Rezension [Rezi] Red Tide

Tybalt

Gott
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9. April 2010
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Red Tide

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Sine Nomine Publishing
170 Seiten
PDF 8$, Softcover 17$, Hardcover 21$ (beides jeweils inkl. PDF)


Red Tide ist eine Weltbeschreibung für Labyrinth Lord. Wobei, es ist mehr als nur die Präsentation einer Spielwelt, es ist außerdem ein Baukasten für Sandbox-Kampangen.

Zuerst mal was zum Buch selbst: Ich habe es als POD bei DrivethruRPG bestellt, als Softcover, und ich bin im Großen und Ganzen sehr zufrieden mit dem Buch. Es sieht gut aus und es ist ordentlich gebunden. Aber: Leider sind die Seitenzahlen innen, nahe am Buchrücken, und nicht außen, wo sie hingehören. Das nervt zwar ab und zu, aber man kann mit leben.

Zusätzlich zum Buch gab es das PDF (zum gleichen Preis wie nur das Buch allein), was insbesondere wegen der Karten sehr praktisch ist.

Aber fangen wir doch mal an: Um was geht es?

Vor ungefähr 300 Jahren kam die Red Tide, ein hohe, rote Nebelwand, in der sich unmenschliche Monster befinden, über die Welt. Nur ein einziger Seher hatte sie prophezeit, und niemand wollte ihm glauben. Er organisierte dennoch eine gigantische Flotte, die die Flüchtlinge zu den Sunset Isles bringen sollte, der einzige Ort auf der ganzen Welt, den die Red Tide nicht erreichen kann.
Als es soweit war, schlossen sich der Flotte noch weitere Schiffe an, mit Flüchtlingen anderer Nationen, die das Glück hatten, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Diese Flotte erreichte dann die Sunset Isles vor der Red Tide.

Aber die Sunset Isles waren bereits bewohnt. Dort gab es die Shou, wilde, barbarische, sehr kriegerische Stämme von Orks, Grottenschraten, Goblins und Hobgoblins. Den Neuankömlingen gelang es durch ihre schiere Zahl und dadurch, daß die Shou auch untereinander verfeindet waren, einen Teil der Hauptinsel zu erobern und vier große Städe zu gründen, die dann später zu den Hauptsädten der vier Nationen werden sollten.

Nach einer Zeit der Konsolidation griffen die Shou unter der Führung einer Shou Witch, die die Stämme vereinigen konnte, erneut an. Diesmal konnten die Menschen sich nur unter großen Verlusten wehren. In Tien Lung setzte man dunkle Magie ein und opferte 2/3 der Bevölkerung, damit die Magier genug Kraft hatten, die Angreifer zurückzuschlagen. In Kitaminatio schloß der Shogun im wahrsten Sinne des Wortes einen Pakt mit dem Hölle. Er versprach den Herrschern der Hölle, daß er und seine Untertanen die Hölle anbeten würden, wenn sie Hilfe schicken würde, und so geschah es. Die Stadt wurde durch Dämonen gerettet.

Die Angreifer konnten schließlich zurückgedrängt werden, das war vor gut 150 Jahren. Inzwischen gibt es vier große Nationen, aber die Vermischung der Bevölkerung bleibt bestehen, die Nationen unterscheiden sich primär durch ihre Gesellschaftsordung. Hohnberg z.B. lehnt Sklaverei ab, im Magistrat von Xian ist Sklaverei eine Strafe für Verbrecher, und in Tien Lung ist sie Gang und Gäbe, irgendwo muß man ja Menschenopfer für dunkle Magie herbekommen.

Dem einen oder anderen werden die Namen aufgefallen sein. Red Tide präsentiert keine am europäischen Mittelalter orientierte Standard-Fantasy-Welt. Es gibt mehrere, sehr unterschiedliche Völker, die durch die Flucht und die Bedrohung durch die Shou und die Red Tide zusammengewachsen und vermischt wurden.

Da haben wir die imperialen Menschen (Chinesen), die größte Gruppe. Aber selbst sie stellen nur ungefähr 50% der Bevölkerung im Magistrat von Xian und in Tien Lung, wo sie am zahlreichsten sind. Dann gib es die Kueh (Japaner), die sich der Anbetung der Hölle verschrieben haben. Es folgen die Eirengarder (Westeuropäer), die Hohnberg gegründet haben, und dann kleinere Gruppen: die Eshkanti (Araber), Gadaal (Afrikaner) und Skandr (Wikinger). Zu dem Gemisch kommen noch Elfen, Zwerge und Halblinge dazu.

Das ergibt zusammen mit dem Schmelztigeleffekts des Settings eine bunte Mischung, die sicher nicht jedermanns Geschmack ist, aber dem Setting durchaus etwas Besonderes verleiht. Und wer schon immer mal einen Wikinger spielen wollte, der mit dem Katana kämpft, daß ihm sein Großvaters vermacht hat... hier kann man es.

Bei den Nicht-Menschen kommt auch zum ersten Mal zum Tragen, daß das Setting für Labyrinth Lord gedacht ist. Bei Labyrinth Lord ist ja bekannterweise Klasse = Rasse, es gibt also Zwerge, aber keine Zwergen-Priester, Zwergen-Diebe usw. Und genau das setzt Red Tide auch um, und zwar ziemlich klug, wie ich finde.

Elfen, Zwerge und Halblinge waren einst Menschen, aber sie haben sich gegen ihre Götter aufgelehnt und sind jetzt im wahrsten Sinn des Wortes gottlos, sie haben also auch keine Priester. Die Zwerge z.B. hatten eine dunkle und böse Göttin, die das Volk der Zwerge nach ihren Wünschen formte, sie brauchte Arbeiter, die für sie Gold föderten. Die Zwerge rebellierten gegen ihre Göttin, töteten sie und schlugen sie in Stücke. Da man Götter aber nicht wirklich töten kann, sammelten sich die Splitter der Göttin im Jenseits, wo sie die gestorbenen Zwerge jagen und bekämpfen. Im Jenseits kämpfen die Zwerge Seite an Seite mit ihren Ahnen, deswegen ist ihnen ihre Familiengeschichte wichtig, sie müssen ja wissen, wer im Jenseits ihre Verbündeten sind. Und Zwerge horten nur aus einem einzigen Grund Gold: Wenn sie sterben, werden sie mit all ihrem Gold bestattet. Das gelangt dann mit ihnen ins Jenseits, und aus dem Gold können sie dort Waffen und Rüstungen formen, um sich besser gegen ihre tote Göttin wehren zu können. (Deshalb habe auch die meisten magischen Rüstungen der Zwerge im Innern eine Goldschicht, damit sie, falls sie im Kampf sterben und kein ordentliches Begräbnis bekommen, die Chance auf einen "Notvorrat" an Gold haben.)

Am Ende der Vorstellung des Settings gibt es noch ein kurzes Bestiarium, in denen settingspezifische Viecher vorgestellt werden, zwei neue Klassen, die Vowed, ein Martial Arts-Kämpfer, und die Shou-Witch, ein paar neue Zaubersprüche und eine neue Unterart der Magie, die Kraft aus den Seelen von geopferten Menschen nutzt. Aber insbesondere zur Qualität der Regelergänzungen möchte ich nichts weiter sagen, ich kenne Labyrinth Lord nur vom kurzen Überfliegen des Umsonst-PDF…

Damit sind wir aber erst auf Seite 79 von 170. Der Rest ist Spielhilfe für den SL, und hier fängt Red Tide erst an, richtig interessant und nützlich zu werden.

Red Tide ist explizit als Sandbox-Setting konzipiert. Es wird erst kurz erklärt, was Sandbox bedeutet, und dann werden ganz praktische Grundlagen geklärt: Wie organisiere ich einen Kampangen-Ordner, und welche Infos kommen da rein? Was müssen die Spieler über eine Sandbox wissen? Wer noch nie was von Sandbox gehört hat, weiß danach, was es damit auf sich hat und wie man so eine Kampange vorbereitet, leitet und am Laufen hält.

Und dann kommen die Tabellen.

Für verschiedene Arten von Background (Siedlung, Stadt, Ruine) werden alle möglichen Ideen vorgestellt, Red Tide nennt das Tags. Bei einer Siedlung oder einer Stadt bekommt der Ort im Regelfall zwei Tags, so könnte eine Siedlung "Crop Failure" und "Buried Evil" haben. Zu jedem Eintrag gibt es dann eine kurze Erklärung, außerdem eine Liste möglicher Feinde, Freunde, Komplikationen, Gegenstände und Orte. Das System ist wirklich gut aufgebaut, man kommt schnell auf Ideen, was genau nun das Problem sein könnte.

Bei den Ruinen ist es etwas anders, da kann man auswürfeln (oder natürlich einfach festlegen) um was für eine Art von Gebäude es sich handelt, wieso es eine Ruine ist und wer da drin haust. Diese Liste geht von den obligatorischen Banditen oder Monstern (Shou) bis zu in Ungnade gefallenen Adligen oder eine fanatischen Sekte. Jeder dieser 20 Einträge wird auf einer Seite vorgestellt, inklusive Plot-Twists, Werten und Gruppenzusammenstellungen je nach Schwierigkeitsgrad der Begegnung. Abgerundet wird das Ganze durch eine Methode, schnell und einfach einen Dungeon zu erstellen.

Neben den Orten kann man sich auch "Courts" erstellen, also Adelshöfe, damit sind die NSCs gemeint, die Macht über einen bestimmten Ort haben. Entweder besagte Adlige, oder Anführer eines Tempels, einflußreiche SCs in einem Handelshaus, Führungsclique einer Diebesgilde usw. Auch hier kann man, wenn man will, fast alles komplett auswürfeln, bis hin zum Konflikt, den es innerhalb des Courts gibt. (Wäre ja sonst langweilig)

Abgerundet werden die Spielhilfen noch durch Namenslisten nach Herkunft, einem System, um schnell einen NSC zu erstellen (ausgewürfelt werden: Geschlecht, Alter, Herkunft, Problem, Gesinnung, Motivation im Job und besondere Merkmale), es gibt einige vorgefertigte Karten von Ruinen und anderen Orten, und es gibt ein paar Tabellen zum "Room Dressing", also Ideen, was denn so in den Räumen des Dungeons sein kann und wie die Räume genau ausgestattet sind.

Ach, und es werden auch noch ein paar Fragen geklärt: Was ist die Red Tide, und wie hängt sie mit den Shou und den Sunset Isle zusammen? Denn das es einen Zusammenhang gibt wird schon vorher klar. Die Antwort ist sehr cool, aber mehr möchte ich hier nichts zu sagen.

Mein Fazit: Red Tide ist ein ungewöhnliches Setting, das sich angenehm von Mittelalter-Fantasy-Standard abhebt ohne auf Gewohntes völlig zu verzichten. Das Setting ermöglicht eine sehr bunte Mischung, die dabei auch noch glaubwürdig bleibt, und es gibt viele nette kleine Ideen bei der Umsetzung. Und: soweit ist das beurteilen kann bleibt das Setting den Vorgaben, die Labyrinth Lord setzt, treu, es gibt keine ausschweifenden Regeländerungen, weil des Setting das erforden würde.

Und nicht zuletzt: Gerade der Sandbox-Teil ist hervorragend, er ist sehr Praxis-orientiert und man wird mit Ideen für das Spiel geradezu erschlagen.
 
AW: [Rezi] Red Tide

Red Tide bietet all die guten Qualitäten, die schon Stars without Number zu so einem begeisternden Sanbox-Rollenspiel gemacht haben, nur umgesetzt auf das Fantasy-Genre.

Es ist sehr preiswert, da man in nur einem Band eine solche FÜLLE an Material und Ideen bekommt, daß man problemlos Jahre nur Red Tide spielen könnte, ohne jegliche Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Red Tide ist für alle Labyrinth-Lord-Spieler eine echte Bereicherung. So gut organisiert, gut geschrieben und praxisnah gestaltet findet man selten Material für LL.
 
AW: [Rezi] Red Tide

Noch ein Vorschlag zum besseren Auffinden dieses Threads: Hier im D&D, D20 und Pathfinder Unterforum kann man die Threads nach Präfix "sortenrein" anzeigen lassen.

Somit sollte statt Präfix "Rezi" besser Präfix "OD&D/AD&D" stehen, damit es bei Interesse für Labyrinth Lord, unter Ausblendung all des Pathfinder und modernen D&D Zeugs, noch auffindbar ist. - Aktuell ist es das nämlich nicht.
 
AW: [Rezi] Red Tide

Noch ein Vorschlag zum besseren Auffinden dieses Threads: Hier im D&D, D20 und Pathfinder Unterforum kann man die Threads nach Präfix "sortenrein" anzeigen lassen.

Somit sollte statt Präfix "Rezi" besser Präfix "OD&D/AD&D" stehen, damit es bei Interesse für Labyrinth Lord, unter Ausblendung all des Pathfinder und modernen D&D Zeugs, noch auffindbar ist. - Aktuell ist es das nämlich nicht.

Jetzt schon.
 
AW: [Rezi] Red Tide

Jetzt paßt es wenigstens. - Bei solch einem "Sammelforum" für wirklich ALLE Geschmacksrichtungen von D&D, D20 und Pathfinder wird es bestimmt öfter vorkommen, daß jemand einen Thread erstellt und das Präfix vergißt oder ein verkehrtes verwendet.

Hier wäre tatsächlich eine tiefere Verschachtelungsebene wünschenswert.
 
AW: [Rezi] Red Tide

Hier wäre tatsächlich eine tiefere Verschachtelungsebene wünschenswert.

Aus meiner Sicht nicht. Es gibt genug Themen die zu mehreren Bereichen gehören. Threads zu Settings, aber auch beispielsweise Gamma World was zu AD&D, d20 und D&D 4 erschienen ist. Die Präfixe sind für Themen mit Regelbezug gedacht, für allgemeine Themen sollte darauf verzichtet werden. Diese Überschneidungen waren schließlich der Hauptgrund dafür, dass wir die Bereiche zusammengelegt haben.
 
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