Rezension Kohle - Mit Volldampf zum Reichtum [B!-Rezi]

Odin

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Kohle


Mit Volldampf zum Reichtum


Kohle – Mit Volldampf zum Reichtum ist die deutsche Übersetzung von Warfrog Games in Großbritannien hochgelobten Strategiespieles Brass und wurde in Deutschland vom Pegasus Verlag zum Spiel 2008 herausgebracht.
Das Spiel kommt in einer Box von der Größe anderer Pegasus-Spiele wie etwa Euphrat & Tigris oder Illuminati, die prall gefüllt ist. Neben der Anleitung und dem Spielbrett finden sich hier knapp 70 Spielkarten und ein paar hundert Spielmarker und Chips aus Kunststoff und Pappe.
Die hervorragenden Graphiken von Brett, Karten und Markern sind Zeichnungen aus der Zeit der industriellen Revolution nachempfunden, die den Hintergrund des Spiels liefert. Gleiches gilt für die 16-seitige Anleitung, die mit vielen Bildern und Beispielen das Spiel ausführlich erklärt.

Spielablauf:
Im Spiel geht es darum, im englischen Lancashire des 18. Jahrhunderts die industrielle Revolution voranzutreiben, indem in den Städten auf dem Spielbrett verschiedene Industrien errichtet und Transportwege zwischen den Städten geschaffen werden.
Zu Beginn des Spiels erhält jeder Spieler seine Industrie- und Transportverbindungsmarker sowie ein wenig Startkapital und 8 Spielkarten. Das Spiel ist unterteilt in die Kanal- und die Eisenbahnperiode, an deren Ende jeweils eine Siegpunktewertung stattfindet.
Zu Beginn seines Zuges kassiert ein Spieler zunächst sein momentanes Einkommen, bevor er durch das Ablegen von 2 Handkarten jeweils eine von 5 möglichen Aktionen pro Karte ausführt.
Die mit Sicherheit wichtigste Aktion ist das Bauen der fünf verschiedenen Arten von Industrien. Hier kommen die beiden unterschiedlichen Arten von Karten ins Spiel. Mit Industriekarten kann die darauf bezeichnete Art von Industrie in einer beliebigen Stadt errichtet werden. Ortskarten erlauben den Bau einer beliebigen Art von Industrie in genau der bezeichneten Stadt. In beiden Fällen gilt, dass nicht jede Art von Industrie in jeder Stadt möglich ist und das Transportverbindungen existieren müssen, um eventuell für den Bau benötigte Rohstoffe heranzuschaffen.
Alternativ ist es auch möglich, seine beiden Aktionen zusammenzulegen und für zwei beliebige Karten in einer Stadt eine beliebige, dort mögliche Industrie zu errichten. Da man bei dieser Möglichkeit eine seiner ohnehin schon begrenzten Aktionen aufgibt, empfiehlt sich diese Möglichkeit wirklich nur in Notfällen. Sollte es im Laufe des Spiels eng auf dem Brett werden, ist es auch möglich, eigene Industrien wieder zu überbauen.
Die mit Abstand am häufigsten vertretene Art von Industrie sind die Baumwollspinnereien, welche in nahezu jeder Stadt gebaut werden können. Sie werden mit der Aktion Baumwolle verkaufen immer zusammen mit Häfen gewertet und müssen dazu mit diesen über Transportverbindungen verbunden werden. Dabei spielt es im übrigen keine Rolle, wer Besitzer des Hafens ist. Außerdem besteht noch die Möglichkeit Baumwolle an den fernen Markt zu verkaufen, der zunächst mehr Gewinn abwirft, sich aber auch schnell erschöpft und so kein Geld mehr einbringt.
Kohleminen und Eisenhütten stellen die Rohstoffe Kohle und Eisen bereit, die im Laufe des Spiels immer wichtiger werden. Sie werden immer dann gewertet, wenn sich ihre Vorräte erschöpft haben, was umso schneller geschieht, je besser sie mit Transportverbindungen angebunden sind. Alternativ können die Rohstoffe aber auch von einer allgemeinen Nachfrageleiste gekauft und dorthin wieder verkauft werden.
Werften schließlich bringen nur Siegpunkte ein und werden sofort nach dem Bau gewertet. Dafür sind jedoch die Baukosten enorm und die möglichen Bauplätze sehr begrenzt.
Fast genauso wichtig wie das Bauen von Industrien ist die Aktion Bau von Transportwegen, um sich weitere Städte auf dem Plan zu erschließen oder Rohstoffe zu seinen Bauvorhaben zu transportieren. In der Kanalperiode können pro abgelegte Karte eine Kanal-, in der Eisenbahnperiode ein oder zwei Eisenbahnverbindungen auf diese Weise errichtet werden.
Mit der Aktion Entwickeln können pro Karte und einem eingesetzten Rohstoff Eisen bis zu zwei Industriemarker entfernt werden, um sich so schneller Marker mit höherer Technologiestufe verfügbar zu machen. Es gibt für jede Art von Industrie jeweils vier Stufen, in deren Verlauf die Baukosten und Zahl der zum Bau nötigen Rohstoffe zwar steigen, dafür bringen Industrien höherer Stufen bei der Wertung deutlich mehr Siegpunkte ein. Werften zum Beispiel müssen grundsätzlich erst zweimal entwickelt werden, bevor sie überhaupt gebaut werden können.
Die letzte mögliche Aktionen schließlich ist das Aufnehmen eines Kredites, falls ein Spieler im Laufe des Spieles einmal knapp bei Kasse sein sollte. Für eine Verringerung des momentanen Einkommens um 1, 2 oder 3 Pfund bekommt man sofort 10, 20 oder 30 Pfund in Bar.
Am Ende einer Runde ziehen die Spieler ihre Kartenhände wieder auf 8 Handkarten auf, bevor aus dem in der Runde pro Spieler ausgegebenen Geld der Startspieler für die nächste Runde ermittelt wird. Derjenige, der am wenigsten investiert hat, beginnt; dann geht es aufsteigend der Reihe nach weiter.
Die Anzahl der Spielkarten limitiert das Spiel von vorneherein auf 10 Runden pro Periode bei 3 Spielern und 8 Runden bei 4 Spielern.
Nach der Kanalperiode werden für jeden Spieler die Siegpunkte aus seinen Industriemarkern gezählt, die er zur Wertung bringen konnte. Danach gibt es noch Siegpunkte für Transportverbindungen und Bargeld, bevor die Kanäle und die Industriemarker der Stufe 1 vom Brett entfernt werden. Nachdem auch die Nachfrageleisten wieder aufgefüllt wurden beginnt die Eisenbahnperiode, nach deren Ende und einer weiteren Auszählung der Spieler mit den meisten Siegpunkten das Spiel gewinnt.

Bewertung:
Mit Kohle ist bei Pegasus in weiteres hervorragendes Brettspiel mit enormer taktischer Tiefe erschienen. Die Kombination der einzelnen Elemente des Spiels ermöglichen jede Runde eine Vielzahl neuer Strategien, die zu Beginn des ersten Spiels noch ein bisschen erschlagend wirken können, in die man sich aber schnell einfindet. Bei jeder Aktion gilt es stets auch die Möglichkeiten der Mitspieler und die eigenen Siegpunkte im Auge zu behalten, um so am Ende den Sieg erringen zu können.
Die optische Gestaltung des Spielmaterials ist qualitativ hochwertig und atmosphärisch sehr ansprechend. Lediglich bei den einfachen Plastikchips, die das Spielgeld darstellen hat man anscheinend ein wenig gespart. Schön gestaltete Pappmünzen oder Papierscheine wären hier ein weiterer Pluspunkt gewesen.
Die Spielanleitung unterstützt das Verständnis zwar mit vielen Beispielen, ist vom Aufbau her jedoch nicht optimal. Zunächst werden die Regeln einmal grob im Überblick vorgestellt, bevor auf die einzelnen Schritte im Detail eingegangen wird. Dies führt zu einem ständigen hin- und herblättern bei den ersten Spielen und der verzweifelten Suche nach der ein oder anderen Sonder- oder Ausnahmeregel. Hat man die Regeln jedoch einmal verinnerlicht, findet man sich auch in der Anleitung einigermaßen zurecht.
Von diesen Kleinigkeiten einmal angesehen ist Kohle jedoch ein solides Spiel, an dem jeder Fan von strategischen Brettspielen seine Freude haben wird.Den Artikel im Blog lesen
 
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