Rezension: 1W6 Freunde

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Das Jugenddetektiv-Abenteuerspiel

In 1W6 Freunde kommen für mich zwei Leidenschaften zusammen: Rollenspiel und Hörspiel. Schon vor längerer Zeit hat die DORP das 1W6-Freunde als kostenloser Download der Szene zur Verfügung gestellt, aber erst das rundumerneuerte Heft, welches zur Spiel 2009 bei Prometheus innerhalb der Pocket-RPG-Reihe erscheint, hat die Chance auch ein breites Publikum zu erreichen. Übrigens ist das ganze auch weiterhin als kostenloser Download erhältlich, auch im neuen Gewand.

Nach einem allgemeinen Vorwort, was ein Rollenspiel – hier mit Abenteuerspiel umschrieben – ist, wird ein Schlaglicht auf das Genre des Jugenddetektivkrimis a la TKKG, Drei Fragezeichen oder 5 Freunde geworfen. Schließlich darf man als Jugendlicher nicht eben mal vormittags zur Observation des Schrottplatz von Karl Klemmer oder mitternachts zum Marmorgrab, um der Geldübergabe beizuwohnen. Ebenso werden typischerweise Jugendkrimis nicht mit Gewalt, sondern mit Köpfchen gelöst, ähh, auch bei TKKG. Manchmal.



Und damit sind wir schon bei den simplen Regeln. Auf die vier Attribute Stärke, Cleverness, Mut und Umgang werden 9 Punkte verteilt, dazu gibt es ein Fleißkärtchen, ein besonders markantes Charaktermerkmal, welches einen Bonus in besonderen Situationen gibt. „Ich kann Karate!“ bringt ein Bonus auf Stärke im Kampf, während „Wie war das nochmal, damals im Krieg?“ ein Bonus auf Umgang mit älteren Menschen gibt. Knapp 40 Fleißkärtchen werden vorgeschlagen, eigene können aber auch entwickelt werden. Hier ist es teilweise sehr schön, wenn man bestimmte Hörspielcharaktere in den Fleißkärtchen wiederentdeckt. Zusammenhalt untereinander bringt ein gemeinsamer Pool von fünf Bandenpunkte, um Würfe um einen Punkt zu verbessern oder ein „total vergeigt“ in ein normales „nicht geschafft“ umzuwandeln. Das System ist entsprechend einfach: um etwas zu schaffen, muss die Summe aus Attribut, einem W6-Wurf, evtl. Fleißkärtchen-Boni, Bandenpunktenboni und sonstigen Boni und Mali den Wert „6“ ergeben. Fällt das Ergebnis ins negative, gilt der Wurf als „totaler Fehlschlag“. Das Kampfsystem ist ein vergleichender Stärkewurf zzgl. Boni durch Waffen und Fleißkärtchen und schon ist es fertig. Nicht gerade massenkampftauglich, aber einfach und effektiv. Kritik gibt es allerdings an der Charakterentwicklung, die ist leider etwas lahm. Nach je 5 bestandenen Abenteuern gibt es einen Bandenpunkten dazu, das war es. Klar ist, dass man bei einem System mit so wenig Werten nicht nach jedem gelösten Fall ein Attributswert erhöhen kann, aber z.B. ein zweites Fleißkärtchen hätte sich imho nach 5 Fällen schon angeboten.

Das sechste Kapitel stellt dann schließlich eine Beispielbande vor, hier direkt nach dem Vorbild von TKKG. Allerdings sei angemerkt, dass Tarzan, ähh, Peter-Carsten, ähh, Tim nicht mit Werten abzubilden ist und so Tom nicht an ihn rankommen wird…

Schließlich wird dararauf eingegangen, wie man Fälle für die 1W6 Freunde entwerfen kann, und darüberhinaus – sehr gelungen – ein Abenteuergenerator basierend auf Zufallstabellen.

Und damit wären wir dann bei der anonymen Millionenstadt, die das Arbeitsumfeld der 1W6 Freunde darstellt. Zahlreiche Einrichtungen und einige typische NSCs werden hier vorgestellt. Hier orientiert man sich sehr an TKKG mit seiner generischen Großstadt, vielleicht zu sehr. Die Stärke moderner Jugendkrimis sind wiederkehrende Institutionen und NSC, hier sei Point Whitmark stellvertretend genannt, aber mittlerweile auch vermehrt von den drei Fragezeichen aufgegriffen, und wirken wenig generisch. Und natürlich umgekehrt die 5 Freunde, die in ihren klassischen Fällen ohne Großstadt auskommen. Insgesamt bieten beide Kapitel aber gute Anregungen, und ohne Probleme läßt sich der Hintergrund mehr an den eigenen Geschmack anpassen.

Schlußendlich dann das Abenteuer, Das Geheimnis des Wolpertingers. In dem Abenteuer geht es um eine gestohlende Tiersammlung, wilde Mopedrocker und einem Wolpertinger, der die Kleingärten unsicher macht. Insgesamt ein gelungenes Abenteuer mit frei kombinierbaren Szenen, welches sehr gut typische TKKG-Abenteuer nachzeichnet.

96 Seiten im A5-Format (etwa) in sehr gelungenem Layout für 12 Euro, wem das tatsächlich zuviel sein sollte, kann auch zum Download greifen. Jede Seite hat einen Rahmen, die wie ein Schulheft mit Käsekästchen, Terminen, Notizen und Nebenrechnungen vollgekritzelt ist und das Flair gut vermittelt. Wer genau guckt, entdeckt auch einige einmalige Eintragungen wie „Was steckt hinter Prometheus?“. Einzig der Charakterbogen (ein Zeugnis vom Enid Blyton-Gymnasium…) wirkt etwas lieblos, ist andererseits zum Kopieren ideal.

Fazit: Für Kenner von der typischen Jugendhörspielserien sehr kurzweilig zu lesen, für Rollenspieler sehr gut ins Spiel umzusetzen. Echte Neueinsteiger z.B. aus der Hörspielszene werden imho aber etwas alleingelassen, weil die Regeln viele Freiheiten lassen und damit zu Unklarheiten führen. Auch das Abenteuer hätte einige Hinweise für Neulinge enthalten können, um es wirklich einsteigergeeignet zu machen. Insgesamt aber ein tolles Rollenspiel, welches uneingeschränkt hörspielenden Rollenspielern und rollenspielenden Hörspielern zu empfehlen ist. Wer sich nach der Rezi nicht sicher ist, ob er 12 Euro investieren sollte, dem sei der Download angeraten!

Titel: 1W6 Freunde – Das Jugenddetektiv-Abenteuerspiel
Art: Regelwerk
Regeln: 1W6 Freunde
Sprache: Deutsch
Verlag: Prometheus Games
Publikationsjahr: Oktober 2009
Autor: Markus Heinen, Thomas Michalski, Ralf Murk und Matthias Schaffrath
Illustrationen: Markus Heinen
Farbe: Vollfarbe
Umfang: 96 Seiten
Bindung: Softcover
Preis: 12€
ISBN: 3941077260
Rezensent: Ingo Schulz

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