellt wurde, und man dann aber quasi im gleichen Atemzug von einem US-Autor des Earthforce-Buchs (der Verlag ist ja eigentlich in Großbritannien ansässig) solche Plattheiten lesen mußte, die meine eigene Nation so mies darstellen.

Ich meine, es geht hier ja nicht um ein Fantasy-Reich, oder die Minbari, Centauri, Narn, etc. - da ist KEINERLEI Sensibilität von irgendwem zu befürchten. Dagegen, wenn man mit real existierenden Völkern in Sci-Fi-Settings (oder gerade auch in Jetzt-Zeit oder Near-Future-Settings) arbeitet, ist ein gewisses Fingerspitzengefühl vonnöten.

Das hatte der Autor nicht. Stattdessen hat er in meinen Augen und nach meinem Empfinden das Volk, dem ich mich zugehörig fühle, das Volk, das seine preußisch-militärische Vergangenheit so ziemlich komplett überwunden hat, als permanente und unverbesserliche Militaristen dargestellt. Das hat mich schlichtweg geärgert.

Aber: die nachfolgende Diskussion auf dem Mongoose-Forum machte mir - und dem Verlag ;) - klar, daß praktisch alle anderen als die US-amerikanische Nation ihr Fett weg bekommen haben. Nachdem sich wirklich viele aufgeregt haben (z.B. die Kanadier die KEIN Französisch sprechen, oder die Italiener, die zwar Rollenspiele spielen, aber nicht geborene Glücksspieler sind) hatte der Verlag und der Autor sich entschuldigt, es gab noch ein wenig nachmotzen, aber dann war der Fall erledigt und man hat sich neuen Dingen zuwenden können.

Das Problem war m.E. hier, daß man eben doch nicht so einfach wie bei einem Fantasy-Königreich, seine eigenen menschlichen Beziehungen und Empfindlichkeiten, ja seine nationale Identität oder gar seinen (soweit vorhanden) Nationalstolz, beschädigt sehen möchte. Ob jemand sagt, alle Orks sind menschenverachtende Schlächter und haben eine brutale Zivilisation, läßt glaube ich die meisten hier kalt. Wenn man das aber z.B. in einem d20 Modern Buch über den Golf-Krieg II über ALLE Iraker oder gar ALLE Moslems sagen würde, dann wäre die Aufregung - durchaus verständlich - groß.

Es ist eben nicht immer einfach statt nur zu sagen "Es ist doch nur ein Spiel" es auch wirklich so zu empfinden.

Manche Rollenspiele sind für mich jenseits meiner sehr persönlichen Empfindlichkeitsgrenze angesiedelt. Die verläuft auch nicht immer ganz klar und wohldefiniert und ändert sich mit der Zeit, aber ich merke immer sehr deutlich, wann etwas gerade darüber gerutsch ist, oder weit jenseits davon liegt. Das ist natürlich bei jedem anders.

Zurück zu B5 d20: die Nationalitätenbeschreibungen waren mir zu nah an unserer aktuellen politischen Lage orientiert. Ich hätte mir eine deutlich andere Politlandschaft leichter akzeptabel vorstellen können, nur hätte man dann nicht so detailierte Nationality Feats als Neuerung für das Regelsystem einführen können. Diese Nationality Feats sind eben abhängig vom "Alignment" der jeweiligen Nation (z.B. Deutsche sind Militaristisch). Sie stellen - wie alle Feats in d20 - aber stets VORTEILE in bestimmten Bereichen dar, sind also nicht als Makel zu verstehen (auch wenn ich "militaristisch" eigentlich ausschließlich negativ verstehe).

Im Mongoose-Forum ist man auf die Idee gekommen, diese z.T. recht interessanten Nationality Feats eben NICHT nach nationaler Zugehörigkeit zu vergeben, sondern sie von den Spielern für ihren Charakter einfach auswählen zu lassen. So kann es auch einen militaristischen Kanadier geben oder einen arbeitsamen Brasilianer etc. Das ist eine gute Regelung, die aus der Entrüstung über die Beschreibungen entstanden ist.

Für mich ist die Kritik an dem Tonfall und den Inhalten der Nationalbeschreibungen also auf die bestmögliche Art vom Verlag aufgenommen und für das Rollenspiel fruchtbar umgesetzt worden. Und die Fans sind es zufrieden. Immerhin habe ich ja auch weiterhin die Fact Books von Mongoose gekauft - und das ohne Zähneknirschen.
 
Kanadier trinken mehr Bier als wir? Das kann ich nicht glauben...
aus diesem Grund wird jetzt hier direkt ne Pulle geköpft... *plöpp*

Prost, und wo wir grade dabei sind. Was sind schon Klischees?
 
traum schrieb:
Was sind schon Klischees?
Klischees sind das A&O des Rollenspiels.

Rollenspiel lebt von Klischees ("Der knurrige Seemann", "Der schleimige Gebrauchtwagenhändler", "Der aalglatte Versicherungsvertreter", "Der korrupte Politiker" - ups, das ist ja leider ein Teil der Berufsbeschreibung und kein Klischee. ).

Nur manchmal kann es eben sein, daß ein Klischee mit Empfindlichkeiten kollidiert. Dann lag es sicherlich daran, daß ein Klischee eben nicht mehr ist als eine Übersimplifizierung und Generalisierung von in der Realität wesentlich komplexeren Sachverhalten.

Man hat im Spiel oftmals nicht die Zeit und den Willen wirklich JEDEN NSC tiefgründig auszuarbeiten. Und - mal im Ernst - das will doch auch keiner. Wenn bei Dr. Evil die Schergen, die gerade von Austin Powers getötet wurden, tatsächlich mal mit einem Ausschnitt aus ihrem Privatleben gezeigt werden, dann ist das eine wohlkalkulierte Ausnahme. Normalerweise haben solche "Extras" nämlich nur eine kleine Handvoll für die Interaktion mit den Spielercharakteren wichtige Fähigkeiten und sind ansonsten recht platt. Die echten Gegenspieler, Superschurken, etc. haben natürlich genausoviel Tiefe, wie die SCs.

Wir arbeiten also eigentlich immer mit Klischees und sollten uns dessen durchaus bewußt sein.

Es ist nur so, daß bestimmte Klischees bei nicht nur einem Menschen eine Reaktion auslösen, sondern bei manchen Menschen eine besonders heftige, bei vielen Menschen eine leicht verärgerte oder bei vielen Menschen eine schwer verärgerte. In diesem Fall (Deutschland-Klischees made in USA im B5 d20 Earthforce Fact Book) war es wohl eher eine leichte Verärgerung bei einigen Menschen.

Das ist etwas, dessen sich ein Verlag - allein aus Gründen der rechtlichen Belange aber auch aus Gründen der Kundenzufriedenheit - immer bewußt sein muß. Manche Verlage haben solch ein Gespür und andere nicht. Bei manchen - wie bei Mongoose - mußte erst einmal ein heilsamer Schock im Forum her, um das Gespür zu wecken. Und das ging ja auch sehr offen und konstruktiv vonstatten.
 
Naja, wenn man sich zum Beispiel Sid Meier's Civilization III anschaut, werden die Nationen (=Zivilisationen) dort auch teils recht klischeehaft beschrieben. Die Deutschen haben dort glaube ich Wissenschaft und Militär als Stärken.
 
Oder man schaue sich typische Pulp-Szenarien an, in denen der gute amerikanische Held (siehe Indiana Jones) sich durch Unmengen von Nazi-Soldaten durchballern muß (oder Zombies oder Nazi-Zombies oder SS-Werwölfen oder Gestapo-Vampiren)

Hier ist das Klischee des "häßlichen Deutschen" so eingesetzt, daß man mit Nazis und Deutsche zum einen ersteinmal gleichsetzt (interessanterweise kommen Österreicher nicht in den Genuß dieser Gleichung). Zum anderen wird das Klischee soweit abstrahiert, daß Nazi-Soldaten auf einer Stufe mit Orks, Zombies, Star Wars Storm Troopers (die ja von den NS-Sturmtruppen sogar ihren Namen haben) etc. gestellt werden. Sie sind für Pulp-Adventures in den 30er und 40er Jahren DIE Standard-Kanonenfutter-Schurken, die Orks in vielen Fantasy-Settings darstellen.

Ehrlich gestanden, geht mir das zwar jedesmal gegen den Strich, doch finde ich Indiana Jones toll. Es ist so, wie wenn Flash Gordon Mings Kaiserliche Garde vermöbelt, oder Buck Rogers Killer Kane's Schergen eins überbrät. Das sind alles gesichtslose "Extras", die man braucht, um dem Helden nicht alles zu leicht zu machen. Die wahren Herausforderungen stellen aber immer die detailiert ausgearbeiteten Schurken dar. Auch in Pulp-Settings.
 
Zornhau schrieb:
Oder man schaue sich typische Pulp-Szenarien an, in denen der gute amerikanische Held (siehe Indiana Jones) sich durch Unmengen von Nazi-Soldaten durchballern muß

Da das Pulp-Genre mit dem Start des zweiten Weltkriegs praktisch über nacht starb, weiss ich nicht, wo die Verbindung zwischen "typisch Pulp" und "Nazis" bestehen soll. Die absolute Hochzeit des Pulp war ende der zehner- bis anfang der dreissiger Jahre, die Machtübernahme Hitlers war erst mitte der dreissiger, und damals sah den niemand in den USA als bedrohung an.

The Shadow, Tarzan, John Carter vom Mars, Doc Savage und The Spider waren die typischen Pulp-Vertreter, und abgesehen vom Shadow hat keiner von denen in der Weltkriegszeit auftritte gehabt.

Zornhau schrieb:
Hier ist das Klischee des "häßlichen Deutschen" so eingesetzt, daß man mit Nazis und Deutsche zum einen ersteinmal gleichsetzt (interessanterweise kommen Österreicher nicht in den Genuß dieser Gleichung). Zum anderen wird das Klischee soweit abstrahiert, daß Nazi-Soldaten auf einer Stufe mit Orks, Zombies, Star Wars Storm Troopers (die ja von den NS-Sturmtruppen sogar ihren Namen haben) etc. gestellt werden. Sie sind für Pulp-Adventures in den 30er und 40er Jahren DIE Standard-Kanonenfutter-Schurken, die Orks in vielen Fantasy-Settings darstellen.

Ich habe ganz ehrlich keine ahnung wovon du redest.
Nach 1939 gab es faktisch keine Pulp-Szene mehr, möglicherweise verwechselst du das mit den Propaganda-Kurzgeschichten, die während dem Krieg natürlich auf der ganzen Welt aufkamen, aber schon allein aufgrund der Papierknappheit hatten diese keinen wirklichen einschlag, und Pulp war das nicht.

blut_und_glas schrieb:
Auch in Pulp Settings? Gerade in Pulp Settings!

Eben! Was wäre Pulp gewesen ohne seine charismatischen Schurken, ohne Robur den Eroberer, Lupin, Fantômas, Dr.Caligari und Fu Manchu?
 
blut_und_glas schrieb:
Auch in Pulp Settings? Gerade in Pulp Settings!
Natürlich! Eigentlich überall da, wo der "Held" (der SC) ein deutlich höheres Kompetenzniveau hat, als der durchschnittliche (oder eher armselige) Rest der Spielweltbevölkerung (von den "Schurken" einmal abgesehen).

Was mich an den ganzen Pulp-Rollenspiel-Szenarien (wie sie ja auch im Weird Wars Umfeld vorkommen) wundert, ist der Stellenwert eines deutschen Soldaten (ob mit oder ohne "Nazi-" als Vorsilbe). Die deutschen 2. Weltkriegssoldaten sind genauso seelisch unbelastet zu töten wie Orks (immerhin Lawful Evil) oder Zombies (immerhin bereits tot) oder Storm Troopers (immerhin sieht man in der weißen Rüstung ihr Gesicht nicht, wenn sie sterben).

Es ist in vielen auf diese Art "heroischen" Spielsettings so, daß es eine oder mehrere humanoide Rassen oder eben Menschen bestimmter Herkunft oder Zugehörigkeit gibt, die man straflos töten darf, bei denen ein zynischer Spruch nach der Erschießung nicht nur akzeptabel ist, sondern den SC auch noch cool wirken läßt.

Ich will damit nicht sagen, daß es so etwas nicht geben darf. Ganze Genres basieren darauf. Es ist nur so, daß ich immer etwas unangenehm berührt bin, wenn ich ein Abenteuer z.B. 1939 am Amazonas spielend lese, und dann neben Gangstern, Schlangen und Eingeborenen die unvermeidlichen SS-Archäologen und ihre großen, blonden Nazi-Schergen mit den Maschinenpistolen auftauchen, um sogleich von der Handvoll guter US-Helden niedergemacht zu werden. Diese Art die Versatzstücke aus klassischem Pulp mit dem immer funktionierenden "alle Deutschen in egal welcher Position sind stets blutrünstige Nazis"-Feindbild zu verknüpfen gefällt mir nicht.

Ich bin z.B. ein überzeugter Savage Worlds Fan, doch finde ich es geradezu geschmacklos, wenn DAS Einführungsszenario in das System, welches auch noch kostenlos heruntergeladen werden kann, genau diese "Indiana Jones besiegt das Dritte Reich" Thematik beinhaltet.

Aber wir befinden uns derzeit m.E. in einer Renaissance des Pulp-Genres. Die Welt - insbesondere die US-Filmemacher - dürstet es nach klaren Feindbildern. Das ist in solchen Filmen wie VanHelsing, Riddick und in den noch anstehenden , noch mehr dem klassischen Pulp verbundenen Filmen der Fall.

Man fragt sich, was wirklich so interessant daran ist, zuzusehen, wie ein einzelner Mensch dutzende Menschenleben ästhetisch inszeniert auslöscht und danach auch noch über die Leichen spottet. Bitte nicht falsch verstehen: ich möchte das überhaupt nicht verbannen oder verdammen. Mir selbst gefallen so manche Filme, in denen Gewalt inszeniert wird, ausgesprochen gut. Ich bin nur verwirrt, WARUM solche Inszenierungen, in denen Hunderte gesichtsloser "Extras" gemetzelt werden, eigentlich so wirken, wie sie es tun. Aber das driftet dieses Thema noch mehr ins Offtopic, als es jetzt schon gerutscht ist.

Mir kam es nur in puncto Klischees darauf an vorzustellen, daß gerade die "kontrastreichen" (Helden SEHR fähig, Extras armselig) Genres/Settings/Spielwelten diese Klischees einfach brauchen, um zu funktionieren.

Babylon 5 jedoch ist kein Pulp-Setting oder etwas Verwandtes. Die Helden in B5 sind zwar auch sehr fähig, aber der Kontrast zu den Extras ist nie so hart, der Abstand nie so groß, wie in "heroischen" Settings.

Daher kommt es auch, daß ich der Meinung bin, daß man in Settings wie B5 mit Klischees einfach vorsichtiger dosiert umgehen sollte, als z.B in Flash Gordon. Aber ohne Klischees geht es natürlich auch dort nicht.
 
Sentinel schrieb:
Da das Pulp-Genre mit dem Start des zweiten Weltkriegs praktisch über nacht starb, weiss ich nicht, wo die Verbindung zwischen "typisch Pulp" und "Nazis" bestehen soll.

Das ist eigentlich relativ eindeutig finde ich, und hat simpel etwas damit zu tun was heute als prominenter Pulp wahrgenommen wird. Und das ist nun einmal Indiana Jones, und nicht Doc Savage. Und der gute Indy kämpft regelmäßig gegen wen? Richtig! Nazis.

mfG
jdw
 
blut_und_glas schrieb:
Das ist eigentlich relativ eindeutig finde ich, und hat simpel etwas damit zu tun was heute als prominenter Pulp wahrgenommen wird. Und das ist nun einmal Indiana Jones, und nicht Doc Savage. Und der gute Indy kämpft regelmäßig gegen wen? Richtig! Nazis.

Wird es "typisch Pulp" wenn Indiana Jones gegen Nazis kämpft?
Dann sind die echten Pulp-Storys und -Charaktere die dem nicht entsprechen (also alles aus der Zeit von 1900-1934) nicht mehr "typisch Pulp"?
 
Wird es "typisch Pulp" wenn Indiana Jones gegen Nazis kämpft?
Dann sind die echten Pulp-Storys und -Charaktere die dem nicht entsprechen (also alles aus der Zeit von 1900-1934) nicht mehr "typisch Pulp"?
Das ist die Sache mit der Generalisierung von Begirffen. Ein Großteil der Menschen stört sich nicht daran was akademisch Pulp ist, sondern was sie als Pulp wahrnehmen.
 
Burncrow schrieb:
Das ist die Sache mit der Generalisierung von Begirffen. Ein Großteil der Menschen stört sich nicht daran was akademisch Pulp ist, sondern was sie als Pulp wahrnehmen.

Das würde dann aber bedeuten, das eine einzige Figur, Indiana Jones, den Standart setzt für eine Kultur mit hunderten von Charakteren?
Was sogar noch bizarrer wird, wenn man bedenkt, das Indiana Jones zwar eindeutig im Pulp-Genre anzusiedeln ist, aber ansonsten rein technisch gesehen nicht teil dieser Kultur ist.

Das ist ja so, als würde ich ein Setting eines beliebigen Rollenspieles als "typisch Rollenspiel" bezeichnen, und alles was diesem Setting nicht enspricht, ist unsinn. Ist alles, was dem Setting von z.b. Vampire nicht ähnelt, nicht "typisch Rollenspiel"?

Also tut mir leid, aber das erscheint mir nicht gerade logisch, bzw. einfach uninformiert, einen Ausnahmevertreter eines Genres (so populär er auch ist) als represäntativ für das ganze Genre zu halten.
 
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