Rezension Siegfried

Taysal

RSP-Gott
verstorben
Registriert
17. September 2008
Beiträge
2.009
Siegfried Band 1


„Siegfried“ ist ein ambitioniertes Projekt des französischen Autoren und Zeichners Alex Alice. Als Trilogie angedacht, erscheinen die einzelnen Bände in größeren Abständen als zuvor angekündigt. So wird der zweite Band vom französischen Verlag mit September 2009 als Erscheinungstermin angegeben. Für die Fans des Comics eine wahre Qual.

Die Übersetzung für den deutschsprachigen Markt wird vom Splitter Verlag übernommen, der sich auf dem Sektor des frankobelgischen Comics einen guten Ruf erwarb und diesen auch zu recht verdient. Mit der Übersetzung und Publizierung von „Siegfried“ schlägt Splitter erneut zu und bringt einen hervorragenden Comic auf den Markt.

Das grundlegende Thema wird durch Wagners „Ring der Nibelungen“ vorgegeben und von Alex Alice künstlerisch neu gestaltet. So wird unter anderem aus Wotan Odin, der sich seinen eigenen Gesetzen und Regeln unterwirft. Das öffnet dem Nibelungen Fafnir Tür und Tor, der Odins magisches Gold an sich nimmt und von Mime schmieden lässt, um so an Macht zu gewinnen. Schlussendlich wird er zum Drachen und einsamen Herrscher über das Unterreich.

Fafnirs Aufstieg ist jedoch nur durch die Verfehlung einer Göttin möglich, die mit einem Sterblichen ein Kind zeugt. Die Eltern finden den Tod und Mime nimmt sich des neugeborenen Knaben an, dessen Name Siegfried lautet.

Siegfried wird nun von Mime großgezogen, der die Kraft des Menschen nutzen will, um Fafnir den geschmiedeten Ring abzutrotzen. Er verschweigt dem Knaben seine Herkunft und die Götter. Doch Siegfried erkennt irgendwann die Wahrheit und löst sich von Mime, um eine zeitlang bei seinen Freunden zu leben, den Wölfen. Doch auch hier ereilen ihn Kummer, Leid und Tod.

Siegfried kehrt zu Mime zurück, in seinem Besitz nun die beiden Bruchstücke seines Vaters Schwert und der Wunsch, endlich seinesgleichen zu finden …

Die Geschichte von Siegfried wird bis zu diesem Zeitpunkt rückblickend einer der Walküren erzählt, die Aufschluss über die Vergangenheit sucht, um die Zukunft zu entschlüsseln. Ein gelungener Kniff, der für ordentlich Spannung sorgt und eine weitere Person einbringt, um die sich der zweite Band wohl drehen wird. Doch hier und jetzt zählt alleine Siegfried.

Die Geschichte aus Alices Feder ist imposant. Bereits in der Reihe „Das Dritte Testament“ (Carlsen Verlag) konnte er sein Können unter Beweis stellen, in „Siegfried“ legt er ein paar Kohlen nach. Natürlich müssen Abstriche an die Saga gemacht werden, ist sie für eine Comictrilogie doch zu umfassend. Schlussendlich bleibt dennoch genug Geschichte übrig, um spannend und emotional zu unterhalten. Im Grunde erschafft Alex Alice eine vollkommen neue Geschichte, die sich auch an anderen Erzählungen bedient. So erinnert Siegfrieds Kindheit stark an „Das Dschungelbuch“. Aber es passt – und das ist die Hauptsache.

Bei den Zeichnungen zieht Alice ordentlich vom Leder. Der Mann besitzt Talent und Können in großem Maße. Seine Illustrationen sind regelrecht epochal zu nennen. Das trifft vor allem auf die doppelseitigen Panels zu, die eine große Detailverliebtheit besitzen. Aber auch die kleineren Panels sind schick gezeichnet und zeigen, wie liebevoll sie von Alex Alice gestaltet wurden. Das gilt ebenfalls für die wunderbare Farbgebung, die primär mit den Elementen Feuer und Eis spielt. Auch das Schattenspiel ist faszinierend umgesetzt und eine wahre Pracht fürs Auge.

Bei den Figuren hat sich Alice selbst übertroffen. Sie sind sehr ausdrucksstark, wirken lebendig und wissen den Leser emotional zu beeindrucken. Das kann man sehr gut an den Gesichtern und den Augen der Figuren erkennen.

Eine Sache ist dem Künstler jedoch entgangen und durchs Lektorat geschlüpft. Siegfried wird bei einem Kampf verwundet und der Junge liegt im Bett. Als ihm die Walküre erscheint erhebt er sich und klettert in die Schmiede hinab. Und genau da fehlt der Verband um seinen Oberkörper. Ein kleiner Patzer, der hässlich an der Perfektion des Comics kratzt. Aber das war es auch schon – nur ein kleiner Kratzer.

„Siegfried“ ist ein gelungener Comic, der Lust auf mehr macht und den Leser förmlich mit sich reißt. Leicht verliert man sich in der Bilderpracht und in der Geschichte, die mit nur wenig Worten auskommt und vor allem visuell überzeugen will. Und das gelingt auf ganzer Linie. Eine unbedingte Empfehlung!

Siegfried Band 1
Splitter Verlag; Hardcover
72 Seiten; ISBN 978-3-940864-18-5
Übersetzung: Tanja Krämling
Erschienen: 04/2008
Splitter:

Diese Rezension erschien zum Zeitpunkt des Eintrags ebenfalls auf Taysal.net und Buchrezicenter.de.Den Artikel im Blog lesen
 
Zurück
Oben Unten