AW: [Suche] Ungewöhnliches Nah-kampfsystem
Ganz anders funktioniert z.B. HeroQuest 2.0.
Dort wird ALLES - also nicht nur Kampf, sondern auch das Belabern von Leuten, das Wirken von Zauberritualen, eine Verfolgungsjagd mit Reitheuschrecken usw. - als KONFLIKT betrachtet und einfach aufgelöst. Dazu gibt es zwei grundlegende Mechaniken:
Der Einfache Wettstreit - hier entscheidet EIN Wurf eines Handelnden gegen EINEN Wurf eines Widerstehenden, wie der GESAMTE Konflikt ausgeht.
Kein Hin und Her mit AT-PA-usw.-Würfelexzessen, sondern genau EIN vergleichender Wurf, dessen Ergebnis dann eine Abstufung des Erfolgsgrades für den Konflikt insgesamt von vollständiger Fehlschlag, schwerer Fehlschlag, leichter Fehlschlag, knapper Fehlschlag, über Unentschieden, bis hin zu knapper Erfolg, geringer Erfolg, großer Erfolg und vollständiger Erfolg ergibt.
Jeder dieser Erfolgsgrade hat harte regelmechanische Konsequenzen (Reduktion der im Konflikt eingesetzten Eigenschaften für kurze, mittlere, längere Zeit bzw. sogenannte "anhaltende Vorteile", d.h. aus dem Konflikt resultierende geringe, mittlere und größere Boni auf Eigenschaften, die man in späteren Konflikten verwenden kann - bis sie wieder nachlassen).
Beispiel: Ein Musketier muß unbedingt ein Stück Geschmeide in den Palast der Königin bringen. Es stehen ihm vier Wachen im Weg, deren Ziel es ist, ihm den Zutritt zu verwehren (nicht unbedingt ihn zu töten!). Der Musketier geht mit einem hohen Eigenschaftswert wie z.B. "Schnellste Klinge von Paris" in den Kampf, die Wachen bieten nur "Schergen des Kardinals" mit mittleren Spielwerten auf. Weil dies KEINE SEHR WICHTIGE Szene ist, aber dennoch das Resultat von Belang ist, wird hier ein Einfacher Wettstreit vom Spielleiter angesetzt. Dem Musketier gelingt trotz Einsatzes eines Heldenpunktes nur ein knapper Erfolg. Daher erhält er keine spürbaren bleibenden Vorteil. Er hat gegen die Übermacht gefochten wie ein antiker Kriegsgott, doch ist er leider nicht ebenso unsterblich. Daher ist sein Gewand von Beinahetreffern durchlöchert und zerfetzt und er hat den einen oder anderen insignifikanten Schmiß abbekommen. Die Wachen waren seinem ungestümen Degen nur knapp unterlegen, so daß sie verletzt und beschämt die Flucht suchen und weitere, frische Wachen alarmieren konnten. Leider kam die Verstärkung knapp zu spät, um dem Musketier das Abliefern des Geschmeides noch verwehren zu können. - EIN Wurf und EIN Gegenwurf und die gesamte Szene wird entsprechend des Ausgangs dieses Wurfes geschildert.
Variante: Der einfache Gruppen-Wettstreit - dieser wird bei Konflikten verwenden, an denen mehrere Charaktere an der Bewältigung desselben Konflikts zusammen arbeiten. Er läuft so ähnlich wie der Einfache Wettstreit ab, nur werden alle Erfolgsgrade aufsummiert (die Fehlschläge ziehen von den Erfolgen ab). Das Endergebnis jeweils EINES Wurfes eines JEDEN SCs oder wichtigen NSCs gegen den Widerstand des Konfliktes ergibt die einzelnen Erfolge, deren Summe den Erfolgsgrad des gesamten Konflikts.
Beispiel: Hätte der obige Musketier noch seine drei Kumpel dabei gehabt, dann wären ALLE VIER gegen die Gruppe der Kardinalsschergen angetreten. Jeder hätte seinen Wurf gemacht, jeweils gegen den Widerstandswurf der Gegner. Dabei könnte der erste Musketier wie oben einen knappen Erfolg erzielt haben, der zweite einen leichten Fehlschlag, der dritte einen leichten Erfolg und der vierte einen vollständigen Erfolg. - Es wird somit die Szene anders geschildert. Der Musketier ging ungestüm gegen seinen Gegner vor und erhielt zahlreiche Gegentreffer, die aber alle unwesentlich waren. Ein wüster Stich ins Knie ließ seinen Gegner zu Boden gehen und den Kampf beenden. Sein rauher, bärenstarker Kumpel stürmte weitaus berechenbarer auf den Kardinalsschergen ein und erhielt als Quittung einen Stich in den Waffenarm, der ihn den Degen fallen ließ. Mit einem kräftigen Tritt beförderte er aber seinen Gegner außer Reichweite und über eine kleine Mauer mitten in den Teich eines Wasserspiels. Sein Gegner ist zwar nass, kann sich aber rühmen einen der berühmten Musketiere erwischt zu haben. Schlechter ergeht es seinem Kameraden. Der gerät nämlich an den dritten Musketier und dieser tut erschrocken so, als ließe er in Panik seinen Degen fallen. Doch kommt der Degen auf seinem Stiefel zu liegen und mit einem lange geübten Tritt schleudert er diesen von unten gegen seinen Gegner. Der Kardinalsscherge hätte nie mit solch einem Trick gerechnet und wird mit einem tiefen Schnitt quer durchs Gesicht gezeichnet. Ein Kniestoß in den Unterleib läßt ihn dann vollends zusammenklappen. Der vierte Musketier geht gleichsam spazieren gehend durch das Kampfgeschehen, verfolgt von einem weiteren Kardinalsschergen. Er geht direkt zur verschlossenen Türe in den Palast, durch die sein Kumpel, der erste Musketier, gelangen muß. Als ihn sein Verfolger einholt lenkt er dessen Ausfall dergestalt ab, daß dessen Degenklinge mitten ins Schloß der Türe fährt und dort und einem üblen Knirschen abbricht. Dabei entriegelt sich das Schloß der Türe und der vierte Musketier öffnet einen Flügel mit Schwung, so daß ein heranlaufender Hellebardier, der den Kampfgeräuschen nachgehen wollte, überrascht aus der Türe stolpert und mit dem Kardinalsschergen mit abgebrochenem Degen so schwer kollidiert, daß beide bewußtlos zu Boden gehen. Der vierte Musketier hält spielerisch verbeugend die Tür auf und sagt: "Was säumt ihr noch, junger Freund? So einladend wird sich der Palast nicht so bald wieder zeigen, vermute ich."
Es sind die einzelnen Erfolgsgrade, welche die individuellen Schicksale im Konflikt schildern lassen, aber ob es gelingt das ZIEL des Konflikts zu erreichen, das entscheidet sich erst nach dem GESAMT-Erfolgsgrad. Und dieser liegt im Beispiel bei Großer Erfolg. Somit gelangt - immer noch etwas zerzaust - der junge Musketier-Heißsporn nicht nur rechtzeitig zur Königin, sondern kann noch vorher der Schneiderin der Königin an die Wäsche gehen.
Das sind die Einzel- bzw. Gruppen-Konflikte als EINFACHER Wettstreit.
Der Ausgedehnte Wettstreit - hier werden mehrere "Runden" mit jeweils einzelnen Wettstreiten durchgeführt. Ein Konfliktteilnehmer fällt aus dem Konflikt, wenn er zu viele Erfolge gegen sich angesammelt hat (bei 5 ist meist Schluß). Somit kann man durch eine Serie an knappen Erfolgen oder auch nur durch einen sehr vollständigen Erfolg einen Gegner besiegen. Jede Runde wird jeweils in der Erzählung beschrieben, man kann dramaturgisch motivierte Manöver (KEINE kampftaktischen!) ausführen und einen solchen Konflikt auch vor der letzten, finalen Konsquenz zu verlassen versuchen.
Der Ausgedehnte Wettstreit dauert in der Durchführung länger als ein Einfacher Wettstreit und ist NUR für dramaturgisch BEDEUTSAME Konfliktszenen gedacht. Das bedeutet, daß nicht in jeder Spielsitzung auch nur ein einziger solcher Konflikte überhaupt vorkommen muß. Man kann spannendste Kämpfe auch völlig ohne solche Ausgedehnten Wettstreite spielen.
Es gibt auch eine Gruppen-Variante, den Ausgedehnten Gruppen-Wettstreit. Ählich wie im Einfachen Gruppen-Wettstreit, so findet auch hier jeder einzelne SC seine Gelegenheit mitzuwirken (aktiv auf das Ziel des Konflikts hin oder unterstützend als Heiler, oder durch Ablenkungsaktionen usw.).
Beim Ausgedehnten Konflikt wird die Konsequenzenhärte dadurch bestimmt, ob der Konflikt inmitten eines Handlungsbogens stattfindet, oder ob er am HÖHEPUNKT der Handlung ausgetragen wird. In letzterem Falle sind auch klassische Heldentode wie beim 13. Krieger möglich, bei dem während des Konflikts ein Charakter zwar hilft zu siegen, aber so viel einsteckt, daß er nicht mehr überlebt.
Merke: HeroQuest 2.0 verwendet ein SEHR ABSTRAKTES, eher auf das Erzählerische ausgelegtes Konfliktauflösungssystem, bei dem mit nur wenigen Würfelwürfen VIEL für die laufende Geschichte entschieden wird.
Das HeroQuest 2.0 Regelsystem ist ein SEHR SCHNELLES Regelsystem, das in der Abwicklung keinerlei Längen kennt, sondern wirklich zügig selbst komplexeste Situationen spielerisch abhandeln läßt.