Brainstorming Suspense im Rollenspiel

Skar

Dr. Spiele
#StandWithUkraine
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16. Januar 2003
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  • Ein wenig Ungewissheit.
  • Was kommt als Nächstes?
  • Ich bin der ausgemaxte OberRoxXoR aber Hilfe, ich hab die Situation nicht im Griff.
  • Etwas Dramatik.
Ich mag sowas. Meine Spieler mögen sowas. Aber die Rezepte dafür sind rar. Habt ihr was in euren Kochbüchern, was in diese Geschmacksrichtung fällt?
 
Bestes Rezept: einen Spielleiter verwenden.

Weiteres gutes Rezept: Spielregeln verwenden.

Beides sind die GARANTEN für spannendes Spiel, da sie eben Ungewißheit, Unsicherheit, bedeutungsvolle Entscheidungen AUSSERHALB der Entscheidungshoheit der Spieler sicherstellen.
 
Gut. Würfelwürfe haben ihr Spannungsmomente mit gleichartigem Potenzial wie die zu bewürfelnde Situation.

Ich wollte hier aber eher in die Richtung der Suspense als "Genre" hinaus. Also obere Stichpunkte nicht im regeltechnsichen Sinne oder aus der konkreten Handlung heraus, wie es im Abenteuer steht, umgesetzt, sondern eher als unkonkrete Bedrohungssituation zu geschmacklichen Bereicherung am Spieltisch.
 
Schaun wir mal:

TVTropes schrieb:
Suspense:
Suspense, though not technically horror, tends to get lumped with horror beacuse they both want the same thing: to scare the viewer. However; both go about it different ways. Suspense relies on themes, tight plot, and subtlety over brute force. It uses camerawork with lots of shadows, and tends to either evoke claustrophobia, or isolating vastness. If there's a monster, it will appear in brief glimpses and silhouettes, and generally try to leave more to the imagination (which may be a losing bet, consider how television and video games are eroding those).

und

Wikipedia schrieb:
Suspense may operate in any situation where there is a lead-up to a big event or dramatic moment, with tension being a primary emotion felt as part of the situation. In the kind of suspense described by film director Alfred Hitchcock, an audience experiences suspense when they expect something bad to happen and have (or believe they have) a superior perspective on events in the drama's hierarchy of knowledge, yet they are powerless to intervene to prevent it from happening. In broader definitions of suspense, this emotion arises when someone is aware of his lack of knowledge about the development of a meaningful event; thus, suspense is a combination of anticipation and uncertainty dealing with the obscurity of the future.

Klare Rezepte gibt es nicht, aber das sind doch schon Handlungsanweisungen drin oder nicht.
Klamüsern wir das mal auseinder.

Es geht darum den Spielern eine bestimme Art von Angst einzujagen.
Nicht durch Blut und Monster sondern eben nur durch das andeuten von Gefahr.
Bei Suspense geht es also wie Wikipedia schon schreibt um das Wissen, dass etwas schreckliches passieren könnte ohne wirklich Einfluss darauf zu haben oder auch nur genau zu wissen was es denn am Ende eigentlich ist.

Suspense ist oft sehr META zumindest im Film. Du hast weniger Angst um die Charakter sondern es ist eher mit dem Gefühl zu vergleichen, wenn man weiß gleich kommt der Moment wo man erschreckt wird und genau davor schon Angst hat.

Methoden im Rollenspiel sollten sich daraus doch erarbeiten können.
Beispiele wären: In dramatischen Suspense-Situationen über mehrere Spielabende hinweg immer schon zu Beginn der Szene dasselbe einprägsame düstere Musikstück aufsetzen. Schon nach 2-3 mal werden die Spieler das klar mit SHIT JUST GOT REAL!!!!eins!Elf verbinden. Irgendwann reicht die Musik alleine um den Spielern Angst und Bange zu machen.
Andere Meta Elemente wären dann genauso getimt Kerzen usw. Wichtig ist, den Spielern subtil klarzumachen, dass es ums ganze geht OHNE ihnen IT schon direkt einen guten Grund dafür zu gehen.

Beschreibungen sollten einerseits sehr detailliert sein (um die Szenerie aufzubauen), aber andererseits auch nur sehr vage indem sie das was eben die Gefahr ist nur anreißen.
Also nicht:
"Ihr steht im Wald und aus dem Schatten kommt ein großer gut 3 Meter großer Werwolf auf euch zu."
sondern
"Die Bäume um euch sind in das rötliche Licht der untergehenden Sonne getaucht. Eure Schritte auf dem Unterholz sind gedämpft. Das einzige was die Stille durchbricht ist euer stoßweise gehender Atem, der vor eurem Gesichtern kondensiert. Kein Tier ist zu hören... Halt, doch! Ein düsteres Knurren und euer Blick huscht unwillkürlich nach rechts. Weiße und Spitze Reißer deutlich abgesetzt vom riesenhaften Berg aus dunklem Fell. Der Geruch von Tod und Blut kommt euch entgegen."

Zwischen der etablierung der Szene und dem Auftauchen des Monsters darf ruhig noch mehr passieren und vor allem mehr Zeit vergehen. Suspense, ähnlich wie die meisten indirektem Formen des Horros braucht vor allem eins: Zeit. Einzelne NSCs können plötzlich und ohne Erklärung verschwinden.

Wichtig für Suspense als Nachgang ist meiner Meinung nach auch, dass nicht alles aufgeklärt wird. Was auch immer es war, die Spieler sollten Theorien und Hinweise haben, aber auf keinen Fall DIE Wahrheit. Am besten macht es sich meistens wenn man es so hinstellt, dass sich Hinweise gegenseitig zu widersprechen scheinen.
 
Shadom schrieb:
"Die Bäume um euch sind in das rötliche Licht der untergehenden Sonne getaucht. Eure Schritte auf dem Unterholz sind gedämpft. Das einzige was die Stille durchbricht ist euer stoßweise gehender Atem, der vor eurem Gesichtern kondensiert. Kein Tier ist zu hören... Halt, doch! Ein düsteres Knurren und euer Blick huscht unwillkürlich nach rechts. Weiße und Spitze Reißer deutlich abgesetzt vom riesenhaften Berg aus dunklem Fell. Der Geruch von Tod und Blut kommt euch entgegen."
Das ist nicht Suspense, das ist Vorfreude. Da werden nur die Würfel warmgerollt.

Was anderes kam mir aber beim Lesen deines Beitrags in den Sinn.

Andere Meta Elemente wären dann genauso getimt Kerzen usw.
Ingame, nicht (umständlich) am Tisch:

Ihr sitzt beim Frühstück. Plötzlich schaut ihr euch an. Ihr alle. Ein Gefühl, dass ihr beobachtet werdet durchdringt euch und ein Lufthauch geht durch Zimmer. Eure Nacknhaare stellen sich förmlich auf, als die Kerzen auf dem Tisch erlöschen - dabei sind Fenster und Türen geschlossen. Es sind 6 Kerzen, genauso wie ihr zu sechst seid...
 
Ihr sitzt beim Frühstück. Plötzlich schaut ihr euch an. Ihr alle. Ein Gefühl, dass ihr beobachtet werdet durchdringt euch und ein Lufthauch geht durch Zimmer. Eure Nacknhaare stellen sich förmlich auf, als die Kerzen auf dem Tisch erlöschen - dabei sind Fenster und Türen geschlossen. Es sind 6 Kerzen, genauso wie ihr zu sechst seid...
Wenn mir ein Spielleiter anfängt zu DIKTIEREN, wie sich mein Charakter fühlt, dann kann er einpacken und nach hause fahren!

Das ist NICHT "Suspense", sondern uralte TODSÜNDE im Kiesow-"Auf ein Wort"-Stil!

Ihr sitzt beim Frühstück. Macht mal alle einen Notice-Wurf. Wer ihn geschafft hat, der hat den Eindruck, daß er beobachtet wird. Bei einem Raise spürt er sogar einen Lufthauch durchs Zimmer gehen. Macht mal einen Guts-Wurf, um zu sehen, ob ihr ängstlich reagiert, wenn plötzlich die Kerzen auf dem Tisch trotz geschlossener Fenster und Türen erlöschen. Es sind 6 Kerzen, genauso wie ihr zu sechst seid...
Fixed it for you.
 
Ich persönlich würde mich auch verarscht fühlen wenn mein Charakter nur nach der Beschreibung Angst haben soll...

Deswegen ja die Meta Elemente um OT eine Stimmung zu erzeugen, die nach IT gehen.
 
@Zornhau: Das wäre mir durch die Würfeleien zu sehr zerstückelt, auch wenn mir das Prinzip zusagt.

@Shadom: Der offgame-Aufbau zur Spielhandlung wäre mir noch zu umständlich.

Aber ich möchte gerne mehr davon lesen!
 
Suspense erzeugt man beim SPIELER. - Dabei wirkt ALLES zusammen, das den SPIELER - nicht den Charakter! - beeinflußt. Würfelwahrscheinlichkeiten (Oje, stockdunkel gibt mir -4 auf alles!), Größe der Gegnerminiaturen (Oje, der ist ja 12 Zoll hoch! Wie sollen wir den nur packen?), Ereignisse (Was, der hat unseren Meat-Shield gerade mit nur EINEM Treffer ausgeweidet?!!), und natürlich Beschreibungen und das klassische "Willst Du das wirklich tun?".
 
Genau das meine ich ja auch mit Meta. Suspense setzt nicht da an wo du es haben möchtest. Suspense ist immer außerhalb des Spiels und wirkt auf die Spieler ein. Dieselbe Situation mit anderer OT Atmosphäre kann nämlich wahlweise Suspense oder Horro sein ohne dass ich jetzt Beispiele an den Haaren herbeiziehen muss. Je nach Stimmung ist es sogar möglich daraus Comedy oder Pulp oder sonstwas zu machen. Stimmung im Rollenspiel (und GERADE Suspense) ist eben einfach Meta.
 
Was ich manchmal mache: Ich beschreibe eine (nur nicht zu lange) Szene die sich irgendwo anders abspielt (aber die Spieler oder ihre Umgebung betrifft bzw betreffen wird) und die für die Charaktere eben kein Charakterwissen ist. Da die Spieler dies aber nun wissen wird dadurch Spannung aufgebaut.

Beispiel: Ich beschreibe den Thronsaal des Erztyrannen und wie seine Leute ihm davon berichten das die SC's mal wieder seine Pläne durchkreuzt haben. Wütend richtet er den Boten hin und befielt seinen Leuten die besten Attentäter des Landes loszuschicken um den Helden das Handwerk zu legen. Danach geht's dann erstmal mit dem normalen Abenteuer weiter. Aber: jedesmal wenn jemand die Charaktere nun ins Hinterzimmer bittet um ihnen ein Geheimnis anzuvertrauen werden die Spieler sich fragen ob das jetzt eine Falle der Assassinen ist.

Kann man natürlich auch zur Erheiterung nutzen: Der Wutausbruch des Tyrannen wenn auch die Attentäter versagen ist vielleicht nicht relevant, aber seine Beschreibung kann die Stimmung der Gruppe ungemein heben ;)

PS: Was Suspense angeht ist es natürlich umso besser je Geheimnisvoller es gemacht wird. In obigem Beispiel sollte der Tyrann am Ende der Szene rufen: "Wartet ! Vergesst die Attentäter, die würden eh nur versagen." Dann grinst er und streicht sich über den Bart: "Ich habe da gerade eine bessere Idee..." und zurück zum Abenteuer.
 
Zornhau schrieb:
Ihr sitzt beim Frühstück. Macht mal alle einen Notice-Wurf. Wer ihn geschafft hat, der hat den Eindruck, daß er beobachtet wird. Bei einem Raise spürt er sogar einen Lufthauch durchs Zimmer gehen. Macht mal einen Guts-Wurf, um zu sehen, ob ihr ängstlich reagiert, wenn plötzlich die Kerzen auf dem Tisch trotz geschlossener Fenster und Türen erlöschen. Es sind 6 Kerzen, genauso wie ihr zu sechst seid...
Nochmal nachgedacht und ich würde das eher so machen:

Macht mal einen Empathie-Wurf. Alle, die es geschafft haben, haben beim Frühstück plötzlich dieses unbestimmte aber ganz klare Gefühl beobachtet zu werden. Plötzlich geht ein Lufthauch durchs Zimmer, der einigen von euch sicher die Haare im Nacken zu Berge stehen lässt. Die sechs Kerzen auf dem Tisch verlöschen. Sechs. Genauso wie ihr zu sechst seid...
Macht mal einen Aufmerksamkeitswurf. Ah, drei mal geschafft. Ihr drei stellt fest, dass weder eine Tür, noch ein Fenster geöffnet ist.

Das zerstückelt das Ganze nicht so sehr. Das Offensichtliche (den Lufthauch) dafür muss man nicht würfeln, das darf ich voraussetzen. Und das Kribbeln im Nacken, das darf ich (bei uns!) auch so halbwegs unbestimmt vorschreiben.
 
@Runenstahl:

Finde ich als erzählerisches Mittel nicht schlecht. Kann man natürlich in deinem Beispiel nur machen, wenn der Tyrann bekannt ist und bekannt ist, dass er der Tyrann ist, sonst gibts später beim Aufeinandertreffen harte Kollisionen zwischen Spieler- und Charakterwissen.
 
Das wäre was mich angeht okay, aber Suspense hast du damit auch im Endeffekt höchstens nur weil du den Spielern über den Umweg der Charakter mitteilst das gleich etwas (vermutlich gefährliches) passiert und sie nicht wissen um was es sich handelt. Den bei dir leicht implizierten Umweg, dass du den Charaktern Angst machen willst musst du nicht gehen. Das passiert von selbst.
 
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